Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 11.09.2014 - 7 S 197/12 (Lieferung 2016)

Aktenzeichen 7 S 197/12 Entscheidung Urteil Datum 11.09.2014
Gericht Flurbereinigungsgericht Mannheim Veröffentlichungen Lieferung 2016

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Bei dem - neben dem Anspruch auf wertgleiche Abfindung - erhobenen Anspruch auf Zuteilung bestimmter Aufstockungsflächen (Masseland) handelt es sich um einen im Anhörungstermin selbstständig geltend zu machenden Anspruch (im Anschluss an BVerwG, Beschl. v. 07.05.1996 - 11 B 17.96 -, Buchholz 424.01 § 59 FlurbG Nr. 11 = RzF - 27 - zu § 54 Abs. 2 FlurbG). Dieser ist - anders als der Abfindungsanspruch - auch insoweit teilbar und selbstständig, als er sich auf bestimmte Grundstücke bezieht (etwa auf Grundstücke außerhalb oder innerhalb eines Wasserschutzgebiets).
2. Die Befugnis nach § 60 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, wonach die Flurbereinigungsbehörde auch andere Änderungen des Flurbereinigungsplans - auch die Landzuteilungen nach § 54 Abs. 2 FlurbG betreffend - vornehmen kann, steht der Widerspruchsbehörde nicht zu. Bei dem - neben dem Anspruch auf wertgleiche Abfindung - erhobenen Anspruch auf Zuteilung bestimmter Aufstockungsflächen (Masseland, vgl. § 54 Abs. 2 FlurbG) handelt es sich um einen selbständig geltend zu machenden Anspruch. Dieser ist - anders als der Abfindungsanspruch, der im Hinblick auf § 44 Abs. 1 FlurbG dazu führt, dass die gesamte Abfindung in der Schwebe bleibt, auch insoweit teilbar und selbständig, als er sich auf bestimmte Grundstücke bezieht.
3. Mit der Bekanntgabe eines Auszugs des Flurbereinigungsplans ist für einen Teilnehmer, der eine Aufstockung begehrt, ohne Weiteres erkennbar, ob ihm ein Grundstück zugeteilt wird. Er ist daher nicht mangels Bekanntgabe an der Einlegung eines Widerspruchs gegen die Nichtzuteilung gehindert.
4. Fehlt es bereits an einem zulässigen Widerspruch, darf insoweit auch keine Abhilfeentscheidung ergehen.
5. Maßgeblich für Ermessenserwägungen ist im Falle eines zulässigen Widerspruchs die Sachlage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids.
6. Bei mehreren erwerbswilligen Beteiligten obliegt es der Flurbereinigungsbehörde, im Wege des Auswahlermessens darüber zu befinden, wem das Masseland durch den Flurbereinigungsplan zu Eigentum zugeteilt wird.
7. Da die Modalitäten des Verfahrens gesetzlich nicht geregelt sind, kann die Flurbereinigungsbehörde hierfür Vergaberichtlinien festlegen und damit vorab ihre Ermessensausübung (sachgerecht) binden.
8. Bei der Planvereinbarung handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Dieser wird, wenn er in Rechte eines Dritten eingreift, (insoweit) erst wirksam, wenn der Dritte schriftlich zustimmt.
9. Eine E-Mail entbehrt der für einen Rücktritt vom Vertrag erforderlichen Schriftform.
10. Für die Vergabe von Aufstockungsland spricht nicht schon der Umstand, dass ein Interessent Vollerwerbslandwirt, ein anderer Nebenerwerbslandwirt, aber gleichwohl aufstockungswürdig ist.

Aus den Gründen

Der Kläger, der als Vollerwerbslandwirt Milchviehwirtschaft betreibt, wendet sich gegen eine Änderung des Flurbereinigungsplans. Mit diesem wurde eine zunächst ihm zugewiesene Aufstockungsfläche dem Beigeladenen zugeteilt. Sowohl der Kläger als auch der Beigeladene bekundeten in ihrer "Wunschliste zur Neuordnung der Grundstücke" ihr Interesse an einer "Aufstockung" ihres ländlichen Grundbesitzes.


Am XX.XX.XXXX wurde dem Kläger im Wege der vorläufigen Besitzeinweisung u. a. auch das ... Ackergrundstück Flst. Nr. 3987 als Aufstockung zugewiesen. Am XX.XX.XXX gab das Landratsamt S. den Flurbereinigungsplan vom XX.XX.XXXX bekannt. Danach wurde das Grundstück Flst. Nr. 3987 dem Kläger als Aufstockungsfläche zugeteilt.


Im Anhörungstermin am XX.XX.XXXX erhob der Beigeladene, dem als Abfindung das Grundstück Flst. Nr. 3988 zugeteilt worden war, Widerspruch gegen den Flurbereinigungsplan. Diesen begründete er unter anderem damit, dass er weiterhin an Aufstockungsflächen interessiert sei; es könne auch Grünland sein. Es käme allerdings nur Acker und Grünland außerhalb des Wasserschutzgebiets in Betracht. Der Kläger erhob am XX.XX.XXXX ebenfalls Widerspruch gegen den Flurbereinigungsplan. Dabei erklärte er abschließend unter Nr. 7, er "wäre bereit, das Ackergrundstück Flst. Nr. 3987 zu verkaufen".


Daraufhin teilte die untere Flurneuordnungsbehörde beim Landratsamt S. dem Beigeladenen unter dem XX.XX.XXXX unter dem Betreff "B." u. a. mit, dass ihm zwischenzeitlich "in M." das an sein Flurstück Nr. 3988 angrenzende Flurstück Nr. 3987 für EUR XX,-- angeboten werden könne.


Mit einer Mail teilte der Beigeladene mit, damit einverstanden zu sein. Daraufhin traf die untere Flurbereinigungsbehörde mit dem Beigeladenen am XX.XX.XXXX eine Vereinbarung zur Regelung seines Widerspruchs. In Nr. 3 der Vereinbarung wurde bestimmt, dass das bislang dem Kläger zugeteilte Grundstück Flst. Nr. 3987 "unter dem Vorbehalt des § 54 FlurbG (nicht anderweitig benötigt)" ab Herbst 2006 nach Aberntung dem Beigeladenen als Aufstockungsfläche zugeteilt werde. Insoweit nahm der Beigeladene seinen Widerspruch zurück. Mit E-Mail vom XX.XX.XXXX teilte die untere Flurbereinigungsbehörde dem Beigeladenen mit, dass das Grundstück nun doch nicht zu den vereinbarten Bedingungen in sein Eigentum kommen könne, da der Kläger nicht bereit sei, den kapitalisierten Flurneuordnungswert, der ihm als Kaufpreis genannt worden sei, als Grundlage für einen Aufstockungsübergang zu akzeptieren. In einem weiteren Schreiben vom XX.XX.XXXX teilte die untere Flurbereinigungsbehörde dem Beigeladenen mit, dass, nachdem die angestrebte Umsetzung auf freiwilliger Basis nicht möglich sei, die Veränderungen nunmehr in einem Nachtrag zum Flurbereinigungsplan förmlich festzusetzen seien.


Im Nachtrag 1 zum Flurbereinigungsplan vom XX.XX.XXXX blieb es dann jedoch bei der bisherigen Regelung, weil die untere Flurbereinigungsbehörde entschieden hatte, dass das Grundstück beim Kläger verbleiben sollte. Der Beigeladene legte daraufhin im Anhörungstermin am XX.XX.XXXX auch gegen den Plannachtrag 1 Widerspruch ein, den er in Nr. 2 damit begründete, dass er mit der Zuweisung des Aufstockungsgrundstücks Flst. Nr. 3987 an den Kläger nicht einverstanden sei. In der mündlichen Widerspruchsverhandlung vor dem Landesamt am XX.XX.XXXX, dem der Widerspruch zur Entscheidung vorgelegt worden war, hielt der Beigeladene seinen Widerspruch mit der Begründung aufrecht, dass die Entscheidung zugunsten des Klägers ohne Berücksichtigung seiner Interessen erfolgt sei. Am XX.XX.XXXX teilte der Kläger dem Landesamt telefonisch mit, dass er seinerseits die Einhaltung einer ihm gegebenen Zusage verlange. Da eine Einigung nicht zu erzielen war, gab das Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung mit Widerspruchsbescheid vom XX.XX.XXXX dem Widerspruch des Beigeladenen statt und änderte den Flurbereinigungsplan in der Fassung des Plannachtrags 2 vom XX.XX.XXXX dahin ab, dass das Neuflurstück Nr. 3987 nunmehr dem Beigeladenen als Aufstockung zugewiesen werde. Der Beigeladene könne sich auf die Vereinbarung zur Regelung seines Widerspruchs vom XX.XX.XXXX berufen, die eine Zusicherung im Sinne des § 38 LVwVfG darstelle. Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am XX.XX.XXXX Klage zum Flurbereinigungsgericht erheben lassen. Die Widerspruchsbehörde sei nicht berechtigt gewesen, den Flurbereinigungsplan in der Fassung des 2. Plannachtrags zu seinen Lasten zu ändern. Dieser sei ihm gegenüber bereits bestandskräftig geworden. Der Beigeladene habe nämlich gegen den ursprünglichen Plan keinen Widerspruch mit dem Ziel erhoben, die ihm zugewiesene Aufstockungsfläche selbst zu erhalten.


Entscheidungsgründe


Die gegen den - den Kläger erstmals beschwerenden (vgl. § 79 Abs. 2 VwGO) - Widerspruchsbescheid des Landesamts für Geoinformation und Landentwicklung und die daraufhin vorgenommene Änderung des Flurbereinigungsplans gerichtete Anfechtungsklage (vgl. § 42 Abs. 1 VwGO) ist ohne Weiteres zulässig. Sie hat auch Erfolg.


Das Landesamt war nicht berechtigt, das Aufstockungsgrundstück Flst. Nr. 3987 - anders als im Flurbereinigungsplan vorgesehen - dem Beigeladenen zuzuweisen. Denn dies war nicht erforderlich, um einem begründeten Widerspruch abzuhelfen (vgl. §§ 141 Abs. 1, 60 Abs. 1 Satz 1 FlurbG). Die Befugnis nach § 60 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, wonach die Flurbereinigungsbehörde auch andere Änderungen des Flurbereinigungsplans - auch die Landzuteilungen nach § 54 Abs. 2 VwGO betreffend (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.05.1980 - 5 C 46.79 -, Buchholz 424.01 § 60 FlurbG Nr. 4 <= RzF - 16 - zu § 54 Abs. 2 FlurbG>) - vornehmen kann, stand dem Landesamt als Widerspruchsbehörde nicht zu (vgl. § 141 Abs. 1 Satz 2 FlurbG; hierzu BVerwG, Urt. v. 25.05.1961 - I C 102.58 -, = RzF - 10 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG).


Zwar kann die Zuteilung von Masseland, das ein Teilnehmer durch den Flur­ bereinigungsplan als Aufstockungsfläche neben seiner Abfindung erhalten hat, im Rahmen der auf einen Widerspruch eines anderen Teilnehmers erfolgten Änderung des Flurbereinigungsplans wieder rückgängig gemacht werden (vgl. FlurbG Lüneburg, Urt. v. 27.05.1980 - F OVG A 41/77 -, = RzF- 25 - zu § 37 Abs. 2 FlurbG). Der zuletzt nur noch gegen die aufrechterhaltene Zuweisung des Aufstockungsgrundstücks Flst. Nr. 3987 an den Kläger gerichtete Widerspruch war indessen bereits unzulässig, sodass ihm schon deshalb nicht abgeholfen werden durfte.


Der Beigeladene konnte gegen den Flurbereinigungsplan in der Fassung des Nachtrags 1 schon nicht mehr mit dem Ziel einer Abänderung der Entscheidung über die Vergabe des Grundstücks Flst. Nr. 3987 Widerspruch erheben. Denn über die (anderweitige) Zuweisung dieses, nunmehr von ihm als Aufstockung beanspruchten Grundstücks war bereits in dem ihm im Februar 2006 bekannt gegebenen Flurbereinigungsplan vom XX.XX.XXXX entschieden worden. Dagegen hatte der Beigeladene im Anhörungstermin am XX.XX.XXXX - mit der Folge eines Ausschlusses - keinen Widerspruch erhoben (vgl. (§ 59 Abs. 2 FlurbG). Zwar war sein Widerspruchsbegehren weiterhin auf die Zuweisung von Aufstockungsflächen gerichtet, jedoch ausschließlich von solchen, die außerhalb des Wasserschutzgebiets lagen. Bei dem - neben seinem Anspruch auf wertgleiche Abfindung - erhobenen Anspruch auf Zuteilung bestimmter Aufstockungsflächen (Masseland, vgl. § 54 Abs. 2 FlurbG) handelt es sich indes um einen selbständig geltend zu machenden Anspruch (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.05.1996 - 11 B 17.96 -, Buchholz 424.01 § 59 FlurbG Nr. 11 <= RzF - 27 - zu § 54 Abs. 2 FlurbG>). Dieser ist - anders als der Abfindungsanspruch, der im Hinblick auf § 44 Abs. 1 FlurbG dazu führt, dass die gesamte Abfindung in der Schwebe bleibt (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.06.1961 Rdl 1961, 240) - auch insoweit teilbar und selbständig, als er sich auf bestimmte Grundstücke bezieht. Indem der Beigeladene seinen Widerspruch gegen die im Rahmen des Flurbereinigungsplans getroffene Vergabeentscheidung ausdrücklich auf die Zuweisung von Aufstockungsflächen außerhalb des Wasserschutzgebiets beschränkte, war sie ihm gegenüber im Übrigen bestandskräftig geworden. Dass er unbeanstandet ließ, dass auch sein Abfindungsgrundstück im Wasserschutzgebiet liegt, ändert aufgrund der Selbständigkeit der Ansprüche nichts. Dass die Zuteilung des nunmehr vom Beigeladenen beanspruchten Grundstücks dem Kläger gegenüber noch nicht bestandskräftig war, weil sie - sowohl im Flurbereinigungsplan wie auch im Nachtrag 1 - ausdrücklich unter Vorbehalt erfolgt war (vgl. § 54 Abs. 2 FlurbG), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn dies bedeutete nur, dass der Kläger insofern noch keine gesicherte Rechtsposition hatte, als die Aufstockungsfläche zur wertgleichen Abfindung nach § 44 FlurbG auch noch anderweitig zugeteilt werden konnte (vgl. Senatsurt. v. 19.10.1976 - VII 2056/76 - <= RzF - 14 - zu § 54 Abs. 2 FlurbG> ). Darum geht es beim Grundstück Flst. Nr. 3987 jedoch nicht.


Soweit das Landesamt dem entgegenhält, der Beigeladene habe nur seine eigene Abfindung beanstanden können, wobei ihm der Empfänger der streitgegenständlichen Aufstockungsfläche nicht bekannt gewesen sei, geht dies fehl. Denn mit der Bekanntgabe eines Auszugs des Flurbereinigungsplans war für ihn ohne Weiteres erkennbar (vgl. § 59 Abs. 3 FlurbG), dass er das Grundstück Flst. Nr. 3987 weder als Abfindung noch als Aufstockungsfläche erhalten sollte. Einem auf die Zuteilung dieses Grundstück gerichteten Aufstockungsbegehren war damit jedenfalls nicht entsprochen worden, sollte sich der Kläger trotz seines Vorbehalts gegen "neue Grundstücke im Wasserschutzgebiet" überhaupt wirksam für dieses Grundstück beworben haben. Von einer mangelnden Bekanntgabe (vgl. dazu Wingerter/Mayr, FlurbG 9. A., 2013, § 54 Rn. 17) kann insofern nicht die Rede sein. Um Widerspruch einzulegen, musste ihm auch nicht bekannt sein, ob dieses Grundstück bereits anderweitig und ggf. welchem Teilnehmer aus welchem Rechtsgrund zugeteilt worden war.


Daran änderte auch nichts, dass die untere Flurbereinigungsbehörde im Hinblick auf die mit dem Beigeladenen am XX.XX.XXXX getroffene Vereinbarung einen Zweitbescheid erlassen hatte. Denn ungeachtet dessen, dass der Beigeladene diesen mit seinem neuerlichen Widerspruch sachlich überprüfen lassen konnte, wurde dadurch keine neue Widerspruchsmöglichkeit gegen die ihm gegenüber nachteilige Vergabeentscheidung hinsichtlich des Grundstücks Flst. Nr. 3987 eröffnet. Denn hierzu hätte es einer - hier jedoch nicht erfolgten ­ nachträglichen Zulassung des Widerspruchs nach § 134 Abs. 3 u. 2 FlurbG bedurft. Eine solche wäre auch nicht gerechtfertigt gewesen und ist daher auch nicht nachträglich vom Senat zu gewähren. So erweiterte der Beigeladene seinen am XX.XX.XXXX noch ausdrücklich auf Aufstockungsflächen außerhalb des Wasserschutzgebiets beschränkten Widerspruch nicht unverzüglich auf Flächen innerhalb des Wasserschutzgebiets. Vielmehr erweiterte er seinen Verpflichtungswiderspruch erst, nachdem ihm nach der getroffenen Planvereinbarung nicht das bereits an den Kläger vergebene Grundstück Flst. Nr. 3987 zugeteilt worden war. Dass der Beigeladene seinen Widerspruch im Anschluss an die Planvereinbarung "in diesen Punkten" zurückgenommen hatte, hatte entgegen der im Widerspruchsbescheid vertretenen Auffassung nicht dazu geführt, dass sich sein Verpflichtungswiderspruch nunmehr auch gegen die Nichtvergabe innerhalb des Wasserschutzgebiets liegender Aufstockungsflächen gerichtet hätte, sondern vielmehr dazu, dass damit auch sein auf die Zuteilung von außerhalb des Wasserschutzgebiets liegender Aufstockungsflächen gerichteter Widerspruch erledigt war. Auch von einer unverschuldeten Säumnis kann nicht die Rede sein, zumal der Beigeladene die Möglichkeit ungenutzt verstreichen ließ, sich über den Status des Grundstück Flst. Nr. 3987 im Anhörungstermin Klarheit zu verschaffen, sollte er dieses bereits als mögliche Aufstockungsfläche im Blick gehabt haben. Schließlich war auch für eine unbillige Härte, die eine Zulassung des Widerspruch hätte gleichwohl rechtfertigen können (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 18.02.2004 9 B 8.04 -; Senatsurt. v. 14.12.2010 - 7 S 1110/08 -), nichts ersichtlich.


Fehlte es insoweit bereits an einem zulässigen Widerspruch, durfte insoweit auch keine Abhilfeentscheidung ergehen (vgl. FlurbG Koblenz, Urt. v. 16.09.1998 - 9 C 11369/97.OVG -, RdL 1999, 327 <= RzF - 21 - zu § 60 Abs. 1 FlurbG>).


Dem Widerspruch abzuhelfen, wäre das Landesamt im Übrigen auch dann nicht berechtigt gewesen, wenn der weiterhin geltend gemachte Aufstockungsanspruch nicht teilbar wäre und es insofern keines gesonderten Widerspruchs bedurft hätte, als der Beigeladene auch keine im Wasserschutzgebiet gelegene Aufstockungsfläche zugeteilt erhielt. Darauf, dass der ggf. umfassend zu verstehende Verpflichtungswiderspruch im Anschluss an die Planvereinbarung ohnehin wieder zurückgenommen worden wäre, dürfte sich der Beklagte wegen des auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben nicht berufen können (vgl. § 242 BGB), nachdem dies in unmittelbarem Zusammenhang mit einer in der Folge nicht eingehaltenen Planvereinbarung erfolgte. Zwar dürfte dann auch der Umstand, dass sich der Kläger im Zeitpunkt der im Rahmen des Flurbereinigungsplans getroffenen Vergabeentscheidung noch gar nicht, jedenfalls nicht vorbehaltlos um die Aufstockungsfläche beworben hatte (vgl. hierzu für den Fall der Ausschreibung von Aufstockungsgrundstücken VGH Bad.-Württ. Urt. v. 26.09.1963 - V 56/63 -; Senatsurt. v. 19.10.1976 - VII 2056/76 - <= RzF - 14 - zu § 54 Abs. 2 FlurbG>; Wingerter/Mayr, a.a.O., § 54 Rn. 17), einer Abhilfe noch nicht entgegenstehen; denn maßgeblich für die Ermessenserwägungen wäre im Falle eines zulässigen Widerspruchs die Sachlage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids (vgl. hierzu Senatsurt. v. 22.07.2008 - 7 S 1428/96 - <= RzF - 32 - zu § 54 Abs. 2 FlurbG>). Jedoch wäre der Widerspruch des Beigeladenen gleichwohl nicht begründet gewesen.


Bei mehreren erwerbswilligen Beteiligten obliegt es der Flurbereinigungsbehörde, im Wege des Auswahlermessens darüber zu befinden, wem das Masseland durch den Flurbereinigungsplan zu Eigentum zugeteilt wird (§ 54 Abs. 2 Satz 2 FlurbG). Da die Zuteilung außerhalb des Neugestaltungs- und Abfindungsrahmens erfolgt, ist die hierzu ermächtigte Flurbereinigungsbehörde nicht zu konkreten Verhaltensweisen verpflichtet, sondern primär nur gehalten, die Auswahl des Zuweisungsempfängers danach auszurichten, ob das Land einer dem Zweck der Flurbereinigung entsprechenden Nutzung zugeführt oder erhalten werden kann, um einer der gesetzlich zulässigen Verwendungsarten zu genügen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.12.1980 - 5 B 109.79 -, Buchholz 424.01 § 54 FlurbG Nr. 3; BayVGH, Urt. v. 22.03.1973 - Nr. 6 XIII 72 -, AgrarR 1973, 402 <= RzF - 7 - zu § 54 Abs. 2 FlurbG>; auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.09.1963 - V 56/63 -; Senatsurt. v. 22.07.2008 - 7 S 1428/06 - <= RzF - 32 - zu § 54 Abs. 2 FlurbG>). Die Verwendung zum Zwecke der Aufstockung landwirtschaftlicher Betriebe ist eine sonstige Maßnahme i.S. v. § 37 Abs. 1 FlurbG, durch welche die Grundlage der wirtschaftlichen Betriebe verbessert wird und dient insofern Zweck und Ziel der Flurbereinigung (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.09.1963 - V 56/63 -). Abgehoben werden kann insofern maßgeblich darauf, die Grundlagen der Wirtschaftsbetriebe zu verbessern bzw. den Arbeitsaufwand zu vermindern, um die Bewirtschaftung zu erleichtern (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 2 2. Hs. FlurbG; hierzu BayVGH, Urt. v. 26.04.2010 - 13 A 09.2474 -, RdL 2010, 299 <= RzF - 34 - zu § 54 Abs. 2 FlurbG>). Da die Modalitäten des Verfahrens gesetzlich nicht geregelt sind, kann die Flurbereinigungsbehörde hierfür Vergaberichtlinien festlegen und damit vorab ihre Ermessensausübung (§ 40 LVwVfG) unter Beachtung des in Art. 3 Abs. 1 GG zum Ausdruck kommenden Gleichbehandlungsgrundsatzes (sachgerecht) binden (vgl. hierzu BayVGH, Urt. v. 26.04.2010, a.a.O.; FlurbG Koblenz, Urt. v. 04.06.1980 - 9 C 3/79 -, = RzF - 18 - zu § 54 Abs. 2 FlurbG; Senatsurt. v. 22.07.2008, a.a.O.).


Vorliegend wäre das Landesamt im Hinblick auf die getroffene Planvereinbarung noch nicht zur Abhilfe berechtigt gewesen....wirkte die mit dem Beigeladenen getroffene Planvereinbarung jedenfalls deshalb nicht zu Lasten des Klägers, weil sie ohne seine Zustimmung getroffen worden war. Bei der Planvereinbarung handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag i. S. v. § 54 LVwVfG (vgl. hierzu BayVGH, Urt. v. 10.04.2003 - 13 A 01.2550 -, = RzF - 23 - zu § 60 Abs. 1 FlurbG; BVerwG, Urt. v. 29.04.1988 - 11 C 6.97 -, BVerwGE 106, 345 m.w.N.; auch Urt. v. 17.01.2007 - 10 C 1.06 -, Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 86 <= RzF - 105 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG>), der, wenn er in Rechte eines Dritten eingreift, (insoweit) erst wirksam wird, wenn der Dritte schriftlich zustimmt (vgl. § 58 Abs. 1 LVwVfG). Dies war hier nicht der Fall. Eine Zustimmung war hier schon deshalb erforderlich, weil die im Flurbereinigungsplan zugunsten des Klägers getroffene Vergabeentscheidung rückgängig gemacht werden sollte; dass dieser im Hinblick auf den Vorbehalt einer anderweitigen Verwendung zu Zwecken der Abfindung noch keine gesicherte Rechtsposition innehatte, ändert nichts. Für einen wirksamen Rücktritt wäre freilich nichts ersichtlich. Insbesondere entbehrte die E-Mail v. XX.XX.XXXX der hierfür erforderlichen Schriftform (vgl. BayVGH, Urt. v. 25.03.2004 - 13 A 01.1464 u. 1465 -, = RzF - 99 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG). Eine (durchaus mögliche) Vorabzustimmung kann auch nicht in der im Anhörungstermin vom XX.XX.XXXX abgegeben vagen Erklärung des Klägers gesehen werden, wonach er zu einem Verkauf jenes Grundstücks "bereit wäre". Denn damit wurde noch kein Verzicht auf die als Aufstockung zugewiesene Fläche erklärt, sondern lediglich zum Ausdruck gebracht, dass er zu einem "Verkauf" zwar grundsätzlich bereit wäre, sich die endgültige Entscheidung hierüber jedoch noch vorbehalten wollte (vgl. § 133 BGB). Nahe liegt, dass dies - wie später auch geschehen - von der Höhe des ihm hierfür gutzuschreibenden Betrags oder aber von der Ausräumung der übrigen Widerspruchspunkte abhängig sein sollte. Ob der "Verkauf" letztlich von dem möglichen Erwerb eines ihm außerhalb des Flurbereinigungsgebiets angebotenen Ersatzgrundstücks abhängig gemacht werden sollte und dies für die untere Flurbereinigungsbehörde erkennbar war, kann dahinstehen.


Soweit im Widerspruchsbescheid demgegenüber von einer Zusicherung i.S. des § 38 LVwVfG - einem Verwaltungsakt - die Rede ist, geht dies fehl, nachdem ausdrücklich eine vertragliche Vereinbarung (vgl. § 99 FlurbG) getroffen worden war. Auch eine Zusicherung wäre freilich mangels Bekanntgabe an den von ihr betroffenen Kläger diesem gegenüber nicht verbindlich geworden (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 10 C 1.06 -, Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 86 <= RzF - 105 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG>). Warum sich der Kläger allein wegen seiner mehrere Monate zuvor abgegebenen vagen Erklärung nicht darauf berufen können sollte, dass die Zusicherung einer anderweitigen Zuweisung seiner Aufstockungsfläche ihm nicht bekannt gegeben wurde, erschließt sich dem Senat nicht. Einen entsprechenden Vertrauenstatbestand hatte er gegenüber der Flurbereinigungsbehörde nicht geschaffen. Vielmehr hätte diese sich veranlasst sehen müssen, beim Kläger nachzufragen, wenn sie dessen Erklärung bereits im Sinne eines Verzichts verstand.


Der Senat vermag weiter nicht zu erkennen, inwiefern die Zuteilung des Grundstücks Flst. Nr. 3987 an den Kläger gegenüber dem Beigeladenen ermessensfehlerhaft und das Zuteilungsermessen zu seinen Gunsten möglicherweise sogar dahin reduziert gewesen wäre, dass die Zuteilung rechtmäßig nur an ihn hätte erfolgen können, weil ansonsten sein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung verletzt würde (vgl. Senatsurt. v. 22.07.2008 - 1428/06 -; BVerwG, Beschl. v. 02.12.1980 - 5 B 109.79 -, Buchholz 424.01 § 54 FlurbG Nr. 3 <= RzF - 32 - zu § 54 Abs. 2 FlurbG>; BayVGH, Urt. v. 22.03.1973 - 6 XII 72 , AgrarR 1973, 402 <= RzF - 7 - zu § 54 Abs. 2 FlurbG>). Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass unter agrarstrukturellen Gesichtspunkten eine andere Zuteilung angezeigt gewesen wäre.


Allein deshalb, weil die vom Landratsamt am XX.XX.XXXX im Zusammenhang mit dem Nachtrag 1 zum Flurbereinigungsplan angestellten Ermessenserwägungen (/27), worauf bereits das Landesamt zu Recht hingewiesen hat, kaum tragfähig waren, wäre eine Abhilfe noch nicht gerechtfertigt gewesen, denn dies setzte zumindest voraus, dass eine ermessensfehlerfreie Entscheidung zugunsten des Beigeladenen in Betracht kam. Dies war indessen nicht der Fall.


Der von der unteren Flurbereinigungsbehörde angeführten längeren Entfernung von der Hofstelle (2,5 km statt nur ca. 0,8) kam bei der zu treffenden Vergabeentscheidung kein entscheidendes Gewicht zugunsten des Klägers zu, nachdem dem Beigeladenen ebendort ein Abfindungsgrundstück zugewiesen worden war. Insofern konnte, nachdem dies (anders als beim derzeitigen Abverkauf des restlichen Masselandes, Senatsakten, AS 77) keinen Niederschlag in den Vergabebedingungen gefunden hatte, auch nicht darauf abgehoben werden, dass der Beigeladene anders als der Kläger kein ortsansässiger Teilnehmer sei. Darauf, ob Ackerland oder Grünfläche eingebracht worden war, kam es bei der Vergabe von Masseland ohnehin nicht an.


Für die vom Landesamt in Abänderung des Flurbereinigungsplans verfügte Zuteilung an den Beigeladenen mag vor diesem Hintergrund zwar vordergründig gesprochen haben, dass dessen Abfindungsgrundstück unmittelbar an die Aufstockungsfläche angrenzt und insofern beide Grundstücke zusammen bewirtschaftet werden könnten (vgl. hierzu BayVGH, Urt. v. 22.03.1973, a.a.O.), wenngleich auch - im Hinblick auf die teilweise vorgegebene Grünlandnutzung des Abfindungsgrundstücks - nicht einheitlich als Ackerland. Jedoch kann auch dieser Umstand im Hinblick auf eine Bewirtschaftungserleichterung nicht ins Gewicht fallen, nachdem die Aufstockungsfläche vom Aufstockungsgrundstück Flst. Nr. 3995 des Klägers nur durch einen schmalen Weg getrennt ist.


Für die erfolgte Vergabe an den Kläger sprach zwar nicht schon der Umstand, dass er - anders als der Beigeladene - Vollerwerbslandwirt ist. Denn nachdem auch der Beigeladene nach der von ihm vorgelegten Bestätigung aufstockungswürdig war, kann auch dies agrarstrukturell nicht den Ausschlag geben (vgl. BayVGH, Urt. v. 26.04.2010, a.a.O.; Emig, AgrarR 1984, 90; BGH, Beschl. v. 06.07.1990 - BLw 8/88 -, BGHZ 112, 86 zu § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG; a. noch BGH, Beschl. v. 09.05.1985 - BLw 8/84 -, BGHZ 94, 292; hierzu auch BVerfG, Beschl. v. 10.06.2005 - 1 BvL 7/04 -, RdL 2006, 136). Für eine Zuteilungsentscheidung zu Gunsten des Klägers fiele jedoch entscheidend ins Gewicht, dass er das in seiner "Wunschliste" zwar noch nicht ausdrücklich erwähnte Grundstück schon bisher als Pachtland und auch seit der vorläufigen Besitzeinweisung - mit Ausnahme der Jahre 2006/2007 - durchgehend bewirtschaftet und sich von Anfang an ausdrücklich und vorbehaltlos um Aufstockungsflächen im Wasserschutzgebiet beworben hatte. Dass er tatsächlich keinen Aufstockungsbedarf an Ackerland gehabt hätte, weil er Milchviehwirtschaft betreibt, ist nicht ersichtlich. Solches lässt sich auch nicht aus der vage erklärten "Verkaufsbereitschaft" hinsichtlich der ihm zugewiesenen Aufstockungsfläche herleiten. Der Beigeladene hatte sich dagegen, wenn überhaupt, zunächst allenfalls unter Vorbehalt um die in Rede stehende Aufstockungsfläche beworben, da diese im Wasserschutzgebiet liegt und der Beigeladene, was er im Anhörungstermin ausdrücklich klarstellte, zunächst nur an Aufstockungsflächen außerhalb des Wasserschutzgebiets interessiert war. Erst mit Abschluss der Planvereinbarung, als beim Kläger längst ein schutzwürdiges Vertrauen auf einen Verbleib des Grundstücks bei ihm entstanden war, ließ der Beigeladene erkennen, dass er an jenem Grundstück ungeachtet seiner Lage im Wasserschutzgebiet doch Interesse habe. Insofern kann auch nicht darauf abgehoben werde, dass der Kläger - anders als der Beigeladene ­ ja noch weitere Aufstockungsflächen erhalten hatte, denn auch dies beruhte ersichtlich darauf, dass er sich - anders als jener - von Anfang an mit Aufstockungsflächen im Wasserschutzgebiet begnügte.


Ausgehend von diesen Erwägungen ist indes nicht zu erkennen, inwiefern dem Verpflichtungswiderspruch, seine Zulässigkeit unterstellt, abzuhelfen gewesen wäre. Vielmehr war die Zuteilung der Aufstockungsfläche ermessensfehlerfrei nur zugunsten des Klägers möglich, sodass die von der unteren Flurbereinigungsbehörde getroffene Vergabeentscheidung im Ergebnis jedenfalls nicht zu korrigieren war.