Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23.08.2006 - 10 C 4.05 = BVerwGE 126, 303-316= RdL 2007, 14-17= NVwZ-RR 2007, 85-88= Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 82 (Lieferung 2007)
Aktenzeichen | 10 C 4.05 | Entscheidung | Urteil | Datum | 23.08.2006 |
---|---|---|---|---|---|
Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = BVerwGE 126, 303-316 = RdL 2007, 14-17 = NVwZ-RR 2007, 85-88 = Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 82 | Lieferung | 2007 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | § 44 Abs. 2 Halbsatz 1 FlurbG enthält eine auf die Gestaltung der Landabfindung bezogene Ausformung des rechtsstaatlichen Abwägungsgebots. |
2. | Die planerische Abwägung nach § 44 Abs. 2 Halbsatz 1 FlurbG ist mit dem Gebot wertgleicher Abfindung des § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG in spezifischer Weise verknüpft; eine wertgleiche Abfindung ist sowohl wesentlichstes Ziel der Abwägung als auch bindende Abwägungsvorgabe, deren Beachtung zugleich eine zweckmäßige Gestaltung der Abfindung gewährleistet. Diese spezifische Verknüpfung lässt für eine gesonderte gerichtliche Abwägungskontrolle neben der Gleichwertigkeitsprüfung keinen Raum, soweit es um die Berücksichtigung gleichwertigkeitsbestimmender Faktoren in der Abwägung geht. |
3. | Eine die Gleichwertigkeitsprüfung ergänzende Abwägungskontrolle hat aber hinsichtlich der Frage zu erfolgen, ob die Abfindungsgestaltung "qualifizierte" Planwünsche in Gestalt konkretisierter und verfestigter Entwicklungsperspektiven, die sich dem Teilnehmer erst durch die Flurbereinigung eröffnen und deshalb für die Wertgleichheit der Abfindung unerheblich sind, abwägungsfehlerfrei berücksichtigt hat. Der Planwunsch, durch Zuweisung geeigneter Flächen die Möglichkeit zur Realisierung einer Aussiedlungsabsicht zu erhalten, ist nur dann in diesem Sinne "qualifiziert", wenn der Standort für das neue Gehöft genügend bestimmt und die Finanzierung gesichert ist. |
4. | Ein Teilnehmer, der lediglich einen "einfachen" Planwunsch zur Gestaltung seiner Abfindung angemeldet hat (hier: Zuteilung einer orts- und betriebsnahen Fläche in der Lage des durch eine klassifizierte Straße erschlossenen Altbesitzes), kann im Abfindungsstreit über die Prüfung, ob er wertgleich abgefunden worden ist, hinaus keine auch den Abwägungsvorgang erfassende Abwägungskontrolle verlangen, wie sie Planbetroffenen im Bau- und Fachplanungsrecht mit dem Anspruch auf gerechte Abwägung zusteht. |
Aus den Gründen
Die zulässige Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht, soweit es den Flurbereinigungsplan in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Februar 2004 aufgehoben hat. Die in ihm ergänzend zur Überprüfung wertgleicher Abfindung vorgenommene Abwägungskontrolle ist nicht frei von Mängeln. Das führt zur Aufhebung des Urteils im erwähnten Umfang und zur Abweisung der Klage insgesamt. 1. Die Annahme des Flurbereinigungsgerichts, der Kläger sei durch den Flurbereinigungsplan nach Bemessung und Gestaltung wertgleich mit Land abgefunden worden, gibt keinen Anlass zu Beanstandungen.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG kann jeder Teilnehmer eine wertgleiche Abfindung in Land beanspruchen. Das Gebot wertgleicher Abfindung ist oberster Grundsatz des Flurbereinigungsverfahrens (vgl. Urteil vom 16. Dezember 1992 - BVerwG 11 C 3.92 - Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 72 S. 34 m.w.N.). Es verlangt, dass der Wert der gesamten Neuzuteilung unter Berücksichtigung der Abzüge für Folgeeinrichtungen dem Wert der Gesamteinlage entspricht (Urteil vom 24. Februar 1959 - BVerwG 1 C 160.57 - RdL 1959, 221 <222>). Maßgebend ist zunächst die Bemessung der Abfindung, bei der gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 FlurbG die nach den §§ 27 bis 33 FlurbG ermittelten, am Nutzwert für jedermann ausgerichteten Grundstückswerte zugrundezulegen sind. Diese Werte bilden indes nicht den ausschließlichen Maßstab für die Bestimmung einer wertgleichen Abfindung. Zusätzlich sind vielmehr nach Maßgabe des § 44 Abs. 2 bis 4 FlurbG noch weitere den Wert der konkreten Gesamtabfindung mitbestimmende Faktoren einzubeziehen (vgl. Beschluss vom 27. November 1961 - BVerwG 1 B 127.61 - RdL 1962, 243 <244>; Urteil vom 14. Dezember 1978 - BVerwG 5 C 16.76 - BVerwGE 57, 192 <193> <= RzF - 7 - zu § 146 Nr. 2 FlurbG>). Hierbei ist auch auf die Verhältnisse des konkreten Betriebs abzustellen; insbesondere sind auch wertbildende Faktoren, die sich aus der Gestaltung der Abfindung ergeben, wie z.B. der Zuschnitt der Flächen und der Zusammenlegungsgrad, zu berücksichtigen (Beschluss vom 27. November 1961 a.a.O.; Urteile vom 15. Oktober 1974 - BVerwG 5 C 30.72 - BVerwGE 47, 87 <94> <= RzF - 61 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG> und vom 16. Dezember 1992 a.a.O. S. 34).
Das Flurbereinigungsgericht ist unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid davon ausgegangen, dass die Zuteilung unter diesen Gesichtspunkten keinen Bedenken begegnet und dass deshalb dem Gebot wertgleicher Abfindung Rechnung getragen ist. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Widerspruchsbehörde ist der Kläger rechnerisch wertgleich abgefunden worden. Zur Gestaltung hat sie Feststellungen zu den Wertklassen der Einlage- und Abfindungsgrundstücke, zu deren Erreichbarkeit und zur Frage überschwemmungsbedingter Betriebserschwernisse getroffen und daraus den Schluss gezogen, auch die Gestaltung stelle die Wertgleichheit der Abfindung nicht infrage. Die erwähnten tatsächlichen Feststellungen, die die Vorinstanz sich durch Bezugnahme zu eigen gemacht hat, sind vom Kläger nicht mit verfahrensrechtlichen Gegenrügen angegriffen worden; sie stehen daher für das Revisionsgericht verbindlich fest (§ 137 Abs. 2 VwGO). Dass die Vorinstanz aus diesen Feststellungen fehlerhafte rechtliche Schlüsse zur Frage der Gleichwertigkeit gezogen hätte, lässt sich weder dem Vortrag des Klägers entnehmen noch ist dies sonst ersichtlich.
2. Dagegen kann dem Flurbereinigungsgericht nicht gefolgt werden, soweit es die getroffene Abfindungsregelung wegen Verstoßes gegen das Abwägungsgebot nach § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG beanstandet hat. Zwar unterliegt die Gestaltung der Landabfindung in engen Grenzen einer Abwägungskontrolle (a). Das Flurbereinigungsgericht hat aber zu Unrecht einen Abwägungsfehler zu Lasten des Klägers bejaht (b).
a) Die gerichtliche Überprüfung der im Flurbereinigungsplan enthaltenen Regelung über die Landabfindung erschöpft sich nicht in der Prüfung, ob der Anspruch des Teilnehmers auf wertgleiche Abfindung erfüllt ist. Daneben besteht ein - allerdings schmaler - Anwendungsbereich für eine ergänzende Abwägungskontrolle nach den Grundsätzen, die die Rechtsprechung für die gerichtliche Überprüfung von Planungsentscheidungen entwickelt hat (vgl. Urteile vom 12. Dezember 1969 - BVerwG 4 C 105.66 - BVerwGE 34, 301 <308 f.> und vom 14. Februar 1975 - BVerwG 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <63 f.>). Sie richtet sich darauf, ob die Abfindungsgestaltung konkretisierte betriebliche Entwicklungsperspektiven, die sich dem Teilnehmer erst durch die Flurbereinigung eröffnen und die deshalb für die Frage wertgleicher Abfindung unerheblich sind, abwägungsfehlerfrei berücksichtigt hat.
aa) Das Flurbereinigungsgericht kann sich für seine Annahme, die gerichtliche Überprüfung der Abfindungsregelung umfasse neben der Gleichwertigkeitskontrolle auch eine Abwägungskontrolle, auf eine sowohl in der Rechtsprechung der Flurbereinigungsgerichte (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 27. August 1985 - 9 C 119/84 - RdL 1986, 154 <155> <= RzF - 80 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG>; VGH München, Urteile vom 19. Juni 1986 - 13 A 83 A.337 - RzF - 45 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG <= RzF - 45 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG>, vom 17. April 1997 - 13 A 94.351 - RzF - 101 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG <= RzF - 101 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG> und vom 26. März 2001 - 13 A 99.1316 - RzF - 98 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG <= RzF - 98 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG>; s. auch VGH Mannheim, Urteil vom 4. April 1984 - 7 S 124/82 - AgrarR 1985, 121 <= RzF - 73 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG>) als auch im Schrifttum (vgl. Hoecht, RdL 1984, 29 <30>; Storost, RdL 2000, 281 <282 f.>) vertretene Auffassung stützen. Zur Begründung wird auf den Planungscharakter der Abfindungsgestaltung verwiesen. Dem Wesen rechtsstaatlicher Planung entspreche es, dass die planerische Gestaltungsfreiheit durch das Gebot gebunden sei, die berührten Belange gegeneinander abzuwägen. Dieses Gebot, dem ein Abwägungsanspruch des Planbetroffenen korrespondiere, gelte aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Verankerung allgemein. Sachliche Besonderheiten, die seine Anwendung im Flurbereinigungsrecht oder die entsprechende gerichtliche Kontrollbefugnis infrage stellen könnten, bestünden nicht (VGH München, Urteile vom 19. Juni 1986 <= RzF - 45 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG>, 17. April 1997 <= RzF - 101 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG> und 26. März 2001 <= RzF - 98 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG>, jeweils a.a.O.; Storost, a.a.O. S. 282). § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG habe das Abwägungsgebot in Ausnutzung der dem Gesetzgeber insoweit belassenen Spielräume lediglich dahingehend modifiziert, dass der Kreis der abwägungserheblichen Belange auf die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse der Teilnehmer reduziert sei (Storost, a.a.O. S. 282).
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 16. Dezember 1992 (a.a.O. S. 35) die Frage, ob Fehler bei der Abwägung nach § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG den Plan angreifbar machen, wenn sie das Ergebnis der mittels voll überprüfbarer Rechtsanwendung wertgleich gestalteten Abfindung nicht berühren, ausdrücklich offengelassen. In früheren Entscheidungen hat sich das Gericht auf die Prüfung konzentriert, ob die Gesamtabfindung gleichwertig sei; treffe dies zu, so stehe damit in aller Regel zugleich fest, dass die Flurbereinigungsbehörde von ihrem Gestaltungsermessen einen zweckmäßigen Gebrauch gemacht habe. Die gerichtliche Kontrollbefugnis sei damit erschöpft. Ausnahmen davon seien nur in Extremfällen - etwa bei rein schikanöser Missachtung verständlicher Wünsche eines Teilnehmers - in Betracht zu ziehen (Urteil vom 14. Dezember 1978 a.a.O. S. 197 <= RzF - 7 - zu § 146 Nr. 2 FlurbG>).
Zu einer erweiterten Kontrolle hat sich das Bundesverwaltungsgericht lediglich unter dem Blickwinkel veranlasst gesehen, ob die Flurbereinigungsbehörde konkrete Entwicklungstendenzen eines landwirtschaftlichen Betriebs, die bei Wirksamwerden des Flurbereinigungsplans bereits voraussehbar waren, berücksichtigt habe (Beschlüsse vom 19. Mai 1981 - BVerwG 5 CB 13.80 - Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 39 <= RzF - 66 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG> und vom 6. November 1987 - BVerwG 5 CB 40.85 - juris Rn. 4). Unter diesem Gesichtspunkt ist die Gleichwertigkeitsprüfung also schon bisher um eine Kontrolle des behördlichen Gestaltungsermessens ergänzt worden.
Diese Rechtsprechung bedarf der Fortentwicklung dahin, dass die ergänzende Überprüfung zweckgerichteter Ausübung des Gestaltungsermessens nach den von der Rechtsprechung zur Abwägungskontrolle planerischer Entscheidungen im Bau- und Fachplanungsrecht entwickelten Grundsätzen vorzunehmen ist.
bb) Die Neugestaltung des Flurbereinigungsgebiets stellt eine Planungsentscheidung dar. Das hat zur Folge, dass die Flurbereinigungsbehörde bei der Wahrnehmung ihres Auftrags über eine durch das in § 37 Abs. 1 Satz 1 FlurbG normierte rechtsstaatliche Abwägungsgebot gebundene planerische Gestaltungsfreiheit verfügt (vgl. Hegele, in: Seehusen/Schwede, Flurbereinigungsgesetz, 7. Aufl. 1997, § 37 Rn. 2 und § 41 Rn. 8). Integrierender Bestandteil der Neugestaltung ist die Gestaltung der Landabfindung. Sie wird geprägt durch das Erfordernis, eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen der betroffenen Betriebe untereinander zu einem Ausgleich zu bringen und zwischen den dafür in Betracht kommenden Lösungen eine Auswahl zu treffen. Damit erweist sich auch die Landabfindung als ein mit Abwägungen verbundener Akt planerischer Gestaltung. Das rechtfertigt es, nicht nur § 37 Abs. 1 Satz 1 FlurbG, sondern auch § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG als Positivierung des rechtsstaatlichen Abwägungsgebots zu begreifen.
§ 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG schränkt die Anforderungen an die behördliche Abwägung allerdings ein. Der Gesetzgeber ist in den einzelnen Fachmaterien innerhalb der durch das Verfassungsrecht gezogenen Grenzen frei zu entscheiden, was er an Interessen für in beachtlicher Weise betroffen hält und deshalb bei der Entscheidung als abwägungserheblichen Belang beachtet wissen will (vgl. Beschluss vom 9. November 1979 - BVerwG 4 N 1.78 u.a. - BVerwGE 59, 87 <99>). Von dieser Möglichkeit hat er bei Erlass des § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG Gebrauch gemacht und die bei der Gestaltung der Abfindung zu berücksichtigenden Belange der Teilnehmer auf deren betriebswirtschaftliche Verhältnisse beschränkt. Persönliche Umstände oder individuelle Vorlieben des Betriebsinhabers zählen somit nicht zum Abwägungsmaterial (vgl. Urteil vom 9. Oktober 1973 - BVerwG 5 C 37.72 - BVerwGE 44, 92 <95>; Beschluss vom 20. März 1974 - BVerwG 5 B 108.72 - Buchholz 424.01 § 37 FlurbG Nr. 10 <= RzF - 22 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG>).
Soweit danach private Belange zu berücksichtigen sind, vermittelt das Abwägungsgebot dem jeweiligen Planbetroffenen ein subjektives öffentliches Recht auf gerechte Abwägung (vgl. Urteile vom 14. Februar 1975 a.a.O. S. 66 und vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <123>). Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, dies für die Abwägung nach § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG, der nach den vorstehenden Ausführungen als spezifische Ausformung des rechtsstaatlichen Abwägungsgebots begriffen werden muss, ebenso zu sehen (so auch VGH München, Urteil vom 19. Juni 1986 a.a.O. <= RzF - 45 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG>; Storost, a.a.O. S. 282).
cc) Hieraus darf aber nicht der Schluss gezogen werden, dass zusätzlich zur vollen gerichtlichen Überprüfung der Einhaltung des Gebots wertgleicher Abfindung eine umfassende gerichtliche Abwägungskontrolle stattzufinden habe, die auch die ordnungsgemäße Berücksichtigung aller die Gleichwertigkeit bestimmenden Faktoren zum Gegenstand hat. Zwar korrespondiert dem aus dem planungsrechtlichen Abwägungsgebot erwachsenden Recht des Planbetroffenen auf gerechte Abwägung grundsätzlich eine gerichtliche Abwägungskontrolle. Die spezifische Verknüpfung der planerischen Abwägung nach § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG mit dem Gebot wertgleicher Abfindung nach § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG lässt für eine gesonderte Abwägungskontrolle aber keinen Raum, soweit es um die Berücksichtigung gleichwertigkeitsbestimmender Faktoren in der Abwägung geht. Eine wertgleiche Abfindung ist wesentlichstes Ziel und zugleich bindende Vorgabe für die Abwägung. Werden bei der Gestaltung der Landabfindung wertbildende Faktoren außer Acht gelassen oder fehlgewichtet, so schlägt sich dies, sofern nicht ausnahmsweise durch eine zu starke Gewichtung anderer wertbildender Faktoren eine Kompensation eintritt, in Abfindungsdefiziten nieder, die im Rahmen der Gleichwertigkeitsprüfung erfasst werden. Umgekehrt ist dem Interesse des Teilnehmers an der Wertsicherung seiner Einlage Rechnung getragen, wenn er eine wertgleiche Abfindung erhält. In diesem Bereich besteht deshalb kein Bedürfnis für eine gesonderte Abwägungskontrolle.
Anders wäre nur zu entscheiden, wenn den die Gleichwertigkeit bestimmenden Faktoren nicht nur im Rahmen einer saldierenden Betrachtung Bedeutung für eine gleichwertige Gesamtabfindung zukäme, sondern ein darüber hinausgehender Eigenwert im Sinne eines rechtlich geschützten Interesses einzelner Teilnehmer beizumessen wäre. Dies trifft jedoch grundsätzlich nicht zu. Lediglich den in § 45 FlurbG genannten Flächen und Anlagen wird nach der gesetzlichen Regelung ein gesonderter, subjektivrechtlicher Schutz zuteil; sie können nur unter eingeschränkten Voraussetzungen und teilweise nur mit Zustimmung des Eigentümers verändert bzw. einem anderen Teilnehmer zugewiesen werden, was voller gerichtlicher Überprüfung unterliegt. Nur mit Zustimmung des Teilnehmers ist zudem eine völlige Änderung der Struktur seines Betriebes zulässig (vgl. § 44 Abs. 5 Satz 1 FlurbG). Die Rechtsprechung hat darüber hinaus der Baulandqualität eines Einlagegrundstücks ein besonderes Gewicht zuerkannt, dies allerdings nicht ergänzend, sondern im Rahmen der Prüfung des Gebots wertgleicher Abfindung berücksichtigt (vgl. Urteil vom 10. Mai 1990 - BVerwG 5 C 1.87 - BVerwGE 88, 129 <132 ff.> <= RzF - 90 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG>>). Diese Ausnahmen lassen den Gegenschluss zu, dass wertbildende Faktoren der Einlage im Übrigen keinen über die Gewährleistung einer gleichwertigen Gesamtabfindung hinausgehenden gesonderten Schutz genießen. Für eine die Gleichwertigkeitsprüfung ergänzende Abwägungskontrolle, die entsprechend den im Bau- und Fachplanungsrecht geltenden Grundsätzen zusätzlich zum Abwägungsergebnis den Abwägungsvorgang in den Blick nähme und die ordnungsgemäße Berücksichtigung aller einzelnen wertbildenden Faktoren prüfte, ist im Flurbereinigungsverfahren angesichts des fehlenden subjektivrechtlichen Schutzes dieser Faktoren als solcher kein Raum.
Nichts anderes gilt, wenn man daneben den so genannten "Anspruch ... auf eine ... zweckmäßig gestaltete Abfindung" (so Urteil vom 19. September 1989 - BVerwG 5 C 3.87 - BVerwGE 82, 313 <316>) betrachtet. Dieser ist in der Weise mit dem Anspruch auf wertgleiche Abfindung untrennbar verbunden, dass es unzulässig wäre, den Planungsakt der Flurbereinigungsbehörde bezüglich der wertbestimmenden Faktoren einerseits in Anwendung von § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG einer Gleichwertigkeitskontrolle und andererseits in Anwendung von § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG einer Zweckmäßigkeitskontrolle zu unterwerfen (vgl. Urteil vom 14. Dezember 1978 a.a.O. S. 193 <= RzF - 7 - zu § 146 Nr. 2 FlurbG>). Soweit der Teilnehmer nicht - in den zuvor angeführten Ausnahmefällen - einen "qualifizierten" Planwunsch anmeldet, der mit einem Anspruch auf eine bestimmte Abfindungsgestaltung einhergeht, versagt ihm das Flurbereinigungsrecht auch unter dem Aspekt der zweckmäßigen Gestaltung seiner Abfindung einen subjektivrechtlichen Schutz, der über den strikten Anspruch auf wertgleiche Abfindung hinausreicht. "Einfache" Planwünsche lösen somit keine Abwägungskontrolle nach dem Muster des Bau- und Fachplanungsrechts aus. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass das Flurbereinigungsrecht vom eigentumsrechtlichen "Postulat der Bestandssicherung" (Urteil vom 10. Mai 1990 a.a.O. S. 134 <= RzF - 90 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG>) mit der Folge geprägt ist, dass dem Teilnehmer, dem mit dem Anspruch auf wertgleiche Abfindung ein zwingender Rechtssatz zur Seite steht, ein Recht auf weiterreichende Abwägungskontrolle versagt bleibt, soweit es um die Sicherung des Bestandes geht. Dementsprechend hat die Rechtsprechung stets betont, dass in Anbetracht der Verschiedenartigkeit der Verhältnisse die überhaupt mögliche Gleichbehandlung der Teilnehmer erreicht sei, wenn der Flurbereinigungsplan die dem jeweiligen Teilnehmer zustehende wertgleiche Abfindung gewährleiste (vgl. Beschlüsse vom 27. November 1961 a.a.O. S. 244 <= RzF - 13 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG> und vom 17. Dezember 1965 - BVerwG 4 B 90.65 - RdL 1966, 111 <= RzF - 24 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG >; Urteil vom 25. November 1970 - BVerwG 4 C 80.66 - RdL 1971, 97 <99> <= RzF - 13 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG>). Kein Teilnehmer hat hingegen einen Anspruch auf Zuteilung von Grundstücken mit bestimmten Eigenschaften, geschweige denn auf Zuteilung seines Altbesitzes oder sonst auf Zuteilung bestimmter Grundstücke (vgl. Beschluss vom 27. November 1961 a.a.O. S. 244 <= RzF - 13 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG>; Urteil vom 25. November 1970 a.a.O. S. 99 <= RzF - 13 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG>). Durch welche Gestaltung erreicht wird, dass die Landabfindung dem Gebot der Wertgleichheit gerecht wird, ist mithin der - außer durch das Willkürverbot - nicht weiter gebundenen Gestaltungsfreiheit der Flurbereinigungsbehörden überantwortet. Diese einfachrechtliche Ausformung des rechtsstaatlichen Abwägungsgebots bleibt, auch was den Rechtsschutz des Teilnehmers angeht, nicht hinter den Anforderungen des Verfassungsrechts zurück.
Für die grundsätzliche Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle auf die Gleichwertigkeitsprüfung spricht im Übrigen auch das Bedürfnis, die Abfindungsgestaltung praktikabel zu halten. Denn angesichts der Vielzahl der im Flurbereinigungsverfahren zu berücksichtigenden, verschieden gelagerten Interessen der Beteiligten würde sonst die Durchführung der Flurbereinigung empfindlich erschwert (vgl. Urteil vom 25. November 1970 a.a.O. S. 99).
dd) Dies bedeutet, dass für eine die Gleichwertigkeitsprüfung ergänzende Abwägungskontrolle nur ein schmaler Anwendungsbereich verbleibt. Sie bezieht sich auf solche Belange, die nicht die Wertsicherung des Bestandes betreffen und deren ordnungsgemäße Berücksichtigung deshalb durch eine wertgleiche Abfindung noch nicht gewährleistet ist. Das trifft zu für besondere betriebliche Entwicklungstendenzen, deren Berücksichtigung - wie bereits erwähnt - schon nach der bisherigen Rechtsprechung Gegenstand einer ergänzenden, freilich nicht explizit den Grundsätzen planerischer Abwägungskontrolle folgenden gerichtlichen Überprüfung war. Ihre Abwägungserheblichkeit ergibt sich aus dem Gestaltungsauftrag der Flurbereinigungsbehörde. Um ihm gerecht zu werden, muss die Behörde nämlich auch versuchen, für die Beteiligten die Voraussetzungen für eine günstige wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen. Sie hat dabei, soweit möglich, künftigen Verhältnissen abwägend Rechnung zu tragen (vgl. Beschluss vom 19. Mai 1981 a.a.O. S. 1 m.w.N. <= RzF - 66 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG>).
Abwägungserheblich sind in einem Planwunsch des Teilnehmers Ausdruck findende Entwicklungsmöglichkeiten allerdings nur, wenn sie bereits so konkretisiert und verfestigt sind, dass ihre Verwirklichung nicht bloß theoretisch möglich, sondern voraussehbar ist. Die Teilnehmer trifft insoweit eine Mitwirkungspflicht; sie sind gehalten, im Wunschtermin auf die maßgeblichen Gesichtspunkte hinzuweisen, sofern diese nicht ohnehin für den Vorstand der Teilnehmergemeinschaft erkennbar sind, und hierzu konkrete Gestaltungsvorschläge zu unterbreiten (Beschlüsse vom 19. Mai 1981 <= RzF - 66 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG> und 6. November 1987, jeweils a.a.O.). Nur derart "qualifizierte" Planwünsche gehören zum Abwägungsmaterial.
Wesentlichster Anwendungsfall solcher Entwicklungstendenzen sind hinreichend konkretisierte und verfestigte Aussiedlungsvorhaben. Verfügte ein Teilnehmer schon vor der Flurbereinigung über geeignete Aussiedlungsflächen, so ist dies zwar schon in der Gleichwertigkeitsprüfung in der Weise zu berücksichtigen, dass ihm die Aussiedlungsmöglichkeit nicht durch die Gestaltung der Abfindung ohne seine Zustimmung entzogen werden darf (vgl. VGH München, Urteil vom 12. September 2005 - 13 A 04.890 - juris Rn. 23 <= RzF - 101 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG>). Eröffnet sich ihm die Möglichkeit zur Realisierung einer Aussiedlungsabsicht jedoch erst durch die Zuweisung geeigneter Flächen in der Flurbereinigung, so handelt es sich bei dem entsprechenden Gestaltungswunsch um einen Belang, dessen Berücksichtigung nur im Rahmen ergänzender Abwägungskontrolle geprüft werden kann. Den Erfordernissen hinreichender Konkretisierung und Verfestigung genügt eine Aussiedlungsabsicht nur, wenn der Standort für das neue Gehöft genügend bestimmt und die Festlegung und Sicherstellung der Finanzierung klargestellt ist (Beschlüsse vom 6. November 1987 a.a.O. und vom 16. Mai 2000 - BVerwG 11 B 50.99 - juris Rn. 6, jeweils unter Hinweis auf das Urteil vom 28. Januar 1960 - BVerwG 1 C 51.58 - Buchholz 424.00 §§ 48 ff. RUO Nr. 14 S. 21<= RzF - 6 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG>). Mit Blick auf das angefochtene Urteil ist freilich anzumerken, dass die Anforderungen an die Konkretisierung der Aussiedlungsabsicht überspannt würden, wenn man stets die Festlegung auf einen bestimmten Standort forderte. Trägt die Angabe von Alternativstandorten allein der typischen, aus der Gestaltungsvielfalt der Flurbereinigung folgenden Ungewissheit Rechnung, an welcher Stelle der aussiedlungswillige Teilnehmer mit einer Landabfindung rechnen kann, so relativiert sie nicht die Konkretheit und Ernsthaftigkeit der Aussiedlungsabsicht; es geht bei einer solchen Sachlage vielmehr gerade darum, die Chancen auf die Zuteilung einer zur Aussiedlung geeigneten Abfindungsfläche zu erhöhen.
ee) Soweit danach eine gerichtliche Abwägungskontrolle geboten ist, folgt diese den von der Rechtsprechung zum Bau- und Fachplanungsrecht entwickelten Grundsätzen (vgl. Urteile vom 12. Dezember 1969 a.a.O. S. 309 und vom 14. Februar 1975 a.a.O. S. 63 f.). Dementsprechend ist zu prüfen, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob die abwägungsbeachtlichen Belange des Beteiligten in sie eingestellt worden sind und ob weder ihre Bedeutung sowie diejenige der entgegenstehenden öffentlichen und privaten Belange zu Lasten des Beteiligten verkannt noch der Ausgleich zwischen diesen Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zur objektiven Gewichtigkeit der Belange des Beteiligten außer Verhältnis steht. Zu den Maßgaben für die Abwägungskontrolle gehören darüber hinaus die Grundsätze über die eingeschränkte Beachtlichkeit von Abwägungsfehlern, die etwa in § 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB und § 17 Abs. 6 c Satz 1 FStrG Niederschlag gefunden haben, aber Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens der Planerhaltung sind; ein Mangel im Abwägungsvorgang ist danach nur erheblich, wenn er offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist (vgl. dazu Urteil vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <250>).
b) Hiervon ausgehend kann der Auffassung des Flurbereinigungsgerichts, die getroffene Abfindungsregelung beruhe zu Lasten des Klägers auf Abwägungsmängeln, nicht gefolgt werden. Auf eine etwaige Überbewertung der Belange des Beigeladenen zu 2 könnte sich der Kläger nur berufen, wenn dieser Mangel sich auf eigene abwägungsbeachtliche Belange auswirkte. Daran fehlt es jedoch.
Mit dem Flurbereinigungsgericht ist davon auszugehen, dass eine Aussiedlungsabsicht des Klägers nicht als "qualifizierter" Planwunsch in die Abwägung einzustellen war. Aufgrund der Beweiskraft des Protokolls über den Planwunschtermin (§ 98 VwGO i.V.m. § 415 Abs. 1 ZPO) und der nicht mit Gegenrügen angegriffenen Beweiswürdigung der Vorinstanz steht für das Revisionsverfahren bindend fest, dass der Kläger im Wunschtermin eine solche Absicht nicht geäußert hat (§ 137 Abs. 2 VwGO). Bindungswirkung entfaltet ebenso die Feststellung des Flurbereinigungsgerichts, es lägen keine anderen Umstände vor, aufgrund deren eine Aussiedlungsabsicht des Klägers für den Beklagten - auch ohne Äußerung im Wunschtermin - bei der Abfindungsgestaltung offenkundig gewesen wäre.
Das Flurbereinigungsgericht hat einen abwägungsbeachtlichen Belang indessen fehlsam in dem "einfachen" Planwunsch des Klägers gesehen, in dem sein Interesse an einer orts- und betriebsnahen Abfindung in der Lage des durch eine klassifizierte Straße erschlossenen Altbesitzes Niederschlag gefunden habe; ergänzend hat es auf die durch die Abfindung verursachte Erhöhung des Rebflächenanteils in der Bodenklasse V und die damit verbundenen Nachteile für die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers hingewiesen. Damit sind Belange, die trotz wertgleicher Abfindung einer gesonderten Abwägung bedürften, nicht benannt.
Anmerkung
Zum Anspruch auf Wahrung einer bereits bei der Einlage vorhandenen Aussiedlungsmöglichkeit siehe Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 12.09.2005 - 13 A 04.890 = RzF - 101 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG.