Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 17.04.1997 - 13 A 94.351
Aktenzeichen | 13 A 94.351 | Entscheidung | Urteil | Datum | 17.04.1997 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht München | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | § 44 Abs. 2 erster Halbsatz FlurbG verlangt, daß die Landabfindung das sachgerechte und vertretbare Ergebnis eines ordnungsgemäßen Abwägungsvorganges ist. |
2. | Beruht die Landabfindung auf einem Abwägungsfehler, kann das Flurbereinigungsgericht ihn nach § 146 Nr. 2 FlurbG korrigieren und die gebotene Gestaltung der Abfindung selbst vornehmen. |
Aus den Gründen
Die zulässige Klage ist begründet, weil die Beklagte in Ausübung des ihr im Flurbereinigungsgesetz eingeräumten planerischen Gestaltungsermessens die bei der Abfindung eines Teilnehmers zu beachtenden gesetzlichen Grundsätze bei der klägerischen Abfindung nicht ermessensgerecht berücksichtigt hat und der Kläger hierdurch in seinen Rechten verletzt ist (§ 114 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -, § 146 Nr. 2 des Flurbereinigungsgesetzes - FlurbG -).
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats erschöpft sich das Recht des Teilnehmers, die für ihn vorgesehene Abfindung der gerichtlichen Kontrolle zu unterstellen, nicht allein in der Erfüllung des Planungsgrundsatzes der wertgleichen Abfindung (§ 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG). Vielmehr kann er, da sein Eigentum Gegenstand der durch die Flurbereinigungsplanung zu bewirkenden Veränderung ist und die Planungsziele auch auf die Einzelabfindung des Teilnehmers ausgerichtet sind, ferner zur Entscheidung stellen, ob weitere ihn betreffende Belange in die Abwägung eingestellt und sachgerecht gewichtet worden sind (BayVGH vom 19. 06.1986 RzF - 45 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG). Dieses Gebot gerechter Abwägung aller von der Planung berührten Belange ergibt sich aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung und gilt dementsprechend allgemein (BVerwGE 34, 301/307; 41,67; 56,110/123); aus den Besonderheiten des Fachplanungsrechts Flurbereinigung folgen insoweit keine Abweichungen (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 1 und § 44 Abs. 2 Halbsatz 1 FlurbG). Zu diesen Belangen als Planungsleitlinien, die in die für die Gestaltung der Abfindung eines Teilnehmers vorzunehmende Abwägung einzustellen sind, zählen insbesondere Gestaltungswünsche, die die Verbesserung der eigenen betriebswirtschaftlichen Verhältnisse zum Ziel haben und rechtzeitig an die Flurbereinigungsbehörde herangetragen worden sind (BayVGH vom 19.11.1982 RdL 1984,39; BVerwG vom 03.04.1986 - BVerwGE 5 B 113.83).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund rügt der Kläger zu Recht, daß die unterlassene Zuteilung einer weiteren Abfindungsfläche östlich seines Aussiedlerhofes auf einem unrichtigen Abwägungsergebnis beruht.
Der Kläger hat rechtzeitig auf die beengten und für die innere Erschließung ungünstige Größe seines Aussiedlungsgrundstücks hingewiesen und beantragt, daß im dortigen Bereich eine Erweiterung der Fläche um 10 m nach Osten erfolgt. Dieser vom Kläger eingestellte Belang ist am Flurbereinigungsgesetz ausgerichtet; die Vergrößerung der Hofstelle zur günstigeren Bewirtschaftung gehört ohne weiteres zu den Maßnahmen, durch welche die Grundlagen der Wirtschaftsbetriebe verbessert, der Arbeitsaufwand vermindert und die Bewirtschaftung erleichtert werden (§ 37 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 FlurbG). Die klägerischen Interessen wurden von der Beklagten nicht unter diesem Blickwinkel gewürdigt.
Die unterlassene ausreichende Beachtung dieses Begehrens führt zur Fehlgewichtung der klägerischen Belange und damit zu einem unrichtigen Abwägungsergebnis, zumal - wie noch zu zeigen sein wird - berechtigte Belange betroffener Dritter einer Berücksichtigung des klägerischen Anliegens nicht entgegenstehen. § 144, § 146 Nr. 2 FlurbG geben dem Senat die Befugnis, den Planungsfehler zu korrigieren und die gebotene Gestaltung selbst vorzunehmen (BVerwGE 57,192/198), ohne daß sich die Beigeladenen auf die ihnen gegenüber eingetretene Unanfechtbarkeit des Flurbereinigungsplanes berufen können, der bei jeder Abfindung bis zur Schlußfeststellung unter dem Vorbehalt möglicher Änderungen steht (so bereits BVerwG vom 25.05.1961 RzF - 10 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG = RdL 1961, 274 und vom 26.05.1978 BVerwGE 56,1/2).