Flurbereinigungsgericht Magdeburg, Urteil vom 08.06.2016 - 8 K 4/14 = juris (Lieferung 2019)

Aktenzeichen 8 K 4/14 Entscheidung Urteil Datum 08.06.2016
Gericht Flurbereinigungsgericht Magdeburg Veröffentlichungen = juris  Lieferung 2019

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. § 142 Abs. 2 Satz 2 FlurbG ist dahingehend auszulegen, dass der Fristablauf den Rechtsschutz dann nicht ausschließt, wenn der Kläger durch das Verhalten der Widerspruchsbehörde von einer rechtzeitigen Klage abgehalten wurde.
2. Der Käufer eines Grundstücks ist, wenn er Inhaber eines Anwartschaftsrechts ist, im Hinblick auf den Anspruch auf Erschließung gemäß § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG im Flurbereinigungsverfahren klagebefugt.
3. Ein Abfindungsflurstück ist erst dann i. S. d. § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG erschlossen, wenn die Zuwegung durchgängig über öffentliche Wege führt oder soweit die über Privatwege führende Zuwegung durch Wegedienstbarkeiten gesichert ist.

Aus den Gründen

Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig (I) und begründet (II).


I. Die Klage ist zulässig.


Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass der Kläger die Frist des § 142 Abs. 2 Satz 2 FlurbG versäumt hat. Nach § 142 Abs. 2 Satz 1 FlurbG ist die Klage ohne ein Vorverfahren zulässig, wenn über den Widerspruch gegen einen Flurbereinigungsplan (§ 59 Abs. 2 FlurbG) innerhalb eines Jahres sachlich nicht entschieden worden ist. Nach § 142 Abs. 2 Satz 2 FlurbG ist die Erhebung der Klage in diesen Fällen nur bis zum Ablauf von weiteren drei Monaten seit Ablauf der Jahresfrist zulässig. Der Lauf der Klagefrist des § 142 Abs. 2 Satz 2 FlurbG hängt nicht von einer Rechtsbehelfsbelehrung ab (BVerwG, Urt. v. 16.08.1995 - BVerwG 11 C 2.95 - <= RzF - 8 - zu § 142 Abs. 2 FlurbG>, juris RdNr. 24). Im vorliegenden Fall hat das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt über den Widerspruch des Klägers vom 05.04.2011 gegen den 1. Nachtrag zum Flurbereinigungsplan im Flurbereinigungsverfahren (G.) bislang nicht entschieden. Wegen des Ausbleibens der Widerspruchsentscheidung hätte der Kläger gemäß § 142 Abs. 2 Satz 2 FlurbG grundsätzlich bis spätestens 05.07.2012 Klage erheben müssen. Dies hat er nicht getan. Art. 19 Abs. 4 GG gebietet jedoch, § 142 Abs. 2 Satz 2 FlurbG dahingehend auszulegen, dass der Fristablauf den Rechtsschutz dann nicht ausschließt, wenn der Kläger durch das Verhalten der Widerspruchsbehörde von einer rechtzeitigen Klage abgehalten wurde, etwa weil diese bei dem Widersprechenden den Eindruck erweckt hat, er dürfe mit dem Erlass des Widerspruchsbescheides (noch) rechnen und folglich mit der Untätigkeitsklage noch weiter abwarten, ohne die Klagemöglichkeit zu verlieren (BayVGH, Urt. v. 20.04.2004 - 13 A 02.718 -, <= RzF - 10 - zu § 142 Abs. 2 FlurbG> juris RdNr. 18; OVG RP, Urt. v. 15.07.2010 - 95 C 11349/09 -, juris RdNr. 25; VGH BW, Urt. v. 19.05.2011 - 7 S 2337/10 -, juris RdNr. 46, Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl., § 142 RdNr. 16a; offen gelassen von BVerwG, Urt. v. 16.08.1995 - BVerwG 11 C 2.95 -, a.a.O. <= RzF - 8 - zu § 142 Abs. 2 FlurbG> RdNr. 26). So liegt es hier. Wie der Kläger in seinem Schriftsatz vom 12.05.2016 eingehend dargestellt hat, hat ihm das Landesverwaltungsamt mit Schreiben vom 25.01.2012, 18.05.2012, 19.09.2012 28.05.2013 und 10.10.2013 den Eindruck vermittelt, eine Entscheidung über seinen Widerspruch werde noch ergehen. Erst nachdem auf das Schreiben vom 10.10.2013 ein Widerspruchsbescheid ausblieb, hat der Kläger am 02.04.2014 Klage erhoben. Dem steht die Frist des § 142 Abs. 2 Satz 2 FlurbG nicht entgegen.


Dem Kläger fehlt auch nicht die gemäß § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i.V.m. § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis. Die Klagebefugnis ist gegeben, wenn der Kläger durch den angefochtenen Verwaltungsakt der Flurbereinigungsbehörde möglicherweise in eigenen Rechten verletzt ist. Maßgeblich ist die materielle Betroffenheit; die Stellung als Beteiligter i.S.d. § 10 FlurbG reicht allein nicht aus (BVerwG, Urt. v. 23.06.1983 - BVerwG 5 C 13.83 - <= RzF - 24 - zu § 4 FlurbG>, juris RdNr. 21).


Hiernach ist der Kläger klagebefugt. Er kann als Inhaber eines Anwartschaftsrechts gegen den 1. Nachtrag zum Flurbereinigungsplan im Flurbereinigungsverfahren (G.) geltend machen, die von ihm erworbenen Grundstücke Gemarkung R., Flur B, Flurstücke 78 und 81, seien entgegen § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG nicht erschlossen.


Zwar steht der Anspruch auf Erschließung aus § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in erster Linie den Teilnehmern, also den Eigentümern der zum Flurbereinigungsgebiet gehörenden Grundstücke (§ 10 Nr. 1 FlurbG), zu (BVerwG, Urt. v. 30.09.1992 - BVerwG 11 C 8.92 - <= RzF - 28 - zu § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG>, juris RdNr. 12). In der Rechtsprechung der Flurbereinigungsgerichte wird zudem die Auffassung vertreten, der Anspruch auf Erschließung gemäß § 44 Abs. 3 FlurbG könne von Nebenbeteiligten nicht geltend gemacht werden. Vielmehr könnten solche Rechte nur Teilnehmer, d.h. Eigentümer der zum Flurbereinigungsgebiet gehörenden Grundstücke sowie die den Eigentümern gleichstehenden Erbbauberechtigten, geltend machen, da nur diese und nicht die Nebenbeteiligten gemäß § 47 FlurbG entschädigungslos zur Aufbringung der für die Herstellung der gemeinschaftlichen Anlagen erforderlichen Flächen beitrügen (NdsOVG, Urt. v. 02.07.1981 - F OVG A 62/80 -, RdL 1983, 41 <42> <= RzF - 5 - zu § 10 Nr. 2 d FlurbG>). Drittberechtigte an den in die Flurbereinigung einbezogenen Grundstücken seien demgegenüber auf die Ansprüche in § 49 FlurbG beschränkt (BayVGH, Urt. v. 17.07.1975 - Nr. 155 XIII 74 -, BayVBl. 1976, 50).


Dies kann jedenfalls für die Fälle nicht überzeugen, in denen Nebenbeteiligter i.S.d. § 10 Nr. 2 Buchst. d FlurbG der Käufer des Grundstücks ist, zu dessen Gunsten bereits eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen worden ist.


In diesen Fällen hat der Käufer als Inhaber eines Anwartschaftsrechts bereits eine eigene Rechtsposition erworben, die ihm schon vor Eintragung als Eigentümer ein Klagerecht vermittelt. In vergleichbarer Weise wie beim Eigentum oder Nießbrauch ist er damit als Repräsentant des Grundstücks anzusehen (HessVGH, Urt. v. 30.01.1967 - F III 85, 86, 136/64 - RzF 2 zu § 10 Nr. 2 d FlurbG <= RzF - 2 - zu § 10 Nr. 2 d FlurbG>; BayVGH, Urt. v. 17.06.2013 - 13 A 12.2785 -, juris RdNr. 17). Würde man auch in diesen Fällen nur ein Klagerecht des Eigentümers anerkennen, wäre eine effektive rechtliche Durchsetzung der Verpflichtung der Flurbereinigungsbehörde aus § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG durch denjenigen, der in Zukunft auf die Erschließung angewiesen und deshalb hieran vorrangig interessiert sein wird, versperrt. Soweit dem Käufer für das betreffende Grundstück bereits ein Anwartschaftsrecht zusteht, ist daher dessen Klagemöglichkeit im Hinblick auf den Anspruch auf Erschließung nach § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG anzuerkennen. Hiernach ist der Kläger hinsichtlich des Anspruchs auf Erschließung der von ihm erworbenen Grundstücke Gemarkung R., Flur B, Flurstücke 78 und 81, klagebefugt. Die Grundstücke sind nach der Aufstellung der LMBV vom 26.07.2012 Gegenstand des Kaufvertrages vom 20.12.2000. Insoweit wurde zu Gunsten des Klägers auch bereits eine Auflassungsvormerkung eingetragen.


Einen Anspruch auf Erschließung gemäß § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG kann der Kläger darüber hinaus auch im Hinblick auf das im Verfahrensgebiet gelegene Flurstück 154 der Flur C der Gemarkung G-Stadt geltend machen. Insoweit ist der Kläger als Pächter klagebefugt. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Pächter von Grundstücken im Flurbereinigungsgebiet neben dem Grundstückseigentümer befugt, Widerspruch und Klage gegen Maßnahmen im Flurbereinigungsverfahren zu erheben (BVerwG, Urt. v. 29.01.2009 - BVerwG 9 C 3.08 - <= RzF - 54 - zu § 87 Abs. 1 FlurbG>, juris RdNr. 24, unter Aufgabe von BVerwG, Urt. v. 23.06.1983 - BVerwG 5 C 13.83 -, a.a.O. <= RzF - 24 - zu § 4 FlurbG> RdNr. 22).


II. Die Klage ist auch begründet. Der 1. Nachtrag zum Flurbereinigungsplan im Flurbereinigungsverfahren (G.) ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Sache war deshalb zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über den Widerspruch des Klägers vom 05.04.2011 an die Widerspruchsbehörde zurückzuverweisen (§ 144 Satz 1 Alt. 2 FlurbG).


1. Der 1. Nachtrag zum Flurbereinigungsplan im Flurbereinigungsverfahren (G.) verletzt § 44 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 FlurbG. Nach dieser Vorschrift müssen Grundstücke durch Wege zugänglich gemacht werden. Die Vorschrift weist die Flurbereinigungsbehörde strikt und ohne jeden einschränkenden Zusatz an, die Abfindungsgrundstücke zu erschließen. Jeder Teilnehmer hat deshalb grundsätzlich einen Anspruch auf eine Erschließung seiner Abfindungsgrundstücke. Wegeführung und Wegeausbau müssen so beschaffen sein, dass die Bewirtschaftung und Benutzung der Abfindungsflurstücke jederzeit ohne besondere Schwierigkeiten möglich ist (BVerwG, Urt. v. 30.09.1992 - BVerwG 11 C 8.92 -, a.a.O. <= RzF - 28 - zu § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG> RdNr. 12; BayVGH, Urt. v. 31.07.2007 - 13 A 06.1737 -, juris RdNr. 24; OVG MV, Urt. v. 24.06.2009 - 9 K 29/07 - <= RzF - 32 - zu § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG>, juris RdNr. 40; Urt. v. 24.02.2010 - 9 K 26/07 - <= RzF - 35 - zu § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG>, juris RdNr. 34).


Dem Erschließungsanspruch kann in der Weise genügt werden, dass zugunsten des erschließungsbedürftigen Grundstücks eine Wegedienstbarkeit begründet wird (BVerwG, Urt. v. 30.09.1992 - BVerwG 11 C 8.92 -, a.a.O. <= RzF - 28 - zu § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG> RdNr. 11; Wingerter/Mayr, a.a.O., § 44 RdNr. 65). Rechtliche Grundlage hierfür ist § 37 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, wonach es auch zu den Aufgaben der Flurbereinigung gehört, Wege, Straßen, Gewässer und andere gemeinschaftliche Anlagen zu schaffen (BVerwG, Urt. v. 19.08.1970 - BVerwG 4 C 61.67 -, juris RdNr. 18). Dem Erschließungsanspruch kann auch dadurch Rechnung getragen werden, dass die Abfindungsflurstücke durch die Ausweisung von öffentlichen Wegen im Flurbereinigungsplan zugänglich gemacht werden. Nach § 39 Abs. 1 FlurbG sind Wege und Straßen als gemeinschaftliche Anlagen zu schaffen, soweit es der Zweck der Flurbereinigung erfordert. Hiernach kann die Flurbereinigungsbehörde ihrer Verpflichtung aus § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG, die neu ausgewiesenen Grundstücke durch Wege zugänglich zu machen, sowohl durch die Ausweisung eines öffentlichen Weges als auch durch die Schaffung "nichtöffentlicher Wirtschaftswege" genügen, soweit deren Nutzung dem landwirtschaftlichen Verkehr, beschränkt auf die Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten der erschlossenen Grundstücke, offensteht (BVerwG, Urt. v. 26.11.1981 - BVerwG 5 C 72.80 - <= RzF - 36 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG>, juris RdNr. 10; BayVGH, Urt. v. 25.03.2004 - 13 A 01.1464 <= RzF - 99 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG>, 13 A 01.1465 - <= RzF - 99 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG>, juris RdNr. 33). Hierbei ist jedoch das Landesrecht zu beachten.


Die Flurbereinigungsbehörde, die selbst keine straßen- und wegerechtlichen Widmungen vornehmen kann (Mayr, AUR 2006, 88), hat, wenn sie sich gegen die Begründung einer Wegedienstbarkeit oder die Ausweisung eines öffentliches Wege entscheidet, darauf zu achten, dass nach den einschlägigen Vorschriften des Straßenrechts der Länder eine Erschließung der Abfindungsflurstücke durch die Ausweisung von "nichtöffentlichen Wirtschaftswegen" oder "Feld- und Waldwegen" überhaupt möglich ist (Wingerter/Mayr, a.a.O., § 44 RdNr. 65). In Sachsen-Anhalt ist insoweit § 3 Abs. 1 Nr. 4 StrG LSA einschlägig, der "sonstige öffentliche Straßen" zulässt. Hierunter fallen auch "Wirtschaftswege", die von der Gemeinde öffentlich-rechtlich unterhalten werden sollen (Hubert, Straßengesetz für das Land Sachsen-Anhalt, Kommentar, 2. Aufl. 2000, § 1 Erl. 2, S. 6). Ob hiernach auch die Ausweisung von "nichtöffentlichen Wirtschaftswegen" oder "Feld- und Waldwegen" möglich ist, deren Nutzung nur dem landwirtschaftlichen Verkehr, beschränkt auf die Eigentümer oder sonstigen Nutzungsberechtigten der erschlossenen Grundstücks, offensteht, ist unklar.


Nach diesen Grundsätzen fehlt es an einer ausreichenden Erschließung der Abfindungsflurstücke Gemarkung R., Flur B, Flurstücke 78 und 81. Zwar liegen diese faktisch an einem bestehenden Wirtschaftsweg, nämlich dem Weg von St. nach S-Stadt, der aus den in der Klageschrift bezeichneten Flurstücken besteht. Gleichwohl ist eine ausreichende Erschließung der Abfindungsflurstücke nicht gegeben, da diese nicht jederzeit ohne besondere Schwierigkeiten erreichbar sind. Eine durchgängige Ausweisung des Weges von St. nach S-Stadt als öffentlicher Weg oder als "nichtöffentlicher Wirtschaftsweg" ist im Flurbereinigungsplan nicht erfolgt. Es wurden auch keine Wegedienstbarkeiten zu Gunsten der Abfindungsflurstücke und zu Lasten der Wegeflurstücke begründet. Dies war auch gar nicht möglich, da sich mehrere Flurstücke, über die der Weg verläuft, nicht im Verfahrensgebiet befinden. Der Beklagte verweist vielmehr darauf, dass die Abfindungsflurstücke über den überwiegend in privater Hand befindlichen Weg, insbesondere über das im Eigentum des Herrn K. stehende Flurstück 18 der Flur A der Gemarkung R., tatsächlich erreicht werden könnten. Das genügt den Anforderungen jedoch nicht. Der (zukünftige) Eigentümer der Abfindungsflurstücke hat nämlich keine rechtliche Handhabe, die Wegeflurstücke auch gegen den Willen der jeweiligen Eigentümer benutzen zu können, soweit diese die Durchfahrt verweigern.


Das gilt sowohl im Hinblick auf das innerhalb des Flurbereinigungsgebietes südlich der Abfindungsflurstücke 81 und 78 gelegene Wegeflurstück 85 der Flur B der Gemarkung R., das in das Eigentum der Nebenbeteiligten H. übergehen soll, als auch im Hinblick auf das außerhalb des Flurbereinigungsgebietes nördlich der Abfindungsflurstücke 81 und 78 gelegene Wegeflurstück 18 der Flur A der Gemarkung R., das im Eigentum des Herrn K. steht. Die Erschließung des Flurstücks 81 ist auch nicht durch eine theoretisch mögliche Zufahrt über eigene Flurstücke des Klägers gesichert, denn diese ist mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden.


Gleiches gilt für das vom Kläger gepachtete Flurstück 154 der Flur C der Gemarkung G-Stadt. Auch dieses ist - aus Richtung Norden - auf die Benutzung des Wegeflurstücks 94 der Flur B der Gemarkung R. sowie auf das außerhalb des Verfahrensgebietes gelegene Flurstück 18/1 der Flur D der Gemarkung R. angewiesen, deren Benutzung der Kläger als Pächter gegen den Willen der jeweiligen Eigentümer der Wegeflurstücke nicht erzwingen kann. Aus Richtung Süden ist der Kläger neben der Benutzung des der Stadt G-Stadt zugeordneten Flurstücks 153 der Flur C der Gemarkung G-Stadt auf die Benutzung der weiter südlich und außerhalb des Flurbereinigungsgebietes gelegenen Flurstücke 19/141, 19/143, 19/145, 19/147, 19/149, 19/151 und 19/153 der Flur C der Gemarkung G-Stadt angewiesen, die jedenfalls zum Teil weder im Eigentum der Stadt G-Stadt noch im Eigentum des Klägers stehen. Auch insoweit steht ihm ein Recht auf Benutzung gegen den Willen der jeweiligen Eigentümer nicht zu. Die in das Eigentum des Klägers übergehenden Abfindungsflurstücke 78 und 81 der Flur B der Gemarkung R. und das von ihm gepachtete Flurstück 154 der Flur C der Gemarkung G-Stadt sind erst dann i.S.d. § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG erschlossen, wenn die Zuwegungen zu diesen Grundstücken durchgängig über öffentliche Wege führen oder die weiterhin über Privatwege führenden Zuwegungen durch Wegedienstbarkeiten gesichert sind. Zur Realisierung der gebotenen - aber bislang noch nicht erfolgten - Erschließung kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht. Im Hinblick auf die Flurstücke 78 und 81 könnte ein öffentlicher Weg auf dem Flurstück 85 ausgewiesen werden, mit dem eine Verbindung zur öffentlichen "Kastanienallee" hergestellt wird. Alternativ dazu könnte - nach Einbeziehung in das Verfahrensgebiet - ein öffentlicher Weg auf dem im Eigentum des Herrn K. stehenden Flurstück 18 der Flur A der Gemarkung R. ausgewiesen werden.


Ebenfalls denkbar ist die Begründung einer Wegedienstbarkeit zu Lasten des Flurstücks 85 oder - nach dessen Einbeziehung in das Verfahrensgebiet - zu Lasten des erwähnten Flurstücks des Herrn K. Im Hinblick auf das Flurstück 154 der Flur C der Gemarkung G-Stadt könnte ein öffentlicher Weg auf dem Flurstück 94 der Flur B der Gemarkung R. sowie - nach Einbeziehung in das Verfahrensgebiet - auf dem Flurstück 18/1 der Flur D der Gemarkung R. als Zuwegung zu der öffentlichen "Kastanienallee" im Norden ausgewiesen werden. Alternativ hierzu könnten zu Lasten des Flurstücks 94 der Flur B der Gemarkung R. sowie - nach Einbeziehung in das Verfahrensgebiet - des Flurstücks 18/1 der Flur D der Gemarkung R. Wegedienstbarkeiten begründet werden. Stattdessen könnte auch - in Richtung Süden - ein öffentlicher Weg über die - in das Verfahrensgebiet einzubeziehenden - Flurstücke 19/141, 19/143, 19/145, 19/147, 19/149, 19/151 und 19/153 der Flur C der Gemarkung G-Stadt ausgewiesen oder zu Lasten dieser Flurstücke jeweils eine Wegedienstbarkeit begründet werden.


2. Der 1. Nachtrag zum Flurbereinigungsplan im Flurbereinigungsverfahren (G.) dürfte auch deshalb rechtswidrig sein, weil das Flurbereinigungsgebiet ermessensfehlerhaft abgegrenzt wurde. Die Bestimmung der Grenzen des Flurbereinigungsgebiets liegt gemäß § 7 Abs. 1 FlurbG im Ermessen der Behörde; rechtswidrig ist die Abgrenzung dann, wenn sie erkennbar nicht auf eine Abwägung aller für einen größtmöglichen Erfolg der Flurbereinigung im gesamten Planungsraum und für den einzelnen Beteiligten bedeutsamen Gesichtspunkte zurückgeht oder sich als ganz ungeeignet erweist, den Flurbereinigungserfolg zu fördern (BVerwG, Beschl. v. 08.11.1989 - BVerwG 5 B124.89 -, juris; Beschl. v. 21.10.1996 - BVerwG 11 B 69/96 -, juris RdNr. 5; BayVGH, Urt. v. 17.06.2013 - 13 A 12.2785 -, a.a.O. RdNr. 24; Wingerter/Mayr, a.a.O., § 7 RdNr. 2). Hier dürfte es an einer hinreichenden Abwägung der für die Erschließung der an dem Weg von St. nach S-Stadt im Verfahrensgebiet gelegenen (Abfindungs) Flurstücke maßgeblichen Gesichtspunkte fehlen. Die ordnungsgemäße Erschließung u.a. der Flurstücke 78 und 81 der Flur B der Gemarkung R. und des Flurstücks 154 der Flur C der Gemarkung G-Stadt erfordert die Ausweisung eines öffentliches Weges oder die Begründung von Wegedienstbarkeiten zumindest auf einem Teil der Flurstücke, über die der Weg führt. Voraussetzung hierfür dürfte jedenfalls im Hinblick auf das Flurstück 154 der Flur C der Gemarkung G-Stadt die Einbeziehung von bisher außerhalb des Flurbereinigungsgebietes liegenden Wegeflurstücken in das Flurbereinigungsgebiet sein.


Für die Flurstücke 78 und 81 der Flur B der Gemarkung R. dürfte demgegenüber auch eine Lösung durch Inanspruchnahme des bereits jetzt innerhalb des Verfahrensgebietes liegenden Flurstücks 85 der Flur B der Gemarkung R. möglich sein.


Da der 1. Nachtrag zum Flurbereinigungsplan im Flurbereinigungsverfahren (G.) rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, ist die Sache gemäß § 144 Abs. 1 Alt. 2 FlurbG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung über dessen Widerspruch vom 05.04.2011 an die Widerspruchsbehörde zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung ist auch bei einer nach § 142 Abs. 2 FlurbG zulässigen Untätigkeitsklage - wie hier - zulässig (BayVGH, Urt. v. 17.06.2013 - 13 A 12.2785 - a.a.O. RdNr. 31; Wingerter/Mayr, a.a.O., § 144 RdNr. 6). Mangels Widerspruchsbescheides bedarf es allerdings keiner Aufhebung, sondern lediglich einer Zurückverweisung. Der Entscheidung der Widerspruchsbehörde sind die oben dargestellten Erwägungen zugrunde zu legen.

Anmerkung


Zu Leitsatz 1 siehe auch Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 20.04.2004 - 13 A 02.718 - = RdL 2004 S. 322 = AUR 2005, 126 = RzF - 10 - zu § 142 Abs. 2 FlurbG