Flurbereinigungsgericht Weimar, Urteil vom 27.05.2025 - 7 F 617/23 (Lieferung 2025)

Aktenzeichen 7 F 617/23 Entscheidung Urteil Datum 27.05.2025
Gericht Flurbereinigungsgericht Weimar Veröffentlichungen Lieferung 2025

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Eine Klage gegen einen durch Nachtrag geänderten Flurbereinigungsplan ist mangels Klagebefugnis unzulässig, wenn mit dem Nachtrag lediglich eine zwischen zwei Teilnehmern geschlossene Tauschvereinbarung nachvollzogen wird. Dies gilt sowohl für eine auf Aufhebung des Nachtrags gerichtete Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 1. Alt.) als auch für eine auf neuerliche Änderung des Flurbereinigungsplans gerichtete Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO). (amtl. Leitsatz)


Aus den Gründen

Die gegen den Flurbereinigungsplan in der Fassung des Nachtrags I gerichtete Klage bleibt ohne Erfolg; sie ist bereits unzulässig.

Dem Kläger fehlt es an der erforderlichen Klagebefugnis (vgl. § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) für die von ihm ausdrücklich erhobene Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO), denn es ist nicht ersichtlich, woraus sich der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Aufhebung des Nachtrags I zum Flurbereinigungsplan ergeben sollte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn man das eigentliche Klagebegehren entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut des Klageantrags so verstehen wollte (vgl. § 88 VwGO), dass der Kläger eine Verpflichtung (vgl. § 42 Abs. 12. Alt. VwGO) des Beklagten zur neuerlichen Änderung des Flurbereinigungsplans begehrt, weil er sich an die mit dem Teilnehmer G______ getroffene Vereinbarung vom 22. November 2022 über den Tausch der mit dem Flurbereinigungsplan vom 28. Januar 2022 zugeteilten Flächen nicht mehr gebunden fühlt.

Der Kläger kann weder eine Verletzung eigener Rechte durch den angefochtenen Flurbereinigungsplan in der Fassung des Nachtrags I geltend machen, noch, dass er durch die Ablehnung der erneuten Änderung des Flurbereinigungsplans in eigenen Rechten im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO verletzt wird.

1. Zunächst kann der Kläger sich für den geltend gemachten Zuteilungsanspruch nicht auf § 44 Flurbereinigungsgesetz - FlurbG -  berufen. Denn in der Rechtsprechung ist geklärt, dass grundsätzlich kein Teilnehmer auf der Grundlage von § 44 FlurbG Anspruch darauf hat, dass ihm ein bestimmtes Grundstück in bestimmter Lage zugeteilt wird (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 1970 - 4 B 241.68 - RzF § 44 I S. 113 <114>, = RzF - 38 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG Beschluss vom 4. Mai 1966 - 4 B 69.65 -, RdL 1966, 305 = RzF - 25 - zu § 44 Abs. 1  FlurbG und Beschluss vom 19. November 1998 - 11 B 53.98 - juris; VGH Ba.-Wü., Urteil vom 9. August 2018 - 7 S 1700/15 -, juris Rn. 31= RzF - 30 - zu § 59 Abs. 2 FlurbG).

2. Der Kläger kann aber auch nicht nicht geltend machen, durch die beanstandete Änderung des Flurbereinigungsplans in eigenen Rechten verletzt zu werden. Denn der Kläger kann mögliche Rechte insoweit nicht (mehr) prozessual durchsetzen, nachdem der Beklagte mit dem Nachtrag I lediglich eine zwischen dem Kläger und dem Teilnehmer G_________ getroffene Vereinbarung nachvollzogen hat. Der Kläger hatte als Drittbetroffener zur Abhilfe des Widerspruchs des Teilnehmers G__________ in der von ihm unterzeichneten Niederschrift vom 22. November 2022 einer wertgleichen Abfindung durch den Tausch der geplanten Abfindungsflächen (Flurstück d____ für den Kläger gegen einen Teil des Flurstücks a__ an den Teilnehmer G__________) zugestimmt (vgl. § 58 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG -). Diese Vereinbarung stand auch nicht unter dem Vorbehalt, dass der Teilnehmer G_________ im Umfeld des Tauschgrundstücks d_ künftig keine Flächen erwerben oder dort nicht landwirtschaftlich tätig werden würde. Vielmehr war Gegenstand der im Nachgang zu der Besprechung vom 15. November 2022 getroffenen Vereinbarung nach deren eindeutigem Wortlaut, dass die dort bezeichneten, ihnen durch den Flurbereinigungsplan zugeteilten Flächen zur Abhilfe des Widerspruchs des Teilnehmers G_______ zwischen den Teilnehmern wertgleich getauscht werden sollten. Insoweit wirkte die Vereinbarung gegenüber dem bislang widersprechenden Teilnehmer und gegenüber dem Kläger als dem dieser Regelung zustimmenden Dritten, die die Behörde lediglich aufgenommen und in dem Nachtrag I nachvollzogen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. November 1969 - IV B 225.68 -, RdL 1970, 305 = RzF - 5 - zu § 15 FlurbG/LwAnpG zur Übernahme von im Bescheid einer Spruchstelle getroffenen Regelungen sowie Beschluss vom 29. März 2007 - 10 B 51.06 - juris = RzF - 22 - zu § 144 FlurbG zum bloßen Nachvollziehen einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung). Mit einem solchen Nachtrag werden nicht Rechte oder Rechtsverhältnisse neu begründet, sondern es wird nur noch einmal die den Plan ändernde Vereinbarung erklärt (VGH Ba.-Wü., Urteil vom 9. August 2018 ‑ 7 S 1700/15 ‑, juris = RzF - 30 - zu § 59 Abs. 2 FlurbG). Die rechtliche Tragweite und der Inhalt des Nachtrags ergeben sich insoweit unmittelbar aus der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung zwischen dem (damaligen) Widerspruchsführer und dem Dritten (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 29. März 2007, a. a. O. = RzF - 22 - zu § 144 FlurbG). Vor diesem Hintergrund hätte der Nachtrag I dem Kläger auch nicht nach § 59 Abs. 1 Satz 2 FlurbG erneut erläutert werden müssen. Würde man den Nachtrag I, wie der Kläger meint, entgegen dem aus der Vereinbarung erkennbaren Willen der Vertragsbeteiligten gleichwohl noch als selbstständig anfechtbaren (konstitutiven) Akt verstehen, mit der Folge, dass er einer erneuten inhaltlichen Überprüfung einem Widerspruchs- oder gerichtlichen Verfahren zugänglich wäre, wären Abfindungsvereinbarungen, die nach den §§ 54 Satz 2, 55, 58 Abs. 1 VwVfG insbesondere zur einvernehmlichen Beendigung von Widerspruchsverfahren ohne weiteres zulässig sind, sinnlos und könnten ihren Zweck, der Beschleunigung des Flurbereinigungsverfahrens in besonderem Maße zu dienen (vgl. den sog. Beschleunigungsgrundsatz in § 2 Abs. 2 FlurbG) nicht erfüllen. Einer solchen Auslegung stünde auch entgegen, dass Abfindungsvereinbarungen im Flurbereinigungsgesetz als Regelungsinstrument ausdrücklich anerkannt sind (vgl. z. B. § 99 FlurbG für das beschleunigte Zusammenlegungsverfahren).

Etwas Anderes könnte sich nur dann ergeben, wenn die zwischen den Teilnehmern geschlossene Widerspruchsvereinbarung nicht wirksam geworden wäre, etwa, weil ihr der Kläger als Drittbetroffener nicht wirksam zugestimmt hätte. Denn dann wirkte der Plannachtrag konstitutiv und führte dazu, dass seine Landabfindung ungeachtet des bisherigen Ausschlusses nach § 59 Abs. 2 FlurbG auf einen (zulässigen) Widerspruch grundsätzlich neu zu prüfen wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1998 - 11 C 7.97 ‑ BayVBl. 1998, 760 - juris= RzF - 94 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG). Dafür fehlt es vorliegend jedoch an jeglichen Anhaltspunkten. Es spricht nichts dafür, dass die von dem Kläger unter dem 22. November 2022 erteilte Zustimmung an zu ihrer Unwirksamkeit führenden Willensmängeln litte. Für eine Auslegung seiner Erklärung (§§ 133, 157 BGB) dahingehend, dass er einer wertgleichen Abfindung durch das Flurstück c____ nur zugestimmt habe, weil er davon ausgegangen sei, dass der Teilnehmer G_________ im Bereich der Neuzuteilung keine weiteren Flächen bewirtschafte, gibt es im Zusammenhang mit dem Abschluss der Vereinbarung keine Hinweise. Der Verfahrensablauf lässt auch nicht den Schluss zu, dass der Kläger zu der Zustimmung „gelockt“ wurde. Vielmehr weisen alle Umstände darauf hin, dass der Kläger, der durch seinen Sohn begleitet wurde, in dem Termin vom 15. November 2022 nicht zur Abgabe einer entsprechenden Erklärung bereit war. Ohne weitere Veranlassung durch den Beklagten oder den damaligen Widerspruchsführer G__________ ist der Kläger dann von sich aus drei Tage später auf den Beklagten zugekommen und hat signalisiert, nun doch der vorgeschlagenen Vereinbarung zustimmen zu wollen und hat schließlich in einem weiteren zeitlichen Abstand von vier Tagen die ihm zugeleitete Vereinbarung unterschrieben. Seine ursprüngliche Behauptung, er sei im Zeitpunkt der Unterschriftsleistung auch mangels beigefügter Pläne von einer anderen Zuteilungsfläche ausgegangen, stellt sich als reine Schutzbehauptung dar und ist durch die von ihm unterschriebene Erklärung gegenüber der Widerspruchsstelle, er habe die von ihm unterzeichnete Niederschrift mit Tauschkarte erhalten, widerlegt.

3. Eine Klagebefugnis kann der Kläger schließlich auch nicht daraus ableiten, dass die Vereinbarung mit dem Teilnehmer G_________ gegenstandslos wäre, weil die getauschten Flächen nicht „wertgleich“ sind. Durch den Nachtrag I ist dem Kläger das

Flurstück c____ mit einer Fläche von 3,7859 ha und 213,07 WE zugeteilt worden, während die dem Teilnehmer G__________ zugeteilte aus dem Flurstück a___ herausgemessene Fläche 3,7085 ha beträgt und ebenfalls 213,07 WE entspricht. Entgegen der Darstellung des Klägers sind beide Tauschgrundstücke im Flurbereinigungsverfahren als Ackerland bewertet worden (Widerspruchsakte Referat 41, Blatt 70 und 71). Soweit die Ackerflächen in unterschiedliche Klassen eingeteilt sind, dürfte dies bereits bei der Neubemessung und -bewertung der Flächen berücksichtigt worden sein. Mit einem möglichen Einwand, dass der Wert der Flächen nicht ihrem Nutzen entspricht (vgl. § 28 Abs. 1 FlurbG), könnte der Kläger nicht mehr gehört werden.

(vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Juni 2017 - 9 B 55.16 - juris Rn. 2= RzF - 18 - zu § 32 FlurbG).

4. Schließlich beschreibt auch der Hinweis des Klägers, es sei für ihn um die Bachfläche (Grünland) am Mühlberg gegangen, allenfalls eine persönliche Vorliebe des Klägers, ohne die Wertgleichheit der Abfindung oder die fehlende Benutzbarkeit der nun zugeteilten Flächen für seinen Betrieb darzulegen.