Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 04.05.1966 - IV B 69.65 = RdL 1966 S. 305= IK 1968 S. 124
Aktenzeichen | IV B 69.65 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 04.05.1966 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = RdL 1966 S. 305 = IK 1968 S. 124 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Wertgleichheit von Einlage und Abfindung muß grundsätzlich in dem Zeitpunkt gegeben sein, in dem die rechtlichen Wirkungen der Flurbereinigung eintreten. |
2. | Eine Abfindung mit bestimmten Grundstücken oder mit Grundstücken in bestimmter Lage kann nicht verlangt werden. |
3. | Ein Land oder eine Stadt dürfen in einem Flurbereinigungsverfahren weder bevorzugt noch benachteiligt werden. |
4. | Die Begriffe "ortsnah" und "stallnah" werden erst durch die Umstände des Einzelfalls näher bestimmt. |
5. | Es ist nicht Aufgabe der Flurbereinigung, gewerbliche Betriebe zu fördern. |
Aus den Gründen
Daß es nicht Aufgabe der Flurbereinigung ist, gewerbliche Betriebe zu fördern, und daß die im Flurbereinigungsverfahren Beteiligten keinen Anspruch auf die Verbesserung gewerblicher Betriebe haben, hat das BVerwG bereits in dem Beschluß vom 30.9.1960 - BVerwG I B 122.60 - entschieden. Zweck der Flurbereinigung ist nach § 1 FlurbG eine Verbesserung der Agrarstruktur. Diese herbeizuführen, dienen die Ermächtigungen, die die Bestimmungen des FlurbG den Flurbereinigungsbehörden erteilt haben. Auf Grund ihrer sind jedoch keine Maßnahmen zulässig, die nicht von dem in § 1 FlurbG umrissenen Zweck gedeckt sind (Urteil vom 13.11.1958, BVerwG I C 132.57 = NJW 1959 S. 643).
Von dieser Rechtsprechung ausgehend, hat das Flurbereinigungsgericht im angefochtenen Urteil ausgeführt, ein besonderes betriebswirtschaftliches Interesse des ehemaligen Klägers als Viehkaufmann könne nur im Rahmen des der Flurbereinigungsbehörde eingeräumten Gestaltungsermessens Berücksichtigung finden, wenn es sich mit den Zielen der Flurbereinigung vereinbaren lasse und seine Berücksichtigung ohne Schmälerung der landwirtschaftlichen Interessen anderer Teilnehmer möglich sei. Das Flurbereinigungsgericht hat damit nur eine Folgerung gezogen, die sich aus der genannten Rechtsprechung des BVerwG ohne weiteres ergibt. Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG bleibt bei alledem unberührt. Es liegt auf der Hand, daß gesetzliche Bestimmungen, die auf eine Verbesserung der Agrarstruktur gerichtet sind, eine unterschiedliche Behandlung von landw. Betrieben und gewerblichen Betrieben nicht ausschließen. Der Umstand, daß der verstorbene Kläger nicht Landwirt, sondern Viehkaufmann gewesen ist, wirft mithin keine Fragen auf, die der Klärung durch das Revisionsgericht bedürfen.
Die Begriffe "ortsnah" (vgl. auch § 28 und § 44 Abs. 4 FlurbG "Entfernung von der Ortslage") und "stallnah" sind gleichfalls nicht grundsätzlich klärungsbedürftig. Sie erfahren ihre inhaltliche Bestimmung regelmäßig erst durch die Umstände des Einzelfalles. Was "ortsnah" oder "stallnah" ist, läßt sich in aller Regel nur aus der Gesamtheit der betrieblichen Verhältnisse im Einzelfall bestimmen (vgl. auch Urt. vom 30.9.1958 - BVerwG I C 6.57 -, RdL 1959 S. 51).
Daß das am Flurbereinigungsverfahren beteiligte Land und die gleichfalls am Verfahren beteiligte Stadt W. wie jeder andere am Flurbereinigungsverfahren Beteiligte zu behandeln sind, hat das BVerwG schon im Beschl. vom 28.12.1959 - BVerwG I CB 170.59 - = Buchholz BVerwG 424.01, § 4 FlurbG ausgesprochen. Land und Stadt können keine bevorzugte Behandlung erfahren. Das Flurbereinigungsgericht hat ihnen eine solche Behandlung entgegen der Annahme des Klägers aber auch nicht zuteil werden lassen. Es hat lediglich ausgeführt, daß Land und Stadt nicht zugunsten des Klägers benachteiligt werden dürften.
Hinsichtlich der Kiesentnahme aus dem Zuteilungsgrundstück des Klägers hat das Flurbereinigungsgericht ausgeführt: Die von der Flurbereinigungsbehörde durchgeführten Maßnahmen zur Regulierung der R. und zur Einebnung des Geländes seien erfolgt, "um es für eine maschinelle Bearbeitung nutzbar zu machen". Durch die Planierungsarbeiten sei "das Gelände erst einer maschinellen Bearbeitung zugänglich" geworden. Die Arbeiten seien Bodenverbesserungsarbeiten im Sinne von § 37 Abs. 1 i. Vbdg. mit § 18, § 41 FlurbG, wovon sich das Gericht beim Augenschein habe überzeugen können. Sie hätten daher Inhalt einer vorläufigen Anordnung nach § 36 FlurbG sein können. Der Kläger habe durch sie auch keine Nachteile erlitten. In Eigentumsrechte des Klägers sei mit ihnen nicht eingegriffen worden.
Gegen diese Ausführungen wendet sich der Kläger in erster Linie mit der Behauptung: "Hauptzweck dieser langen und großen Grube kann aber nach den Fotos nur die Kiesentnahme gewesen sein. Der Einebnung wegen wurde diese große Grube bestimmt nicht ausgehoben". Mit dieser den tatsächlichen Feststellungen des Flurbereinigungsgerichts widerstreitenden Behauptung kann der Kläger im Revisionsverfahren nicht gehört werden (§ 137 Abs. 2 VwGO). Ihre Rechtsausführungen zur Frage der Kiesentnahme leiten sich jedoch sämtlich von dieser Behauptung ab. Schon deshalb können sie der Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO geben.
Die Wertgleichheit von Einlage und Abfindung muß grundsätzlich in dem Zeitpunkt gegeben sein, in dem die rechtlichen Wirkungen der Flurbereinigung eintreten (BVerwGE 8, 343). Hiervon geht offensichtlich auch das angefochtene Urteil aus, das ausdrücklich hervorhebt, daß von einer nach § 46 FlurbG möglich gewesenen nachträglichen Werterhöhung kein Gebrauch gemacht worden ist, und folgerichtig feststellt: "Tatsächlich hat der" - inzwischen verstorbene - "Kläger somit ein Flurstück erhalten, das wesentlich besser ist, als es eingeschätzt wurde". Die von dem Kläger in der Beschwerdeschrift geäußerte Meinung, das Flurbereinigungsgericht habe für die Feststellung der Wertgleichheit bei seiner Zuteilung auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgestellt, beruht danach auf einem Irrtum und kann eine Zulassung der Revision nicht rechtfertigen.
Schließlich entbehrt auch die Frage grundsätzlicher Bedeutung, ob der Kläger voll in Land hätte abgefunden werden müssen und dürfen, obgleich er mit weniger, ihm aber geeigneter erscheinendem Land zufrieden gewesen wäre. Diese Frage ist durch ständige Rechtsprechung des BVerwG dahin geklärt, daß der Teilnehmer am Flurbereinigungsverfahren keine Abfindung mit bestimmten Grundstücken oder in bestimmten Lagen, sondern nur die Wertgleichheit der Abfindung im ganzen verlangen kann (Urteil vom 28.1.1960 - BVerwG I C 51.58 -, Beschl. vom 12.8.1963 - BVerwG I B 116.63 -).