Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.06.1970 - IV B 241.68

Aktenzeichen IV B 241.68 Entscheidung Beschluss Datum 24.06.1970
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Bestätigung, daß ein Beteiligter keinen Anspruch darauf hat, eingebrachte Grundstücke wieder zugeteilt zu erhalten oder Grundstücke mit bestimmten Eigenschaften zu bekommen; vielmehr sei der gesamte alte Besitz der gesamten Abfindung gegenüberzustellen.
2. Zur Frage der Bezugnahme im Urteil auf in anderen Verfahren ergangene Entscheidungen.
3. Bestätigung, daß die Wertgleichheit von Einlage und Abfindung in dem Zeitpunkt gegeben sein muß, in dem die rechtlichen Wirkungen der Flurbereinigung eintreten.

Aus den Gründen

Die Kläger halten die Frage für grundsätzlich, ob das Urteil des Flurbereinigungsgerichts auf ein anderes die Flurbereinigung betreffendes Verfahren, an dem die Kläger nicht beteiligt waren, und auf einen in dieser Sache ergangenen angeblich nicht veröffentlichten und den Klägern nicht bekannten Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts Bezug nehmen durfte. Vom Bundesverwaltungsgericht wurde bereits grundsätzlich entschieden, daß die Bezugnahme auf den Inhalt eines anderen Urteils - Entsprechendes muß für einen in Bezug genommenen Beschluß gelten - nur dann zulässig ist, wenn die Entscheidung in demselben Prozeß oder in einem Vorprozeß zwischen denselben Parteien ergangen oder zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Sept. 1963 - BVerwG I C 139.60 - (GewArch 1964, 9 = Buchholz BVerwG 310, § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 4 und BVerwG 451.20, § 33 f. GewO Nr. 3)). Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so wären die Gründe des Urteils inhaltsleer, d.h. mit dem wesentlichen Verfahrensmangel behaftet, daß das Urteil nicht mit Gründen versehen wäre. Dies gilt jedoch nur dann, wenn sich die Begründung des Urteils insgesamt oder zu einem Streitpunkt allein in der Bezugnahme erschöpfen würde. Für den vorliegenden Fall trifft dies aber nicht zu. Denn das Flurbereinigungsgericht hat im einzelnen dargelegt, daß die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 BBauG weder für die Errichtung einer landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstelle auf dem Einlagegrundstück am Vossfeld noch für eine sonstige Bebauungsgenehmigung für dieses Grundstück gegeben waren. Nur darüber hinaus hat das Urteil zur rechtlichen Untermauerung seiner Ausführungen auf die Parallelsache - Az.: IX G 76/64 - und auf den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. August 1968 - BVerwG IV B 174.67 -, der inzwischen bei Buchholz BVerwG 424.01, § 44 FlurbG Nr. 13, veröffentlicht ist, Bezug genommen. Dieser Bezugnahme kommt mithin nur die Bedeutung eines Zitats zu, wogegen keine rechtlichen Bedenken bestehen. Dies würde im übrigen auch für eine unveröffentlichte, nur mit dem Aktenzeichen zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gelten, da die Kläger nach Anforderung eines Abdruckes der Entscheidung sich jederzeit Kenntnis von dem Inhalt verschaffen könnten.

Einer grundsätzlichen Klärung durch das Revisionsgericht ist weiter die Frage nicht zugänglich, ob den Klägern für ihre Einlagegrundstücke im Vossfeld und am Bielenberg zwei geringerwertige Grundstücke zugewiesen wurden. Nach § 44 Abs. 1 FlurbG ist jeder Teilnehmer in Land von gleichem Wert abzufinden. Dies bedeutet jedoch nicht, daß ein Beteiligter Anspruch darauf hätte, daß ihm seine eingebrachten Grundstücke wieder zugeteilt werden müßten oder daß er nur Grundstücke mit bestimmten Eigenschaften verlangen könnte. Denn hierdurch würde die mit der Flurbereinigung verfolgte Zusammenlegung unmöglich gemacht oder zumindest wesentlich erschwert. Daher dürfen bei der Beurteilung der Frage, ob die Abfindung eines Teilnehmers den eingebrachten Grundstücken gleichwertig ist, nicht, wie die Kläger zu Unrecht annehmen, einzelne alte und einzelne neue Grundstücke verglichen werden. Vielmehr ist, wie das Bundesverwaltungsgericht bereits grundsätzlich entschieden hat, der gesamte alte Besitz der gesamten Abfindung gegenüberzustellen (vgl. Beschluß vom 25. April 1956 - BVerwG I B 201.55 (BVerwGE 3, 246 (248))). Dabei müssen etwaige Nachteile in einer Hinsicht durch Vorteile der Abfindung in anderer Hinsicht so ausgeglichen werden, daß die Abfindung - im ganzen gesehen - einen wertgleichen Ausgleich für den Altbesitz darstellt. Das Flurbereinigungsgericht ist entsprechend vorgegangen und hat ermittelt, daß der Einlagefläche von 1,8451 ha mit 91,41 WE eine Abfindung von 1,8325 ha mit 91,56 WE gegenübersteht.

Die Frage, ob den Klägern aus dem Verkauf ihrer Altbesitzfläche am Bielenberg durch die Teilnehmergemeinschaft an die Bundesvermögensverwaltung ein Anspruch auf Geldausgleich in Höhe des Differenzbetrages zwischen dem erzielten Verkaufserlös und dem im Rahmen der Wertermittlung nach § 27 ff. FlurbG zugrundegelegten Wert zusteht, hat ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits grundsätzlich entschieden, daß die Gleichwertigkeit von Einlage und Abfindung in dem Zeitpunkt gegeben sein muß, in dem die rechtlichen Wirkungen der Flurbereinigung eintreten, d.h. mit dem in der Ausführungsanordnung festgesetzten Zeitpunkt (vgl. Urteile vom 9. Juni 1959 - BVerwG I CB 27.58 - (BVerwGE 8, 343) und vom 30. April 1969 - BVerwG IV C 236.65 - (RdL 1970, 20)). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Flurbereinigungsgerichts war dies der 10. Juli 1964; zu diesem Zeitpunkt ist das Eigentum am Altbesitz der Kläger auf die neuen Planempfänger übergegangen, wohingegen die Veräußerung jedoch erst am 30. Juli 1964 erfolgt ist. Mithin ist die Tatsache, daß zu diesem späteren Termin ein über dem ermittelten Abfindungswert liegender höherer Verkaufserlös erzielt wurde, kein Gesichtspunkt, um die Wertgleichheit zwischen Einlage und Abfindung anzuzweifeln und für sich einen Anspruch auf erzielten Mehrerlös herzuleiten.

Wenn die Kläger mit der Geltendmachung eines Anspruches auf den Differenzbetrag jedoch statt dessen geltend machen wollen, daß ihrem Altbesitz von vornherein habe ein höherer Wert zugrunde gelegt werden müssen als er nach der Schätzung ermittelt worden sei, so kann dies, wie das Flurbereinigungsgericht zutreffend ausgeführt hat, schon deswegen nicht mehr berücksichtigt werden, weil sich die Kläger damit gegen die unanfechtbaren Ergebnisse der Schätzung wenden.

Einer grundsätzlichen Klärung bedarf auch die Frage nicht, ob den Klägern zugemutet werden kann, entschädigungslos einen Grenzzaun auf ihrem Grundstück zurückzuversetzen. Diese Frage beantwortet sich unmittelbar aus § 44 Abs. 2 FlurbG, wonach bei der Landabfindung u.a. alle Umstände zu berücksichtigen sind, die auf die Benutzung und die Verwertung der Grundstücke einen wesentlichen Einfluß haben. Wie das Flurbereinigungsgericht hierzu zutreffend festgestellt hat, handelt es sich jedoch bei Zurückversetzung des Zaunes um 50 cm um eine geringfügige Grenzverschiebung, durch die die Bewirtschaftung des Grundstücks allenfalls unwesentlich beeinträchtigt wird. Mithin konnte diese Folge der Flurbereinigungsmaßnahme bei der wertgleichen Abfindung außer Ansatz bleiben, zumal es sich nach dem Zweck der Flurbereinigung, dem gemeinen Wohl zu dienen, nicht immer vermeiden läßt, daß der einzelne im Interesse der Gesamtheit gewisse geringfügige Nachteile hinzunehmen hat.

Unmittelbar aus § 44 Abs. 2 FlurbG beantwortet sich weiter die Frage, inwieweit den Klägern zuzumuten ist, sich mit durch die Neuzuteilung veranlaßten Wirtschaftserschwernissen abzufinden. Die in § 44 Abs. 2 FlurbG genannten Wertumstände sind bei der Landabfindung zu berücksichtigen; d.h. sie müssen bei der Ermittlung des Gesamttauschwertes wertgerecht in Ansatz gebracht werden (BVerwG, Urteil vom 30. Sept. 1958 - BVerwG I C 6.57 - (RdL 1959, 51 (52))). Die Landabfindung eines Teilnehmers ist danach wertgleich, wenn unter Zugrundelegung von Gesamteinlage und Gesamtabfindung Grundstücke zugeteilt werden, die hinsichtlich des erzielbaren Erfolges und der Benutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten seinen alten Grundstücken entsprechen. Es kann also durchaus zutreffen, daß die Bewirtschaftung eines einzelnen Grundstückes erschwert und mit zusätzlichen Betriebsaufwendungen verbunden ist, wie die Kläger vortragen. Dies beeinträchtigt die wertgleiche Abfindung jedoch so lange nicht, wie diese Nachteile an dem einen Grundstück durch Vorteile an anderen Grundstücken wieder ausgeglichen werden, so daß insgesamt gesehen die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse nicht nachteilig verändert werden. Nur darauf kommt es an. Daß dies bei den Klägern nicht zutreffen sollte, machen sie jedoch selbst nicht geltend.

Keine grundsätzliche Bedeutung weist ferner die Frage auf, inwieweit die Nutzungsart verändert, d.h. statt Acker Grünland zugeteilt werden darf. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits grundsätzlich entschieden, daß die Flurbereinigungsbehörde im Rahmen des § 44 Abs. 4 FlurbG befugt ist, Grünland als Ackerflächen dann zuzuteilen, wenn es sich um einen ackerfähigen Boden handelt (vgl. BVerwG, Beschluß vom 19. Juni 1959 - BVerwG I B 26.59 -). Das Flurbereinigungsgericht hat hierzu ausdrücklich festgestellt, daß das gesamte 51 a große Flurstück 31 der Lage Heide als Acker Verwendung finden kann, wodurch eine die Betriebsführung nachteilig beeinflussende Kulturartenverschiebung vermieden wird (Zuteilung an Ackerland 105 a gegenüber einer Einlage von 116 a).