Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 26.04.2017 - 7 S 663/14 (Lieferung 2018)

Aktenzeichen 7 S 663/14 Entscheidung Urteil Datum 26.04.2017
Gericht Flurbereinigungsgericht Mannheim Veröffentlichungen Lieferung 2018

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Grundsätzlich hat kein Teilnehmer einen Anspruch auf Abfindung in alter Lage. Dies gilt erst recht in einem Unternehmensverfahren, in dem es schon nicht ohne weiteres einen Anspruch auf gleichwertige Abfindung gibt.
2. Auch in einem Unternehmensverfahren darf die Abfindung nur aus unternehmensbedingten Gründen hinter den Anforderungen des § 44 FlurbG zurückbleiben. Die Planungsgrundsätze des § 44 FlurbG sind daher bei der Unternehmensflurbereinigung lediglich insoweit eingeschränkt, als für nicht mehr behebbare, unternehmensbedingte Wertminderungen (§ 88 Nrn. 3, 4 und 5 FlurbG) Geldentschädigungen und Leistungen zu erbringen sind.

Aus den Gründen

Die Klage, mit der nur mehr - ggf. unter Abänderung der Ergebnisse der am 10.05.2004 festgestellten Wertermittlung - eine Änderung des Flurbereinigungsplans vom 10.09.2012 begehrt wird, bleibt ohne Erfolg.


Die Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft (vgl. § 42 Abs. 1 VwGO). Der Flurbereinigungsplan war infolge der aufschiebend bedingten Rücknahme des gegen ihn erhobenen Widerspruchs auch noch nicht unanfechtbar geworden. Denn die Bedingung war, sollte die Rücknahme überhaupt wirksam gewesen sein (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.01.1980 - VII 1071/79 -, = RzF - 89 - zu § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG), jedenfalls nicht eingetreten. Die mit Zustellung des Widerspruchsbescheids in Lauf gesetzte einmonatige Klagefrist ist gewahrt (vgl. § 74 Abs. 2 VwGO).


Die Klage ist jedoch mit ihrem Hauptantrag mangels Klagebefugnis bereits unzulässig (1.) und mit ihrem Hilfsantrag unbegründet (2.).


1. Soweit die Klägerin mit ihrem Hauptantrag weiterhin eine Abfindung in alter Lage begehrt, ist ihre Klage bereits unzulässig, weil ihr die erforderliche Klagebefugnis fehlt (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO). Diese setzt voraus, dass der jeweilige Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Erforderlich ist, dass eine Verletzung seiner Rechte jedenfalls nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder denkbaren Betrachtungsweise unmöglich erscheint (vgl. hierzu Kopp/Schenke, VwGO 21. A. 2015, § 42 Rn. 65 m.w.N.). Dies ist hier jedoch der Fall.


Denn grundsätzlich hat kein Teilnehmer einen Anspruch darauf, mit bestimmten Grundstücken oder mit Grundstücken in bestimmter Lage - auch nicht in der Lage seiner alten Grundstücke - abgefunden zu werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.05.1966 - 4 B 69.65 -, Rdl 1966, 305 <= RzF - 25 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG>; , Beschl. v. 19.11.1998 11 B 53.98 -, Rdl 1999, 65). Dies gilt erst recht in einem Unternehmensverfahren, in dem es schon nicht ohne weiteres einen Anspruch auf gleichwertige Abfindung gibt (BVerwG, Beschl. v. 06.01.1987 - 5 B 30;85 -, = RzF - 37 - zu § 87 Abs. 1 FlurbG). Umstände, die ausnahmsweise einen Lageanspruch begründeten, hat die Klägerin nicht geltend gemacht.


Weder hat sich die Klägerin auf eine entsprechende Zusicherung (§ 38 LVwVfG) noch eine Planvereinbarung (§ 99 FlurbG) berufen. Ebenso wenig hat sie Umstände dargetan, die dafür sprechen könnten, dass es sich bei ihrem Einlagegrundstück um ein sog. "bedingtes" Grundstück handeln könnte.


Anders als möglicherweise bei dem Kiesabbaugelände (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 11 FlurbG) und den bebauten Gartengrundstücken (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG) (vgl. hierzu allerdings Wingerter/Mayr, FlurbG 9. A. 2013 § 45 Rn. 12 u. 19) handelt es sich bei dem Altgrundstück Flst. Nr. 3823 um kein Grundstück, das nur unter bestimmten Voraussetzungen verlegt oder einem anderen gegeben werden könnte (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 1 FlurbG). Dies wäre selbst dann nicht der Fall, wenn das Einlagegrundstück, wie die Klägerin meint, tatsächlich das "beste" Grundstück im Gewann xxxxxxxxxx oder gar im gesamten Flurbereinigungsgebiet sein sollte. Die "emotionale und persönliche Bindung" an ihr Einlagegrundstück rechtfertigt keine andere Beurteilung. Auch dann, wenn andere Grundstücke zu Unrecht als "bedingt" behandelt worden sein sollten, könnte die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) daraus für sich nichts herleiten, solange sie nur gleichwertig abgefunden ist (dazu unten unter 2.b)).


Soweit die Klägerin in vorliegendem Zusammenhang noch rügt, ihr Grundstück hätte überhaupt nicht in die Unternehmensflurbereinigung einbezogen werden dürfen, und hierzu geltend macht, dass schon die Voraussetzungen für eine Enteignung nicht vorgelegen hätten, kann sie damit nicht mehr gehört werden. Zwar mag es zweifelhaft sein, ob der Zweck der hier allein in Rede stehenden Unternehmensflurbereinigung (weiterhin) die Einbeziehung des Gewanns xxxxxxxxxx und damit auch ihres Grundstücks erforderte (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 06.01.1987 - 5 B 30.85 -, = RzF - 37 - zu § 87 Abs. 1 FlurbG). Denn bereits 2008/2009 hatte sich abgezeichnet, dass von den Teilnehmern keine Flächen für das Unternehmen aufzubringen waren. Jedoch war die Frage, ob der mit dem Unternehmensverfahren verfolgte Zweck (noch) eine Einbeziehung des Gewanns xxxxxxxxx erforderte, bereits Gegenstand der Anordnungsbeschlüsse von 1994 und 2009 (vgl. §§ 7, § 8 FlurbG) und damit nicht mehr Gegenstand des hier angefochtenen Flurbereinigungsplans. Jene waren für die Klägerin indes längst unanfechtbar geworden bzw. konnten in ihrer Wirksamkeit nicht mehr in Zweifel gezogen werden.


2. a) Soweit die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag die Zuteilung eines anderen - wertgleichen - Grundstücks begehrt, kann ihr die erforderliche Klagebefugnis (vgl. § 42 Abs. 2 VwGO) nicht abgesprochen werden. Denn es erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Klägerin gestaltungsmäßig nicht wertgleich abgefunden wurde. Hinzukommt, dass ihr hinsichtlich der Feststellung der Wertermittlungsergebnisse (vgl. § 32 FlurbG) möglicherweise Nachsicht nach § 134 Abs. 3 u. 2 FlurbG zu gewähren war, sodass sie bei einer neuerlichen Bewertung im Rahmen des Verfahrens gegen den Flurbereinigungsplan auch bemessungsmäßig nicht wertgleich abgefunden worden sein könnte.


b) Die Klage ist jedoch auch mit diesem Antrag nicht begründet.


...


Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG ist jeder Teilnehmer der Flurneuordnung unter Berücksichtigung der nach § 47 FlurbG vorgenommenen Abzüge grundsätzlich mit Land von gleichem Wert abzufinden. Zwar haben die Beteiligten an einem Flurbereinigungsverfahren unter Anwendung der Sonderbestimmungen in §§ 87 bis § 89 FlurbG im Hinblick auf § 88 Nr. 4 Satz 1 FlurbG grundsätzlich keinen solchen Anspruch (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.04.1970 - IV C 47 .66 -, Buchholz 424.01 § 88 FlurbG Nr. 1 <= RzF - 14 - zu § 68 Abs. 1 Satz 1 FlurbG>, Beschl. v. 06.01.1987 - 5 B 30.85 -, Buchholz 424.01 § 87 FlurbG Nr. 9 <= RzF - 37 - zu § 87 Abs. 1 FlurbG>, Beschl. v. 11.05.1988 - 5 B 2.87 -, RdL 1989, 16 <= RzF - 7 - zu § 88 Nr. 7 FlurbG>). Allerdings wird auch in einem solchen Verfahren versucht, eine Abfindung in Land zu gewähren, die dazu bestimmt ist, den Landverlust, der durch die für das Unternehmen benötigten Flächen eingetreten ist, voll auszugleichen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.05.1988, a.a.O., Beschl. v. 11.05.1988 - 5 B 129.86 -. NuR 1989, 343 <= RzF - 14 - zu § 27 FlurbG>, Beschl. v. 06.01.1987, a.a.O.). Die Abfindung darf auch nur aus unternehmensbedingten Gründen hinter den Anforderungen des § 44 FlurbG zurückbleiben (vgl. Wingerter/Mayr, FlurbG 9. A. 2013, § 87 Rn. 9). Sind - wie hier - von den Teilnehmern tatsächlich keine Flächen für das Unternehmen aufzubringen und sind auch sonst keine entgegenstehenden unternehmensbedingten Gründe ersichtlich, finden daher die für die Abfindung eines Teilnehmers maßgeblichen Planungsgrundsätze des § 44 FlurbG, insbesondere der Anspruch auf wertgleiche Landabfindung, grundsätzlich Anwendung. Die Planungsgrundsätze des § 44 FlurbG sind daher bei der Unternehmensflurbereinigung lediglich insoweit eingeschränkt, als für nicht mehr behebbare, unternehmensbedingte Wertminderungen (§ 88 Nrn. 3, 4 und 5 FlurbG) Geldentschädigungen und Leistungen zu erbringen sind (§ 88 Nr. 6 FlurbG; vgl. BayVGH, Urt. v. 25.11.2004 - 13 A 02.750 -; Senatsurt. v. 11.05.2005 - 7 S 697/04 - u. v. 12.05.2005 - 7 S 2826/03 -). Sonach hat es hier bei den für eine Regelflurbereinigung maßgeblichen Abfindungsgrundsätzen des § 44 FlurbG sein Bewenden.