Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 11.05.1988 - 5 B 2.87 = RdL 1989 S. 16= AgrarR 1989 S. 70

Aktenzeichen 5 B 2.87 Entscheidung Beschluss Datum 11.05.1988
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen RdL 1989 S. 16 = AgrarR 1989 S. 70  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Wegen der Höhe der unternehmensbedingten Geldentschädigungen, die sich nach dem für das Unternehmen geltenden Gesetz richten und vom Träger des Unternehmens zu erbringen sind (§ 88 Nr. 6 Satz 1 in Verbindung mit Nrn. 4 und 5 FlurbG), steht nur der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen (§ 88 Nr. 7 Satz 1 FlurbG).

Aus den Gründen

Wegen der Höhe der unternehmensbedingten Geldentschädigungen, die sich nach dem für das Unternehmen geltenden Gesetz richten und vom Träger des Unternehmens zu erbringen sind (§ 88 Nr. 6 Satz 1 i. V. m. Nrn. 4 und 5 FlurbG), steht nur der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen (§ 88 Nr. 7 Satz 1 FlurbG). Da das Flurbereinigungsgericht insoweit keine Prüfungs- und Entscheidungskompetenz hat und eine solche hier auch nicht in Anspruch genommen hat, mußte es von einer dahin gehenden Beweisaufnahme absehen.

Auch eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO muß hier ausscheiden, weil das angefochtene Urteil nicht von einer Entscheidung des BVerwG abweicht. In dem von den Klägern bezeichneten Beschluß vom 30.07.1980 - BVerwG 5 B 25.79 (RdL 1981, 93 f.) ist zum Rechtsweg und zur Entscheidungskompetenz bei Streit um die Höhe der Geldentschädigung nach § 88 Nr. 4 Satz 4 FlurbG ausgeführt, daß "gemäß § 88 Nr. 7 FlurbG der Rechtsweg zu den Zivilgerichten gegeben (ist), die auch über die Vorfrage entscheiden, ob überhaupt eine Enteignung vorliegt, d. h., ob die Landabfindung ausreicht, das den Eigentümern auferlegte Sonderopfer auszugleichen". Von dieser Auffassung weicht das Flurbereinigungsgericht in dem angefochtenen Urteil nicht ab. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe nach der vom Flurbereinigungsgericht nicht beanstandeten Landabfindung für Einbußen an Eigentum und Betriebssubstanz noch Geldentschädigung zu leisten ist, ist auch nach der Auffassung des VGH vom Zivilgericht zu entscheiden. Dazu prüft der Zivilrichter (vgl. BGH, Urteil vom 22.09.1983 - III ZR 113/82, RdL 1984, 101), ob die Landabfindung zuzüglich der ausgewiesenen Geldentschädigung den betroffenen Teilnehmer nach Maßgabe des Art. 14 Abs. 3 GG ausreichend entschädigt und, wenn dies nicht der Fall ist, welche weitere Geldentschädigung zu leisten ist. In dieser Frage stimmt das angefochtene Urteil mit dem Beschluß des BVerwG (a.a.O.) überein.

Zu Unrecht nimmt die Beschwerde an, das Flurbereinigungsgericht habe abschließend auch über die Geldentschädigung entschieden. Die Feststellung des Flurbereinigungsgerichts, daß die Abfindung der Kläger weitere unternehmensbedingte Wertminderungen nicht enthalte, kann nur als flurbereinigungsrechtliche Aussage dahin verstanden werden, daß die Abfindungsbestimmungen des § 44 FlurbG beachtet seien. Hiermit wird darauf hingewiesen, daß bei der Unternehmensflurbereinigung betriebsbezogene Merkmale der Einlage eines Teilnehmers insoweit berücksichtigt werden, als auch im Rahmen eines solchen Verfahrens versucht wird, eine Abfindung in Land zu gewähren, die dazu bestimmt ist, den durch die für das Unternehmen benötigten Flächen eingetretenen Landverlust voll auszugleichen, worauf aber kein Anspruch besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.04.1970 - BVerwG IV C 47.66, RdL 1970, 211). Denn im Hinblick auf § 88 Nr. 4 Satz 1 FlurbG haben die Teilnehmer keinen Anspruch auf Abfindung in Land von gleichem Wert i. S. v. § 44 Abs. 1 FlurbG (BVerwG, Beschluß vom 06.01.1987 - BVerwG 5 B 30.85, Buchholz, 424.01, § 87 FlurbG, Nr. 9 m. w. N.; Quadflieg, Recht der Flurbereinigung, § 88 FlurbG, RdNr. 51).

Soweit das Flurbereinigungsgericht die Vergleichsbetrachtung vornimmt, bei der es von einer Einlage abzüglich der unternehmensbedingten Beeinträchtigungen, für die vom Träger des Unternehmens enteignungsrechtliche Entschädigungen zu erbringen sind, ausgeht und diese in Beziehung zu der hierfür gewährten Landabfindung setzt, ist ihm eine flurbereinigungsrechtliche Aussage darüber, ob soweit noch Wertminderungen vorliegen, nicht verwehrt. Wie sich aus der Rechtsauffassung des Flurbereinigungsgerichts ergibt, nach der über das im Hilfsantrag zusammengefaßte Begehren nur das ordentliche Gericht zu befinden habe, wollte das Flurbereinigungsgericht sich insoweit jeglicher Äußerung über die Höhe der enteignungsrechtlichen Entschädigungen enthalten. Das Flurbereinigungsgericht hat deshalb entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht darüber entschieden, daß eine höhere Entschädigung als die im Festsetzungsbescheid zugesprochene nicht festgestellt werden könne. Soweit es im übrigen die Gleichwertigkeit der Abfindung der Kläger mit deren Einlage, abzüglich der nach § 88 Nr. 4 FlurbG für die aufgebrachte Fläche festgesetzten Entschädigung, überprüft, hat es die im Festsetzungsbescheid nach § 88 Nr. 6 FlurbG getroffenen Festsetzungen, auch soweit darin Entschädigungen versagt werden, unberührt gelassen und auch nicht zum Vergleich herangezogen. All dies schließt die Annahme einer die Beteiligten insoweit bindenden Entscheidung aus mit der Folge, daß die Kläger ihre im Hilfsantrag begehrte Entschädigung vor dem ordentlichen Gericht nach den dort maßgebenden enteignungsrechtlichen Vorschriften geltend machen können, soweit dies prozessual noch möglich ist.

Festsetzungen der Flurbereinigungsbehörde nach § 88 Nr. 6 Satz 2 FlurbG über die vom Träger des Unternehmens zur Behebung von Nachteilen nach § 88 Nr. 5 FlurbG zu erbringenden Leistungen und die Geldentschädigung nach § 88 Nrn. 3 (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17.11.1983 - III ZR 127/82, RdL 1984, 152) bis 5 FlurbG, die sich nach dem für das Unternehmen geltenden Gesetz richten, können von den Beteiligten, dem Träger des Unternehmens und den entschädigungsberechtigten Teilnehmern, wegen der Höhe der Geldentschädigungen nur vor den ordentlichen Gerichten angefochten werden (§ 88 Nr. 7 Satz 1 FlurbG). Derartige Festsetzungen, wie sie in dem Festsetzungsbescheid bereits getroffen wurden, die nicht an den Flurbereinigungsplan gebunden sind, stellen deshalb auch keine im flurbereinigungsgerichtlichen Verfahren anfechtbaren Verwaltungsakte dar, sondern sind, soweit sie den Gegenstand der zivilrechtlichen Klage bilden, Sachentscheidungsvoraussetzungen für den vor dem ordentlichen Gericht zwischen den Entschädigungsberechtigten und den Entschädigungsverpflichteten zu führenden Rechtsstreit (vgl. hierzu Quadflieg, a.a.O., § 88 FlurbG, RdNrn. 110, 120 bis 125, ferner Art. 45 Abs. 3 des Bayerischen Gesetzes über die entschädigungspflichtige Enteignung in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.07.1978 <GVBl. S. 625>, dem für die hier in Betracht kommenden Unternehmen letztlich geltenden Gesetz). Diese Stellung der Prozeßbeteiligten im entschädigungsrechtlichen Rechtsstreit wird von den ordentlichen Gerichten, die den flurbereinigungsbehördlichen Festsetzungsbescheid als Sachurteilsvoraussetzung ansehen, auch berücksichtigt (vgl. BGHZ 66, 173 ff.; BGH, Urteile vom 22.09.1983, a.a.O., vom 12.07.1984 - III ZR 73/83, RdL 1984, 241).