Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 05.11.2014 - 7 S 820/12 (Lieferung 2016)
Aktenzeichen | 7 S 820/12 | Entscheidung | Urteil | Datum | 05.11.2014 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Mannheim | Veröffentlichungen | Lieferung | 2016 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Abzugsbefreiung als auch Beitragsbefreiung sind selbstständige Ansprüche, die im Anhörungstermin vorzubringen sind und nicht zu einem anhängigen Planwiderspruch nachgeschoben werden können. |
2. | Wenn in einem Unternehmensverfahren von den Teilnehmern tatsächlich keine Flächen für das Unternehmen aufzubringen und auch sonst keine entgegenstehenden unternehmensbedingten Gründe ersichtlich sind, sind die für die Abfindung eines Teilnehmers maßgeblichen Planungsgrundsätze des § 44 FlurbG, insbesondere auch der Anspruch auf wertgleiche Landabfindung, zu beachten. |
3. | Für Hofflächen kommt es entscheidend auf die - zum Zeitpunkt der vorläufigen Besitzeinweisung gegebenen - betriebswirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse, nicht dagegen auf die grundbuchmäßige oder katastermäßige Bezeichnung an. |
4. | Vom Zweck der Flurbereinigung ist es auch gedeckt, wenn im Rahmen der Neuordnung des Verfahrensgebiets die rechtlichen Grenzen zwischen benachbarten Grundstücken mit den tatsächlichen Besitzverhältnissen in Übereinstimmung gebracht werden, was typischerweise bei Überbauungen in Betracht kommt. |
Aus den Gründen
II. Die ansonsten weiterverfolgte, auf eine Abänderung bzw. Ergänzung des Flurbereinigungsplans (vgl. § 144 FlurbG) gerichtete Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthaft (vgl. § 42 Abs. 1 VwGO). Sie ist im Wesentlichen auch sonst zulässig. Unzulässig ist sie, soweit für die "Hofraumflächen" sowohl eine Abzugsbefreiung (vgl. § 47 Abs. 3 FlurbG) als auch eine Beitragsbefreiung (§ 19 Abs. 3 FlurbG) begehrt wird. Denn hierbei handelt es sich um selbstständige Ansprüche, die bereits im Anhörungstermin vorzubringen gewesen wären (vgl. § 59 Abs. 2 FlurbG; Wingerter/Mayr, 9. A. FlurbG 2013, § 47 Rn. 11, § 59 Rn. 11, § 19 Rn. 22) und unter dem 26.08.2007 auch nicht ausnahmsweise nachgeschoben werden konnten (vgl. Senatsurt. v. 22.01.1974 - VII 874/72 -, = RzF - 9 - zu § 19 Abs. 3 FlurbG; Wingerter/Mayr, a.a.O., § 47 Rn. 11, § 59 Rn. 11, § 19 Rn. 22). Denn Gründe für eine - bislang auch nicht gewährte - Nachsichtgewährung nach § 134 Abs. 3 u. 2 FlurbG sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Weder gibt es Anhaltspunkte für eine unverschuldete Versäumung der Widerspruchsfrist noch für eine offenkundig eintretende "unbillige Härte" (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.02.2004 - 9 B 8.04 -). Soweit der Widerspruch danach wegen Versäumung der Widerspruchsfrist unzulässig ist, ist der Flurbereinigungsplan gegenüber dem Kläger bestandskräftig geworden (vgl. BVerwG, Urt. v. 07.05.1965 - IV C 78.65 -, BVerwGE 21, 93; Senatsurt. v. 22.01.1974, a.a.O.). Für eine entsprechende Klage fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (vgl. BayVGH, Urt. v. 21.01.1982 - 13 A 80 A.1319 -).
III. Die ansonsten zulässige Klage hat jedoch keinen Erfolg.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG ist jeder Teilnehmer der Flurneuordnung unter Berücksichtigung der nach § 47 FlurbG vorgenommenen Abzüge grundsätzlich mit Land von gleichem Wert abzufinden. Zwar haben die Beteiligten an einem Flurbereinigungsverfahren unter Anwendung der Sonderbestimmungen in §§ 87 bis § 89 FlurbG im Hinblick auf § 88 Nr. 4 Satz 1 FlurbG grundsätzlich keinen solchen Anspruch (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.04.1970 - IV C 47.66 -, Buchholz 424.01 § 88 FlurbG Nr. 1, Beschl. v. 06.01.1987 - 5 B 30.85 -, Buchholz 424.01 § 87 FlurbG Nr. 9, Beschl. v. 11.05.1988 - 5 B 2.87 -). Allerdings wird auch in einem Unternehmensverfahren versucht, eine Abfindung in Land zu gewähren, die dazu bestimmt ist, den durch die für das Unternehmen benötigten Flächen eingetretenen Landverlust voll auszugleichen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.05.1988 - 5 B 2.87 -, Rdl 1989, 16, Beschl. v. 11.05.1988 - 5 B 129.86 -, Beschl. v. 06.01.1987, a.a.O.). Auch darf die Abfindung nur aus unternehmensbedingten Gründen hinter § 44 FlurbG zurückbleiben (vgl. Wingerter/Mayr, a.a.O., § 87 Rn. 9). Dies bedeutet, dass dann, wenn von den Teilnehmern - wie hier - tatsächlich keine Flächen für das Unternehmen aufzubringen und auch sonst keine entgegenstehenden unternehmensbedingten Gründe ersichtlich sind, die für die Abfindung eines Teilnehmers maßgeblichen Planungsgrundsätze des § 44 FlurbG, insbesondere auch der Anspruch auf wertgleiche Landabfindung, zu beachten sind.
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Hofflächen sind bebaute oder unbebaute Grundstücke oder Grundstücksteile, die in räumlichem Zusammenhang mit den Wohn- und Wirtschaftsgebäuden stehen und - jedenfalls im Grundsatz - dauernd der Betriebsführung des Hofes zu dienen bestimmt sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.4.1963 - I B 151.61 -, = RzF - 6 - zu § 45 Abs. 1 FlurbG; Beschl. v. 2.8.1967 Buchholz § 45 Nr. 3; 16.9.1975, = RzF - 28 - zu § 28 Abs. 1 FlurbG). Hierbei kommt es entscheidend auf die - zum Zeitpunkt der vorläufigen Besitzeinweisung gegebenen - betriebswirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse, nicht dagegen auf die grundbuchmäßige oder katastermäßige Bezeichnung an.
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