Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 05.12.2007 - 9 C 11190/06.OVG = RdL 2008, 77-79 (Lieferung 2009)

Aktenzeichen 9 C 11190/06.OVG Entscheidung Urteil Datum 05.12.2007
Gericht Flurbereinigungsgericht Koblenz Veröffentlichungen RdL 2008, 77-79  Lieferung 2009

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Dem Eigentümer steht für abgegebene Rebstöcke weder ein Anspruch auf gleichartige Abfindung noch auf entsprechende Mehrabfindung in Land zu, sondern allenfalls nach § 50 Abs. 2 Satz 1 FlurbG ein Anspruch auf einen Geldausgleich.
2. Die Bestockung von Flächen mit alten, wurzelechten Reben ist nur dann ausnahmsweise als wertbildender Umstand bei der Abfindungsgestaltung zu berücksichtigen, wenn der Teilnehmer auf sein besonderes Interesse gerade an der Zuteilung alter Reben besonders hingewiesen hat oder der Flurbereinigungsbehörde die Bedeutung dieses Umstandes ohnehin hätte bekannt sein müssen.
3. Umstände, etwa Besonderheiten eines Betriebes, auf die im Planwunschtermin nicht hingewiesen wird, braucht die Flurbereinigungsbehörde nicht zu berücksichtigen, wenn sie ihr nicht ohnehin bekannt sind.
4. Nachträglich bekannt gewordene Gesichtspunkte können in der Regel nicht mehr berücksichtigt werden, weil dadurch die Planaufstellung unerträglich verzögert und erschwert wird.

Aus den Gründen

Die Abfindung der Kläger ist - unter Berücksichtigung des Nachteilsausgleichs für das Flurstück Nr. 176/1 - auch im Hinblick auf die weiteren, den Wert der konkreten Gesamtabfindung mitbestimmenden Faktoren nach Maßgabe von § 44 Abs. 2 bis 4 FlurbG rechtsfehlerfrei erfolgt. Insbesondere wurden alle Umstände, die auf den Ertrag, die Benutzung und die Verwertung der Grundstücke wesentlichen Einfluss haben, angemessen berücksichtigt (§ 44 Abs. 2 2. Halbsatz FlurbG). Dies gilt zunächst hinsichtlich der - von den Klägern besonders hervorgehobenen - Lage, Hängigkeit und Ausrichtung der Weinberge, die sämtlich Gegenstand der Wertermittlung waren.


1. Entgegen der Ansicht der Kläger war die Bestockung der Einlageflächen mit alten Rebstöcken kein Umstand, der in diesem Verfahren besonders berücksichtigt werden musste. Dies hätte einen besonderen Hinweis auf die Bedeutung einer Abfindung gerade mit alten Rebstöcken erfordert, der hier allerdings unterblieben war.


Rebstöcke sind wesentliche Bestandteile der Grundstücke, deren Abfindung unabhängig von der Landabfindung geregelt ist. Dem Eigentümer steht für abgegebene Rebstöcke weder ein Anspruch auf gleichartige Abfindung noch auf entsprechende Mehrabfindung in Land zu, sondern allenfalls nach § 50 Abs. 2 Satz 1 FlurbG ein Anspruch auf einen Geldausgleich. Dieser Anspruch ist unabhängig von der Landabfindung (BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 1985, in = RzF - 2 - zu § 50 Abs. 1 FlurbG). Der Gesetzgeber hat an Stelle der Naturalrestitution deshalb nur eine Geldentschädigung vorgeschrieben, damit die Flurbereinigungsbehörde bei ihrem Bestreben nach Landabfindungen in möglichst großen Grundstücken (§ 44 Abs. 3 Satz 1 FlurbG), nicht durch die Rücksichtnahme auf Obstbäume, Sträucher und Rebstöcke behindert wird (Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 7. September 1971, RdL 1972, 41 <= RzF - 1 - zu § 28 Abs. 2 FlurbG>).


Etwas anderes gilt auch nicht ausnahmsweise deshalb, weil alte Reben nicht ohne Weiteres durch Neuanpflanzung auf dem Abfindungsgrundstück ersetzt werden können. Zwar müssen neu angepflanzte Reben etwa 30 Jahre stehen, um - nach dem Verständnis der Kläger - als alte Reben bezeichnet werden zu können. Ferner ist die Anpflanzung von wurzelechten Reben, die alleine für die Wirtschaftsweise "Ewiger Weinberg" geeignet sind, nach § 4 der Reblausverordnung in von der Reblaus befallenen Gemeinden und Ortsteilen generell ausgeschlossen. Inzwischen wurde die Liste der nicht von der Reblaus befallenen Gemeinden und Ortsteile mit Wirkung vom 1. August 2006 aufgehoben, so dass keine Gemeinden mehr als reblausfrei gelten. Gegen die allgemeine Berücksichtigung alter Reben spricht jedoch, dass sie die Flurbereinigung erheblich erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen würde. Deshalb besteht nach der Kenntnis des Senats bei den Beteiligten in Weinbergsflurbereinigungen auch die Bereitschaft, den Verlust nicht nur bestockter Rebflächen, sondern auch den Verlust alter Reben in Kauf zu nehmen, um von den Vorteilen der Flurbereinigung zu profitieren, welche die Fortführung des Weinbaus in der Zukunft oft überhaupt erst ermöglichen. Bei Weinbergsflurbereinigungen in den Steillagen der Mosel wird deshalb, soweit erkennbar, auf vorhandene alte Reben nicht besonders Rücksicht genommen. Dies gilt auch für, dem hier umstrittenen Verfahren benachbarte Flurbereinigungsverfahren, wie etwa die Flurbereinigung G., an der die Kläger ebenfalls beteiligt waren und in der sie mit alten Reben bestockte Flächen verloren haben (vgl. Schriftsatz vom 22. November 2007). Im Allgemeinen bleiben also alte Reben bei der Abfindung unberücksichtigt, wie auch den Klägern aus eigener Erfahrung bekannt gewesen sein muss. Der Stellenwert, der alten Reben in der Flurbereinigung beigemessen wird, kommt auch in der Begründung des Zusammenlegungsbeschlusses vom 17. Februar 1995 zum Ausdruck, wo es heißt: "Die Weinberge sind vielfach überaltert. Die Umstellung - soweit gegeben - auf moderne Erziehungsarten ist geboten. Der notwendige Wiederaufbau der Weinberge ist vielfach im Hinblick auf die geplante Flurbereinigung nicht erfolgt." Das mit diesem Beschluss angeordnete Zusammenlegungsverfahren wurde dann aufgrund des Beschlusses vom 17. März 1998 als vereinfachte Flurbereinigung Z. fortgeführt.


Vor diesem Hintergrund hätte die Bestockung mit alten Reben nur dann ausnahmsweise als wertbildender Umstand berücksichtigt werden müssen, wenn die Kläger auf ihr besonderes Interesse gerade an der Zuteilung alter Reben besonders hingewiesen hätten oder der Flurbereinigungsbehörde die Bedeutung dieses Umstandes ohnehin hätte bekannt sein müssen. Beide Alternativen liegen hier nicht vor.


Der Ermittlung der nach § 44 Abs. 2 FlurbG zu berücksichtigenden Umstände dient der Planwunschtermin nach § 57 FlurbG. Umstände, etwa Besonderheiten eines Betriebes, auf die im Planwunschtermin nicht hingewiesen wird, braucht die Flurbereinigungsbehörde nicht zu berücksichtigen, wenn sie ihr nicht ohnehin bekannt sind. Nachträglich bekannt gewordene Gesichtspunkte können in der Regel nicht mehr berücksichtigt werden, weil dadurch die Planaufstellung unerträglich verzögert und erschwert wird (BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 1981, RdL 1981, 209 <= RzF - 66 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG>). Insbesondere können Gesichtspunkte, die erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der vorläufigen Besitzeinweisung bekannt geworden sind, bei der Beurteilung der Wertgleichheit von Einlage und Abfindung keine Berücksichtigung mehr finden (BVerwG, Urteil vom 16. August 1995, RdL 1995, 266 <= RzF - 12 - zu § 15 FlurbG>).