Flurbereinigungsgericht Weimar, Urteil vom 24.07.2008 - 7 F 865/07 (Lieferung 2009)
Aktenzeichen | 7 F 865/07 | Entscheidung | Urteil | Datum | 24.07.2008 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Weimar | Veröffentlichungen | Lieferung | 2009 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Darstellungen eines Flächennutzungsplans sind nicht geeignet, ein Vorhaben zu verhindern, das sich im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und deshalb – bei gesicherter Erschließung – bauplanungsrechtlich zulässig ist. Der Flächennutzungsplan bindet im unbeplanten Innenbereich lediglich die Gemeinde, die ihre Bebauungspläne nach § 8 Abs. 2 BauGB aus ihm zu entwickeln hat; erst ein aus dem Flächennutzungsplan entwickelter Bebauungsplan wäre nach § 30 Abs. 1 oder 2 BauGB für die bauplanungsrechtliche Beurteilung der Zulässigkeit eines Vorhabens maßgeblich. |
2. | Die planerischen Vorstellungen der Gemeinde spielen für die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB, über die in einem Baugenehmigungsverfahren der Landkreis als zuständige Bauaufsichtsbehörde zu entscheiden hätte, keine Rolle. |
3. | Die für Grundstücke in Sondergebieten Landwirtschaft ermittelten Bodenrichtwerte stellen keinen tauglichen Ausgangspunkt für die Bewertung gewerblich nutzbarer Flächen dar. Auszugehen ist von geeigneten Verkaufsfällen, die den wertbildenden Merkmalen der zu bewertenden Grundstücke (Lage, Größe, Zuschnitt, Erschließungszustand) hinreichend Rechnung tragen. |
Aus den Gründen
Die Klage hat mit der Maßgabe Erfolg, dass die Sache - wie beantragt - nach § 144 FlurbG unter Aufhebung des Zweiten Widerspruchsbescheides vom 9. November 2007 zur erneuten Verhandlung und Bescheidung an das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt zurückverwiesen wird. Der Flurbereinigungsplan Kaltensundheim I vom 24. Mai 2005 in Gestalt des Zweiten Widerspruchsbescheides des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt vom 9. November 2007 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies gilt sowohl für die im Zweiten Widerspruchsbescheid geänderte Wertermittlung (dazu unter 1.) als auch für die Abfindung der Klägerin (dazu unter 2.) und hat die Aufhebung des Zweiten Widerspruchsbescheides zur Folge (3.).
1. Für die Überprüfung der Wertermittlung kommt es hier nicht darauf an, ob sich die Wertermittlung in diesem auf § 86 Abs. 1 FlurbG und gleichzeitig auf die (das Bodenordnungsverfahren regelnden) Vorschriften der § 56, § 64 LwAnpG gestützten Flurbereinigungsverfahren nach den Vorschriften des LwAnpG oder unmittelbar nach den Vorschriften des FlurbG richtet. Das LwAnpG enthält (außer der allgemeinen Aussage in § 58 Abs. 1 LwAnpG) keine näheren Bestimmungen über die wertgleiche Abfindung und die zu diesem Zweck vorzunehmende Wertermittlung der jeweiligen Grundstücke, so dass gem. § 63 Abs. 2 LwAnpG im Bodenordnungsverfahren ohnehin die Vorschriften des Flurbereinigungsgesetzes sinngemäß anzuwenden sind. Für die Wertermittlung folgt hieraus gemäß § 44 Abs. 1 FlurbG, dass die Werte der Grundstücke nach den §§ 27 bis § 33 FlurbG zu ermitteln sind (vgl. etwa OVG Greifswald, Urteil vom 16. April 1998 - 9 K 28/97 - AgrarR 1999, 257 = VIZ 1999, 553; OVG Magdeburg, Urteil vom 13. August 1996 - 8 K 2/95 - AgrarR 1997, 297 = RdL 1997, 296 = RzF - 1 - zu § 58 Abs. 1 LwAnpG; OVG Frankfurt/Oder, Urteil vom 25. Januar 2001 - 8 D 12/98.G -; Senatsurteile vom 17. Dezember 2003 - 7 F 884/01-, = RzF - 9 - zu § 63 Abs. 2 LwAnpG - und vom 18. Oktober 2006 - 7 F 465/04 -).
Bei den Einlageflurstücken der Klägerin handelt es sich um Bauland im Sinne des § 29 Abs. 1 FlurbG mit der Folge, dass ihr Verkehrswert für die Wertermittlung maßgebend ist (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 25. Juli 1991 - 5 B 46.91 -, Buchholz 424.01 § 134 FlurbG Nr. 16). Der Verkehrswert wird nach § 29 Abs. 2 FlurbG durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre (vgl. auch die inhaltsgleiche Bestimmung des § 194 BauGB). Zur Ermittlung des Verkehrswerts können die Bestimmungen der Wertermittlungsverordnung (WertV) herangezogen werden; für die Ermittlung des Bodenwerts bietet sich das Vergleichswertverfahren (§§ 13, 14 WertV) an. Hierbei ist im vorliegenden Verfahren die Besonderheit zu beachten, dass die Einlageflurstücke der Klägerin überwiegend (d. h. mit Ausnahme der Teilfläche des Einlageflurstücks 806/3, die ihr im Flurbereinigungsplan wieder zugeteilt werden soll) mit fremden Gebäudeeigentum belastet sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Frage der Wertermittlung solcher Grundstücke im Bodenordnungsverfahren in seinem Grundsatzurteil vom 26. März 2003 - 9 C 5.02 - (BVerwGE 118, 91 <= RzF - 37 - zu § 64 LwAnpG>) ausgeführt:
"Die Ermittlung des Bodenwerts im Vergleichswertverfahren stößt bei den mit Gebäudeeigentum belasteten Grundstücken auf praktische Schwierigkeit. Es verbietet sich zunächst die Lösung, den Gebäudewert dem Grundeigentum zuzuschlagen; denn dieser ist allein dem Gebäudeeigentümer zuzurechnen. Der Bodenwert ist deswegen getrennt vom Gebäudewert zu ermitteln. Dies ist wiederum deswegen nicht ohne weiteres möglich, weil – vor der Zusammenführung von Grund- und Gebäudeeigentum – für diese Grundstücke "im gewöhnlichen Geschäftsverkehr" (vgl. § 194 BauGB, § 3 Abs. 3 Satz 1 und § 7 Abs. 2 WertV) keine Kaufpreise zu erzielen sind. Gerade wegen des vom Grundeigentum abweichenden Gebäudeeigentums sind diese Grundstücke nicht marktgängig; wenn nicht der jeweilige Gebäudeeigentümer als Käufer auftritt, sind sie regelmäßig bis auf weiteres unverkäuflich. Es kann dahinstehen, ob diesem Umstand nicht bereits durch die hier gemäß § 63 Abs. 2 LwAnpG, § 29 FlurbG, § 194 BauGB in erster Linie zur Anwendung kommenden Grundsätze der Wertermittlung im Vergleichswertverfahren nach den §§ 13 f. WertV dadurch Rechnung getragen wird, dass als Vergleichsgrundstücke nicht mit Gebäudeeigentum belastete Grundstücke zur Wertermittlung heranzuziehen sind, von denen dann nach § 14 Satz 1 WertV ein entsprechender Abschlag zu erfolgen hat. Denn für den Bereich des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes hält der dortige § 19 Abs. 2 in seinen Sätzen 1 und 2 eine Regelung zur Bodenwertbestimmung bereit, die gerade auch die Interessenlage mit Gebäudeeigentum belasteter Grundstücke zum Gegenstand hat. Danach bestimmt sich der Bodenwert "nach dem um die Abzüge nach Satz 3 verminderten Wert eines baureifen Grundstücks" (Satz 1). Dies ist wiederum "der Verkehrswert im Sinne des § 194 des Bundesbaugesetzes, der sich ergeben würde, wenn das Grundstück unbebaut wäre" (Satz 2). Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu § 19 Abs. 2 SachenRBerG sollen damit lediglich die allgemeinen Grundsätze zur Ermittlung des Bodenwerts der §§ 13, 14, 15 Abs. 2 WertV wiedergegeben werden (BTDrucks 12/5992, S. 118). Der Senat sieht keinen Grund, der einer entsprechenden Anwendung der auf Fälle der vorliegenden Art zugeschnittenen Regelung des § 19 Abs. 2 SachenRBerG im Bereich der Bodenordnungsverfahren nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz entgegenstünde. Die Übernahme dieser Bewertungsregel auf das Bodenordnungsverfahren bedingt freilich, dass die so kraft Entscheidung des Gesetzgebers in § 19 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG durch die fiktive Nichtberücksichtigung des Gebäudeeigentums erfolgte Erhöhung des Grundstückswerts dann hier auch durch die entsprechende Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes nach § 68 Abs. 1 SachenRBerG berücksichtigt wird (....)."
Das Bundesverwaltungsgericht hat in dieser Entscheidung darüber hinaus auf die entsprechend anwendbare Bestimmung des § 19 Abs. 5 Satz 1 SachenRBerG hingewiesen, nach der der Wert des baureifen Grundstücks nach etwa vorhandenen Bodenrichtwerten bestimmt werden soll (vgl. auch § 13 Abs. 2 WertV, wonach zur Ermittlung des Bodenwerts neben oder anstelle von Preisen für Vergleichsgrundstücke auch geeignete Bodenrichtwerte herangezogen werden können). Sind für das betreffende Grundstück Bodenrichtwerte vorhanden, ist sein Verkehrswert nur dann abweichend davon zu bestimmen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Bodenrichtwerte nicht den tatsächlichen Marktverhältnissen entsprechen oder dass sie aufgrund untypischer Lage oder Beschaffenheit des Grundstücks als Ermittlungsgrundlage ungeeignet sind (vgl. § 19 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 und 2 SachenRBerG).
Der mit oder ohne Heranziehung geeigneter Bodenrichtwert ermittelte Wert eines (unbebauten) baureifen Grundstücks ist zu vermindern um einen Abzug für die Erhöhung des Wert des Grundstücks u.a. durch Aufwendungen zur Erschließung, es sei denn, dass der Grundstückseigentümer diese Kosten getragen hat oder das Grundstück bereits während der Dauer seines Besitzes erschlossen war (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 SachenRBerG). Der sich dann ergebende Betrag ist für die mit fremden Gebäudeeigentum belasteten Flächen entsprechend § 68 Abs. 1 SachenRBerG zu halbieren, soweit nicht eine Anhebung oder eine Bemessung nach dem ungeteilten Bodenwert in entsprechender Anwendung der §§ 69, 70 SachenRBerG vorzunehmen ist. Diese Grundsätze müssen auch für die Wertermittlung in einem Flurbereinigungsverfahren gelten, das - wie hier - der Zusammenführung von Boden- und Gebäudeeigentum dient, soweit es um die Flächen geht, die Gegenstand der Zusammenführung sind.
Jedenfalls dann, wenn das Grundstück - wie hier - nicht in einer eigenen Bodenrichtwertzone liegt, müssen für die Ermittlung des "Ausgangswerts" zunächst die wertbeeinflussenden Faktoren des zu bewertenden Grundstücks ermittelt werden, da nur dann nach geeigneten Bodenrichtwerten oder Vergleichsgrundstücken gesucht werden kann. Hierbei können wiederum die einschlägigen Vorschriften der Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken vom 6. Dezember 1988 (BGBl. I S. 1988 - WertV) herangezogen werden. Diese Regelungen zeigen, dass der Wert eines Baugrundstücks maßgeblich von Art und Maß der auf ihm möglichen baulichen Nutzung beeinflusst wird (vgl. § 3 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 WertV). Der Senat hat hierzu in seiner Entscheidung vom 7. Mai 2007 in der Sache 7 F 1319/05 darauf hingewiesen, dass die nähere Umgebung durch eine Gemengelage zwischen landwirtschaftlicher Nutzung einerseits und gewerblicher Nutzung andererseits geprägt wird und die Einlageflurstücke damit in einem Bereich liegen, der sich keinem der in der Baunutzungsverordnung aufgeführten Baugebiete zuordnen lässt. Dies hat zur Folge, dass die für den Grundstückswert maßgebliche bauliche Ausnutzbarkeit der Einlageflurstücke, die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB liegen, sich nach § 34 Abs. 1 BauGB richtet. Danach ist auf den Einlageflurstücken jedes Vorhaben zulässig, das sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und dessen Erschließung gesichert ist.
Zu der Frage, welche Arten von Nutzung (also z.B. Wohnnutzung, verschiedene gewerbliche Nutzungen etc.) bei einer Beurteilung der näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 BauGB jeweils zulässig sind, hat der 1. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 20.11.2002 - 1 KO 817/01 - (BRS 65 Nr. 86 = ThürVBl. 2003, 277) ausgeführt:
"Ob sich ein Vorhaben seiner Art nach i. S. d. § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart seiner näheren Umgebung einfügt, hängt zunächst davon ab, ob es sich innerhalb des vorgegebenen Rahmens hält. Bei dieser Frage ist an die Typisierung der Nutzungsarten in der BauNVO anzuknüpfen. Der Begriff "Art. der baulichen Nutzung" in § 34 Abs. 1 BauGB ist grundsätzlich mit den Nutzungsarten gleichzusetzen, wie sie durch die Begriffe der BauNVO für die Nutzungsarten in den einzelnen Baugebieten definiert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1994 – 4 C 13.93 – BRS 56 Nr. 61 = NVwZ 1995, 698). Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung nach der vorhandenen Bebauung nicht einem dieser Baugebiete, sondern weist sie Merkmale mehrerer Baugebiete auf, sind nicht etwa alle Arten von Nutzungen zulässig, die in den nach der Eigenart der näheren Umgebung jeweils in Betracht kommenden Baugebieten nach der BauNVO zulässig wären. Vielmehr wird der für die Beurteilung des Sich-Einfügens nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgebliche Rahmen innerhalb des Spektrums der nach den angesprochenen Gebietstypen zulässigen Nutzungsarten von den in der näheren Umgebung auch tatsächlich vorhandenen Nutzungsarten begrenzt. Sind in der maßgebenden Umgebung den Begriffsbestimmungen der BauNVO entsprechende Nutzungsarten vorhanden, hält ein Vorhaben, das die Merkmale einer solchen Nutzungsart aufweist, den vorhandenen Rahmen ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. April 1987 – 4 C 41.84 – BRS 47 Nr. 63 = NVwZ 1987, 884. (...) Ein Vorhaben, das den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreitet, weil es – was die hier in Frage stehende Nutzungsart angeht – kein Vorbild hat, kann gleichwohl planungsrechtlich zulässig sein, wenn es nicht geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche und ausgleichsbedürftige Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen, wenn es mithin die vorgegebene Situation nicht in Bewegung bringt und damit keine Unruhe stiftet, die potentiell ein Planungsbedürfnis nach sich zieht (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. Mai 1978 – IV C 9.77 – BverwGE 55, 369, 371 = BRS 33 Nr. 36). ..."
Da sich in der näheren Umgebung des Vorhabens - wie die im vorangegangenen Verfahren 7 F 1319/05 durchgeführte Augenscheinseinnahme ergeben hat - auch einzelne gewerbliche Nutzungen finden (u. a. Zweigstelle einer Volksbank, Tankstelle mit Getränkehandel, Deutsche Post), würde sich nicht nur eine landwirtschaftliche, sondern auch eine den vorhandenen Nutzungen vergleichbare gewerbliche Nutzung innerhalb des nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblichen "Rahmens" halten und wäre damit nach dieser Bestimmung bauplanungsrechtlich ihrer Art nach zulässig. Selbst ein den "Rahmen" der Umgebungsbebauung überschreitendes Vorhaben wäre auf den zu bewertenden Einlageflurstücken der Klägerin zulässig, sofern es keine bodenrechtlich beachtlichen Spannungen hervorrufen oder erhöhen würde, was etwa bei einem Nutzungskonflikt mit der benachbarten landwirtschaftlichen Nutzung der Fall wäre. Nach diesen Maßstäben könnte sich etwa auch der von der Klägerin ins Auge gefasste Einzelhandelsbetrieb, dessen Verkaufsfläche nach ihren Angaben unter 800 m2 betragen soll, im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Derartige Einzelhandelsbetriebe sind nicht großflächig im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO und daher auch außerhalb entsprechender Sondergebiete zulässig (vgl. dazu nur BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 4 C 10.05 -, BVerwGE 124, 364 = NVwZ 2006, 452 = BRS 69 Nr. 71). Im Übrigen können in einer durch gewerbliche Nutzungen geprägten Gemengelage selbst großflächige Einzelhandelsbetriebe zulässig sein, sofern sie nicht die in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO bezeichneten und in Satz 2 näher umschriebenen schädlichen Auswirkungen haben; derartige Auswirkungen werden aber regelmäßig erst ab einer Geschossfläche von 1.200 m2 - dies entspricht in der Praxis etwa einer Verkehrsfläche von 900 m2 - vermutet (vgl. dazu § 11 Abs. 3 Satz 3 und 4 BauNVO).
Der Zweite Widerspruchsbescheid der Spruchstelle für Flurbereinigung geht demgegenüber bei seiner Wertermittlung nicht von diesen durch § 34 Abs. 1 BauGB eröffneten baulichen Nutzungsmöglichkeiten der Einlageflurstücke aus, sondern stellt auf den genehmigten Flächennutzungsplan der Gemeinde ab, der die streitgegenständlichen Flächen als "Sondergebiet Landwirtschaft" darstellt. Die Spruchstelle bezeichnet diese Darstellung (vgl. dazu § 5 BauGB) zu Unrecht als "Festsetzung" und misst ihr eine Bindungswirkung bei, die ihr nicht zukommt. Darstellungen eines Flächennutzungsplans sind nicht geeignet, ein Vorhaben zu verhindern, dass sich im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und deshalb - bei gesicherter Erschließung bauplanungsrechtlich zulässig ist. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht bereits zu § 34 Abs. 1 Bundesbaugesetz - BBauG - (der bis zum 30.06.1987 geltenden Vorläuferregelung zu § 34 Abs. 1 BauGB) entschieden, obwohl die Regelung damals noch die Einschränkung enthielt, dass einem Vorhaben im Innenbereich keine öffentlichen Belange entgegenstehen durften (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. April 1981 - 4 C 61.78-, BVerwGE 62, 151 = NJW 1981, 2770 = BRS 38 Nr. 69). Nach dem Wegfall dieser Einschränkung im heutigen § 34 Abs. 1 BauGB lässt sich erst recht nicht begründen, warum ein Vorhaben, dass sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, wegen einer Darstellung im Flächennutzungsplan bauplanungsrechtlich unzulässig sein sollte. Der Flächennutzungsplan bindet im unbeplanten Innenbereich lediglich die Gemeinde, die ihre Bebauungspläne nach § 8 Abs. 2 BauGB aus ihm zu entwickeln hat; erst ein aus dem Flächennutzungsplan entwickelter Bebauungsplan wäre nach § 30 Abs. 1 oder 2 BauGB für die bauplanungsrechtliche Beurteilung der Zulässigkeit eines Vorhabens maßgeblich. Solange die Gemeinde von der Möglichkeit der Überplanung eines Gebiets durch einen Bebauungsplan aber keinen Gebrauch macht, bleibt es aber bei der Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB.
Unerheblich ist auch das im Widerspruchsbescheid angeführte Schreiben der Verwaltungsgemeinschaft "Hohe Rhön" (der die Gemeinde Kaltensundheim angehört) vom 12. Oktober 2005, in dem diese unter Bezugnahme auf den damals vorliegenden Entwurf des Flächennutzungsplans und einen Gemeinderatsbeschluss vom 30. August 2005 erklärt hat, eine andere als eine landwirtschaftliche Nutzung der Einlageflurstücke der Klägerin ablehnen zu wollen. Die planerischen Vorstellungen der Gemeinde spielen für die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB, über die in einem Baugenehmigungsverfahren der Landkreis Schmalkalden-Meiningen als zuständige Bauaufsichtsbehörde zu entscheiden hätte, keine Rolle. Die Gemeinde wäre auch nicht berechtigt, ihr nach § 36 Abs. 1 BauGB erforderliches Einvernehmen zu einem Vorhaben deshalb zu verweigern, weil sie potentielle Gewerbeinteressenten auf eine Ansiedlung im Bauabschnitt I des in der Nähe gelegenen Gewerbegebiets verweisen möchte.
Aufgrund seines rechtlich fehlerhaften Ausgangspunkts legt der Zweite Widerspruchsbescheid bei der Ermittlung des Bodenwerts zu Unrecht die für einzelne Sondergebiete Landwirtschaft ermittelten Bodenrichtwerte (für den Bereich der Einlageflurstücke existiert kein Bodenrichtwert) sowie Verkaufsfälle von baureifem, unbebautem Sondergebiet Landwirtschaft zugrunde. Die Wahrscheinlichkeit einer möglichen Umnutzung zu Gewerbe erachtet der Widerspruchsbescheid (ausgehend von der vermeintlichen Bindung an den Flächennutzungsplan) als gering und berücksichtigt sie deshalb nur mit einem Zuschlag von 20 % des (sich nach der "Halbteilung" ergebenden) landwirtschaftlichen Bodenwerts von 3,- /m2, also mit einem Betrag von 0,60 /m2. Einen weiteren Zuschlag von 0,60 /m2 hält er wegen der guten Lage der Einlageflächen entlang der Mittelsdorfer Straße für gerechtfertigt.
Diese Wertermittlung ist bereits deshalb zu beanstanden, weil die zu bewertenden Flächen sich in einer Gemengelage befinden, für die keine Bodenrichtwerte existieren. Die für Grundstücke in Sondergebieten Landwirtschaft ermittelten Bodenrichtwerte stellen keinen tauglichen Ausgangspunkt für die Bewertung gewerblich nutzbarer Flächen dar. Entgegen der vom Beklagten in seinem Schriftsatz vom 22. Juli 2008 vertretenen Auffassung gilt etwas anderes auch nicht deshalb, weil die flurbereinigungsrichterliche Rechtsprechung bei der Wertermittlung von mit landwirtschaftlichen Gebäuden bebauten Flächen teilweise einen Rückgriff auf den (um einen bestimmten Faktor zu erhöhenden bzw. damit zu multiplizierenden) Bodenrichtwert für Ackerflächen für zulässig hält. Diese Wertermittlungsmethode mag zulässig sein, wenn ein Bodenrichtwert für ein Sondergebiet Landwirtschaft fehlt und bestimmte Erfahrungswerte über das Wertverhältnis zwischen unbebauten Ackerflächen einerseits und mit landwirtschaftlichen Gebäuden bebauten Flächen andererseits existieren. Auf derartige Erfahrungswerte über das Wertverhältnis zwischen mit landwirtschaftlichen Gebäuden bebauten und nur für landwirtschaftliche Zwecke nutzbaren Grundstücken einerseits und (auch) gewerblich nutzbaren Flächen in unmittelbarer Nähe zu landwirtschaftlichen Betrieben andererseits konnte der Beklagte hier aber ersichtlich nicht zurückgreifen, jedenfalls lassen sich dem Zweiten Widerspruchsbescheid dafür keine Anhaltspunkte entnehmen. Die Spruchstelle hat die genannte Wertermittlungsmethode im Zweiten Widerspruchsbescheid ergänzend zur Kontrolle der anhand von Bodenrichtwerten und Verkaufsfällen vorgenommenen Wertermittlung der zu Unrecht als Teil eines "Sondergebiet Landwirtschaft" eingestuften Einlageflurstücke herangezogen (vgl. Widerspruchsbescheid, S. 6 - dort unter f.). Der im Zweiten Widerspruchsbescheid (S. 6 - unter g.) vorgenommene "Zuschlag" von 20 % des landwirtschaftlichen Bodenwerts beruht nicht auf einem Erfahrungswert über das Wertverhältnis zwischen Flächen in einem (faktischen) Sondergebiet Landwirtschaft einerseits und (auch) gewerblich nutzbaren Flächen andererseits. Ihm liegt vielmehr die unzutreffende Annahme zugrunde, dass eine gewerbliche Nutzung der Einlageflurstücke wegen des ihr vermeintlich entgegenstehenden Flächennutzungsplans kaum möglich sei; er vermag daher die tatsächlich gegebenen gewerblichen Nutzungsmöglichkeiten der Einlageflurstücke nicht hinreichend erfassen.
Der Beklagte beruft sich insoweit auch zu Unrecht auf das Urteil des erkennenden Senats vom 28. November 2007 in der Sache 7 F 784/06. Der Senat hatte sich in jener Entscheidung nicht mit der (dort zwischen den Beteiligten grundsätzlich nicht umstrittenen) Gebietseinordnung der näheren Umgebung der Einlageflurstücke zu befassen, sondern mit der Frage, ob und inwieweit im Hinblick auf eine teilweise gewerbliche Umnutzung der auf den Einlageflurstücken befindlichen Gebäude Raum für eine entsprechende Anwendung des sog. Halbteilungsgrundsatzes nach § 68 Abs. 1 SachenRBerG war. Der Senat hatte in dem genannten Urteil den Ansatz der Beklagten gebilligt, der Wertermittlung für einen Teil der Einlageflurstücke einen Mittelwert zwischen dem vollen und dem halben Bodenwert zugrundezulegen, da hier (wegen einer teilweisen gewerblichen Umnutzung) nur noch zum Teil die Voraussetzungen für eine Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes vorlagen (vgl. dazu § 70 Abs. 1 Satz 1 SachenRBerG). Dies hat mit der Frage der Einstufung der näheren Umgebung der Einlageflurstücke in eine der Gebietsarten der BauNVO oder als sog. Gemengelage nichts zu tun.
Darüber hinaus hat der Widerspruchsbescheid auch die in der Vergangenheit angefallenen und gegenüber der Klägerin als Grundstückseigentümerin bereits festgesetzten Straßenausbaubeiträge zu Unrecht deshalb nicht werterhöhend berücksichtigt, weil die Klägerin sie erst in geringem Umfang beglichen hat. Die bereits entstandene persönliche Beitragspflicht der Klägerin bleibt von einem möglichen späteren Eigentumswechsel unberührt (vgl. dazu Blomenkamp in Driehaus, Kommentar zum Kommunalabgabenrecht, § 8 Rdn. 1427, 1430). Die Klägerin muss also für die einmal entstandene Beitragsschuld auch dann einstehen, wenn die betreffenden Grundstücke ihr nicht mehr gehören. Würden die Straßenausbaubeiträge nicht werterhöhend berücksichtigt, könnte der neue Grundstückseigentümer die Vorteile des Straßenausbaus erlangen, ohne für die damit verbundene Erhöhung des Gebrauchswerts der Grundstücke zahlen zu müssen.
Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Beklagte trotz seines fehlerhaften Ansatzes zu einer im Ergebnis fehlerfreien Ermittlung des Werts der Einlageflurstücke der Klägerin gelangt wäre.
Dies ergibt sich zunächst nicht aus dem im Widerspruchsbescheid (auf S. 7 - dort unter e.) erwähnten zivilgerichtlichen Urteil zur Höhe des von der Beigeladenen an die Klägerin zu zahlenden Nutzungsentgelts, das unter Bezugnahme auf ein Gutachten des Sachverständigen Kozlik zu einem (ungeteilten) Bodenwert von nur 3,50 /m2 gelangt ist. Es ist bereits nicht erkennbar, dass hierbei die angesprochenen gewerblichen Nutzungsmöglichkeiten der Einlageflurstücke hinreichend berücksichtigt worden sind. Das zur Akte 7 F 1319/05 gereichte erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Meiningen vom 3. November 2006 in der Sache 21 C 584/03 folgt hier der durch das Bauamt der Verwaltungsgemeinschaft "Hohe Rhön" vorgenommenen Einordnung des streitgegenständlichen Gebiets als Sondergebiet (zu ergänzen: Landwirtschaft), auf die es - wie dargelegt - gerade nicht ankommt. Soweit in der genannten Entscheidung die Auffassung vertreten wird, eine Einordnung als Gewerbegebiet habe keine Veränderung des Bodenwerts zur Folge, ist dies nicht nachvollziehbar.
Auch die vom Beklagten im Verfahren eingereichte Bodenrichtwertkarte für Bauland in Kaltensundheim (Stand: 31.12.2006) und die aufgrund des richterlichen Hinweises vom 17. Juli 2008 mit den Schriftsätzen vom 21. und 22. Juli 2008 vorgelegten weiteren Unterlagen (Verkaufsfälle und Bodenrichtwerte) sowie die ergänzenden Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 22. Juli 2008 rechtfertigen nicht die Annahme, der Beklagte habe bei seiner geänderten Wertermittlung den Wert der Einlageflurstücke der Klägerin ausreichend hoch bemessen. Die vom Beklagten im Schriftsatz vom 21. Juli 2008 angeführten 14 Verkaufsfälle für im "Mischgebiet Dorf" gelegene Grundstücke ergeben einen durchschnittlichen Bodenwert (vor Halbteilung) von 11,00 /m2; dies ergibt nach Halbteilung einen Wert von 5,50 /m2. Die vom Beklagten im Schriftsatz vom 22. Juli 2008 genannten alternativen Wertermittlungsmethoden (Methoden 2 sowie 3a und 3b), die auf der Auswertung von Bodenrichtwerten und Verkaufsfällen für Grundstücke in unterschiedlichen Gebieten beruhen, gelangen ebenfalls (nach Halbteilung) zu höheren Werten zwischen 5,00 und 6,50 /m2. Darüber hinaus spricht nichts dafür, dass der Wert der Einlageflurstücke durch die Heranziehung der Bodenrichtwerte anderer Bodenrichtwertzonen oder allein durch die Bildung eines Durchschnittswerts aus diesen Werten oder den vorgelegten Verkaufsfällen zuverlässig ermittelt werden kann. So beziehen sich etwa die im Schriftsatz der Beklagten vom 21. Juli 2008 angeführten Verkaufsfälle meist auf wesentlich kleinere Grundstücke (eine Ausnahme bilden Grundstücke im seinerzeit noch nicht erschlossenen Bauabschnitt I des ökologischen Gewerbegebiets). Die Einlageflurstücke der Klägerin sind gerade dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei ihnen um eine größere zusammenhängende, relativ günstig geschnittene, im Wesentlichen rechteckige Fläche (mit einer Tiefe von ca. 30 m und einer Länge von ca. 180 m) handelt. Sie befindet sich noch in der Ortslage und grenzt mit ihrer Längsseite unmittelbar an die Mittelsdorfer Straße an, durch die sie verkehrsmäßig sehr gut erschlossen wird. Ein unbebautes Grundstück in dieser Lage - davon ist für die Wertermittlung nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG auszugehen - bietet sich für gewerbliche Nutzungen wie etwa die von der Klägerin ins Auge gefasste Einzelhandelsnutzung an, sofern es nicht zu Nutzungskonflikten mit dem landwirtschaftlichen Betrieb kommen sollte. Dies besagt zwar nicht, dass der Wert der Einlageflurstücke sich in einer Größenordnung von 38,- /m2 bewegt, wie sie im schriftlichen Kaufangebot der EurA-Consult GmbH vom 30. September 2004 genannt wird. Dieses Angebot ist mangels notarieller Beurkundung ohnehin nicht bindend und bezieht sich nach den Erläuterungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ohnehin nicht auf ihre Einlageflurstücke in der alten Lage, sondern auf die von ihr gewünschte Abfindungsfläche im Betriebsgelände der Beigeladenen. Es spricht aber alles dafür, dass die Einlageflurstücke der Klägerin höher zu bewerten sind als etwa eine kleinere Fläche in einem dörflichen Mischgebiet in Kaltensundheim oder einer der umliegenden Gemeinden, die in den von der Beklagten nachgereichten Verkaufsfällen zumeist zu finden sind. Es ist auch keineswegs ausgeschlossen, dass die Einlageflurstücke höher zu bewerten sein könnten als etwa die Grundstücke im ökologischen Gewerbegebiet, die (aufgrund der ausgereichten Fördermittel) für einen Preis von 13,00 /m2 angeboten werden können. Zwar handelt es sich bei den Einlageflurstücken im Unterschied zu den Grundstücken im ökologischen Gewerbegebiet lediglich um sog. "alterschlossene" Grundstücke, die zudem auf einen angrenzenden landwirtschaftlichen Betrieb Rücksicht nehmen müssen. Werterhöhend wirkt sich aber aus, dass sie innerhalb der Ortslage liegen und sich deshalb sowie wegen der beim Verkauf der Grundstücke im ökologischen Gewerbegebiet geltenden Einschränkungen auch für Interessenten (wie etwa einen Einzelhandelsbetrieb) anbieten können, für die das ökologische Gewerbegebiet von vornherein ausscheidet.
Die Annahme, der Beklagte habe den Bodenwert der Einlageflächen im Ergebnis ausreichend hoch bemessen, ist auch nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil die Spruchstelle im Zweiten Widerspruchsbescheid von dem ermittelten Ausgangswert der Flurstücke 806/3, 806/4 und 806/5 keine Erschließungskosten abgezogen hat (vgl. dazu § 19 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 i. V. m. Abs. 3 SachenRBerG). Hinsichtlich der Teilfläche des Flurstücks 806/3, auf der sich das auch im Eigentum der Klägerin befindliche Sozialgebäude befindet, kam ein Erschließungskostenabzug, der dem (mit dem Grundstückseigentümer nicht identischen) Gebäudeeigentümer zugute kommt, von vornherein nicht in Betracht. Ob für die Teile der Einlageflurstücke, auf denen Boden- und Gebäudeeigentum auseinanderfallen, die Voraussetzungen für einen Erschließungskostenabzug vorliegen, ist nicht ersichtlich. Dem Zweiten Widerspruchsbescheid ist nicht zu entnehmen, ob der Erschließungskostenabzug nur versehentlich unterblieben ist oder etwa deshalb nicht vorgenommen wurde, weil das unmittelbar an der Mittelsdorfer Straße gelegene Grundstück bereits vor der Fremdbebauung hinreichend erschlossen war. Letzteres erscheint insbesondere deshalb nicht ausgeschlossen, weil das im Eigentum der Klägerin befindliche ehemalige Sozialgebäude nach den Feststellungen des in ihrem Auftrag erstellten Gutachtens der Frau Dr.-Ing. Barbara Schramm vom 10. August 1995 bereits in den Jahren 1950 bis 1955 errichtet wurde. Soweit im Zusammenhang mit der Errichtung dieses Gebäudes Erschließungsmaßnahmen für sämtliche oder einen Teil der Einlageflurstücke durchgeführt worden sein sollten, würden sie der Klägerin zuzurechnen sein, die als Grundstückseigentümerin auch Eigentümerin des aufstehenden Gebäudes ist.
2. Die durch den Zweiten Widerspruchsbescheid geänderte Abfindung der Klägerin ist somit bereits deshalb nicht wertgleich und damit zu beanstanden, weil der Wert ihrer Einlage fehlerhaft berechnet worden ist. Auch unabhängig davon ist die Abfindung der Klägerin aber nicht wertgleich.
Allerdings spricht alles dafür, dass der Widerspruchsbescheid zu Recht den Wunsch der Klägerin nach einer Abfindung im Gelände der Beigeladenen abgelehnt hat. Dabei kann dahinstehen, ob der Abfindungswunsch der Klägerin überhaupt abwägungserheblich ist, sie also eine über die Prüfung der Gleichwertigkeit ihrer Abfindung hinausgehende Abwägungskontrolle verlangen kann (zum Verhältnis von wertgleicher Abfindung und Abwägung vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 23. August 2006 - 10 C 4.05-, BVerwGE 126, 303 <= RzF - 102 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG>). Jedenfalls spricht - wie der Senat auch bereits in seinem Urteil vom 7. Mai 2007 (Umdruck, S. 19) festgestellt hat - nichts dafür, dass die Zuweisung einer Fläche auf dem Betriebsgelände der Beigeladenen eine sinnvolle Abfindungslösung darstellt. Unbedenklich ist - für sich betrachtet - auch, dass die bei der Klägerin verbleibende Teilfläche des bisherigen Flurstücks 806/3 möglicherweise insgesamt nur ein Geh- und Fahrrecht erschlossen wird. Dem Erschließungsgebot des § 44 Abs. 3 Satz 3 erster Halbsatz FlurbG kann auch dadurch Rechnung getragen werden, dass eine Wegedienstbarkeit begründet wird (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 30.09.1992 - 11 C 8.92-, = RzF - 28 - zu § 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG).
Die wertgleiche Abfindung der Klägerin ist aber (unabhängig von der fehlerhaften Bewertung ihrer Einlage) auch dadurch in Frage gestellt, dass sie anstelle der von ihr eingebrachten zusammenhängenden Flächen nunmehr mit zwei weit auseinander liegenden Teilflächen abgefunden wird (vgl. auch § 44 Abs. 3 Satz 1 FlurbG, wonach die Landabfindungen in möglichst großen Grundstücken ausgewiesen werden müssen). Problematisch ist darüber hinaus, dass es sich bei der zweiten Abfindungsfläche (nur) um die nordöstliche Teilfläche des Flurstücks 795/16 im Bauabschnitt I des ökologischen Gewerbegebiets Kaltensundheim handelt; die Klägerin geht demgegenüber ausweislich ihrer Klagebegründung irrtümlich noch von einer Abfindung mit dem (gesamten) Flurstück 795/18 mit einer Größe von 2.125 m2 aus. Die der Klägerin lediglich zugesprochene Teilfläche wird im Widerspruchsbescheid nur dadurch umschrieben, dass sie 1.497,80 m2 groß sei und ihre südwestliche Grundstücksgrenze parallel zur jetzigen Grenze zum Flurstück 795/20 verlaufe. Der Klägerin wird also die Teilfläche eines Grundstücks zugewiesen, bei der sie anhand der angegebenen Flächengröße selbst "ausrechnen" muss, in welchem Abstand die südwestliche Grundstücksgrenze des noch zu bildenden neuen Grundstücks parallel zur jetzigen Grenze zum Flurstück 795/20 verläuft. Ob dies eine hinreichend bestimmte Regelung darstellt, ist zumindest zweifelhaft. Zudem ist nicht erkennbar, dass der Beklagte Überlegungen dazu angestellt hätte, dass und wie sich diese nordöstliche Teilfläche des (insgesamt 1.842 m2 großen) Grundstücks angesichts der im Bebauungsplan ausgewiesenen Baugrenze sinnvoll baulich nutzen lässt.
Den aufgeworfenen Zweifelsfragen muss jedoch nicht weiter nachgegangen werden. Die Zuweisung einer Teilfläche des im ökologischen Gewerbegebiet Kaltensundheim gelegenen Flurstücks 795/16 stellt schon deshalb keine wertgleiche Abfindung dar, weil die Klägerin diese Fläche überhaupt nicht erhalten kann. Zu dieser Fläche heißt es im Zweiten Widerspruchsbescheid:
"Diese Abfindung steht unter dem Vorbehalt einer Bereitstellung der benötigten Fläche durch die ESW, welche ab dem 1. Januar 2008 in der LEG aufgegangen sein wird."
Der Vorbehalt ist ersichtlich deshalb in den Zweiten Widerspruchsbescheid aufgenommen worden, weil die von der Gemeinde mit der Vermarktung der Grundstücke beauftragte damalige ESW auf ein Schreiben des Vorsitzenden der Spruchstelle vom 24. Oktober 2007 (betreffend eine Abfindung mit dem Flurstück 795/18) bis zur Sitzung der Spruchstelle am 5. November 2007 nicht geantwortet hatte. Die damalige ESW hat der Spruchstelle bereits mit Schreiben vom 17. Dezember 2007 (unter Bezugnahme auf ein vorhergehendes Schreiben vom 19. November 2007) mitgeteilt, dass sie von dem im Bescheid geregelten Vorbehalt Gebrauch machen müsse und der im Bescheid verfügten Zuordnung ausdrücklich widerspreche. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anwesende Vertreter der LEG, in der die ESW zum 01.01.2008 aufgegangen ist, hat bestätigt, dass nach den Förderbedingungen Grundstücke im Bebauungsplan de facto nicht an Privatpersonen verkauft werden dürfen. Damit steht fest, dass die Klägerin das ihr zugewiesene Abfindungsgrundstück nicht bzw. nur mit der Maßgabe erhalten könnte, es alsbald wieder "förderunschädlich" zu veräußern oder selbst dort ein (förderungswürdiges) Gewerbe zu betreiben. Dies ist der Klägerin aber nicht zuzumuten. Die mit der Zuweisung eines Abfindungsgrundstücks verbundene Verpflichtung der Klägerin, die Fläche alsbald selbst wieder zu veräußern oder die LEG mit der Vermarktung zu beauftragen, würde nichts anderes darstellen als eine verkappte Geldabfindung, die gegen den Willen der Klägerin gerade nicht zulässig ist. Die Klägerin kann auch nicht angesonnen werden, auf dem zugewiesenen Grundstück ein "förderunschädliches" Gewerbe zu betreiben.
3. Der Senat macht von der in § 144 Abs. 1 Satz 1 FlurbG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, die Sache unter Aufhebung des somit insgesamt rechtswidrigen Zweiten Widerspruchsbescheides zur erneuten Verhandlung und Bescheidung an das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt zurückzuverweisen.
Die in dieser Bestimmung ebenfalls vorgesehene und nach Möglichkeit anzustrebende Änderung des angefochtenen Widerspruchsbescheids durch das Flurbereinigungsgericht selbst kommt hinsichtlich der Abfindung der Klägerin schon deshalb nicht in Betracht, weil zurzeit im Flurbereinigungsgebiet kein wertgleiches Tauschland zur Verfügung steht.
Auch eine isolierte Änderung der im Zweiten Widerspruchsbescheid enthaltenen geänderten Wertermittlung der Einlageflurstücke der Klägerin hält der Senat nicht für angezeigt. Die derzeit vorliegenden Unterlagen bieten keine tragfähige Grundlage für eine Neubewertung der Einlageflurstücke. Dies gilt aus den bereits dargelegten Gründen sowohl für die vom Beklagten im Verfahren eingereichte Bodenrichtwertkarte für Bauland in Kaltensundheim (Stichtag 31.12.2006) als auch für die mit den Schriftsätzen vom 21. und 22. Juli 2008 nachgereichten weiteren Unterlagen. Die bereits angesprochenen Besonderheiten der Einlageflurstücke erfordern die Einholung eines Wertgutachtens, das - ausgehend von geeigneten Verkaufsfällen - den wertbildenden Merkmalen der Grundstücke (Lage, Größe, Zuschnitt, Erschließungszustand) hinreichend Rechnung trägt. Ausgehend von dem so ermittelten Ausgangswert für ein unbebautes Grundstück ist für die Grundstücke bzw. Grundstücksteile, auf denen sich Fremdbebauung befindet, zu prüfen, ob ein Erschließungskostenabzug vorzunehmen und ob der Bodenwert insgesamt in entsprechender Anwendung des § 68 Abs. 1 SachenRBerG zu halbieren ist. Eine Wertbemessung nach dem ungeteilten Bodenwert in entsprechender Anwendung des § 70 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG könnte für die mit dem sog. Werkstattgebäude bebaute Teilfläche des Flurstücks 806/4 in Betracht zu ziehen sein. In diesem Gebäude befindet sich nach Angaben der Beigeladenen die Landmaschinenwerkstatt, in der im Wesentlichen Reparaturen der eigenen Landmaschinen, gelegentlich aber auch fremder Landmaschinen durchgeführt werden. Hier wird zu prüfen sein, in welchem Umfang sowie durch wen in diesem Gebäude Reparaturen betriebsfremder Landmaschinen durchgeführt werden (die Klägerin hatte im vorangegangenen Verfahren 7 F 1319/05 vorgetragen, das Gebäude werde von der HDK Handels- und Dienstleistungsgesellschaft genutzt) und ob und inwieweit das Gebäude damit gewerblichen Zwecken dient. Soweit der Beklagte die Klägerin einheitlich in anderer Lage abfinden möchte, ist auch noch das im Eigentum der Klägerin befindliche ehemalige Sozialgebäude auf dem Flurstück 806/3 zu bewerten (vgl. § 29 Abs. 4 FlurbG).