Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 09.10.2013 - 9 C 10338/13.OVG (Lieferung 2015)
Aktenzeichen | 9 C 10338/13.OVG | Entscheidung | Urteil | Datum | 09.10.2013 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Koblenz | Veröffentlichungen | Lieferung | 2015 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Der Nachteil durch eine naturschutzrechtliche Belastung eines als Grünland bewerteten Grundstücks mit einer Dienstbarkeit kann durch eine unentgeltliche Mehrausweisung ausgeglichen werden. |
2. | Den Erfordernissen einer hinreichenden Konkretisierung und Verfestigung genügt eine Aussiedlungsabsicht nur, wenn der Standort für das neue Gehöft genügend bestimmt und die Festlegung und Sicherstellung der Finanzierung klargestellt ist. Durch die bloße Kenntnis der Flurbereinigungsbehörde vom Aussiedlungswunsch eines Teilnehmers wird dieser noch nicht abwägungserheblich, wenn es an der notwendigen Konkretisierung und Verfestigung fehlt. An der notwendigen Konkretisierung fehlt es, wenn ein Teilnehmer die von der Flurbereinigungsbehörde für notwendig erachtete Bauvoranfrage zur Bestimmung des Standortes nicht stellt. |
Aus den Gründen
Diese Änderung war geboten, weil den Klägern durch den Widerspruchsbescheid das Abfindungsflurstück Nr. ohne ihre Zustimmung zugewiesen wurde. Zwar hatten sie sich mit der Zuteilung dieses Flurstückes einverstanden erklärt. Dabei war ihnen aber nicht bekannt, dass dieses Flurstück, das überwiegend als Grünland bewertet ist, mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit belastet ist, wonach eine Änderung der Nutzung, Unterhaltung und Pflege der Zustimmung der Kreisverwaltung K . - Untere Landespflegebehörde - bedarf. Die Zustimmung der Kläger bezog sich also nicht auf ein derart naturschutzrechtlich belastetes Grundstück, so dass auch keine Zustimmung zu der durch seine Zuweisung entstehende Mehrausweisung gegen Geld vorliegt. Der Senat setzt deshalb zunächst einen Ausgleich für die Belastung in Höhe von 441,13 WE fest. Er geht dabei davon aus, dass eine zustimmungsbedürftige Nutzungsänderung schon dann vorliegt, wenn die derzeitige Ackernutzung fortgesetzt wird. Zustimmungsbedürftig ist nämlich eine Änderung der Nutzung, von der der Zusammenlegungsplan ausgeht. Nach dem Nachweis des neuen Bestandes, der Bestandteil des Zusammenlegungsplanes ist, handelt es sich bei dem Abfindungsflurstück Nr. nur in geringem Umfang (8,64 Ar mit 406,08 WE) um Acker, im Wesentlichen aber (93,99 Ar mit 4.411,29 WE) um Grünland. Während die Zustimmung zur Nutzung des Ackeranteils als Grünland zweifellos erteilt wird, wird die Zustimmung zur Umwandlung des Grünlandanteils zu Acker voraussichtlich verweigert. Diesen Nachteil bewertet der Senat mit 10 % des Wertes des Grünlandanteils, also mit 441,13 WE. Damit ist der Nachteil durch die Dienstbarkeit angemessen ausgeglichen.
Den danach mit Land von gleichem Wert abgefundenen Klägern steht auch kein Anspruch auf Änderung des Flurbereinigungsplans wegen fehlerhafter planerischer Abwägung der betriebswirtschaftlichen Verhältnisse aller Teilnehmer gegeneinander gemäß § 44 Abs. 2 FlurbG zu. Ist die Gesamtabfindung gemessen an der Gesamteinlage gleichwertig, steht damit in aller Regel zugleich fest, dass die Flurbereinigungsbehörde von ihrem Gestaltungsermessen einen zweckmäßigen Gebrauch gemacht hat. Ausnahmen davon sind nur in besonderen Fällen, etwa bei rein schikanöser Missachtung verständlicher Wünsche der Teilnehmer oder bei Vernachlässigung von Belangen in Betracht zu ziehen, die nicht die Wertsicherung des Betriebes betreffen und deren ordnungsgemäße Berücksichtigung deshalb durch die wertgleiche Abfindung noch nicht gewährleistet ist (BVerwG, Urteil vom 23. August 2006, a.a.O., Rn. 19, 29 <= RzF - 102 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG>). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
Eine schikanöse Missachtung des Planwunsches der Kläger ist nicht ersichtlich. Vielmehr hatte die Flurbereinigungsbehörde dem Wunsch der Kläger zunächst entsprochen, sah sich dann aber, wie sie in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, aufgrund von Widersprüchen Dritter veranlasst, die Planung in dem entsprechenden Bereich, auch hinsichtlich des Wegenetzes, erheblich zu ändern. Der Behauptung der Kläger, die Flurbereinigungsbehörde habe ihnen die begehrte Fläche wieder weggenommen, weil die Kläger zuvor aus anderen Gründen Widerspruch gegen den Zusammenlegungsplan eingelegt hätten, fehlt jede sachliche Grundlage.
Die Flurbereinigungsbehörde war nicht gehalten, die Aussiedlungsabsicht der Kläger als Entwicklungstendenz des Betriebes zu berücksichtigen. Entwicklungsmöglichkeiten sind nur dann abwägungserheblich, wenn sie in einem Planwunsch zum Ausdruck kommen oder der Flurbereinigungsbehörde ohnehin bekannt sind und bereits so konkretisiert und verfestigt sind, dass ihre Verwirklichung nicht bloß theoretisch möglich, sondern voraussehbar ist. Die Teilnehmer trifft insoweit eine Mitwirkungspflicht, im Planwunschtermin in Form eines qualifizierten Planwunsches auf die maßgeblichen Gesichtspunkte hinzuweisen. Den Erfordernissen einer hinreichenden Konkretisierung und Verfestigung genügt eine Aussiedlungsabsicht nur, wenn der Standort für das neue Gehöft genügend bestimmt und die Festlegung und Sicherstellung der Finanzierung klargestellt ist (BVerwG, Urteil vom 23. August 2006, a.a.O., Rn. 30, 31).
Hier fehlt es an einer hinreichenden Konkretisierung und Verfestigung der Aussiedlungsabsicht. Im Planwunschtermin hatten die Kläger ausweislich der Niederschrift vom 14. Januar 2008 ihre Aussiedlungsabsicht nicht angesprochen, sondern nur erklärt "Wir wünschen weiterhin Block Nr. .. als gesamte Fläche". Der Block .. enthielt auch das jetzige Abfindungsflurstück Nr..... Diese Niederschrift erbringt als öffentliche Urkunde den Beweis für die Richtigkeit und Vollständigkeit ihres Inhalts (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16. April 2003 - 9 C 11622/01.OVG - RdL 2003, 210 <= RzF - 7 - zu § 129 FlurbG>). Es kann dahinstehen, ob die Flurbereinigungsbehörde bereits vor dem Planwunschtermin Kenntnis hatte von dem Wunsch der Kläger in dem Block .. eine Aussiedlung zu errichten und ob die Flächen von Herrn
.. in Kenntnis dieses Umstandes in den Block .. hineingelegt wurden. Denn durch die bloße Kenntnis der Flurbereinigungsbehörde vom Aussiedlungswunsch der Kläger wird dieser noch nicht abwägungserheblich, weil es an der notwendigen Konkretisierung und Verfestigung fehlte. Deshalb durfte der Senat den Beweisantrag der Kläger als unerheblich zurückweisen. Die Flurbereinigungsbehörde hat sich auch um die erforderliche Konkretisierung bemüht. So befindet sich in den Verwaltungsakten ein von der Flurbereinigungsbehörde erstellter Entwurf vom 25. Februar 2008 für eine Bauvoranfrage samt Lageplan zum Aussiedlungsvorhaben der Kläger. Ein Exemplar dieses Entwurfes wurde unstreitig den Klägern ausgehändigt. In diesem Entwurf heißt es "Ich bitte um einen baldigen positiven Bauvorbescheid für diesen Standort, auch als Entscheidungsgrundlage für die Neuzuteilung der Flächen durch die Flurbereinigungsbehörde." Daraus wird deutlich, dass die Flurbereinigungsbehörde zur Konkretisierung, nämlich zur Bestimmung des Standortes, eine Bauvoranfrage für erforderlich hielt. Die Kläger haben die Bauanfrage jedoch nicht gestellt. Weder mit ihrem Widerspruch vom 9. August 2010 gegen den Nachtrag I zum Zusammenlegungsplan, durch den ihnen das jetzige Abfindungsflurstück Nr.... entzogen wurde, noch in der Verhandlung vom 20. Oktober 2010 über diesen Widerspruch weisen die Kläger auf die Nachteile für ihre Aussiedlungsabsicht hin. Erst in ihrem Schreiben vom 8. März 2011 erwähnen sie, dass eine Aussiedlung ohne Zuteilung südlich des Abfindungsflurstückes Nr.
, also im Bereich des Abfindungsflurstückes Nr.
, nicht mehr möglich sei. Ausdrücklich schreiben sie von ihrer "Planung, eventuell eine Aussiedlung zu erstellen". Hierin kommt die Aussiedlungsabsicht nur sehr vage zum Ausdruck. Die mangelnde Konkretisierung wird auch durch den Vortrag der Kläger bestätigt, es habe sich erst während des laufenden Zusammenlegungsverfahrens abgezeichnet, dass die Klägerin zu 2) zusammen mit ihrem Ehemann den Betrieb fortführe. Keineswegs wird dargelegt, dass diese Entscheidung bereits zum Zeitpunkt des Planwunschtermins gefallen war. Gegen eine konkrete Aussiedlungsabsicht zu diesem Zeitpunkt spricht auch, dass damals im Entwurf für die Bauvoranfrage als Bauvorhaben noch ein Boxenlaufstall für 60 Milchkühe mit Nachzucht und Güllelagerraum sowie eine landwirtschaftliche Mehrzweckhalle genannt wurden, während nach dem Schriftsatz vom 8. Oktober 2013 ein landwirtschaftliches Wohnhaus, eine Bergehalle und ein Stall für Ammenkühe geplant sind. Außerdem hat die Klägerin, wie sie in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage mitgeteilt hat, erst im Jahr 2011 geheiratet. Auch der Umstand, dass die Kläger sich um eine Abfindung im Bereich des Blockes .. bemüht haben, lässt nicht auf ein konkretes Aussiedlungsvorhaben schließen. Eine Abfindung in dieser Lage ist ebenso wegen der Nähe zu den Hofanschlussflächen sinnvoll, die auf der anderen Seite des angrenzenden Weges liegen.
Anmerkung
Revision zurückgewiesen durch Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 07. Juni 2014, Az. 9 B 70/13.