Flurbereinigungsgericht Greifswald, Beschluss vom 07.02.2006 - 9 M 121/05 (Lieferung 2007)
Aktenzeichen | 9 M 121/05 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 07.02.2006 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Greifswald | Veröffentlichungen | Lieferung | 2007 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | § 61 a LwAnpG erfasst die tatsächliche Neuordnung, auch das Wegenetz und Wegebaumaßnahmen. |
Aus den Gründen
Aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung ergibt sich, dass der Gesetzgeber die bisher getroffenen Regelungen als unzureichend angesehen und eine spezielle Neuregelung für die in den neuen Bundesländern vorgefundenen Bedürfnisse geschaffen hat. S. heißt es zur Begründung des § 61 a (BT-Drucks. 12/161 S. 11 zu Nr. 14):
- "Es hat sich aber gezeigt, dass die Vorschriften nicht ausreichen, die auf dem Privateigentum beruhende Bewirtschaftung als Grundlage für die Wiedereinrichtung bäuerlicher Familienbetriebe ...mit der gebotenen Dringlichkeit herbeizuführen. Es bedarf deswegen der Ergänzung um eine vorläufige Besitzregelung, die der Eilbedürftigkeit einer geordneten Flächennutzung Rechnung trägt. Zweck der Besitzregelung ist es, die beteiligten Grundeigentümer durch eine amtliche Anordnung der Flurneuordnungsbehörde vorläufig in den Besitz, die Nutzung und die Verwaltung von Grundstücken einzuweisen, wenn eine abschließende eigentumsrechtliche Neuordnung auf Grund berechtigter oder unberechtigter Widerstände der Beteiligten nicht in angemessener Zeit herbeigeführt werden kann und damit eine agrarstrukturelle Entwicklung im Sinne der im 1. Abschnitt dieses Gesetzes formulierten Grundsätze zum Nachteil aller Beteiligten verzögert wird.
- Die Besitzregelung muss vorläufig sein, um eine rasche Lösung zu erzielen, die den Teilnehmerrechten zwar so weit wie möglich entspricht, deren volle Wahrung aber einer abschließenden Festlegung im Bodenordnungsplan vorbehalten bleibt.
- Die vorläufige Besitzregelung ist gerechtfertigt, weil die Beteiligten die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über ihr Grundeigentum wiedererlangen, auch wenn es sich zunächst auf vorläufige Flächen erstreckt. Sie werden wieder in Rechte eingesetzt, die sie vorher nicht ausüben konnten und die sie anderenfalls erst mit der Ausführung des Bodenordnungsplans erhalten würden."
Mit der vorläufigen Regelung möglichst durch Zuweisung arrondierter Besitzstücke sollte der späteren Regelung der Eigentumsverhältnisse nicht vorgegriffen werden (BT-Drucks. 12/404 S. 19 zu Nr. 23). Auch in der Literatur wird der Charakter der vorläufigen Besitzregelung als ein Provisorium für eine Übergangszeit bis zum Bodenordnungsplan hervorgehoben, das den Teilnehmerrechten zwar so weit wie möglich entsprechen muss, ihre volle Wahrung aber in den Bodenordnungsplan verlagert (Schweizer-Thöne, Das Recht der landwirtschaftlichen Betriebe in den neuen Bundesländern, 1993, S. 225; Schweizer, Das Recht der landwirtschaftlichen Betriebe nach dem LwAnpG, 2. Aufl. 1994, S. 575; vgl. auch OVG Magdeburg, U. v. 05.12.2002 - 8 K 3/02 - RdL 2004, 48 und 108 = VIZ 2003, 348 <= RzF - 1 - zu § 61a LwAnpG>). Dieser Zielrichtung wird die Ermessensentscheidung des Ministeriums gerecht. Die Einwendungen der Antragsteller greifen nicht durch.
Einer vorläufigen Besitzregelung steht insbesondere nicht entgegen, dass die Nutzung der Zuwegungen die von den Antragstellern beabsichtigte Bewirtschaftung hindern könnte. Aus der Entstehungsgeschichte des § 61 a ergibt sich ausdrücklich, dass bei der Regelung auch "Grundsätze der tatsächlichen Neuordnung (z. B. Wegenetz) berücksichtigt" werden sollen (BT-Drucks. 12/161 a.a.O.). Im Rahmen der vorläufigen Besitzregelung nach § 61 a sind damit sogar Wegebaumaßnahmen zulässig, die geeignet und erforderlich sind, um die Bewirtschaftung des Grund und Bodens in der Land- und Forstwirtschaft zu gewährleisten. Soweit die Antragsteller somit auf die bisherige Bewirtschaftung der künftigen Wegeflurstücke abstellen, übersehen sie, dass die vorläufige Besitzregelung in Anknüpfung an die Festsetzungen des angefochtenen Bodenordnungsplans in Form des ersten Nachtrags eine landwirtschaftliche Nutzung nicht mehr vorsehen. Zur Gewährleistung ordnungsgemäßer Wirtschaftsverhältnisse, wie es das Ziel des Bodenordnungsverfahrens nach §§§ 1,§ 3 LwAnpG ist, ist es vielmehr erforderlich, dass die Bewirtschaftung der genannten Flurstücke der Beigeladenen gesichert ist. Im Übrigen hat die Beigeladene erklärt, dass sie die Wegeflurstücke nur im notwendigen Umfang befahren werden wird.Anmerkung
Zur vorläufigen Besitzregelung siehe auch Flurbereinigungsgericht Greifswald, Beschluss vom 09. März 1995, Az.: 9 K 20, 21, 24 = RzF - 2 - zu § 61a LwAnpG