Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 08.12.2016 - 13 A 15.2546 (Lieferung 2018)

Aktenzeichen 13 A 15.2546 Entscheidung Urteil Datum 08.12.2016
Gericht Flurbereinigungsgericht München Veröffentlichungen Lieferung 2018

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Nach Anordnung der Ausführungsanordnung genügt allein die (behauptete) Rechtswidrigkeit des Flurbereinigungsplans nicht für das Vorliegen eines öffentlichen Interesses zur Änderung des Flurbereinigungsplans nach § 64 FlurbG. Erforderlich ist das Vorliegen einer unumgänglichen Plankorrektur.
2. § 64 Satz 1 FlurbG verdrängt als Sondervorschrift die Art. 48, 49 und 51 BayVwVfG und ist bis zur Unanfechtbarkeit der Schlussfeststellung anwendbar.
3. Die Befugnis zur nachträglichen Planänderung ist auf Fälle einer durch die in § 64 Satz 1 FlurbG angeführten, besonders gewichtigen Interessen unumgänglich gewordenen Plankorrektur beschränkt.
4. § 64 FlurbG ist eng auszulegen. Nur die Plankorrektur kommt in Betracht, die unumgänglich erscheint. Allein die "richtige Rechtsanwendung" erfordert damit keine Änderung des Flurbereinigungsplans nach Anordnung der (vorzeitigen) Ausführungsanordnung.

Aus den Gründen

14    Um ihr Klageziel, die Wiederzuteilung ihres Einlageflurstücks zu erreichen, kommt gegenüber dem Beklagten die Geltendmachung eines Anspruchs auf nachträgliche Änderung des Flurbereinigungsplans nach § 64 Satz 1 FlurbG dergestalt in Betracht, dass der Klägerin ihr Einlageflurstück 184 ("Langwiese") wieder zugeteilt wird. Da der Flurbereinigungsplan für die Klägerin aufgrund der rechtskräftigen Abweisung ihrer hiergegen erhobenen Klage(n) bestandskräftig und insbesondere am 2. Dezember 2005 die vorzeitige Ausführungsanordnung ergangen ist, kann nurmehr gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf nachträgliche Änderung des Flurbereinigungsplans nach § 64 Satz 1 FlurbG geltend gemacht werden, der als Sondervorschrift die Art. 48, 49 und 51 BayVwVfG verdrängt und bis zur Unanfechtbarkeit der Schlussfeststellung anwendbar ist (vgl. Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 64 Rn. 1). Für eine nachträgliche Änderung nach § 64 Satz 1 FlurbG ist in Bayern nach Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 2 BayAGFlurbG nicht die TG, sondern das ALE zuständig (vgl. hierzu Linke in Linke/Mayr, BayAGFlurbG, 2012, Art. 1 Rn. 9).


15    Es liegen aber die - im Interesse der Beschleunigung, der Rechtssicherheit und des Bestandsschutzes eng auszulegenden (vgl. Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 64 Rn. 2) - Tatbestandsvoraussetzungen des § 64 Satz 1 FlurbG nicht vor, wonach der Flurbereinigungsplan auch nach der Ausführungsanordnung (§§ 61 und § 63 FlurbG) geändert oder ergänzt werden kann, wenn öffentliche Interessen oder wichtige, nicht vorherzusehende wirtschaftliche Bedürfnisse der Beteiligten es erfordern oder wenn eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird. Die Befugnis zur nachträglichen Planänderung ist auf Fälle einer durch die in § 64 Satz 1 FlurbG angeführten, besonders gewichtigen Interessen unumgänglich gewordenen Plankorrektur beschränkt (vgl. BVerwG, U.v. 25.4.1989 - Aktenzeichen 5 C 41.84 - RdL 1989, Seite 183 = RzF - 24 - zu § 64 FlurbG m.w.N.).


16    Ein öffentliches Interesse kann vorliegend insbesondere nicht in der von der Klägerin im Wesentlichen behaupteten Rechtswidrigkeit des Flurbereinigungsplans gesehen werden, selbst wenn dies tatsächlich der Fall wäre. Zwar kann die Behebung von Fehlern des Flurbereinigungsplans grundsätzlich ein derartiges öffentliches Interesse begründen (vgl. Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 64 Rn. 3). Auch gebietet es das öffentliche Interesse, dass ein Verwaltungsakt in rechtmäßiger Form ergeht (BayVGH, U.v. 13.10.1977 - 215 XIII 75 - RdL 1978, Seite 181/182 <= RzF - 17 - zu § 64 FlurbG>) und liegt die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zweifelsohne im öffentlichen Interesse (BayVGH, U.v. 15.3.2001 - Aktenzeichen 13 A 98.3480 - RdL 2001, Seite 238 = BayVBl 2001, Seite 750). Bereits dem Gesetzeswortlaut lässt sich jedoch entnehmen, dass das Vorliegen eines öffentlichen Interesses allein nicht genügt. Vielmehr muss dieses die Planänderung "erfordern". § 64 FlurbG räumt dem Interesse der Beschleunigung, der Rechtssicherheit und des Bestandsschutzes Vorrang ein. Mit der Anordnung der (vorzeitigen) Ausführung des Flurbereinigungsplans ist ein gewisses Maß an Rechtssicherheit entstanden, das nur unter bestimmten Voraussetzungen durchbrochen werden kann. Dementsprechend geht auch die ständige Rechtsprechung davon aus, dass § 64 FlurbG eng auszulegen ist und nur die Plankorrektur in Betracht kommt, die unumgänglich erscheint (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2001 a.a.O. m.w.N.). Allein die "richtige Rechtsanwendung" erfordert damit keine Änderung des Flurbereinigungsplans nach Anordnung der (vorzeitigen) Ausführungsanordnung (vgl. Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 64 Rn. 3).


17    Nach dem Vortrag der Klägerin sind auch keine, nicht vorherzusehenden wirtschaftlichen Bedürfnisse der Beteiligten gegeben, die eine nachträgliche Planänderung rechtfertigen könnten. Insbesondere kann in dem Vortrag der Klägerin, sie habe im Wunschtermin nach § 57 FlurbG ihren Wunsch auf Wiedererlangung ihrer Einlagefläche vorgetragen, kein nicht vorhersehbares Bedürfnis erblickt werden, zumal dem die Rechtskraft des Urteils vom 17. Juli 2007 (Aktenzeichen 13 A 05.1710) entgegenstehen würde. Zwar handelt es sich bei möglichen Bewirtschaftungsnachteilen des Abfindungsflurstücks gegenüber dem Einlageflurstück um betriebswirtschaftliche Erfordernisse, die als wirtschaftliche Bedürfnisse grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 64 FlurbG unterfallen (vgl. Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 64 Rn. 5). Allerdings waren diese von Anfang an vorhersehbar, so dass sie keine Änderung nach § 64 FlurbG rechtfertigen (vgl. Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 64 Rn. 6).

Anmerkung


Siehe auch Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 09.01.2013 - BVerwG 9 B 20.12 = RzF - 36 - zu § 64 FlurbG und Flurbereinigungsgericht Schleswig Urteil vom 09.03.2012 = RzF - 35 - zu § 64 FlurbG.