Flurbereinigungsgericht Schleswig, Urteil vom 09.03.2012 - 10 KS 1/11 (Lieferung 2014)

Aktenzeichen 10 KS 1/11 Entscheidung Urteil Datum 09.03.2012
Gericht Flurbereinigungsgericht Schleswig Veröffentlichungen Lieferung 2014

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Dem (vorzeitig) ausgeführten Flurbereinigungsplan, der in seinem Regelungsbereich die Privatrechtsverhältnisse der Teilnehmer neu gestaltet, wurde dadurch, dass im Interesse der Verfahrensbeschleunigung, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes Modifizierungen nur unter engen Voraussetzungen möglich sind, vom Gesetzgeber ein erhöhtes Maß an Änderungsfestigkeit zuerkannt.
2. § 64 FlurbG ist eng auszulegen; in Betracht kommen nur die Plankorrekturen, die unumgänglich erscheinen.
3. Die Vorschrift des § 64 FlurbG will Änderungen des rechtlich realisierten Flurbereinigungsplans zur Sicherung seiner Bestandskraft und damit des Rechtsfriedens auf unvermeidliche Ausnahmen beschränken.

Aus den Gründen

Die Klage ist zulässig.


Die Klägerin ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. § 8 Satz 1 LJagdG) prozessfähig/beteiligtenfähig. Ausweislich des von ihr eingereichten aktuellen Jagdkatasters beträgt die Größe ihres gemeinschaftlichen Jagdbezirkes 255,59 ha und übersteigt somit die in § 6 Abs. 1 LJagdG mit 250 ha festgesetzte Mindestgröße. Entgegen der Ansicht des Beigeladenen zu 1) sowie des Beigeladenen zu 2) sind befriedete Bezirke bei der Berechnung der Mindestgröße zu berücksichtigen. Anderenfalls ergäbe die in § 7 LJagdG enthaltene Regelung - "Sinkt die bejagbare Fläche eines gemeinschaftlichen Jagdbezirkes um mehr als ein Drittel unter die gesetzliche Mindestgröße, so sind die Restflächen von der Jagdbehörde von Amts wegen einem oder mehreren angrenzenden Jagdbezirken anzugliedern." - keinen Sinn (vgl. auch OVG Schleswig, Urt. v. 10.12.2009 - 1 LB 15/09 -; Schulz, Das Jagdrecht in Schleswig-Holstein, § 7 LJagdG Anm. 2.1.1; Munte in: Schuck/Ellenberger/Frank, BJagdG, Kom. 2010, § 8 Rdnr. 13; Lorz/Metzger, Jagdrecht, 4. Aufl., § 8 BJagdG, Rdnr. 2). Dementsprechend hat auch der Beklagte zu keinem Zeitpunkt den Bestand der Klägerin unter Hinweis darauf in Frage gestellt, sie erfülle nicht die in § 6 Abs. 1 LJagdG vorgesehene Mindestgröße.


Die Zulässigkeit scheitert auch nicht an der ordnungsgemäßen Vertretung der Klägerin. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BJagdG und § 6 Abs. 1 Satz 1 ihrer Satzung vertritt der Jagdvorstand die Klägerin (Jagdgenossenschaft) gerichtlich und außergerichtlich. Im Außenverhältnis kann die Vertretungsbefugnis durch Satzungsbestimmungen beschränkt werden (BGH, Urt. v. 08.07.1982 - III ZR 46/81 -, MDR 1983, 115). Eine solche Beschränkung könnte sich hier aus § 8 Abs. 2 der Satzung ergeben, wonach bestimmte Angelegenheiten der Beschlussfassung durch die Genossenschaftsversammlung vorbehalten sind. Die Führung von Prozessen in Angelegenheiten der Jagdgenossenschaft wird davon jedoch nicht erfasst. Daher konnte der aus drei Personen bestehende Jagdvorstand der Klägerin gemäß § 6 Abs. 2 der Satzung einen Beschluss über die Prozessführung fassen und den Jagdvorsteher und seinen ständigen Vertreter damit betrauen.


Schließlich ist die Klägerin auch gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Denn Jagdgenossenschaften steht in Anbetracht ihres eigentumsrechtlich geschützten Jagdausübungsrechts im gemeinschaftlichen Jagdbezirk eine Klagebefugnis gegen flurbereinigungsrechtliche Maßnahmen zur Änderung der Eigentumslage zu, die nach den jagdrechtlichen Vorschriften zwangsläufig eine Veränderung ihres gemeinschaftlichen Jagdbezirkes oder dessen Wegfall zur Folge haben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.05.2011 - 9 B 97.10 -). Der Nachtrag I zum Flurbereinigungsplan Malenter Au vom 10. März 2009 sowie die Ausführungsanordnung vom 16. Februar 2009 - soweit diese sich auf den Nachtrag I bezieht - beinhalten derartige Maßnahmen.


Die Klage ist auch begründet.


In formeller Hinsicht besteht ein Rechtsfehler darin, dass die Spruchstelle für Flurbereinigungen bei ihrer Entscheidung über den Widerspruch der Klägerin entgegen der Vorschrift des § 4 Satz 2 des schleswig-holsteinischen Ausführungsgesetzes zum Flurbereinigungsgesetz keinen Forstwirt beratend hinzugezogen hat. Nach der genannten Vorschrift ist ein Forstwirt beratend hinzuzuziehen, wenn Forstbesitz in die Flurbereinigung einbezogen wird. Letzteres ist im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren Malenter Au der Fall, weil das Flurstück ... der Flur ... in der Gemarkung Breitenstein und somit Forstbesitz des Beigeladenen zu 3) in das Verfahren einbezogen worden ist. Angesichts des weit gefassten, klaren Gesetzeswortlauts war die Hinzuziehung eines Forstwirts entgegen der Ansicht des Beklagten auch nicht deshalb entbehrlich, weil es inhaltlich lediglich um einen Eigentumswechsel einer 0,5 ha großen Waldfläche gegangen und dieser Eigentumswechsel im Einvernehmen mit dem Eigentümer, dem Beigeladenen zu 3), erfolgt sei. Unabhängig davon, dass es nach Sinn und Zweck der genannten Gesetzesvorschrift keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Hinzuziehung eines Forstwirts bei einem "bloßen Eigentumswechsel" von Forstbesitz entbehrlich wäre, handelt es sich im vorliegenden Falle gerade nicht um einen "bloßen Eigentumswechsel". Vielmehr ist in der Planvereinbarung vom 16. März 2009 die Erstellung einer viehsicheren Einzäunung des Viehtriebes sowie die Anlage einer Furt zur Querung eines Grabens zur Sicherung des Viehtriebes vorgesehen (der Viehtriftweg einschließlich Lattenzaun und Koppeltore sowie die aus einem Kies-Sand-Gemisch bestehende Furt sind zwischenzeitlich hergestellt worden, vgl. die Fotos auf den Seiten 203 bis 220 der Beiakten A). Der Beklagte kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die unterlassene Hinzuziehung eines Forstwirts sei jedenfalls gemäß § 115 LVwG unbeachtlich, weil offensichtlich sei, dass hierdurch die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst worden sei. Eine Offensichtlichkeit in diesem Sinne liegt nicht vor. Es kann nicht (mit hinreichender Wahrscheinlichkeit) ausgeschlossen werden, dass die Entscheidung der Spruchstelle für Flurbereinigungen über den Widerspruch der Klägerin bei Hinzuziehung eines Forstwirts - wenn auch nur in beratender Funktion - anders ausgefallen wäre.


In materieller Hinsicht halten der Nachtrag I zum Flurbereinigungsplan Malenter Au vom 10. März 2009, die Ausführungsanordnung vom 16. Februar 2009 - soweit diese sich auf den Nachtrag I bezieht - sowie der Widerspruchsbescheid der Spruchstelle für Flurbereinigungen vom 11. August 2009 einer rechtlichen Prüfung nicht stand.


Der Nachtrag I ist durch die Vorschrift des § 64 Satz 1 FlurbG nicht gedeckt. Nach dieser Vorschrift kann die Flurbereinigungsbehörde den Flurbereinigungsplan auch nach der Ausführungsanordnung ändern oder ergänzen, wenn öffentliche Interessen oder wichtige, nicht vorherzusehende wirtschaftliche Bedürfnisse der Beteiligten es erfordern oder wenn ihr eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird. Der Nachtrag I war nicht aufgrund wichtiger, nicht vorherzusehender wirtschaftlicher Bedürfnisse der Beteiligten erforderlich. Die Befugnis des Beklagten zur Änderung des (ursprünglichen) Flurbereinigungsplanes Malenter Au lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass ihm eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt geworden wäre. Da auch von keinem der Beteiligten geltend gemacht wird, eine der beiden letztgenannten Tatbestandsalternativen der Vorschrift des § 64 Satz 1 FlurbG liege vor, bedarf es insoweit keiner weitergehenden Ausführungen seitens des erkennenden Senates. Schließlich sind auch die Tatbestandsvoraussetzungen der ersten Alternative des § 64 Satz 1 FlurbG nicht erfüllt, wonach eine Änderung oder Ergänzung des Flurbereinigungsplans auch nach der Ausführungsanordnung in Betracht kommt, wenn öffentliche Interessen es "erfordern".


Dem Wortlaut von § 64 Satz 1 FlurbG lässt sich entnehmen, dass das bloße Berührtsein eines öffentlichen Interesses allein nicht genügt. Vielmehr muss dieses die Planänderung "erfordern". Dem (vorzeitig) ausgeführten Flurbereinigungsplan, der in seinem Regelungsbereich die Privatrechtsverhältnisse der Teilnehmer neu gestaltet, wurde dadurch, dass im Interesse der Verfahrensbeschleunigung, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes Modifizierungen nur unter engen Voraussetzungen möglich sind, vom Gesetzgeber ein erhöhtes Maß an Änderungsfestigkeit zuerkannt. Dementsprechend wird allgemein davon ausgegangen, dass § 64 FlurbG eng auszulegen ist und nur die Plankorrekturen in Betracht kommen, die unumgänglich erscheinen. Aus der dritten Alternative der Tatbestandsvoraussetzungen des § 64 FlurbG, nämlich dem Bekanntwerden einer rechtskräftigen, die Plangestaltung berührenden gerichtlichen Entscheidung, wird in Bezug auf das notwendige Gewicht des öffentlichen Interesses ersichtlich, wie intensiv das Korrekturerfordernis sein muss, um einem gerichtlichen Verpflichtungsausspruch gleichgesetzt zu werden. Hieraus folgt, dass bei den beiden erstgenannten Alternativen eine Änderung oder Ergänzung des Flurbereinigungsplans nur in Erwägung gezogen werden darf, wenn die in § 64 FlurbG angeführten, als besonders wichtig anzusehenden Interessen eine solche Plankorrektur erfordern, sie also unumgänglich notwendig erscheinen lassen, um die Neugestaltung so zu bewirken, wie es den gegeneinander abzuwägenden Interessen der Beteiligten entspricht und wie es das Wohl der Allgemeinheit erfordert. Ob den betroffenen Allgemeininteressen ein derartiges Gewicht zukommt, kann nur im Zusammenhang mit der jeweiligen Vorschrift entschieden werden und hängt von den Besonderheiten des Einzelfalles ab (vgl. BayVGH, Urt. v. 05.10.2009 - 13 A 08.1678 -, RdL 2010, 188, 190 <= RzF - 33 - zu § 64 FlurbG>, unter Bezugnahme und in Fortführung der Rechtsprechung des BVerwG, Urt. v. 16.09.1975 - V C 44.75 -, E 49, 176, 183 <= RzF - 8 - zu § 149 Abs. 1 FlurbG>, und v. 10.11.1993 - 11 C 21.92 -, RdL 1994, 35, 36 <= RzF - 8 - zu § 13 Abs. 2 FlurbG>). Die Vorschrift des § 64 FlurbG will also Änderungen des rechtlich realisierten Flurbereinigungsplans zur Sicherung seiner Bestandskraft und damit des Rechtsfriedens auf unvermeidliche Ausnahmen beschränken (vgl. Schwantag in: Seehusen/Schwede, FlurbG, 8. Aufl., § 64 Rdnr. 1). Dies setzt eine Interessenabwägung voraus, also eine Abwägung der für die Planänderung sprechenden Belange - hier etwa die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung - und des dagegen streitenden Interesses des Beteiligten, in dessen Besitzstand eingegriffen wird, von der Bestandskraft des Flurbereinigungsplans ausgehen zu können (vgl. Mayr, Nachträgliche Änderungen des Flurbereinigungsplans nach § 64 FlurbG, Agrarrecht 2001, 201, 202).


Diese Rechtsgrundsätze sind - soweit nach dem Inhalt der Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie dem prozessualen Vorbringen der Beteiligten feststellbar - bei der Aufstellung des Nachtrags I nicht in hinreichendem Maße beachtet worden.


Es ist bereits nicht erkennbar, dass das Interesse der Klägerin am Fortbestand ihres gemeinschaftlichen Jagdbezirks und ihres auf diese Fläche bezogenen Jagdausübungsrechts in die erforderliche Interessenabwägung eingestellt worden ist. In dem Erläuterungsbericht zum Nachtrag I ist lediglich ausgeführt, dass dieser Nachtrag eine Veränderung des Flurstücks Gemarkung Breitenstein, Flur ..., Flurstück ... in ... und ... (Landverzichtserklärung nach § 52 FlurbG der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten zugunsten von Herrn Dr. F.) sowie die grundbuchliche Absicherung eines öffentlich-rechtlichen Vertrages und der dazugehörenden Planvereinbarung auf den Flächen in der Schmarkau-Niederung, Gemarkung Grebin, Flur ..., Flurstück ..., und Flur ..., Flurstücke ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ... und ... herbeiführe. Auch dem Widerspruchsbescheid der Spruchstelle für Flurbereinigungen vom 11. August 2009 lässt sich nicht entnehmen, dass gerade das genannte Interesse der Klägerin in die Interessenabwägung eingestellt worden wäre. In der Begründung des Widerspruchsbescheides wird lediglich auf die strategische Bedeutung der 0,5 ha großen Waldfläche für den Beigeladenen zu 1) hingewiesen. Die zugeteilte Fläche verbinde dessen Flächen in der Weise, dass seine Gesamtflächen nunmehr eine zusammenhängende Jagdfläche bildeten, so wie es das Jagdrecht fordere. Hinsichtlich der Klägerin heißt es in dem Widerspruchsbescheid sodann, es sei schon fraglich, ob die Jagdgenossenschaft als Zweckkonstrukt ein schutzwürdiges Existenzrecht habe. Jedenfalls werde dieses nicht unmittelbar durch den Nachtrag berührt; vielmehr sei hier entscheidend, dass der Jagdpachtvertrag bezüglich der Flächen des Beigeladenen zu 1) auslaufe, so dass der Eigentümer den Jagdbezirk einrichten könne. Diesbezüglich müsse dann auch die Kreisjagdbehörde eingeschaltet werden. Die Jagdgenossenschaft sei auch nicht Sachwalter für die wertgleiche Abfindung Dritter, so dass ihr diesbezüglicher Vortrag unerheblich sei. Die Jagdgenossenschaft könnte lediglich einen rechtlich erheblichen Vortrag leisten, wenn sie die Verletzung jagdlicher Belange ins Feld führen könnte. Aus der Tatsache, dass die Spruchstelle "die Verletzung jagdlicher Belange" der Klägerin durch den Nachtrag I nicht in Betracht gezogen hat, ergibt sich, dass sie das Interesse der Klägerin am Fortbestand ihres gemeinschaftlichen Jagdbezirks und ihres auf diese Fläche bezogenen Jagdausübungsrechts nicht - jedenfalls nicht mit dem hierfür erforderlichen Gewicht - in die Interessenabwägung eingestellt hat. Dem entspricht das prozessuale Vorbringen des Beklagten, ihm sei das an die Klägerin gerichtete Schreiben des Beigeladenen zu 1) vom 19. Januar 2009 - Kundgabe der Absicht zur Bildung eines Eigenjagdbezirkes in der Gemeinde Breitenstein im Zuge der Flurneuordnung - erst mit dem Widerspruch der Klägerin vom 09. April 2009 bekanntgeworden, so dass dieses Schreiben auch nicht bei der "Ermessensentscheidung nach § 64 FlurbG" im Nachtrag vom 16. März 2009 habe berücksichtigt werden können.


Doch selbst wenn man zugunsten des Beklagten davon ausginge, er hätte das in Frage stehende Interesse der Klägerin in die Interessenabwägung eingestellt, wäre nicht ersichtlich, wie er dieses Interesse gewichtet hätte. Anhaltspunkte hierfür ergeben sich weder aus dem Inhalt der Verwaltungsvorgänge des Beklagten noch aus dessen prozessualen Vorbringen. Letzteres enthält lediglich die nicht weiter substantiierte Feststellung, das öffentliche Interesse an der Umsetzung der naturschutzfachlichen Ziele in der Schmarkau-Niederung habe die Flurbereinigungsbehörde in der Abwägung von öffentlichen und privaten Interessen höher angesetzt als die dadurch mittelbar eintretende Folge der Jagdbezirksänderung. Eine "umfassende Abwägung" der Beteiligteninteressen unter Einbeziehung des jagdlichen Interesses der Klägerin ist entgegen dem prozessualen Vorbringen des Beklagten auch unter Berücksichtigung des Inhalts des Widerspruchsbescheides der Spruchstelle vom 11. August 2009 nicht erkennbar.


Unabhängig von den vorangehenden Ausführungen gibt es bei einer Gesamtschau der konkreten Umstände des vorliegenden Falles keine (hinreichenden) Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen einer "unvermeidlichen Ausnahme" und somit dafür, dass eine "Plankorrektur" des ursprünglichen Flurbereinigungsplanes Malenter Au aufgrund öffentlicher Interessen "unumgänglich notwendig" erschienen wäre, um die Neugestaltung so zu bewirken, wie es den gegeneinander abzuwägenden Interessen der Beteiligten entsprach und wie es das Wohl der Allgemeinheit erforderte.


Es erscheint bereits zweifelhaft, ob der Nachtrag I lediglich eine "Plankorrektur" des ursprünglichen Flurbereinigungsplanes Malenter Au darstellt. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass dieser Nachtrag aufgrund öffentlicher Interessen im genannten Sinne "unumgänglich notwendig" gewesen wäre.


Unter Berücksichtigung des prozessualen Vorbringens des Beklagten ist davon auszugehen, dass die Neugestaltung im Rahmen des ursprünglichen Flurbereinigungsplanes Malenter Au - ohne den Nachtrag I - so hätte bewirkt werden können, wie es den gegeneinander abzuwägenden Interessen der Beteiligten entsprach und wie es das Wohl der Allgemeinheit erforderte. Das ursprüngliche Flurbereinigungsgebiet umfasste Flächen in den Gemarkungen Sieversdorf, Malente, Timmdorf und Rothensande; hingegen betrifft der Nachtrag I hiervon getrennt liegende Flächen in den Gemarkungen Grebin und Breitenstein. Den Vorgaben des Anordnungsbeschlusses vom 14. Dezember 1993 für das ursprüngliche Flurbereinigungsgebiet
- landschaftserhaltende Maßnahmen im Interesse der Grundeigentümer,
- Verbesserung vorhandener und Schaffung zusätzlicher Landschaftselemente als notwendige Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege,
- Verwirklichung ökonomischer Vorteile für die Erhaltung der betrieblichen Existenz,
- Vernetzung vorhandener Landschaftselemente mit neu zu schaffenden Anlagen sowie die bessere Verknüpfung dieser Anlagen untereinander zur Förderung der Landeskultur,
- Neuanlage von Kleingewässern, Knicks und Feldgehölzen,
- naturnahe Gestaltung und damit ökologische Aufwertung von Fließgewässern, insbesondere im Bereich der Malenter Au und der Sieversdorfer Au unter gleichzeitiger Extensivierung und Nutzung angrenzender Flächen,
- agrarstrukturelle Verbesserungen für die wirtschaftenden Betriebe sowie
- Förderung der Interessen des Fremdenverkehrs und der Naherholung, z.B. durch die Ausweisung von Wanderwegen, um über die sanfte Steuerung der Fremdenverkehrsströme Ruhezonen zum Schutz und Rückzug für die Tier- und Pflanzenwelt zu schaffen hätte im Rahmen der Neugestaltung auch ohne den Nachtrag I interessengerecht und allgemeinwohlverträglich entsprochen werden können. Da der ursprüngliche Flurbereinigungsplan Malenter Au unter anderem auf eine naturnahe Gestaltung und damit ökologischer Aufwertung von Fließgewässern, insbesondere im Bereich der Malenter Au und der Sieversdorfer Au, unter gleichzeitiger Extensivierung und Nutzung angrenzender Flächen gerichtet war, mag es durchaus sein, dass eine Verknüpfung dieser Vorgaben mit der Vernässung der Schmarkau-Wiesen im öffentlichen Interesse lag. Ferner mag es sein, dass die Regelungen des Nachtrages I entsprechend dem Widerspruchsbescheid der Spruchstelle vom 11. August 2009 "auf der Linie" des ursprünglichen Flurbereinigungsverfahrens lagen, das der Renaturierung und Verbesserung der Landeskultur gedient hat (allerdings trifft es nicht zu, dass das ursprüngliche Flurbereinigungsverfahren der Produktionsverbesserung für die Landwirtschaft überhaupt nicht gedient hat). Schließlich mag es auch sein, dass entsprechend dem prozessualen Vorbringen des Beklagten die Schutzziele für das angrenzende FFH-Gebiet Grebiner See, Schulensee und Schmarkau durch die Vorgaben des Nachtrages I unterstützt würden. Alledem lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass der Nachtrag I aufgrund öffentlicher Interessen "unumgänglich notwendig" erschienen wäre, um die Neugestaltung im Rahmen des ursprünglichen Flurbereinigungsplanes Malenter Au so zu bewirken, wie es den gegeneinander abzuwägenden Interessen der Beteiligten entsprach und wie es das Wohl der Allgemeinheit erforderte.


Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass selbst unter Berücksichtigung des Vorbringens des Beigeladenen zu 1) nicht erkennbar ist, aus welchen Gründen die Eigentumsübertragung der 0,5 ha großen Waldfläche in der Gemarkung Breitenstein an ihn "unumgänglich notwendig" war. Der Beigeladene zu 1) macht insoweit geltend, für die dortige Viehtrift wäre ein Wegerecht nicht ausreichend, weil die Viehtrift in stabiler Form ständig hätte zur Verfügung stehen müssen. Es ist nicht ersichtlich, warum dem letztgenannten Begehren des Beigeladenen zu 1) nicht ohne Eigentumsübertragung der genannten Fläche hätte Rechnung getragen werden können.


Für den erkennenden Senat ist letztlich auch nicht erkennbar, warum der Zuziehungsbeschluss vom 19. Februar 2009 und der Nachtrag I vom 10. März 2009 nicht bereits vor der Ausführungsanordnung vom 16. Februar 2009 hätten erfolgen können. Das gilt unabhängig davon, ob dem Beklagten das Schreiben des Beigeladenen zu 1) vom 19. Januar 2009 zeitnah bekanntgeworden war oder nicht, insbesondere deshalb, weil das durch den Nachtrag I verwirklichte "Projekt" spätestens seit dem am 02. Mai 2006 bei der oberen Flurbereinigungsbehörde durchgeführten Gesprächstermin konkret im Raum stand und in Aussicht genommen worden war. Außerdem hatte der Beigeladene zu 1) ausweislich seiner Erklärung im Termin zur mündlichen Verhandlung Herrn K. beim Landesamt für ländliche Räume bereits Ende 2008 mitgeteilt, er, der Beigeladene zu 1), sei mit der Regelung - so wie diese später im Flurbereinigungsverfahren erfolgt ist - einverstanden.


Sonstige Gesichtspunkte, aufgrund derer der Nachtrag I im genannten Sinne "unumgänglich notwendig" erschienen wäre, hat der Beklagte auch im Rahmen des vorliegenden Gerichtsverfahrens nicht geltend gemacht. Er hat insoweit lediglich unsubstantiiert vorgetragen, zur inhaltlichen Regelung im Rahmen der Flurbereinigung sei ein Nachtrag zum Flurbereinigungsplan "unumgänglich" gewesen, unabhängig davon, ob vor oder nach der Ausführungsanordnung. Dieser Vortrag reicht vor dem Hintergrund der vorangehenden Ausführungen des erkennenden Senates zur Begründung einer "unvermeidlichen Ausnahme" nicht aus.


Aus Gründen der Vollständigkeit sei abschließend darauf hingewiesen, dass sich der erkennende Senat mangels Entscheidungserheblichkeit nicht mehr mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. April 2011 - 9 C 1.10 - (E 139, 296 ff.) auseinanderzusetzen brauchte, in dem festgestellt wird, die Anordnung einer vereinfachten Flurbereinigung setze ebenso wie die Anordnung der Regelflurbereinigung voraus, dass das Verfahren in "erster Linie privatnützigen Zwecken" diene. Aus demselben Grunde bedurfte es schließlich auch keiner Auseinandersetzung mit dem Vortrag der Klägerin mehr, die Einbeziehung von Flächen ihres gemeinschaftlichen Jagdbezirks in das Flurbereinigungsverfahren sei nicht erforderlich, um eine wertgleiche Abfindung des Beigeladenen zu 1) zu sichern oder die Produktions- und Arbeitsbedingungen von dessen Betrieb zu verbessern, sondern diene nur dem Zweck, dem Beigeladenen zu 1) zu einem Eigenjagdbezirk zu verhelfen.


Nach alledem hat auch die Ausführungsanordnung vom 16. Februar 2009 - soweit diese sich auf den Nachtrag I bezieht - keinen rechtlichen Bestand.


Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 147 FlurbG, wonach Gerichtskosten nur für "die abweisende Entscheidung" erhoben werden. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten folgt aus §§ 138 Abs. 1 FlurbG i.V.m. 154 Abs. 1 und 3, 159 sowie 162 Abs. 3 VwGO.


Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten ergibt sich aus §§ 138 Abs. 1 FlurbG i.V.m. 167 VwGO und 708 ZPO.


Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.


Die Revision war nicht zuzulassen, weil dafür die gesetzlichen Voraussetzungen nach §§ 138 Abs. 1 FlurbG i.V.m. 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.