Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 23.06.2017 - 7 S 1065/14 = RdL 2017, 317-322= DÖV 2017, S. 877= KommJur 2017, 332= LSK 2017, 117709 (Ls.) (Lieferung 2018)
Aktenzeichen | 7 S 1065/14 | Entscheidung | Urteil | Datum | 23.06.2017 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Mannheim | Veröffentlichungen | = RdL 2017, 317-322 = DÖV 2017, S. 877 = KommJur 2017, 332 = LSK 2017, 117709 (Ls.) | Lieferung | 2018 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück, das ohne baureifes Land oder Rohbauland zu sein, auch kein Bauerwartungsland i. S. des § 5 ImmoWertV darstellt, kann nach § 28 Abs. 1 FlurbG nicht mit der Begründung, eine bauliche Nutzung sei absehbar, ausnahmsweise auf der Grundlage des Verkehrswerts bewertet werden. Denn auch eine absehbare anderweitige Nutzung nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 ImmoWertV setzt nach § 2 Satz 2 ImmoWertV voraus, dass sie mit hinreichender Sicherheit aufgrund konkreter Tatsachen zu erwarten ist (sog. qualifizierte Erwartung). |
2. | Bei der Feststellung der Wertermittlung beginnt aufgrund der ebenfalls bekanntzumachenden Bodenwertkarte die Widerspruchsfrist gemäß § 115 Abs. 1 FlurbG erst mit dem ersten Tag von deren Bekanntmachung ("Auslegung ab 21.05.2012") zu laufen. Dieser Tag wird bei der Fristberechnung nicht mitgerechnet. |
3. | Um die Teilnehmer mit Land von gleichem Wert abfinden zu können, ist nach den §§ 27 ff. FlurbG der Wert der alten Grundstücke zu ermitteln. Hierbei ist das tatsächliche Wertverhältnis der Grundstücke für den Zeitpunkt festzustellen, in dem die Bewertung nach § 32 FlurbG durchgeführt wird, nicht dagegen für den nach § 44 Abs. 1 Satz 3 FlurbG für die Wertgleichheit maßgebenden und hier noch ausstehenden Stichtag der vorläufigen Besitzeinweisung. Insofern kommt es auch nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Flurbereinigungsgericht an. |
4. | Im Unternehmensverfahren ist der für die Wertermittlung maßgebende Zeitpunkt für die Grundstücksqualität nicht nach den auch bei der Wertermittlung anwendbaren Grundsätzen der enteignungsrechtlichen Vorwirkung auf einen früheren Zeitpunkt vorzuverlegen, wenn das Einlagegrundstück selbst für das Unternehmen nicht unmittelbar benötigt wird. |
5. | Zwar unterscheidet § 5 lmmoWertV anders als § 4 der Wertermittlungsverordnung vom 06.12.1988 (BGBI. 1 S. 2209) nicht mehr zwischen reinem Agrarland (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 WertV 1988) und sog. begünstigtem Agrarland (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 WertV 1988), doch bleibt ungeachtet dessen, dass es sich um keine besondere Entwicklungsstufe werdenden Baulands (mehr) handelt und die typischen Grundstücksmerkmale einer land- oder forstwirtschaftlichen Fläche durch § 5 Abs. 1 lmmoWertV ausreichend erfasst sind, eine differenzierte Behandlung von Agrarland entsprechend seiner jeweiligen Wertigkeit zulässig. |
Aus den Gründen
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Wertfeststellung für eines seiner in die Flurbereinigung XXXXXXXXXXX eingebrachten Grundstücke.
Er ist ... Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens XXXXXXXXXXXXX ... das... als sog. Unternehmensverfahren angeordnet worden war.
...
Im Anhörungstermin am XX.XX.XXXX sowie mit - am ... eingegangenem - Schreiben erhob der Kläger Einwendungen gegen die Wertermittlung. Er machte u. a. geltend, sein Flurstück Nr. XXXX liege sehr nahe am Ort und sei daher nicht als reines Ackerland, sondern als Bauerwartungsland einzustufen, auch wenn es im aktuellen Flächennutzungsplan nicht als Bauland dargestellt sei. Der wesentlich höhere Wert müsse berücksichtigt werden. Anderenfalls beantrage er die Herausnahme aus dem Flurbereinigungsverfahren.
...
Am 02.05.2012 stellte die untere Flurbereinigungsbehörde die Ergebnisse der Wertermittlung für die in das Flurneuordnungsverfahren eingebrachten Grundstücke mit dem aus der Bodenwertkarte ersichtlichen Inhalt fest. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die entsprechenden Nachweisungen im Rathaus XXXXXX vom 21.05. bis 21.06.2012 zur Einsichtnahme auslägen. Der Feststellungsbeschluss als solcher wurde u. a. im XXXXXXX Mitteilungsblatt am 10.05.2012 öffentlich bekanntgemacht. Die Nachweisungen der Wertermittlung lagen vom 21.05. bis 21.06.2012 im Rathaus in XXXXXX aus.
Gegen den Feststellungbeschluss ließ der Kläger mit Faxschreiben vom 21.06.2012 Widerspruch einlegen, das noch am selben Tage bei der unteren Flurbereinigungsbehörde einging.
...
Entscheidungsgründe
...
Auch das erforderliche Widerspruchsverfahren (vgl. § 141 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG) war ordnungsgemäß durchgeführt worden. Denn das vorab per Telefax übermittelte Widerspruchsschreiben vom 21.06.2012 war noch am gleichen Tage und damit fristgerecht (vgl. § 70 VwGO) bei der unteren Flurbereinigungsbehörde eingegangen (vgl. AS 221/223 der Senatsakten). Aufgrund der ebenfalls (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.10.1982 - 5 C 46.81 -, Buchholz 424.01 § 110 FlurbG Nr. 4 zum Flurbereinigungsbeschluss <= RzF - 3 - zu § 6 Abs. 2 FlurbG>) bekanntzumachenden Bodenwertkarte (vgl. § 110 FlurbG, § 1 Abs. 4 DVO GemO entspr.; BVerwG, Beschl. v. 28.12.1959 - 1 CB 170.59 -, Buchholz 424.01 § 4 FlurbG Nr. 2 <= RzF - 2 - zu § 4 FlurbG>; Beschl. v. 27.05.1986 - 5 B 57.84 = RzF - 29 - zu § 4 FlurbG) hatte die Widerspruchsfrist gemäß § 115 Abs. 1 FlurbG erst mit dem ersten Tag von deren Bekanntmachung ("Auslegung ab 21.05.2012") zu laufen begonnen. Da dieser Tag bei der Fristberechnung nicht mitgerechnet wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.08.2007 - 9 B 13.07 -, Buchholz 424.01 § 6 FlurbG Nr. 3 <= RzF - 8 - zu § 139 Abs. 2 FlurbG>), endete die Widerspruchsfrist erst mit Ablauf des 21.06.2012.
...
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. ...
Um die Teilnehmer - eingeschränkt durch die im vorliegenden Unternehmensverfahren anwendbaren Sondervorschriften des § 88 Nr. 4 u. 5 FlurbG - mit Land von gleichem Wert - nicht von gleicher Fläche - abfinden zu können (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG), ist nach den §§ 27 ff. FlurbG der Wert der alten Grundstücke zu ermitteln (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, auch § 88 Nr. 4 Satz 1 FlurbG). Hierbei ist das tatsächliche Wertverhältnis der Grundstücke für den Zeitpunkt festzustellen, in dem die Bewertung nach § 32 FlurbG durchgeführt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.05.1996 - 11 B 33.96 -, juris), nicht dagegen für den nach § 44 Abs. 1 Satz 3 FlurbG für die Wertgleichheit maßgebenden und hier noch ausstehenden Stichtag der vorläufigen Besitzeinweisung. Insofern kommt es auch nicht auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Flurbereinigungsgericht an. Spätere, nach der Wertermittlung eingetretene Änderungen des Wertverhältnisses wären von den Flurbereinigungsbehörden im Zusammenhang mit der - derzeit jedoch noch nicht anstehenden - Ermittlung des Abfindungsanspruchs im Wege einer Nachbewertung zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.01.1979 - V B 72.77, V B 76.77 -, Buchholz 424.01 § 60 FlurbG Nr. 3 <= RzF - 10 - zu § 32 FlurbG>; SächsOVG, Urt. v. 27.07.2006 - 7 D 27/04.F -, Rdl 2007, 157; OVG Brbg. Urt. v. 08.04.2004 - 8 D 68/01.G -, Rdl 2007, 358).
Der danach maßgebende Zeitpunkt war für die hier in Frage stehende Grundstücksqualität auch nicht nach den auch bei der Wertermittlung anwendbaren Grundsätzen der enteignungsrechtlichen Vorwirkung auf einen früheren Zeitpunkt vorzuverlegen (anders wohl das vom Kläger vorgelegte Gutachten v. 23.09.2013, S. 5 f.), ,,in dem das Grundstück endgültig von jeder konjunkturellen Weiterentwicklung ausgeschlossen wurde" (vgl. BVerwG, Beschl. v. 06.03.2006 - 10 B 80.05 -, Buchholz 424.01 § 29 FlurbG Nr. 1; Nieders. OVG, Urt. v. 08.07.2015 - 15 KF 6/13 -, Rdl 2015, 302; BGH, Beschl. v. 27.05.2009 - III ZR 285/08 -, NVwZ 2009, 1184). Denn das Einlagegrundstück selbst wird für das Unternehmen nicht unmittelbar benötigt.
Der Wert des Einlageflurstücks Nr. XXXX war auch zu Recht gemäß § 28 Abs. 1 FlurbG nach dem Nutzen ermittelt worden, den es bei gemeinüblicher ordnungsgemäßer Bewirtschaftung jedem Besitzer ohne Rücksicht auf die Entfernung zum Wirtschaftshof oder von der Ortslage nachhaltig gewähren kann.
Denn es ist (lediglich) ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück (1.), für das auch keine Ausnahme von der in § 28 Abs. 1 FlurbG aufgestellten Regel galt (2.).
1. Entgegen der Auffassung des Klägers handelte es sich bei dem Grundstück Flst. Nr. XXXX nicht um eine Baufläche oder Bauland, für die bzw. das die Wertermittlung gemäß § 29 Abs. 1 FlurbG auf der Grundlage des Verkehrswerts (vgl. § 194 BauGB) zu erfolgen hatte. Es war daher auch nicht in eine der im Wertrahmen bereits vorgesehenen, aber noch nicht abschließend konkretisierten Bodenklassen 11 bis 14 einzuwerten.
Bauflächen oder Bauland sind baureifes Land, Rohbauland oder Bauerwartungsland i. S. v. § 5 Abs. 2, 3 und 4 der lmmobilienwertermittlungsverordnung (lmmoWertV) vom 19.05.2010 (BGBI. 1 S. 639). Das Einlageflurstück ist ersichtlich kein Rohbauland (§ 5 Abs. 3 lmmoWertV) und damit erst recht kein baureifes Land (§ 5 Abs. 4 lmmoWertV). Bei dem Einlageflurstück Nr. XXXX handelt es sich entgegen der Auffassung des Klägers aber auch nicht um Bauerwartungsland, das in die Bodenklasse 11 einzuwerten gewesen wäre.
Bauerwartungsland sind Flächen, die nach ihren weiteren Grundstücksmerkmalen (§ 6 lmmoWertV), insbesondere dem Stand der Bauleitplanung und der sonstigen städtebaulichen Entwicklung des Gebiets, eine bauliche Nutzung auf Grund konkreter Tatsachen mit hinreichender Sicherheit erwarten lassen (§ 5 Abs. 2 lmmoWertV). Nach § 6 Abs. 4 lmmoWertV sind Lagemerkmale insbesondere die Verkehrsanbindung, die Nachbarschaft, die Wohn- und Geschäftslage sowie die Umwelteinflüsse. Nach § 6 Abs. 5 lmmoWertV sind weitere Merkmale insbesondere die tatsächliche Nutzung, die Erträge, die Grundstücksgröße, der Grundstückszuschnitt und die Bodenbeschaffenheit wie etwa die Bodengüte, Eignung als Baugrund oder schädliche Bodenveränderungen. Von maßgeblicher Bedeutung sind damit die aus der Natur der Sache gegebenen Möglichkeiten der Bodennutzung und der wirtschaftlichen Ausnutzung, wie sie sich aus der örtlichen Lage des Grundstücks bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise objektiv anbieten ("Situationsgebundenheit des Grundstücks"). Von Bedeutung sind neben dem Stand der Bauleitplanung auch ein in der Gemeinde bestehender Siedlungsdruck aufgrund von Wanderungen oder der Zunahme der Bevölkerung oder im gewerblich-industriellen Bereich ein sich daraus ergebender Baulandbedarf. Auch eine günstige Lage innerhalb des Siedlungsgebiets, etwa aufgrund vorhandener lnfrastruktureinrichtungen einschließlich günstiger Verkehrsverhältnisse kann von Bedeutung sein (vgl. zum Ganzen Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 8. A. 2017, § 5 Rn.162 f.).
Danach lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt auch die Voraussetzungen für Bauerwartungsland nicht vor.
Das Einlageflurstück Nr. XXXX des Klägers liegt nördlich der Ortslage von XXXXXX im Außenbereich unmittelbar an der nach T. führenden L xxxx in einem Bereich, der sowohl in dem - bei der Wertfeststellung noch maßgeblichen - Flächennutzungsplan des Gemeindeverwaltungsverbandes "L" vom 16.03.2006 (4. Fortschreibung 2020) als auch im bereits vom 26.03. bis 27.04.2012 öffentlich ausgelegten (und am 26.07.2012 unverändert als Satzung beschlossenen und am 11.12.2012 genehmigten) Entwurf der 5. Fortschreibung 2030, nicht als Baufläche, sondern weiterhin als landwirtschaftliche Fläche dargestellt ist.
...
Ein vorzeitiger Bebauungsplan (vgl. § 8 Abs. 4 BauGB), aus dem sich für das Einlagegrundstück anderes ergäbe, befand sich nicht in Aufstellung
Ein anderweitiges Verhalten der Gemeinde XXXXXX, das gleichwohl mit hinreichender Sicherheit eine Bebauung gerade im Bereich des Einlagegrundstücks des Klägers hätte erwarten lassen, lässt sich seinem umfangreichen Vorbringen nicht entnehmen, zumal auch die ortsnäheren Grundstücke im Gewann "XXXXXXXX" nach wie vor nicht zur Wohnbebauung vorgesehen wurden. Vielmehr ergibt sich aus den Stellungnahmen der Gemeinde XXXXX vom xx.xx.xxxx und xx.xx.xxxx, dass - übrigens auch nach dem 02.05.2012 - keinerlei Absichten verfolgt wurden, das Grundstück des Klägers - etwa in Erweiterung des Baugebiets "G." - abweichend von der Flächennutzungsplanung, an der sich die Gemeinde durchweg orientierte, einer baulichen Nutzung zuzuführen. Auch Erschließungsmaßnahmen waren und sind im Bereich des Grundstücks Flst. Nr. XXXX nicht vorgesehen. Die entlang des Grundstücks verlaufende Landesstraße L xxxx dient derzeit - ebenso wenig wie die geplante Umgehungsstraße (L xxxx neu) - nicht der Erschließung der dortigen Grundstücke, sondern dem durchgehenden Verkehr (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 StrG).
Aber auch sonst fehlt es an "konkreten Tatsachen", die "mit hinreichender Sicherheit" eine Ausweisung von Bauflächen in nördlicher Richtung unter Einbeziehung gerade auch des (gesamten) Grundstücks Flst. Nr. XXXX hätten erwarten lassen.
I...
Die vom Kläger aus der allgemeinen wirtschaftlichen, lokalen und regionalen Entwicklung für XXXXXX abgeleiteten Entwicklungsperspektiven rechtfertigten keine andere Beurteilung. Abgesehen davon, dass diese dem Erläuterungsbericht zufolge vom Gemeindeverwaltungsverband durchaus gesehen und berücksichtigt wurden und es auf davon abweichende subjektive Erwartungen oder allgemeine Vermutungen nicht ankommt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.10.1998 - 7 S 1316/96 -, Rdl 1999, 127; Kleiber, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB Bd. VI <1. Feb. 2017>, § 5 lmmoWertV Rn. 53), sprachen sie allenfalls für die Ausweisung weiterer Bauflächen überhaupt. Objektive, konkret auf das Einlagegrundstück bezogene Umstände, die entgegen den in den Fortschreibungen des Flächennutzungsplanes zum Ausdruck gebrachten Vorstellungen des Gemeindeverwaltungsverbands zwangsläufig auf diesen Bereich hinzielten, lagen demgegenüber nicht vor. Im Übrigen wäre vor dem Hintergrund der hier vorliegenden, gegenteiligen Bauleitplanung auch dann nicht mit hinreichender Sicherheit von einer entsprechenden baulichen Entwicklung auszugehen gewesen. Denn einer solchen, die aus guten Gründen auch gegen einen etwaigen Trend gerichtet sein kann, kann ungeachtet dessen, dass sie auch wieder geändert werden kann, nicht die ihr zukommende Steuerungsfunktion abgesprochen werden (vgl. Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, a.a.O., § 5 lmmoWertV Rn. 160). Dass planerische Festsetzungen auf Markt- und Erwerbschancen Einfluss nehmen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.11.1979 - 4 N 1.78 -, BVerwGE 59, 87), liegt schließlich in der Natur der Sache.
Insofern handelt es sich bei der gegenteiligen Einschätzung des Klägers um eine bloße Spekulation bzw. um eine nicht auf konkrete Tatsachen gründende Bauhoffnung, die nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften noch kein Bauerwartungsland begründen konnte (vgl. §§ 2, 5 Abs. 2 lmmoWertV; auch § 95 Abs. 2 Nr. 1 BauGB; Kleiber, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 5 lmmoWertV Rn. 58). Schon gar nicht kann eine seinerzeitige Bauerwartung - aufgrund des insoweit maßgeblichen Zeitpunkts - mit in den Verantwortungsbereich anderer Planungsträger (Eisenbahn-Bundesamt bzw. Deutsche Bahn und/oder Landes- bzw. Bundesstraßenverwaltung) fallenden weiteren Entwicklungen begründet werden, die bei der Wertfeststellung so noch gar nicht bekannt oder absehbar waren.
2. Entgegen der Auffassung des Klägers war auch nicht von sog. höherwertigem Agrarland (vgl. § 4 Abs. 3 Nr. 1 lmmoWertV) auszugehen, das entgegen dem aufgestellten Wertrahmen ausnahmsweise eine Bewertung nach dem Verkehrswert hätte rechtfertigen können (vgl. § 28 Abs. 1 FlurbG).
Zwar unterscheidet § 5 lmmoWertV anders als § 4 der Wertermittlungsverordnung vom 06.12.1988 (BGBI. 1 S. 2209) nicht mehr zwischen reinem Agrarland (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 WertV 1988) und sog. begünstigtem Agrarland (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 WertV 1988), doch bleibt ungeachtet dessen, dass es sich um keine besondere Entwicklungsstufe werdenden Baulands (mehr) handelt und die typischen Grundstücksmerkmale einer land- oder forstwirtschaftlichen Fläche durch § 5 Abs. 1 lmmoWertV ausreichend erfasst sind, eine differenzierte Behandlung von Agrarland entsprechend seiner jeweiligen Wertigkeit zulässig (ebenso FlurbG Koblenz, Urt. v. 24.11.2010 - 9 C 10548/1O.OVG -, = RzF - 117 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG). Dies wird durch § 4 Absatz 3 lmmoWertV verdeutlicht, der "neben dem Entwicklungszustand" die Berücksichtigung wertrelevanter Besonderheiten vorsieht (vgl. Regierungsbegründung, BR-Drs. 296/09, S. 39). Solche können bei der Bewertung - zumal in einem an Stelle einer Enteignung tretenden Unternehmensverfahren - nicht unberücksichtigt bleiben.
Eine außerlandwirtschaftliche Nutzung war jedoch - aufgrund der auch hier vorausgesetzten qualifizierten Entwicklungserwartung (vgl. § 2 Satz 2 lmmoWertV; Regierungsbegründung, a.a.O., S. 37; Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, a.a.O., § 4 lmmoWertV Rn. 23; Zimmermann, lmmoWertV 2010, § 2 Rn. 10) - nicht in absehbarer Zeit zu erwarten (vgl. § 4 Abs. 3 Nr. 1 lmmoWertV). Dass jedenfalls eine Bebauung nicht mit hinreichender Sicherheit zu erwarten war, ergibt sich bereits aus den obigen Ausführungen zum Nichtvorliegen von Bauerwartungsland. Dass eine noch in Betracht zu ziehende Nutzung nichtbaulicher Art - etwa zu Erholungs- oder Freizeitzwecken - zu erwarten gewesen wäre, wird vom Kläger weder behauptet noch ist dies sonst ersichtlich. Auch dessen Hinweis in der mündlichen Verhandlung, dass zunehmend Ausgleichsflächen (vgl. § 4 Abs. 3 Nr. 6 lmmoWertV) benötigt würden, lässt nicht erkennen, dass gerade sein Einlagegrundstück hierfür in Betracht gekommen und eine solche Nutzung mit der Folge absehbar gewesen wäre, dass es sich um höherwertiges Agrarland handelte.
Doch selbst dann, wenn aufgrund der nicht abschließenden Aufzählung in § 4 Abs. 3 lmmoWertV auch eine bloße "Erwartung der Bauerwartung" (vgl. Kähne, Landwirtschaftliche Taxationslehre 4. A. 2007, S. 150 m.N.; Sprengnetter, Immobilienbewertung, Bände 5 - 16, <April 2016> Kap. 1.3) ungeachtet dessen zu berücksichtigen sein sollte , dass die besonderen Entwicklungsstufen werdenden Baulands in § 5 lmmoWertV abschließend geregelt sind und § 4 Abs. 3 Nr. 1 lmmoWertV lediglich eine bereits absehbare (und nach § 2 Satz 2 lmmoWertV nur aufgrund konkreter Tatsachen mit hinreichender Sicherheit zu erwartende) anderweitige Nutzung berücksichtigt wissen will, fehlte es jedenfalls an konkreten, auf das Einlagegrundstück bezogenen Tatsachen, die für eine solche "Erwartung der Bauerwartung" hätten sprechen können. Denn die Voraussetzungen für ein so verstandenes begünstigtes Agrarland i. S. des § 4 Abs. 1 Nr. 2 WertV 1988 lagen nicht vor.
Nach der noch unter der Geltung der Wertermittlungsverordnung vom 06.12.1988 (BGBI. 1 S. 2209) ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 4.2.1991 5 B 91.90 -, Buchholz 424.01 § 28 FlurbG Nr. 7 <= RzF - 42 - zu § 28 Abs. 1 FlurbG>; Beschl. v. 29.5.1991 5 B 27.91 -, Buchholz 424.01 § 28 FlurbG Nr. 8; Urt. v. 16.12.1992 - 11 C 3.92 -, Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 72) war eine Abweichung von dem landwirtschaftlichen Nutzungswert (§ 28 Abs. 1 Satz 1 FlurbG) geboten, wenn ein Grundstück Eigenschaften besaß, die im Nutzungswert nicht zum Ausdruck kamen. Dabei mussten nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WertV kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Die Fläche musste land- oder forstwirtschaftlich genutzt oder nutzbar sein, wobei sie sich durch besondere Eigenschaften auch für außerlandwirtschaftliche oder außerforstwirtschaftliche Nutzungen eignen musste. Ferner musste im gewöhnlichen Geschäftsverkehr eine Nachfrage bestehen, die auf die außerlandwirtschaftlichen oder außerforstwirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten gerichtet war und es durfte auf absehbare Zeit noch keine Entwicklung zu einer Bauerwartung bevorstehen. Dabei handelte es sich vor allem um land- oder forstwirtschaftliche Flächen, die sich insbesondere durch ihre landschaftliche oder verkehrliche Lage, durch ihre Funktion oder durch ihre Nähe zu Siedlungsgebieten geprägt, auch für eine Nutzung zu Erholungs- bzw. Freizeitzwecken eigneten (vgl. Senatsurt. v. 11.05.1995 - 7 S 2194/94 -, RdL 1996, 127).
Ob hier von einer Eignung des Einlagegrundstücks zu außerlandwirtschaftlichen Zwecken ausgegangen werden konnte, erscheint durchaus fraglich, da in dem vom Kläger im Verwaltungsverfahren vorgelegten Gutachten vom 23.09.2013 lediglich von einem "Entwicklungspotential zu außerlandwirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten" die Rede ist (S. 10) und ein Wert von 4,40 EUR/m² (nur) für den Fall für "sicherlich gerechtfertigt" angesehen wird, wenn eine außerlandwirtschaftliche Verwendung in Aussicht steht (S. 20). Jedenfalls müsste darüber hinaus eine dahingehende ("verobjektivierte") Nachfrage im gewöhnlichen Geschäftsgang bestanden haben, die gerade auf die geltend gemachte außerlandwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit - hier als potentielles (Wohn-)Bauland - gerichtet gewesen sein müsste (vgl. Senatsurt. v. 11.05.1995, a.a.O., u. v. 26.04. 1996 - 7 S 1906/94 -). Daran fehlt es jedenfalls.
Aus den verschiedenen, vom Kläger im Anschluss an das von ihm vorgelegte Gutachten angeführten Verkaufsfällen lässt sich hinsichtlich der ortsnahen Grundstücke im Norden eine solche Nachfrage nicht herleiten. Aus den Verkaufspreisen lässt sich, wie das Landesamt in seiner "Regressionsanalyse" (AS 85 der Senatsakten) überzeugend dargestellt hat, noch nicht einmal ein eindeutiger Zusammenhang zur jeweiligen Nähe zur Ortslage feststellen. Gerade weil auch für wesentlich weiter von der Ortslage entfernte Grundstücke, hinsichtlich der die "Erwartung einer Bauerwartung" gänzlich unwahrscheinlich war, höhere Grundstückspreise erzielt wurden, spricht nichts dafür, dass eine "verobjektivierte" Nachfrage gerade nach Flächen am unmittelbaren oder nahen nördlichen Ortsrand bestanden hätte, die auf eine potentielle Nutzung als (Wohn-)Bauland gerichtet gewesen wäre. Auch wenn sich der vom Landesamt herangezogene Verkaufsfall von 2013 nach der Wertermittlung ereignete, bestätigt er doch, dass 2012 von einer gefestigten Nachfrage nach potentiell bebaubaren Grundstücken am nördlichen Ortsrand nicht die Rede sein konnte.