Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.12.1959 - I CB 170.59 = Buchholz BVerwG 424.01 § 4 FlurbG Nr. 2= RdL 1960 S. 166

Aktenzeichen I CB 170.59 Entscheidung Beschluss Datum 28.12.1959
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen Buchholz BVerwG 424.01 § 4 FlurbG Nr. 2 = RdL 1960 S. 166  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Zur Anordnung der Flurbereinigung.
2. Zur Form der Aufklärung über die Flurbereinigung.
3. Zur Bekanntgabe des Flurbereinigungsbeschlusses.
4. Die Flurbereinigung kann auch zur Erleichterung einer Siedlung angeordnet werden.

Aus den Gründen

Nach § 4 FlurbG kann die Obere Flurbereinigungsbehörde die Flurbereinigung anordnen und das Flurbereinigungsgebiet feststellen, wenn sie die Voraussetzungen für eine Flurbereinigung und das Interesse der Beteiligten für gegeben hält. Das Flurbereinigungsgericht hat ohne Rechtsirrtum beide Voraussetzungen bejaht. Die von der Klägerin insoweit vorgetragenen rechtlichen Erwägungen geben keinen Anlaß, in einem Revisionsverfahren grundsätzliche Fragen zu klären.

In zutreffender Weise hat das angefochtene Urteil ausgeführt, daß die Voraussetzungen für die Flurbereinigung sich aus § 1 FlurbG ergeben. Die Klägerin verkennt diese Vorschrift, wenn sie vorträgt, daß die hiernach zulässige Flurbereinigung zur Förderung der allgemeinen Landeskultur keine selbständige Bedeutung neben der Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugung haben könne. Wie der Senat in seinem Urteil vom 13. November 1958 - BVerwG l C 132.57 - (NJW 1959 S. 643) ausgesprochen hat, wird der in § 1 FlurbG der Behörde erteilte gesetzliche Auftrag durch verschiedene andere Vorschriften näher umschrieben; die hiernach möglichen Maßnahmen sind Maßnahmen der Flurbereinigung im Sinne des § 1 FlurbG. Das Flurbereinigungsgericht hat daher zutreffend auf die § 37, § 39, § 40 FlurbG hingewiesen. Die Auffassung der Klägerin, daß diese Vorschriften nur für das rechtskräftig angeordnete Verfahren Bedeutung hätten, verkennt ihren Zusammenhang mit § 1 FlurbG. Daß die Flurbereinigung keineswegs nur auf eine Förderung der landwirtschaftlichen Erzeugung ausgerichtet sein muß, wie die Klägerin annimmt, läßt zweifelsfrei § 86 FlurbG erkennen. Danach kann ein Flurbereinigungsverfahren unter anderem zur Erleichterung von Siedlungsverfahren oder von Aufbaumaßnahmen eingeleitet werden. Hierzu stellt das Gesetz sogar ein vereinfachtes Verwaltungsverfahren zur Verfügung. Die Zulässigkeit der Flurbereinigung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß bebautes oder gar erst baureifes Gelände in das Verfahren einbezogen wird. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Grundbesitz der Klägerin landwirtschaftlich genutzt wird. Nicht begründet sind die Einwendungen, daß die Stadt das Verfahren fördere, um bevorzugten Baugrund "erwerben" zu können. Die Stadt kann als Beteiligte des Flurbereinigungsverfahrens nur entsprechend ihrer Einlage eine Abfindung beanspruchen. Wenn das angeordnete Verfahren unter anderem auch der Förderung einer ordnungsgemäßen baulichen Entwicklung der Stadt dient, so liegt das im Rahmen des gesetzlichen Auftrages. Die Notwendigkeit, das Flurbereinigungsgebiet mit Wegen zu erschließen, ergibt sich aus dem Wesen eines Bereinigungsverfahrens. Auch der Hinweis, die Klägerin laufe Gefahr, wertvollen Besitz zu verlieren, ist ungerechtfertigt. Das Flurbereinigungsgesetz sichert nach strengen Maßstäben jedem Beteiligten eine dem Wert seiner Einlage entsprechende Abfindung zu; eine vollständige oder teilweise Abfindung in Geld ist nur mit Zustimmung des Teilnehmers zulässig (§ 52 Abs. 1 FlurbG). Diese Gesichtspunkte ergeben sich ohne weiteres aus der gesetzlichen Regelung und der bisherigen Rechtsprechung des Senats und bedürfen keiner weiteren Klärung in einem Revisionsverfahren.

Zur Auslegung der zweiten Voraussetzung des § 4 Satz 1 FlurbG, daß das Interesse der Beteiligten gegeben sein muß, hat sich der Senat in seinem Urteil vom 3. März 1959 (BVerwGE 8, 197) bereits geäußert. Eine weitere Klärung ist in diesem Rechtsstreit nicht zu erwarten.

Nach § 6 Abs. 2 FlurbG ist der entscheidende Teil des Flurbereinigungsbeschlusses öffentlich bekanntzumachen. Die Ansicht des Flurbereinigungsgerichts, die Rechtswirksamkeit des Flurbereinigungsbeschlusses werde von der Bekanntmachung nicht berührt und Mängel der Bekanntmachung setzten nur die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf, trifft zwar nicht zu. Diese Frage bedarf aber keiner näheren Erörterung, weil die Bekanntmachung nach den Prozeßunterlagen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, ordnungsgemäß erfolgt ist.

Für die öffentliche Bekanntmachung nimmt das Gesetz auf die gemeinderechtlichen Vorschriften ergänzend Bezug (§ 110 FlurbG). Soweit die Klägerin beanstandet, daß die öffentliche Bekanntmachung nicht nach Maßgabe des Gesetzes geschehen sei, kann ihr nicht gefolgt werden. Die öffentliche Bekanntmachung mußte nach § 19 der Hauptsatzung der Stadt vom 12. Januar 1956 erfolgen. Nach Abs. 3 a.a.O. werden Satzungen in der zum amtlichen Verkündigungsblatt bestimmten Tageszeitung "...." veröffentlicht. Der Senat trägt keine Bedenken, den Flurbereinigungsbeschluß einer Satzung im Sinne dieser Regelung gleichzustellen: Der Beschluß läßt die Teilnehmergemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts entstehen (§ 16 Satz 2 FlurbG) und unterwirft die beigezogenen Grundstücke bis zur Ausführungsanordnung gewissen Beschränkungen (§ 34 FlurbG). Die Auffassung der Klägerin, daß es sich um eine "sonstige Bekanntmachung" im Sinne des § 19 Abs. 3 Satz 2 der Hauptsatzung handle, ist im Hinblick auf den Rechtscharakter des Umlegungsbeschlusses unzutreffend. Wenn es sich bei der genannten Hauptsatzung auch nicht um Bundesrecht handelt, ist der Senat dennoch nicht gehindert, diese Prüfung vorzunehmen (BVerwG VI C 203.56 vom 7. Mai 1958).

Ob der Beschluß nach § 6 Abs. 3 FlurbG auch in den angrenzenden Gemeinden bekanntzumachen war, kann dahinstehen. Wäre dies nach den Verhältnissen notwendig gewesen, so wäre der Beschluß nur hinsichtlich der insoweit Betroffenen unwirksam. Im übrigen könnte die Bekanntmachung jederzeit nachgeholt werden. Hiernach muß die Klägerin die von der Behörde vorgenommene Bekanntmachung gegen sich gelten lassen. Eine weitere Klärung dieser Frage ist in einem Revisionsverfahren nicht zu erwarten.

Auch die Ausführungen des Flurbereinigungsgerichts, daß die Aufklärungsversammlung vom 29. Januar 1957 als rechtmäßig anzusehen sei, geben keinen Anlaß, die Revision zuzulassen.

Nach § 5 Abs. 1 FlurbG sind die voraussichtlichen Verfahrensbeteiligten in geeigneter Weise eingehend aufzuklären. Die Vorschrift hat es der Behörde freigestellt, in welcher Form sie die Aufklärung vornehmen will; sie muß nur geeignet sein, den Zweck zu erfüllen. Wie das zu geschehen hat, hängt weitgehend von den örtlichen Verhältnissen und den Umständen des Verfahrens ab. Auch ist die Form der Aufforderung an die Beteiligten gesetzlich nicht festgelegt. Es muß lediglich gewährleistet sein, daß die in Frage kommenden Beteiligten Kenntnis davon erhalten und an der Aufklärungsversammlung teilnehmen können. Eine förmliche öffentliche Bekanntmachung oder eine persönliche Verständigung, wie sie die Klägerin für notwendig hält, hat das Gesetz nicht vorgeschrieben. Ob und in welchem Umfang die künftigen Verfahrensbeteiligten von der Möglichkeit, eine Aufklärung zu erhalten, Gebrauch machen, ist für die Wirksamkeit des später ergehenden Flurbereinigungsbeschlusses ohne Belang.