Flurbereinigungsgericht Magdeburg, Beschluss vom 27.10.2016 - 8 K 2/15 = juris (Lieferung 2018)

Aktenzeichen 8 K 2/15 Entscheidung Beschluss Datum 27.10.2016
Gericht Flurbereinigungsgericht Magdeburg Veröffentlichungen = juris  Lieferung 2018

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Begrenzung des Verfahrensgebietes bei der Unternehmensflurbereinigung ist so auszurichten, dass die Verteilung des Landverlustes auf einen größeren Kreis von Eigentümern und/oder die Vermeidung von Nachteilen für die allgemeine Landkultur i.S.d. § 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG weitgehend ermöglicht werden.
2. Kein Teilnehmer hat einen Anspruch darauf, dass er nicht in das Verfahrensgebiet einbezogen bzw. von dem Verfahren wieder ausgeschlossen wird. Das gilt selbst dann, wenn anzunehmen sein sollte, dass ihm sein Einlagegrundstück als Abfindung in gleicher Lage wieder zugeteilt wird.

Aus den Gründen

Die Klage hat keinen Erfolg.


Gemäß § 145 Abs. 1 FlurbG kann der Vorsitzende des Flurbereinigungsgerichts die Klage ohne mündliche Verhandlung durch Bescheid abweisen, wenn das Sach- und Rechtsverhältnis genügend geklärt und die Klage offensichtlich unbegründet ist. Das ist hier der Fall.


Zwar ist die Klage zulässig. Insbesondere ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Sie ist gemäß § 10 Nr. 1 FlurbG Teilnehmerin am Verfahren. Als solche kann sie geltend machen, dass die Anordnung der Flurbereinigung, insbesondere die Begrenzung des Verfahrensgebietes, gegen die Ermessensrichtlinien verstoße, die sich aus § 7 FlurbG ergeben (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.03.1974 - 5 B 14.72 -, juris RdNr. 3; Beschl. v. 06.01.1987 - 5 B 30.85 -, juris RdNr. 13, <= RzF - 37 - zu § 87 Abs. 1 FlurbG>).


Die Klage ist jedoch unbegründet. Die von der Klägerin allein angegriffene Abgrenzung des Verfahrensgebietes ist rechtlich nicht zu beanstanden.


Die Begrenzung des Verfahrensgebietes bei der Unternehmensflurbereinigung ist entsprechend dem Verfahrenszweck vorzunehmen. Für die Ermessensentscheidung der oberen Flurbereinigungsbehörde im Rahmen der Feststellung des Flurbereinigungsgebiets nach § 4 FlurbG bestehen in den §§ 87 ff. FlurbG keine besonderen Regelungen. Die Begrenzung ist deshalb nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FlurbG so auszurichten, dass der Zweck der Flurbereinigung möglichst vollkommen erreicht wird. Für die Begrenzung des Flurbereinigungsgebietes bei der Unternehmensflurbereinigung bedeutet dies, dass damit die Verteilung des Landverlustes auf einen größeren Kreis von Eigentümern und/oder die Vermeidung von Nachteilen für die allgemeine Landeskultur i.S.d. § 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG weitgehend ermöglicht werden sollen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.10.1982 - 5 C 9.82 -, juris RdNr. 24, <= RzF - 3 - zu § 6 Abs. 2 FlurbG>; Beschl. v. 06.01.1987 - 5 B 30.85 -, a.a.O. RdNr. 12; VGH BW, Urt. v. 24.06.2013 - 7 S 3362/11 -, juris RdNr. 54; Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, § 87 RdNr. 24). Ein Landverlust i.S.d. § 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG entsteht durch die Inanspruchnahme der Grundstücke, die im Bereich des geplanten Unternehmens liegen und für dessen Verwirklichung benötigt werden, deswegen aus der Umlegungsmasse ausgesondert werden müssen und dem Unternehmensträger zu Eigentum zugeteilt werden. Da der den Betroffenen entstehende Landverlust im strengen Wortsinne nicht "verteilt" werden kann, ist bei der Gebietsabgrenzung darauf abzustellen, ob die Folgen des Landverlustes durch eine nachteilsausgleichende einlageorientierte Umverteilung auf die Gesamtheit der Flurbereinigungsteilnehmer gemildert und damit erträglicher gestaltet werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.03.1985 - 5 C 130.83 -, juris RdNr. 42 f.; VGH BW, Urt. v. 06.05.1991 - 7 S 766/90 - = RzF - 45 - zu § 87 Abs. 1 FlurbG). Ein bestimmtes Verhältnis von Flächenbedarf zu Flurbereinigungsgebiet legt das Flurbereinigungsgesetz nicht fest.


Der Landverlust mit den damit verbundenen Nachteilen lässt sich jedoch in einem großen Flurbereinigungsgebiet besser verteilen (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.10.2009 - 9 C 9.08 -, juris RdNr. 31, <= RzF - 54 - zu § 87 Abs. 1 FlurbG>). Eine Begrenzung des Flurbereinigungsgebietes ist nur dann rechtswidrig (ermessensfehlerhaft), wenn sie erkennbar nicht auf eine Abwägung aller für einen größtmöglichen Erfolg der Flurbereinigung im gesamten Planungsraum und für den einzelnen Beteiligten bedeutsamen Gesichtspunkte zurückgeht oder sich als gänzlich ungeeignet erweist, den Flurbereinigungserfolg zu gewährleisten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.10.1966 - 4 C 291.65 - = RzF - 7 - zu § 4 FlurbG; Beschl. v. 06.01.1987 - 5 B 30.85 -, a.a.O. RdNr. 12; Beschl. v. 08.11.1989 - 5 B 124/89 -, juris; Beschl. v. 21.10.1996 - 11 B 69/96 -, juris RdNr. 5). Kein Teilnehmer hat einen Anspruch darauf, dass ein bestimmtes geometrisch geformtes Planungsgebiet eingehalten oder festgestellt wird und dass er nicht in das Verfahrensgebiet einbezogen bzw. von dem Verfahren wieder ausgeschlossen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 06.01.1987 - 5 B 30.85 -, a.a.O. RdNr. 13; Wingerter/Mayr, a.a.O., § 7 RdNr. 4).


Auch ein arrondierter Teilbereich innerhalb des Verfahrensgebietes kann weder ein Einleitungshindernis bilden noch die Verpflichtung nach sich ziehen, einzelne derartige Betriebe von der Flurbereinigung auszunehmen oder die Grenzen des Verfahrensgebietes danach auszurichten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.03.1974 - 5 B 14.72 -, a.a.O. RdNr. 3). Es gibt keinen Grund, bereits arrondierte Flächen "auszuklammern". Darauf, ob diese möglicherweise wieder als Abfindung an die bisherigen Eigentümer zuzuteilen wären, kommt es für die Rechtmäßigkeit der Begrenzung des Flurbereinigungsgebietes nicht an (vgl. VGH BW, Urt. v. 24.06.2013 - 7 S 3362/11 -, a.a.O. RdNr. 58).


Gemessen daran ist die Abgrenzung des Verfahrensgebietes im vorliegenden Fall rechtlich nicht zu beanstanden. Aus der Begründung des Flurbereinigungsbeschlusses des Beklagten vom 01.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2015 geht hinreichend deutlich hervor, dass er sich bei der Abgrenzung des Verfahrensgebietes an dem oben dargelegten Zweck der Unternehmensflurbereinigung gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG orientiert und die Verfahrensgrenzen in Übereinstimmung mit dem Maßstab des § 7 Abs. 1 Satz 2 FlurbG ermessensfehlerfrei festgestellt hat. Dies wird von der Klägerin letztlich auch nicht in Frage gestellt. Mit dem Wunsch der Klägerin, ihre Flurstücke F1, F2, F3 und F4 der Flur A der Gemarkung (A.) vom Verfahrensgebiet auszunehmen, hat sich der Beklagte in seinem Widerspruchsbescheid vom 14.07.2015 hinreichend auseinandergesetzt. Einen Anspruch darauf, dass ihre Flurstücke nicht in das Verfahrensgebiet einbezogen werden bzw. von dem Verfahren wieder ausgeschlossen werden, hat die Klägerin nicht. Das gilt selbst dann, wenn anzunehmen sein sollte, dass diese ihr als Abfindung in gleicher Lage wieder zugeteilt werden.

Anmerkung


Zur Gebietsabgrenzung und zur Einbeziehung eines Hofes in Randlage siehe BVerwG. Beschluss vom 26.10.1966 = RzF - 7 - zu § 4 FlurbG