Flurbereinigungsgericht Bautzen, Urteil vom 02.07.2010 - F 7 D 7/07 (Lieferung 2012)

Aktenzeichen F 7 D 7/07 Entscheidung Urteil Datum 02.07.2010
Gericht Flurbereinigungsgericht Bautzen Veröffentlichungen Lieferung 2012

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Eine unterlassene Anhörung vor Einleitung der Flurbereinigung oder vor Aufstellung des Bodenordnungsplans kann gemäß § 1 SächsVwVfG i. V. m. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG auch noch im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden. Für eine unterbliebene Anhörung im anschließenden Widerspruchsverfahren kann damit nichts anderes gelten.
2. Im Bodenordnungsverfahren nach dem LwAnpG dürfen auch Grundstücke, die eine wegemäßige Erschließung sichern sollen, einbezogen werden, auf denen Grund- und Gebäudeeigentum nicht auseinander fallen.

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger wird durch den Bescheid vom 21.7.2006 und den Widerspruchsbescheid vom 27.3.2007 des Amtes für Ländliche Entwicklung nicht in seinen Rechten verletzt (§113 Abs.1 VwGO).
Dabei ist auch der Widerspruchsbescheid formell rechtmäßig. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nicht verletzt worden. Zwar hat die für den 11.1.2007 angesetzte Widerspruchsverhandlung nicht stattgefunden, die unterlassene Anhörung ist aber im gerichtlichen Verfahren nachgeholt worden. Es kann deshalb offen bleiben, ob der Kläger mit im Schreiben vom 18.12.2006 enthaltener Mitteilung, dass er an der Widerspruchsverhandlung nicht teilnehmen werde, wirksam auf die Durchführung dieser verzichtet hat. Denn eine unterlassene Anhörung (§ 63 LwAnpG i. V. mit § 5 Abs.1 FlurbG oder § 57 FlurbG) vor Einleitung der Flurbereinigung oder vor Aufstellung des Bodenordnungsplans kann gemäß § 1 SächsVwVfG i. V. m. § 45 Abs.1 Nr.3 VwVfG auch noch im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden (BVerwG, Beschl. v. 3.3.1988, Buchholz 424.01 § 57 Nr. 2 <= RzF - 16 - zu § 57 FlurbG> und v. 9.12.1992, RdL, 1993, 95 <= RzF - 20 - zu § 5 Abs. 1 FlurbG>; OVG LSA, Urt. v. 4.2.1999, RdL 1999. 214). Für eine unterbliebene Anhörung im anschließenden Widerspruchsverfahren kann damit nichts anderes gelten. Im gerichtlichen Verfahren hatte der Kläger sowohl schriftsätzlich als auch in der mündlichen Verhandlung am 2.7.2010 noch einmal Gelegenheit, sich umfassend zu äußern.
Der streitgegenständliche Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die Erweiterung des Verfahrensgebietes liegen vor (§ 3 LwAnpG i. V. mit § 63 Abs.2 LwAnpG, § 37 Abs.1 FlurbG).
Die Notwendigkeit einer wegemäßigen Erschließung von Grundstücken ist bei regulären Flurbereinigungen nach dem FlurbG von dem Neugestaltungsauftrag des § 37 Abs.1 Satz 2 FlurbG umfasst. Nach dieser Vorschrift sind alle Maßnahmen zu treffen, die die Grundlagen der Wirtschaftsbetriebe verbessern, den Arbeitsaufwand vermindern und die Bewirtschaftung erleichtern. Anknüpfungspunkt im Bodenordnungsverfahren ist insoweit § 3 LwAnpG, wonach das LwAnpG der Entwicklung einer vielfältig strukturierten Landwirtschaft und der Schaffung von Voraussetzungen für die Wiederherstellung leistungs- und wettbewerbsfähiger Landwirtschaftsbetriebe dient, um die in ihnen tätigen Menschen an der Einkommens- und Wohlstandsentwicklung zu beteiligen. Zur Erreichung dieser Ziele ist eine umfassende Ordnung der Rechtsbeziehungen mit der Möglichkeit einer über die eigentliche Zusammenführung hinausgehenden Verfahrensgebietsbegrenzung zugelassen (vgl. SächsOVG, Urt. v. 25.9.1996 - 7 S 65/94 - <= RzF - 3 - zu § 63 Abs. 2 LwAnpG>; OVG Bbg, Urt. v. 10.1.2003, RdL 2006, 218 m. w. N.). Auch im Bodenordnungsverfahren nach dem LwAnpG dürfen deshalb Grundstücke, die eine wegemäßige Erschließung sichern sollen, einbezogen werden, auf denen Grund- und Gebäudeeigentum nicht auseinander fallen (SächsOVG, Urt. v. 25. 9.1996, a. a. O. <= RzF - 3 - zu § 63 Abs. 2 LwAnpG>).
Daran gemessen bestehen an der Erweiterung des Verfahrensgebiets keine Bedenken. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die nunmehr noch einbezogene Fläche (18,532 m² <Anm. der Schriftleitung: gemeint wohl ha>) zu einer erheblichen Vergrößerung des Verfahrensgebiets (von 10,614 ha auf 29,146 ha) führt. Denn weder das LwAnpG noch das FlurbG sehen insoweit einschränkende Regelungen vor (vgl. BVerwG, Urt.v. 6.7.1989, BVerwE 82,205 <= RzF - 43 - zu § 87 Abs. 1 FlurbG> und vom 21.10.2009, DVBl.2010,651). Vielmehr ist die Erweiterung nach dem in den Behördenakten enthaltenen Katasterplan erforderlich, um die Erschließung des Flurstücks Nr. F3/3 umfassend rechtlich zu sichern. Soweit der Kläger vorträgt, dass die Zufahrt (Weg Nr. ...) zum Flurstück Nr. F8 nicht einbezogen sei, ist dies ohne Belang, weil jedenfalls die Wegeflurstücke Nrn. F7/10 und F7/9, die am Flurstück Nr. F8 vorbeiführen, einbezogen sind. Es kommt auch nicht darauf an, ob ein - privater - Weg vorhanden ist oder zwischen einzelnen Beteiligten über die Zufahrt eine Einigung erzielt wurde. Denn entscheidend ist allein, dass der Beklagte eine Neuordnung anstrebt, um für das zugrunde liegende Verfahrensgebiet insgesamt eine rechtlich gesicherte Erschließung zu schaffen.