Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 03.03.1988 - 5 B 125.86 = Buchholz 424.01 § 57 FlurbG Nr. 2

Aktenzeichen 5 B 125.86 Entscheidung Beschluss Datum 03.03.1988
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen = Buchholz 424.01 § 57 FlurbG Nr. 2  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. An die Nichtbeachtung des Anhörungsrechts (§ 57 FlurbG) der Teilnehmer knüpft das Flurbereinigungsrecht keine besonderen Rechtsfolgen. In Betracht kommen hierfür die einschlägigen Regeln des allgemeinen Verwaltungsrechts der Länder und des Bundes.
2. Bei der Entgegennahme der Abfindungswünsche (§ 57 FlurbG) handelt es sich um eine erforderliche Anhörung im Sinne des Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG, die auch noch während des flurbereinigungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden kann.

Aus den Gründen

In § 57 FlurbG wird den Teilnehmern ein Anhörungsrecht hinsichtlich ihrer Wünsche für die Abfindung eingeräumt. Wenngleich diese Anhörungspflicht zwingend ausgestaltet ist, werden im Flurbereinigungsgesetz keine besonderen Rechtsfolgen an ihre Nichtbeachtung geknüpft. Dadurch ist die Heilung eines solchen Verfahrensfehlers aber im Flurbereinigungsverfahren weder ausgeschlossen noch als überflüssig anzusehen.

In Betracht kommen hierfür die einschlägigen Regeln des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts der Länder und des Bundes, soweit nicht für den Bereich des Flurbereinigungsgesetzes etwas anderes gilt. Nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 des Bayer. Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 23.12.1976 (GVBl. S. 544) - BayVwVfG -, auf den hier gemäß § 1 Abs. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes vom 25.05.1976 (BGBl. I S. 1253) - VwVfG - abzustellen ist, ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach Art. 44 BayVwVfG nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird. Bei der Entgegennahme der Abfindungswünsche der Teilnehmer vor der Aufstellung des Flurbereinigungsplanes nach § 57 FlurbG handelt es sich um eine erforderliche Anhörung i. S. d. Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG, deren Unterlassen nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit des maßgeblichen Verwaltungsakts, hier des Flurbereinigungsplanes, führt. Diese Anhörung konnte auch noch während des flurbereinigungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Zwar dürfen nach Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG Handlungen des Abs. 1 Nrn. 2 bis 5 nur bis zum Abschluß eines Vorverfahrens oder, falls ein solches nicht stattfindet, bis zur Erhebung der verwaltungsgerichtlichen Klage nachgeholt werden. Diese in Abs. 2 des Art. 45 BayVwVfG vorgesehene Regel gilt jedoch - wie das Bundesverwaltungsgericht für den insoweit gleichlautenden § 45 Abs. 2 des nordrhein-westfälischen Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 21.12.1976 (GV NW S. 438) - VwVfG NW - in bezug auf eine Mitwirkungshandlung i. S. d. § 45 Abs. 1 Nr. 5 VwVfG NW entschieden hat - nicht für das Gebiet des Flurbereinigungsrechts (vgl. Urteil vom 04.07.1985 - BVerwG 5 C 7.82 (BVerwGE 71, 369 ff.)). Für das Bayer. Verwaltungsverfahrensgesetz kann insoweit nichts anderes gelten. Denn das Flurbereinigungsgesetz, das nach Art. 83 GG von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt wird, enthält insoweit entgegenstehendes Recht, das sowohl dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes als auch den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder vorgeht (vgl. hierzu die näheren Ausführungen im vorerwähnten Urteil a.a.O. S. 376). Die Flurbereinigungsgerichte haben zwar wie die Gerichte der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit die Aufgabe, im Rahmen ihrer sachlichen Zuständigkeit Verwaltungskontrolle zu üben. Diese Aufgabe wird jedoch - abweichend vom allgemeinen Verwaltungsprozeß - durch die den Flurbereinigungsgerichten in § 144 FlurbG erteilte Ermächtigung, wie die Behörde selbst rechtsgestaltend tätig zu werden, ergänzt und überlagert. Diese Ermächtigung erstreckt sich auf alle Verwaltungsakte, die nach § 140 FlurbG der flurbereinigungsgerichtlichen Überprüfung unterliegen, um den für die Durchführung der Flurbereinigung bestimmenden Gedanken der Verfahrensbeschleunigung (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 FlurbG) auch im flurbereinigungsgerichtlichen Bereich zu verwirklichen. Da die Flurbereinigungsgerichte gehalten sind, die bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten nach Möglichkeit zu einem sachlichen Abschluß zu bringen, bilden Mängel des flurbereinigungsbehördlichen Verfahrens regelmäßig keinen Anlaß für eine Zurückverweisung i. S. d. § 144 Satz 1, zweite Alternative FlurbG. Daraus folgt, daß nach Art. 45 Abs. 1 BayVwVfG nachholbare Verfahrenshandlungen auch noch nach Erhebung der flurbereinigungsgerichtlichen Klage nachgeholt werden und auf diese Weise den Verfahrensfehler heilen können (vgl. ergänzend hierzu die weiteren Erwägungen und Rechtsprechungshinweise im vorangeführten Urteil a.a.O. S. 376 f.)