Flurbereinigungsgericht Lüneburg, Urteil vom 28.09.2006 - 15 KF 8/04 = RdL 2007, 70= DVBl 2007, 512 (Lieferung 2009)

Aktenzeichen 15 KF 8/04 Entscheidung Urteil Datum 28.09.2006
Gericht Flurbereinigungsgericht Lüneburg Veröffentlichungen RdL 2007, 70 = DVBl 2007, 512  Lieferung 2009

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Befugnis zur Aufstellung und Feststellung eines Wege- und Gewässerplans schließt einen weiten Spielraum an Gestaltungsfreiheit ein.
2. Der Planungsträger der Flurbereinigung ist verpflichtet, die von der Planung berührten öffentlichen Interessen und gemeinschaftlichen Belange der Teilnehmer gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Abwägungsgebot verleiht dem von der Planung Betroffenen ein subjektiv-öffentliches Recht auf eine gerechte Abwägung seiner rechtlich geschützten Belange mit entgegengesetzten anderen Belangen.
3. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der gerichtlichen Kontrolle entzogen.

Aus den Gründen

Nach § 41 Abs. 3 FlurbG stellt die obere Flurbereinigungsbehörde den von der Flurbereinigungsbehörde im Benehmen mit dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft aufgestellten Plan über die gemeinschaftlichen und öffentlichen Anlagen, insbesondere über die Einziehung, Änderung oder Neuausweisung öffentlicher Wege und Straßen sowie über die wasserwirtschaftlichen, bodenverbessernden und landschaftsgestaltenden Anlagen (Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan) fest. Die Befugnis zur Aufstellung und Feststellung eines Wege- und Gewässerplans schließt einen weiten Spielraum an Gestaltungsfreiheit ein, da eine Planung ohne eine solche Gestaltungsfreiheit nicht denkbar ist (vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 12. Mai 1981 – 9 C 58/80 -, RdL 1981, 241 <= RzF - 8 - zu § 41 Abs. 1 FlurbG>).


Bei der Ausübung der Planungsbefugnis sind die gesetzlichen Grenzen der Gestaltungsfreiheit zu beachten; von ihr darf nur in einer der gesetzlichen Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht werden. Aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung folgt, dass der Planungsträger der Flurbereinigung verpflichtet ist, die von der Planung berührten öffentlichen Interessen und gemeinschaftlichen Belange der Teilnehmer gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Abwägungsgebot verleiht dem von der Planung Betroffenen ein subjektiv-öffentliches Recht auf eine gerechte Abwägung seiner rechtlich geschützten Belange mit entgegengesetzten anderen Belangen (vgl. OVG Koblenz, aaO). Das Abwägungsgebot verlangt unter diesen Voraussetzungen, dass eine Abwägung überhaupt stattfindet. In diese müssen die Belange eingestellt werden, die nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden müssen. Dabei darf die Bedeutung der privaten Belange nicht verkannt und muss der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen werden, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange im Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich der zur Planung Berufene in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen Belangs entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist vielmehr im Gegenteil ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12. Dezember 1969 - BVerwG IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301, 309; Urt. v. 4. Juli 1974 - BVerwG 42.73 -, BVerwGE 45, 309, 313/314; Urt. v. 14. Februar 1975 - BVerwG IV C 21.74 -, BVerwGE 48, 56, 63/64; diese für das Bauplanungsrecht entwickelten Grundsätze gelten auch für die Aufstellung des Planes nach § 41 FlurbG: vgl. Nds. OVG, Urt. v. 22. Oktober 1980 - F OVG A 216/78 -, RzF 36 I S. 123 <= RzF - 46 - zu § 36 Abs. 1 FlurbG>; OVG Koblenz, Urt. v. 12. Mai 1981 – 9 C 58/80 -, RdL 1981, 241, 242 <= RzF - 8 - zu § 41 Abs. 1 FlurbG>).


...


Die Einwendungen der Klägerin gegen das Ziel der Planung bleiben erfolglos. Soweit die Klägerin meint, das hier fragliche Flurbereinigungsverfahren diene allein dem flurbereinigungsrechtlich nicht zu billigenden und daher rechtswidrigen Ziel, dem Abwasserverband W. Flächen zur Verregnung von Abwässern zu sichern und ihm ein Wegenetz zur komfortablen Nutzung der Flächen zur Verfügung zu stellen, dringt sie damit nicht durch. Denn die Klägerin hat es versäumt, den Anordnungsbeschluss des Amtes für Agrarstruktur B. vom 20. Dezember 2001, der die Ziele des Flurbereinigungsverfahrens festlegt, mit Rechtsmitteln anzugreifen und in diesem Rahmen geltend zu machen, dass die sachlichen Voraussetzungen für ein Flurbereinigungsverfahren nicht vorlägen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26. März 1974 - BVerwG V B 14.72 -, BVerwGE 45, 112 <= RzF - 16 - zu § 4 FlurbG>). Im Übrigen ist in der Begründung zum Anordnungsbeschluss vom 20. Dezember 2001 dargelegt, dass durch das einzuleitende Flurbereinigungsverfahren Velstove die Agrarstruktur in einem Gebiet verbessert werde, das zu den besonders benachteiligten Gebieten Niedersachsens gehöre. Das Verfahren solle einen wichtigen Beitrag leisten, um eine standort-, umwelt- und marktgerechte Landwirtschaft unter Beachtung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu erhalten und zu stärken. Es werde angestrebt, durch eine zweckmäßige Neuordnung des ländlichen Grundbesitzes sowie durch den Ausbau einer leistungsfähigen Infrastruktur den Arbeitsaufwand zu vermindern, die Bewirtschaftung zu erleichtern und die Anpassung an veränderte Marktbedingungen zu ermöglichen. Als Mittel dafür sind nach der Begründung vorgesehen eine Zusammenlegung der Grundstücke im Hinblick auf eine nachhaltige Verbesserung der Besitzstruktur, eine Verbesserung der Flurstücksausformung durch Änderung der Bewirtschaftungsrichtung im Zusammenhang mit der Aufhebung von Wirtschaftswegen und Gräben sowie eine Verbesserung der Erschließung der landwirtschaftlichen Nutzflächen durch den Ausbau bzw. die Verstärkung von Wirtschaftswegen überwiegend auf alter und teilweise auf neuer Trasse. Diese Ziele sind - anders als die Klägerin wohl meint - nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FlurbG zulässig. Ihnen trägt der hier angegriffene Wege- und Gewässerplan Rechnung, wie im Näheren noch auszuführen sein wird. Die Ziele sind entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht nur "vorgeschoben", sondern sie sind durch eine Vielzahl einzelner Maßnahmen (z.B. Änderung von Bewirtschaftungsrichtungen, Änderungen des Zuschnitts von Flächen, stellenweise Renaturierung des "Butterbergsbachs" u.a.) im Wege- und Gewässerplan umgesetzt. Dass darüber hinaus im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren "im Rahmen der Neuordnung des ländlichen Grundbesitzes" auch Ziele verfolgt werden, die der Verbesserung der Betätigung des Abwasserverbandes Wolfsburg dienen (lagerichtige Anordnung des Grundbesitzes zur nachfolgenden erforderlichen Bepflanzung mit Sprühschutzhecken), ist unschädlich. Es liegen insoweit nämlich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass im Flurbereinigungsverfahren V. überwiegend oder sogar ausschließlich fremdnützige Zwecke verfolgt werden, hinter die die agrarstrukturellen Ziele zurücktreten (vgl. dazu Seehusen/Schwede, FlurbG, 7. Aufl. 1997, § 86 Rdnr.2). ...


Soweit die Klägerin sich gegen die im angegriffenen Wege- und Gewässerplan vorgesehene Rekultivierung des sog. "W. Weges" (E.-Nr. 708) im südlichen Teilbereich des Flurbereinigungsgebietes wendet, hat ihre Klage ebenfalls keinen Erfolg. Die dieser Planung zugrunde liegende Abwägung ist nicht zu beanstanden. Wie aus dem Erläuterungsbericht hervorgeht, war vor Beginn des Verfahrens aus agrarstruktureller Sicht – und damit aus Gründen, die mit dem Instrument der Flurbereinigung zulässigerweise verfolgt werden dürfen – die Rekultivierung des Weges in seiner gesamten Länge in Aussicht genommen worden, um die Schlagformen und -größen der anliegenden landwirtschaftlich genutzten Flächen zu verbessern. Wegen der dem "W. Weg" zukommenden Funktion als Verbindungsweg von V. zum Stadtteil K. und der im Regionalen Raumordnungsprogramm dargestellten Funktion des Weges als Radwanderweg mit überörtlicher Bedeutung hat die Beklagte zu 1. von einer Rekultivierung des gesamten "W. Weges" abgesehen und hat – den unterschiedlichen Graden der Agrarstrukturverbesserungen folgend – allein eine Rekultivierung des südlichen Teilstücks vorgesehen. Dabei hat sich die Beklagte zu 1. in nicht zu beanstandender Weise mit zwei von der Klägerin entwickelten Planungsalternativen auseinandergesetzt, ist diesen aber aus nachvollziehbaren Gründen nicht gefolgt. Es ist rechtsfehlerfrei, wenn die von der Klägerin vorgeschlagene erste Planungsalternative wegen der erforderlichen, aber aus ökologischen und wasserwirtschaftlichen Gründen ausgeschlossenen Verrohrung des westlichen Grabens des im Osten des "W. Weges" verlaufenden sog. "S. Weges" und wegen der mit der vorgeschlagenen Planungsalternative verbundenen erheblichen Eingriffe in den Naturhaushalt (vgl. dazu den Vermerk vom 10. Januar 2003 über das Abstimmungsgespräch vom 9. Januar 2003 mit Mitarbeitern der Unteren Wasserbehörde und der Unteren Naturschutzbehörde [Beiakte A, Abschnitt "Vereinbarungen/ Abstimmungen", S. 22]) verworfen worden ist. Ebenso wenig ist es abwägungsfehlerhaft, im südlichen Bereich des "W. Weges" den Ist-Zustand nicht beizubehalten. Der gegen diese - zweite - Planalternative sprechende Grund – die fehlende agrarstrukturelle Tragbarkeit dieser Variante – ist planungsrechtlich unbedenklich. Die infolge der Planung zu erwartende Verbesserung des Ackerzuschnitts im Umfang von ca. 18 ha, die nach dem Erläuterungsbericht eine wirtschaftlichere Bestellung und Beregnung dieser Flächen erbringt, und die Verlängerung der Schläge sind die die Planungsentscheidung tragenden Gründe, dem ein mit der Flurbereinigung rechtmäßig zu verfolgendes Ziel zugrunde liegt. Auch die Landwirtschaftskammer H.hat als beteiligte Fachbehörde in ihrer Stellungnahme vom 10. September 2003 (Bl. 175 der Beiakte C) die Verbesserung der Schlaglängen ausdrücklich begrüßt und die von der Beklagten vorgesehene Planung zur Rekultivierung des "W. Weges" befürwortet. Die Landwirtschaftskammer H. hat darauf hingewiesen, dass es wirtschaftlich nicht mehr rentabel sei, (wie bisher) Schlaglängen von 80m zu bewirtschaften. Gerade in der hier betreffenden Flurlage könnten deutlich längere Schlaglängen von 450m geschaffen werden, die praktisch schon im gesamten Flurbereinigungsgebiet vorhanden seien. Unter diesen Voraussetzungen ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte zu 1. den Rückbau und die Rekultivierung des "W. Weges" im Wege- und Gewässerplan vorgesehen hat. Der mit der Planung verbundene Nachteil, ein Mehrweg von ca. 270 m infolge der neuen Trassenführung, ist von der Beklagten zu 1. in diesem Zusammenhang ebenfalls erkannt und fehlerfrei in die Abwägung einbezogen worden. Das Abwägungsergebnis ist insoweit nicht zu beanstanden.


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Dass die Stadt W. bei der Eingemeindung der Gemeinde V. den Bürgern möglicherweise zugesichert hat, den "W. Weg" zu erhalten, ist nicht erheblich. Die Stadt W. ist nicht Trägerin der Planung im Flurbereinigungsverfahren. Die Planungsträgerin musste deshalb eventuelle Zusicherungen der Stadt W. nicht berücksichtigen. Nicht erheblich ist auch, dass sich der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft einstimmig für den Erhalt des Weges (im südlichen Abschnitt) ausgesprochen hat. Selbst eine einstimmige Erklärung des Vorstandes der Teilnehmergemeinschaft oder auch der Teilnehmerversammlung selbst bindet den Planungsträger nicht. Nach § 41 Abs. 1 FlurbG stellt die Flurbereinigungsbehörde den Wege- und Gewässerplan nur im Benehmen mit dem Vorstand der Teilnehmergesellschaft auf. Dies erfordert zwar eine Zusammenarbeit zwischen der Flurbereinigungsbehörde und dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft; die Teilnehmergemeinschaft kann allerdings nicht die Art und den Umfang des Ausbaus der gemeinschaftlichen und öffentlichen Anlagen bestimmen. Die Flurbereinigungsbehörde ist insoweit an die Vorschläge des Vorstandes der Teilnehmergemeinschaft nicht gebunden (vgl. Seehusen/Schwede, aaO, § 41 Rdnr. 9).


Den Hinweis der Klägerin, gegen eine Rekultivierung des "W. Weges" und eine Einbeziehung der angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzflächen spreche, dass eine landwirtschaftliche Nutzung ohnehin kaum noch in Betracht komme, weil das Gebiet voll erschlossen und deshalb zu erwarten sei, dass die Flächen einer anderweitigen Nutzung zugeführt werden würden, musste die Beklagte zu 1. nicht in ihre Planungsüberlegungen einbeziehen. Denn es fehlte zum Zeitpunkt des hier maßgeblichen Planfeststellungsbeschlusses im November 2003 (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 -, BVerwGE 56, 110, 121; Urt. v. 23. April 1997 - BVerwG 11 A 7.97 -, BVerwGE 104, 337, 347; Hamb. OVG, Urt. v. 2. Juni 2005 - 2 Bf 345/02 -, NVwZ-RR 2006, 97) an der erforderlichen Wahrscheinlichkeit für die Verwirklichung derartiger Pläne zur Errichtung und zum Betrieb einer Biogasanlage gerade im hier fraglichen Verfahrensgebiet. In die Abwägungsentscheidung sind Vorhaben, die abwägungserheblich sein könnten, nur dann einzustellen, wenn deren Verwirklichung bereits konkret ins Auge gefasst ist oder bei realistischer Betrachtungsweise bei vorhandenen betrieblichen Entwicklungsmöglichkeiten naheliegt (vgl. dazu Nds. OVG, Urt. v. 4. Januar 1983 - 1 C 2/81 -, BRS 40 Nr. 34). Unklare oder unverbindliche Absichtserklärungen genügen insoweit nicht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10. November 1998 - BVerwG 4 BN 44.98 -, NVwZ-RR 1999, 423; Beschl. v. 5. September 2000 - BVerwG 4 B 56.00 -, NVwZ-RR 2001, 82 = AgrarR 2001, 248). Es bestehen unter diesen Voraussetzungen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Planungen das Stadium von (ersten) Vorüberlegungen und gutachterlichen Stellungnahmen überschritten haben könnten. So legt die Klägerin bereits selbst in der Begründung ihrer Klage vom 30. Juni 2004 (Bl. 9 der Gerichtsakte) und damit nach dem hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt dar, dass derzeit nicht einmal der Standort der fraglichen Anlage konkret feststehe. Ein anderes Bild ergibt sich auch nicht aus den Darlegungen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 15. September 2004. Den vorgelegten Anlagen 4 bis 6 ist allenfalls zu entnehmen, dass etwa im Juli 2004 Vorüberlegungen zu einem möglichen Standort angestellt worden sind; dass die fragliche Biogas-Anlage im Verfahrensgebiet angesiedelt werden könnte, lässt sich aber auch aus den vorgelegten Unterlagen nicht schließen. Die weitergehende Auffassung der Klägerin, bei einer möglichen Ansiedlung einer Biogas-Anlage am Klärwerk B. westlich des Flurbereinigungsgebietes würden unweigerlich auch angrenzende Flächen zum Zwecke der Lagerung und Trocknung von nachwachsenden Rohstoffen in Anspruch genommen, ist spekulativ und musste die Beklagte zu 1. in ihre Abwägung nicht einbeziehen. So geht offenbar die Klägerin selbst in ihrem Schriftsatz vom 15. September 2004 davon aus, dass nur "sinnvollerweise" die in Rede stehenden Flächen im Bereich des "W. Weges" für die Zwecke einer Biogas-Anlage genutzt werden könnten. Dies genügt allerdings nicht, um eine Unvollständigkeit des Abwägungsmaterials und eine Fehlerhaftigkeit der Abwägung im entscheidungserheblichen Zeitpunkt annehmen zu können.


Die Abwägungsentscheidung der Beklagten zu 1. ist auch nicht etwa deshalb fehlerhaft, weil das Gebiet als Sondergebiet für Windkraftanlagen dargestellt ist und deshalb - wie die Klägerin meint – nur noch eine eingeschränkte Landbewirtschaftung möglich sei. Die Beklagte zu 1. hat zunächst rechtsfehlerfrei erkannt, dass der südwestliche Bereich des Verfahrensgebietes von einem "Sondergebiet für Windenergieanlagen gestreift" wird. Diese - nur stellenweise - Überschneidung der landwirtschaftlich genutzten Fläche und des Vorranggebiets für Windkraftanlagen führt allerdings nicht zu einem Konflikt verschiedener Nutzungen, der die Abwägungsentscheidung der Beklagten zu 1. rechtswidrig machen könnte. Die Nutzung einer Fläche zum Zwecke der Errichtung und des Betriebs von Windkraftanlagen und zugleich zu landwirtschaftlichen Zwecken ist nicht von vornherein konfliktträchtig und planungsrechtlich nicht schon grundsätzlich zu beanstanden (vgl. nur: OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 15. Juli 2002 – 7 A 860/01 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 6. März 2002 – 8 C 11470/01 -, BauR 2002, 1205 = BRS 65 Nr. 55). Es bestehen im vorliegenden Fall auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass es zu einer erheblichen Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Nutzung durch die Nutzung einer geringen Teilfläche für die Erzeugung von Windenergie kommen könnte. Dazu hat auch die Klägerin keine näheren Angaben gemacht. Der weitergehende Einwand der Klägerin, wegen der Darstellung des fraglichen Gebietes als Vorranggebiet für Windkraftanlagen müsse das Gebiet rund um den "W. Weg" in der jetzigen Form erhalten bleiben, geht fehl. Die in Rede stehende Darstellung als Vorranggebiet verlangt nicht die unveränderte Beibehaltung eines bestimmten Gebietszuschnitts. Solange die der Nutzung des Gebiets als Vorranggebiet für Windkraftanlagen nicht entgegenstehende Darstellung des Gebietes als landwirtschaftliche Nutzfläche nicht geändert wird (vgl. z.B. Sächsisches OVG, Urt. v. 18. Mai 2000 – 1 B 29/98 – NuR 2002, 162), sind Änderungen im Zuschnitt einzelner Teilflächen ohne Belang. Ohne Fehler hat schließlich die Beklagte zu 1. in ihre Abwägungsentscheidung in diesem Zusammenhang auch einstellen dürfen, dass es infolge der derzeitigen Auslastung der Kapazitäten zur Einspeisung von Windenergie in das Stromversorgungsnetz in absehbarer Zeit nicht zur Errichtung von Windkraftanlagen kommen werde. Dagegen hat die Klägerin Einwendungen nicht erhoben. Wenn schließlich die Klägerin meint, die Darstellung eines Teils des Verfahrensgebietes als Vorranggebiet für Windkraftanlagen schließe wegen der Höherwertigkeit der betroffenen Flächen die Möglichkeit wertgleicher Abfindung aus, so hat sie damit keinen Erfolg. Die Frage wertgleicher Abfindung des einzelnen Teilnehmers am Flurbereinigungsverfahren ist nicht Gegenstand des hier in Rede stehenden Wege- und Gewässerplans, sondern ist erst im weiteren Verlauf des Flurbereinigungsverfahrens nach § 44 FlurbG zu behandeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 6. Februar 1986 – 5 C 40.84 -, BVerwGE 74, 1, 8) <= RzF - 51 - zu § 36 Abs. 1 FlurbG>.


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Die weitergehende Befürchtung der Klägerin, durch die Rekultivierung des südlichen Teilstücks des "W. Weges" und durch den neuen Zuschnitt der betroffenen Fläche verblieben nicht zu bewirtschaftende Restflächen im Bereich nördlich des Weges E.-Nr. 111.10 bis zum Wald sowie im Süden ebenfalls im Bereich des Waldes, ist nicht begründet. Wie sich aus der dem Senat vorliegenden Karte zum Plan über die gemeinschaftlichen und öffentlichen Anlagen ergibt, sind die behaupteten Erschwernisse der Landbewirtschaftung nördlich des Weges E.-Nr. 111.10 nicht durch die Rekultivierung des südlichen Teilabschnitts des "W. Weges" bedingt, sondern allenfalls durch die Neuanlage des Wegs E.-Nr. 111.10, und führen jedenfalls im Vergleich zum bisherigen Zuschnitt und der bisherigen Bearbeitung der Flächen nicht zu einer signifikanten Verschlechterung der Landbewirtschaftung in diesem Bereich. Dies gilt insbesondere deswegen, weil die im hier angegriffenen Wege- und Gewässerplan vorgesehene Bewirtschaftungsrichtung von Ost nach West verläuft und deshalb kurze Schlaglängen zwischen dem Weg E.-Nr. 111.10 und dem nördlichen Waldstück vermieden werden. Die Landwirtschaftskammer Hannover hat dazu - wie oben bereits dargelegt - in ihrer Stellungnahme vom 10. September 2003 (Bl. 175 der Beiakte C) mitgeteilt, dass die von der Beklagten zu 1. verfolgte Variante "Am W. Moor" von ihr mitgetragen werde und dazu auf die verbesserten Bewirtschaftungsbedingungen durch eine Verlängerung der Schlaglängen verwiesen. Das Gleiche gilt auch für den südlichen Bereich der südlich des Weges E.-Nr. 111.10 liegenden Fläche. Auch hier sind planungserhebliche Einschränkungen der Landbewirtschaftung, die dem Klagebegehren der Klägerin zum Erfolg verhelfen könnten, nicht erkennbar.


Das Vorbringen der Klägerin, der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft lehne die geplanten Wendehämmer E.-Nrn. 115.20 und 116.30 einstimmig ab und favorisiere statt der Planung der Beklagten zu 1. die Anlage eines Rundweges, bleibt ebenfalls erfolglos. Die Beklagte zu 1. hat nachvollziehbar in ihrem Erläuterungsbericht dargelegt, dass die Verwirklichung der planerischen Vorstellungen der Klägerin wegen der Qualität des Standortes (feuchter anmooriger Standort, der die Voraussetzungen eines Landschaftsschutzgebietes erfülle) einen deutlich höheren bautechnischen Aufwand erfordere, der mit einem erheblich stärkeren Eingriff in den Naturhaushalt verbunden sei. Letztlich räumt dies auch die Klägerin ein, wenn sie in der Begründung ihres Widerspruchs vom 22. Januar 2004 ausführt, dass "der naturschutzrechtliche Ausgleich erhöht" sei. Wenn die Beklagte zu 1. sich unter diesen Voraussetzungen und unter Abwägung der widerstreitenden Belange für die Anlage von Wendehämmern entscheidet, so ist dies unter planungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht fehlerhaft.


Erfolglos bleibt die Klägerin auch mit ihrem Vorbringen, es werde der Ausbau des gesamten Weges E.-Nr. 107 gefordert, weil es sich um den am stärksten, zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzten Weg handele, und eine Kostensenkung könne durch einen Verzicht auf die Verlegung des Weges E.-Nr. 701 nach E.-Nr. 106 erreicht werden. Die Erwägungen der Beklagten zu 1., der Weg befinde sich im Verhältnis zu anderen, auf vorhandener Trasse auszubauenden Wegen im Verfahrensgebiet in einem annehmbaren Zustand, die Rübenabfuhr könne auf anderen Wegen gewährleistet werden und durch die Drehung der Bewirtschaftungsrichtung der anliegenden landwirtschaftlichen Nutzflächen komme dem Weg zukünftig eine andere, geringere Bedeutung zu, sind hinreichend und tragen die Planentscheidung. Nicht zu Lasten der Planung der Beklagten zu 1. ist ausschlaggebend, dass es durch den Rückbau des Weges E.-Nr. 701 und die Neuanlage des Weges E.-Nr. 106 zu einer Verschwenkung der Verkehrsführung in Nord-Süd-Richtung kommt, die besonders die Rübenabfuhr in den Einmündungsbereichen der Wege E.-Nrn. 109 und 107 und der Wege E.-Nrn. 107 und 106 erschweren könnte. Es ist nicht zu beanstanden, die von der Klägerin befürchteten Nachteile hinter die Verbesserung der Bewirtschaftungsbedingungen für die Flächen beiderseits des Weges E.-Nr. 106 zurückzustellen und durch eine Bewirtschaftung der Schläge von Ost nach West verwinkelte oder spitz zulaufende Schläge im Bereich des zurückzubauenden Weges E.-Nr. 701 zu vermeiden.


Die von der Klägerin erhobene Forderung, es seien sog. Sprühschutzhecken auch entlang der Wege E.-Nrn. 107 und 109 anzulegen, mit der sie die von der Beklagten zu 1. verfolgte Planung von Sprühschutzhecken nur entlang sog. übergeordneter Straßen angreift, bleibt erfolglos. Es begegnet keinen planungsrechtlichen Bedenken, wenn der Wege- und Gewässerplan entsprechend der dem Abwasserverband W. mit Bescheid der Bezirksregierung B. vom 9. Dezember 2002 (Beiakte B) aufgegebenen Pflicht kostenträchtige Sprühschutzhecken nur entlang von Bundes-, Landes-, Kreis- und Gemeindeverbindungsstraßen vorsieht. Die von der Klägerin geforderte Anlage von Sprühschutzhecken an landwirtschaftlich genutzten Wegen ist aus Gründen der Sicherheit des Verkehrs nicht geboten. Das von der Klägerin offenbar mit der Anlage der Hecken verfolgte Ziel, eine schnelle Kontrolle des gebotenen Verregnungsabstandes zu Wohnbauflächen für jedermann zu ermöglichen, ist ein nicht taugliches Kontrollmittel und deshalb auch nicht geboten. Denn mit dem bereits genannten Bescheid vom 9. Dezember 2002 ist dem Abwasserverband W. die "Einhaltung von Abständen der Regner zu den Grundstücksgrenzen von bewohnten Gebäuden" aufgegeben worden, die je nach Art und Düsenöffnung des Regners sowie besonderer Witterungsverhältnisse zwischen 4 m und 150 m betragen. Die Anlage von Sprühschutzhecken ist unter diesen Voraussetzungen ein nicht brauchbares Instrument zur Abstandskontrolle, weil der zulässige Abstand nach der Art und Weise der Beregnung und nach weiteren Faktoren variiert und somit ohnehin nicht für "jedermann" erkennbar ist, ob der jeweils "erforderliche Abstand" eingehalten wird. Der Senat kann unter diesen Voraussetzungen offen lassen, ob es überhaupt geboten gewesen wäre, die Möglichkeit einer Kontrolle der dem Abwasserverband W. obliegenden Pflichten durch die Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens in die Abwägung einzustellen.

Anmerkung


Vgl. Nds. OVG, Urt. v. 22. Oktober 1980 - F OVG A 216/78 - = RzF - 46 - zu § 36 Abs. 1 FlurbG und OVG Koblenz, Urt. v. 12. Mai 1981 - 9 C 58/80 = RzF - 8 - zu § 41 Abs. 1 FlurbG.