Flurbereinigungsgericht Greifswald, Urteil vom 25.07.2019 - 9 K 755/18 OVG (Lieferung 2021)

Aktenzeichen 9 K 755/18 OVG Entscheidung Urteil Datum 25.07.2019
Gericht Flurbereinigungsgericht Greifswald Veröffentlichungen Lieferung 2021

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Mit § 37 FlurbG kann die Verletzung eines subjektiven Rechts nicht begründet werden; die Norm ist nicht drittschützend, sondern regelt ausschließlich objektiv-rechtlich die Pflichten der Behörde.
2. Ohne Konkretisierung genügt die geäußerte Absicht, ein unbebautes und landwirtschaftlich genutztes Einlageflurstück als Altenteil nutzen zu wollen, nicht den Anforderungen an einen qualifizierten Planwunsch.

Aus den Gründen

(Der Kläger macht materiell-rechtlich eine Verletzung des § 37 FlurbG geltend. Damit kann die Verletzung eines subjektiven Rechts nicht begründet werden; die Norm ist nicht drittschützend, sondern regelt ausschließlich objektiv-rechtlich die Pflichten der Behörde (vgl. Wingerter/Mayr, FlurbG 10.Aufl. 2018 § 37 Rn. 7 m.Nw. zur Rspr.). Der einzelne Teilnehmer hat in diesem Zusammenhang subjektive Rechte nur aus § 44 FlurbG.


Eine Verletzung subjektiver Rechte aus § 44 FlurbG vermag der Senat nicht zu erkennen. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG ist jeder Teilnehmer für seine Grundstücke mit Land von gleichem Wert abzufinden. Das Gebot wertgleicher Abfindung ist oberster Grundsatz des Flurbereinigungsverfahrens. Seine Einhaltung unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung. Nach § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG sind bei der Landabfindung die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse aller Teilnehmer gegeneinander abzuwägen. Danach tritt neben die volle gerichtliche Überprüfung der Beachtung des Gebots wertgleicher Abfindung eine Abwägungskontrolle nach den Grundsätzen, die die Rechtsprechung für die gerichtliche Überprüfung von Planungsentscheidungen entwickelt hat. Diese beschränkt sich jedoch wegen der spezifischen Verknüpfung der planerischen Abwägung nach § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG mit dem Gebot wertgleicher Abfindung auf solche Belange, die nicht die Wertsicherung des Bestands betreffen und deren ordnungsgemäße Berücksichtigung deshalb durch eine wertgleiche Abfindung noch nicht gewährleistet ist. Die Abwägungskontrolle richtet sich deshalb darauf, ob die Abfindungsgestaltung konkretisierte betriebliche Entwicklungstendenzen, die sich dem Teilnehmer erst durch die Flurbereinigung eröffnen und die deshalb für die Frage wertgleicher Abfindung unerheblich sind, abwägungsfehlerfrei berücksichtigt (BVerwG, B. v. 08.03.2017 - 9 B 57/16 -AUR 2017, 216).


Eine vollständige Kontrolle der Abwägungsentscheidung des Beklagten kann der Kläger nicht verlangen.


Die gerichtliche Überprüfung der im Bodenordnungsplan enthaltenen Regelung über die Landabfindung erschöpft sich nur dann nicht in der Prüfung, ob der Anspruch des Teilnehmers auf wertgleiche Abfindung erfüllt ist, wenn der Betroffene Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt hat, die bereits so konkretisiert und verfestigt sind, dass ihre Verwirklichung nicht bloß theoretisch möglich, sondern voraussehbar ist. Die Teilnehmer trifft insoweit aber eine Mitwirkungspflicht, nach der sie gehalten sind, im Planwunschtermin (§ 57 FlurbG) auf die maßgeblichen Gesichtspunkte hinzuweisen und hierzu konkrete Gestaltungsvorschläge zu unterbreiten. Nur derart qualifizierte Planwünsche gehören zum Abwägungsmaterial (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.08.2006 - 10 C 4.05 -, BVerwGE 126, 303, juris RdNr. 30 <= RzF - 102 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG>; Urt. v. 17.01.2007- BVerwG 10 C 1.06-, BVerwGE 128, 87, juris RdNr. 37 <= RzF - 105 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG>). Ansonsten ist für eine gesonderte gerichtliche Abwägungskontrolle neben der Gleichwertigkeitsprüfung kein Raum, soweit es um die Berücksichtigung gleichwertigkeitsbestimmenderFaktoren - abgesehen von gesondert geregelten Umständen, etwa in § 44 Abs. 5 Satz 1 FlurbG oder§ 45 FlurbG - in der Abwägung geht (vgl. BVerwG, Urt. v.23.08.2006, a.a.O.).


Solche qualifizierten Planwünsche hat der Kläger im Verwaltungsverfahren nicht geäußert. Insbesondere genügt die im Widerspruchsschreiben vom 09.10.2013 geäußerte Absicht, das unbebaute und landwirtschaftlich genutzte Einlageflurstück 3 als Altenteil zu nutzen, nicht den Anforderungen an einen qualifizierten Planwunsch, weil jegliche Konkretisierung fehlt.

Anmerkung


Zu Leitsatz 1: siehe RzF - 37 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG. Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BVerwG, Beschluss vom 19.11.2020 - BVerwG 9 B 55.19 = RzF - 66 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG