Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 20.06.2006 - 9 C 11551/05.OVG (Lieferung 2007)
Aktenzeichen | 9 C 11551/05.OVG | Entscheidung | Urteil | Datum | 20.06.2006 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Koblenz | Veröffentlichungen | Lieferung | 2007 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Wird auf Antrag eines Widerspruchsführers und in seinem ausschließlichen Interesse eine für ihn günstige Regelung im Flurbereinigungsplan getroffen, die eine zuvor im Einverständnis mit ihm getroffene Regelung nachträglich abändert, dürfte der sachliche Grund dafür fehlen, das zuvor verbrauchte Rügerecht wieder aufleben zu lassen. |
2. | Halten die von der Flurbereinigungsbehörde angestellten agrarstrukturellen Erwägungen der rechtlichen Überprüfung stand, so rechtfertigt ein höheres Gebot nicht eine von dem Zweck der Flurbereinigung abweichende Zuteilung von Masseland. |
Aus den Gründen
Das Verfahren der Landabfindung war für den Kläger durch den Nachtrag VI zum Flurbereinigungsplan abgeschlossen. Der Kläger hat hiergegen keinen Widerspruch erhoben. Die zuvor eingelegten Widersprüche gegen den Flurbereinigungsplan, Stand Nachtrag III, hatten sich durch den am 28. Mai 2003 vor der Spruchstelle für Flurbereinigung abgeschlossenen Vergleich erledigt, da der Nachtrag VI die dort getroffene Vereinbarung umgesetzt hat. Das Nichteinlegen von Widersprüchen gegen den Nachtrag VI in Verbindung mit der Erledigung der zuvor eingelegten Widersprüche hat zur Folge, dass die vollzogene Abfindung für den betreffenden Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens bestandskräftig geworden und er mit hiergegen später erhobenen Rechtsbehelfen ausgeschlossen ist (vgl. Seehusen/Schwede, Flurbereinigungsgesetz, 7. Aufl. 1997, § 59 Rn. 6). Allerdings ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass nachträgliche Änderungen des Plans, die von der vereinbarten Regelung abweichen, die Ausschlusswirkung wieder entfallen lassen (vgl. die Urteile des Senats vom 23. April 2004 - 9 C 11193/03.OVG -, S. 9 des Umdrucks, und vom 2. Oktober 2002 - 9 C 11547/01.OVG -, S. 8 f. d.U.). Eine solche Planänderung ist hier durch den Widerspruchsbescheid der Spruchstelle für Flurbereinigung vom 29. September 2005 erfolgt. Es ist allerdings zweifelhaft, ob diese auf das Flurstück Nr. 2481 bezogene Planänderung ebenfalls die Ausschlusswirkung in dem oben beschriebenen Sinn entfallen lässt. Zweifel sind hier deshalb angebracht, weil die Planänderung nicht eine zuvor im Einverständnis des Teilnehmers getroffene Regelung nachträglich abändert, sondern auf seinen Antrag und in seinem ausschließlichen Interesse eine für ihn günstige Regelung trifft. In einem solchen Fall dürfte der sachliche Grund dafür fehlen, das zuvor verbrauchte Rügerecht wieder aufleben zu lassen (vgl. Seehusen/Schwede, a.a.O. Rn. 15; BayVGH, RdL 1978, 183 = RzF 59 II 29 <= RzF - 12 - zu § 59 Abs. 2 FlurbG> zum Fortbestand der Ausschlusswirkung hinsichtlich derjenigen Planregelungen, die mit der Planänderung in keinerlei Zusammenhang stehen).
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Die mit Nachtrag VII zum Flurbereinigungsplan vollzogene Zuteilung des Masselandes ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die Zuteilung von Masseland ist § 54 Abs. 2 FlurbG. Danach ist das infolge von Geldabfindungen und nach § 46 FlurbG zur Abfindung der Teilnehmer nicht benötigte Land in einer dem Zweck der Flurbereinigung entsprechenden Weise oder für Siedlungszwecke zu verwenden. Durch § 54 Abs. 2 FlurbG wird die Flurbereinigungsbehörde ermächtigt, das übrig gebliebene Land nach pflichtgemäßen Ermessen an interessierte Bewerber so zu verteilen, dass die Zuteilung vornehmlich den in § 1 und § 37 Abs. 1 FlurbG umschriebenen Zielsetzungen entspricht. In diesem Sinne soll die Vergabe von Masseland insbesondere dazu beitragen, die Grundlagen der Wirtschaftsbetriebe zu verbessern, den Arbeitsaufwand zu vermindern und die Bewirtschaftung zu erleichtern (vgl. § 37 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 FlurbG). Da der Flurbereinigungsbehörde bei der Zuteilung ein Auswahlermessen zusteht, hat kein Teilnehmer einen Rechtsanspruch auf Zuweisung von bestimmtem Masseland, sondern nur ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Da die Erreichung agrarstruktureller Zielsetzungen im Vordergrund steht, hat die Höhe des im Zuteilungsverfahren abgegebenen Angebots nicht die Bedeutung etwa wie bei einer Versteigerung. Im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens hat die Flurbereinigungsbehörde etwaige Richtlinien zu beachten (vgl. zum Vorstehenden insgesamt: Seehusen/Schwede, a.a.O., § 54 Rn. 8 ff.; BayVGH, Urteil vom 7. Mai 2002 - 13 A 00.445 -, juris <= RzF - 28 - zu § 54 Abs. 2 FlurbG>).
Die Flurbereinigungsbehörde ist hier den vorgenannten Grundsätzen und den Zuteilungsrichtlinien im Rundschreiben des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau vom 20. Februar 1998 (unveröffentlicht, vgl. Bl. 85 ff. des Widerspruchssammelheftes) gefolgt. Sie hat sich bei ihrer Entscheidung von der Vorgabe leiten lassen, kleinere Massegrundstücke in der Regel dem Empfänger eines angrenzenden Grundstücks zuzuteilen und das Massegrundstück gegebenenfalls auch auf mehrere Empfänger angrenzender Grundstücke aufzuteilen (vgl. Tz. 3.3 des Rundschreibens). Dies ist hier zunächst im Hinblick auf das Flurstück Nr. 2721 geschehen, das diagonal aufgeteilt den Empfängern der beiden benachbarten Flurstücke zugeteilt wurde. Hierdurch hat sich für diese der Zuschnitt ihrer Grundstücke und damit die Möglichkeit der Bewirtschaftung verbessert. Der Grundsatz einer sinnvollen Bewirtschaftung des Flurstücks durch den Eigentümer der Nachbarparzelle durfte aber auch bei dem Streuobstwiesengrundstück Nr. 2644 Berücksichtigung finden. Auch insofern durfte die Behörde bei ihrer Zuteilungsentscheidung davon ausgehen, dass die Bewirtschaftung und Pflege der Streuobstwiese am nachhaltigsten durch die Eigentümerin des Nachbargrundstücks gesichert ist. Diese Auswahlentscheidung wird nicht dadurch rechtswidrig, dass sich im Nachhinein Mängel bei der Bewirtschaftung des Grundstücks ergeben. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die geltend gemachte Inanspruchnahme eines Teils der Streuobstwiese als Ablagerungsfläche wegen der Durchführung von Bauarbeiten im benachbarten Haus vorübergehender Natur und Mängel bei der Pflege des Baumbestandes auf Ungewissheiten hinsichtlich des anhängigen Gerichtsverfahrens zurückzuführen sein dürften. Halten die von der Flurbereinigungsbehörde angestellten agrarstrukturellen Erwägungen der rechtlichen Überprüfung stand, so rechtfertigt das höhere Gebot des Klägers aus den oben dargelegten Gründen nicht eine von dem Zweck der Flurbereinigung abweichende Zuteilung (vgl. Tz. 3.4 des Rundschreibens). Dies gilt auch hinsichtlich des Umstands, dass es sich bei dem Streuobstwiesengrundstück um Altbesitz des Klägers handelt. Denn er hat gegenüber der Flurbereinigungsbehörde erklärt, dass er an dem Grundstück nur als Tauschobjekt interessiert sei. Soweit der Kläger schließlich auf eine Minderzuweisung in Höhe von 17 % hinweist und dies als entscheidende Ermessenserwägung für die Zuteilung zu seinen Gunsten anführt, ist darauf hinzuweisen, dass es sich dabei nur um eine "formale" Minderzuweisung hinsichtlich der festgestellten Werteinheiten handelt, diese Minderzuweisung jedoch - im Einverständnis des Klägers - durch Mehrzuteilung von nachträglich in das Flurbereinigungsverfahren einbezogenen Flurstücken ausgeglichen wurde.