Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 21.02.2008 - 7 S 146/05 (Lieferung 2009)
Aktenzeichen | 7 S 146/05 | Entscheidung | Urteil | Datum | 21.02.2008 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Mannheim | Veröffentlichungen | Lieferung | 2009 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Entwicklungstendenzen eines landwirtschaftlichen Betriebes, auf die nicht im Wunschtermin nach § 57 FlurbG hingewiesen wurde, finden bei der Gestaltung der Abfindung nur dann Berücksichtigung, wenn sie ohnehin erkennbar sind. |
2. | Selbst wenn ein Teil der Einwurfsfläche nach dem Flurbereinigungsplan nunmehr ein höherer (Zuteilungs-) Wert zukäme, als er dem Kläger bei der Wertermittlung als Einwurfswert zugute gekommen ist, ist der daraus für die betroffenen Grundstückseigentümer entstandene Vorteil die Folge einer zweckmäßigen Gestaltung des Flurbereinigungsgebiets und resultiert nicht aus einem entsprechenden Nachteil des Klägers. |
Aus den Gründen
<Anm. d. Red.: Aus dem Tatbestand:
Der Kläger ist
Teilnehmer des
Flurbereinigungsverfahrens W.. Die Bodenwerte wurden durch unanfechtbar gewordenen Beschluss vom 26.10.1982 festgestellt. Die vorläufige Besitzeinweisung erfolgte am 8.6.2001 mit Wirkung zum 1.8.2001.
...
Gegen den Flurbereinigungsplan vom 31.5.2001 erhob der Kläger im Anhörungstermin nach § 59 Abs. 2 FlurbG am 18.7.2001 Widerspruch. ... Ein Teil der Einlagefläche diene heute der Erschließung der M.-Gartenhausgrundstücke. Die jetzigen Wegflächen und die Flächen, die D. B. als Gartenhausfläche in Bodenklasse 10 zugewiesen worden seien, wolle er in der Bodenklasse 10 im alten Bestand angerechnet erhalten. ...
Der Kläger hat ... beim Flurbereinigungsgericht Klage erhoben. Zur Begründung trägt er weiter vor, dass es hinsichtlich des Einlageflurstücks Nr. xxx seines Erachtens richtig wäre, auch den Alteigentümer an der Wertsteigerung des Grundstücks zu beteiligen. ... Das Einlageflurstück yyy liege an einer viel befahrenen Straße und eigne sich beispielsweise für eine Feldvermarktung von selbst erzeugten Erdbeeren. Er stelle den Antrag, dieses Grundstück in alter Lage bei der Straße Richtung M. neben seinem Grundstück zzz zuzuteilen.>
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. ...
II. Die Bemessung der Abfindung des Klägers entspricht diesen Voraussetzungen. Nach dem unanfechtbaren Wertfeststellungsbeschluss vom 26.10.1982 hat der Kläger einen Abfindungsanspruch von 420,11 WE. Unter Einbeziehung von weiteren 19,24 WE zum Ausgleich dauernder Nachteile beträgt sein Abfindungsanspruch 439,35 WE einerseits und die Abfindung 439,90 WE andererseits, so dass eine Mehrausweisung von 0,55 WE verbleibt.
Es gibt auch keinen Anhaltspunkt für eine fehlerhafte Gestaltung der Abfindung, insbesondere ist kein Ermessensfehler erkennbar. ...
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuteilung eines bestimmten Grundstücks im Bereich der Einlageflurstücke Nr. ... . Die Einlagegrundstücke ... wurden landwirtschaftlich genutzt. Es handelte sich nach den auch vom Kläger nicht bestrittenen Feststellungen des Beklagten nicht um sog. bedingte Grundstücke, also um Grundstücke, die wertbestimmende Faktoren aufweisen, die an keiner anderen Stelle des Flurbereinigungsgebiets anzutreffen sind, weshalb eine Abfindung nur im Bereich der Einlage möglich ist. Dabei ist hervorzuheben, dass die vom Kläger angenommene Baulandperspektive das Einlagegrundstück nicht zu einem bedingten Grundstück in diesem Sinne machen würde. ...
2. Erschwernisse für die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse seines landwirtschaftlichen Betriebs kann der Kläger nicht geltend machen. Soweit er nämlich meint, dass er mit Blick auf das Einlageflurstück Nr. yyy einen Anspruch auf Zuteilung eines Grundstücks im dortigen Bereich neben dem Abfindungsflurstück Nr. zzz zum Zweck einer günstigeren Erdbeereigenvermarktung habe, übersieht er, dass es für die Wertgleichheit der Abfindung in den Fällen der vorläufigen Besitzeinweisung auf den Zeitpunkt ankommt, in dem die Besitzeinweisung wirksam geworden ist (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 4 FlurbG). Die vorläufige Besitzeinweisung erfolgte vorliegend aber bereits am 8.6.2001 mit Wirkung zum 1.8.2001. Zu diesem Zeitpunkt war im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens von einer beabsichtigten Erdbeervermarktung aber noch keine Rede. Entwicklungstendenzen eines landwirtschaftlichen Betriebes, auf die nicht im Wunschtermin nach § 57 FlurbG hingewiesen wurde, finden bei der Gestaltung der Abfindung nur dann Berücksichtigung, wenn sie ohnehin erkennbar sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.5.1981 - 5 CB 13.80 -, RdL 1981, 209 <= RzF - 66 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG>). Beides war vorliegend nicht der Fall: Der Kläger hat von der Absicht zur geplanten Erdbeervermarktung weder im Wunschtermin etwas verlauten lassen, noch war derartiges ohne weiteres erkennbar. Vielmehr hat der Kläger diese Vermarktungsabsicht erstmals im gerichtlichen Verfahren und damit verspätet geltend gemacht. ...
3. Es gibt auch keine Umstände i. S. des § 44 Abs. 2 FlurbG, die nicht berücksichtigt worden wären, obwohl sie auf den Ertrag, die Benutzung und die Verwertung der Grundstücke wesentlichen Einfluss haben.
a) Selbst wenn - was sich in der mündlichen Verhandlung zumindest als zweifelhaft erwiesen hat - ein Teil der neben dem Gartenhausgebiet gelegenen Einwurfsfläche des Klägers (Einlagegrundstück Flst. Nr. 1392) nach dem Flurbereinigungsplan nunmehr zum Gartenhausgebiet gehört und außerdem dieser Fläche ein höherer (Zuteilungs-)Wert zukäme, als er dem Kläger bei der Wertermittlung als Einwurfswert zugute gekommen ist, ist der daraus für die betroffenen Grundstückseigentümer im Gartenhausgebiet eventuell entstandene Vorteil die Folge einer zweckmäßigen Gestaltung des Flurbereinigungsgebiets und resultiert nicht aus einem entsprechenden Nachteil des Klägers. Denn jedenfalls bei den bislang bestehenden Grundstücksverhältnissen war für den Kläger eine Nutzung als Fläche im Gartenhausgebiet nicht möglich, weil die Fläche nicht von dem betreffenden Plangebiet umfasst war. Er konnte aufgrund der örtlichen Verhältnisse wohl noch nicht einmal darauf hoffen, dass die Eigentümer von angrenzenden Gartenhausgrundstücken sich für Teile seines Einwurfsgrundstücks, die nunmehr u. a. als Wegefläche dienen, zur Nutzung als Gartenland interessieren würden und daher bei einem Erwerb möglicherweise höhere Preise zu zahlen bereit gewesen wären. Aber selbst dann wäre diese Chance allein kein Umstand i. S. des § 44 Abs. 2 FlurbG gewesen, der den Verwertungswert der Einlagefläche über den Wert vergleichbarer landwirtschaftlicher Flurstücke hinausgehoben hätte. Unter den Begriff des Umstandes i. S. des § 44 Abs. 2 FlurbG fallen, wie in der Rechtsprechung allgemein anerkannt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.6.1959 - BVerwGE 8, 343 = NJW 1959, 1649 und VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.12.1960 - 5 S 429/58 - und vom 13.3.1964 - V 584/62 - <= RzF - 15 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG>) nur solche tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten, die das Grundstück selbst kennzeichnen, nicht dagegen Verhältnisse, die nur mittelbar einen Einfluss auf seine Bewertung haben. Spekulationsgesichtspunkte fallen demnach nicht unter diesen Begriff. Somit ist vorliegend in dem vom Kläger beschriebenen Sachverhalt kein Umstand i. S. des § 44 Abs. 2 FlurbG zu sehen, der bei der Landabfindung zu berücksichtigen gewesen wäre (vgl. zu all dem schon das Senatsurteil vom 25.3.1969 - VII 312/67 - <= RzF - 27 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG>). ...
Anmerkung
Zu Leitsatz 1 vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.05.1981, 5 CB 13/80 = RdL 1981, 209 (red. Leitsatz und Gründe) = RzF - 66 - zu § 44 Abs. 2 FlurbG