Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 04.02.2016 - 13 A 14.2728 = RdL 209-211 (Leitsatz und Gründe) (Lieferung 2017)
Aktenzeichen | 13 A 14.2728 | Entscheidung | Urteil | Datum | 04.02.2016 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht München | Veröffentlichungen | = RdL 209-211 (Leitsatz und Gründe) | Lieferung | 2017 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Ein Fischereirecht als privates dingliches Nutzungsrecht stellt eine vermögenswerte Rechtsposition dar, die als Eigentum anzusehen ist. Dieses Recht geht auf die in der örtlichen Lage ausgewiesenen neuen Grundstücke über und ist im Fortführungsnachweis als Bestandteil des Flurbereinigungsplans deklaratorisch zu beschreiben. |
2. | Solange nicht der Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 FlurbG erbracht ist, ist für das Flurbereinigungsverfahren der Eintrag im Grundbuch maßgeblich. Weitergehende Ermittlungen zu streitigen Eigentumsverhältnissen oder dem Umfang des Fischereirechts sind nicht Aufgabe der Flurbereinigungsbehörde. |
Aus den Gründen
14 Der Sohn des Klägers hat mit dessen Vollmacht wirksam Klage erhoben, § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VwGO. Als Inhaber eines Fischereirechts ist der Kläger Nebenbeteiligter am Flurbereinigungsverfahren (§ 10 Nr. 2 d FlurbG) und klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO. Das selbständige Fischereirecht im Sinn von Art. 8 des Bayerischen Fischereigesetzes (BayFiG) ist ein Aneignungsrecht (§§ 958, 960 BGB), das als privates dingliches Nutzungsrecht an einer fremden Sache ausgebildet ist (BayVGH, U.v. 7.2.1974 - 119 XII 71 - RdL 1974, 126; U.v. 4.6.2014 - 2 B 12.1587 - NVwZ-RR 2014, 772; Braun/Keiz, Fischereirecht in Bayern, Stand Juni 2015, Art. 3 Rn. 2, Art. 8 Rn. 5 m.w.N.). Es stellt eine vermögenswerte Rechtsposition dar, die als Eigentum im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG anzusehen ist (BVerwG, U.v. 17.5.1995 - 11 C 15.94 - BVerwGE 98, 230 = RdL 1995, 207; BayVGH, B.v. 24.7.2003 - 13 AS 03.1702 - = RzF - 3 - zu § 10 Nr. 1 FlurbG; U.v. 3.3.1994 -13 A 92.2234 - RdL 1994, 294).
15 Die Klage ist aber nicht begründet.
16 Der Kläger hat keinen Anspruch auf Änderung des Fortführungsnachweises als Bestandteil des Flurbereinigungsplans in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 6. November 2015, weil dieser rechtmäßig ist (§ 144, § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 113 Abs. 5 VwGO).
17 Die nach § 18 Abs. 2 FlurbG, Art. 2 Abs. 1 AGFlurbG für die Erstellung des Flurbereinigungsplans zuständige TG (siehe hierzu Linke in Linke/Mayr, AGFlurbG, Art. 2 Rn. 3) hat das Fischereirecht des Klägers gemäß Nr. 1.7 des Textteils zum Flurbereinigungsplan im Veränderungsnachweis Nr. 222 entsprechend den Anforderungen des § 68 Abs. 1 FlurbG behandelt. Danach tritt hinsichtlich der Rechte an den alten Grundstücken und der diese Grundstücke betreffenden Rechtsverhältnisse, die nicht gemäß § 49 FlurbG aufgehoben werden, die Landabfindung an die Stelle der alten Grundstücke. Die örtlich gebundenen öffentlichen Lasten, die auf den alten Grundstücken ruhen, gehen auf die in deren örtlicher Lage ausgewiesenen neuen Grundstücke über.
18 Zwar nennt § 68 Abs. 1 Satz 2 FlurbG nur die örtlich gebundenen öffentlichen Lasten, die auf den alten Grundstücken ruhen, jedoch findet diese Regelung im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG über den Wortlaut des Gesetzes hinaus auch bei privatrechtlichen Lasten Anwendung (BVerwG, U.v. 17.5.1995 - 11 C 15.94 - BVerwGE 98, 230 = RdL 1995, 207). Die TG hat das Fischereirecht auch zu Recht als örtlich gebundene Last angesehen und die Regelung des § 68 Abs. 1 Satz 2 FlurbG herangezogen, da die Fischerei örtlich an das Gewässer gebunden ist. Eine dingliche Surrogation hinsichtlich des Fischereirechts und ein Abstellen auf die Landabfindung im Sinn von § 68 Abs. 1 Satz 1 FlurbG ist in diesen Fällen nicht möglich, weil Fischereirechte auf "Landgrundstücken" nicht bestehen können. Vielmehr gehen sie gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 FlurbG auf die in der örtlichen Lage der von ihnen betroffenen Einlagegrundstücke ausgewiesenen neuen Grundstücke über und sind im Flurbereinigungsplan deklaratorisch, also ohne Veränderung ihres Inhalts und Umfangs, zu beschreiben (BVerwG, U.v. 17.5.1995 a.a.O.; Mayr in Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, § 68 Rn. 20).
19 Damit ist vorliegend § 68 Abs. 1 Satz 2 FlurbG einschlägig mit der Folge, dass das bestehende Fischereirecht auf das in dessen örtlicher Lage ausgewiesene neue Grundstück - hier unverändert Flurstück 2/2 - übergeht. Der Flurbereinigungsplan hat dies berücksichtigt; die Beschreibung im Fortführungsnachweis gibt Inhalt und Umfang des Fischereirechts richtig wieder. Zwischen den Beteiligten ist hierbei nur streitig, wo die Grenze des Fischereirechts flussaufwärts anzusetzen ist. Der Kläger geht davon aus, dass sein Vater im Jahre 1959 ein Fischereirecht beginnend ab dem Einlageflurstück 2247 erworben habe. Demgegenüber habe die Beklagte nach seiner Auffassung als Beginn zu Unrecht die Grenze zwischen den Abfindungsflurstücken 2334 und 2334/1 angenommen, wodurch sich eine Verschiebung um ca. 900 m flussabwärts zu seinen Lasten ergebe.
20 Soweit eine Grenzverschiebung zugleich eine (Teil-)Aufhebung eines Fischereirechts darstellen sollte, bedürfte es einer gesonderten Rechtsgrundlage (BVerwG, U.v. 17.5.1995 - 11 C 15.94 - BVerwGE 98, 230 = RdL 1995, 207). Diese ergäbe sich noch nicht aus § 68 FlurbG, weil hier nur geregelt ist, dass die Lasten so, wie sie auf den alten Grundstücken ruhen, auf die in deren örtlicher Lage ausgewiesenen neuen Grundstücke übergehen, sondern aus § 49 FlurbG. Danach können Dienstbarkeiten, Reallasten und Erwerbsrechte an einem Grundstück sowie persönliche Rechte, die zum Besitz oder zur Nutzung eines Grundstücks berechtigen oder die Benutzung eines Grundstücks beschränken, aufgehoben werden, wenn es der Zweck der Flurbereinigung erfordert. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor, weil eine (Teil)Aufhebung weder erfolgt noch von der TG beabsichtigt war. Sie hat lediglich eine neuverteilungsbedingte (berichtigende) Beschreibung des Rechts in dem Umfang, wie es im Grundbuch eingetragen war, vorgenommen. Dabei wurde der Fortschreibung des Fischereirechts der Grundbuchstand zugrunde gelegt. Das entspricht den Vorgaben des § 12 Abs. 1 Satz 1 FlurbG, der der TG kein Ermessen einräumt, sondern verpflichtend festlegt, dass die Eintragungen im Grundbuch für die Ermittlung der Beteiligten, des Eigentums sowie anderer Rechte an Grundstücken und des jeweiligen Umfangs maßgebend sind (siehe hierzu auch Wingerter in Wingerter/Mayr a.a.O. § 12 Rn. 1). Der derzeit gültige Beschrieb für das Fischereirecht, eingetragen am 31. Juli 1981, lautet im insoweit maßgeblichen Teil: "Fischerei- und Streurecht in der V" Teil von Flst. 2/2 von der Grenze zwischen den Flst. 49 und 48 bis zur Radstube ..." Die "Alte Beschreibung des Fischereirechts" im Fortführungsnachweis übernimmt diesen Eintrag wortgleich. Die "Neue Beschreibung des Fischereirechts" in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 6. November 2014 ist folgendermaßen gefasst: "Fischerei- und Streurecht in der V" Teil von Flst. 2/2 von der Grenze Flst. 2334 und 2334/1 bis zur Radstube ..." Damit sind die Beschreibungen inhaltlich identisch; ersetzt wurden lediglich die Flurstücksnummern 48 und 49 der Einlageflurstücke durch diejenigen der Abfindungsflurstücke (2334 und 2334/1). Das fällt in den Aufgabenbereich der TG mit ihrem Neugestaltungsauftrag gemäß § 37 Abs. 1 FlurbG (BayVGH, U.v. 7.2.1974 - 119 XII 71 - RdL 1974, 126; siehe hierzu auch Merkblatt Nr. 31 des Bayerischen Landesvermessungsamts, Stand 1979, Beschreibung und Abmarkung der Fischereirechte, Nr. 11). Darüber hinaus hat die TG hinsichtlich der Grenze flussaufwärts keine Veränderungen vorgenommen.