Flurbereinigungsgericht München, Beschluss vom 24.07.2003 - 13 AS 03.1702 (Lieferung 2004)

Aktenzeichen 13 AS 03.1702 Entscheidung Beschluss Datum 24.07.2003
Gericht Flurbereinigungsgericht München Veröffentlichungen Lieferung 2004

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Nichtbeteiligten ist ein Anfechtungsrecht bereits gegen den Plan nach § 41 FlurbG zuzuerkennen, wenn sie geltend machen können, durch die Entscheidung der Behörde in ihren Rechten möglicherweise verletzt zu sein.

Aus den Gründen

Zwar kann der Teilnehmer eines Flurbereinigungsverfahrens den Plan nach § 41FlurbG grundsätzlich nicht selbstständig anfechten. Der Planfeststellungsbeschluss wie auch die Plangenehmigung richten sich nicht an die einzelnen Teilnehmer, sondern an die Teilnehmergemeinschaft als Trägerin des Vorhabens. Durch die planungsrechtliche Entscheidung wird eine sachlich-rechtliche Regelung gegenüber den Beteiligten nicht getroffen. Allerdings bleiben die Rechte der Teilnehmer nach § 41Abs. 5 Satz 3 FlurbG unberührt. Diese können gegen den (späteren) Flurbereinigungsplan Widerspruch wegen nicht wertgleicher Abfindung im Sinne von § 44FlurbG erheben. Insoweit kann sich dann die Anfechtung auch gegen den Plan nach § 41FlurbG richten, der nach § 58Abs. 1 Satz 2 FlurbG in den Flurbereinigungsplan aufzunehmen ist (vgl. hierzu grundlegend BVerwG vom 6.2.1986 - BVerwGE 74, 1).

Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Antragsteller und des Antragsgegners sind die Antragsteller jedoch weder Teilnehmer noch Nebenbeteiligte am Flurbereinigungsverfahren (vgl. § 10FlurbG). Sie sind nicht Eigentümer von zum Flurbereinigungsgebiet gehörenden Grundstücken. Auch steht ihnen nach Aktenlage kein Fischereirecht, das als Recht zur fischereilichen Nutzung eines Gewässers im Sinne der Art. 9, 10 Fischereigesetz für Bayern - BayFiG - eine vermögenswerte Rechtsposition darstellt, die als Eigentum im Sinne des Art. 103 Abs. 1 BV anzusehen ist (BayVerfGH vom 30.5.1979 - BayVBl 1979, 496), an einem zum Verfahrensgebiet gehörenden Grundstück zu. Nach dem von dem Antragsgegner vorgelegten Auszug aus dem Grundbuch von Th., Band 11 Bl. 418 sind die Antragsteller allerdings Eigentümer des Flurstücks 1436/2 ("Wasserfläche"). Dieses stellt die Verlängerung des Augrabens außerhalb des Verfahrensgebietes dar. Damit kommt eine potenzielle Betroffenheit durch die Regelungen der Plangenehmigung grundsätzlich in Betracht. Keiner Klärung dabei bedarf es, ob die Antragsteller an diesem Gewässer auch ein Fischereirecht innehaben oder dieses als selbstständiges Fischereirecht bei dem ursprünglichen Eigentümer des Flurstücks 1436/2 verblieben ist.

Als Nichtbeteiligte könnten die Antragsteller eine Rüge wegen fehlender Wertgleichheit nicht erheben. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz [GG] ist ihnen daher ein Anfechtungsrecht bereits gegen den Plan nach § 41FlurbG zuzuerkennen, wenn sie geltend machen können, durch die Entscheidung der Behörde in ihren Rechten möglicherweise verletzt zu sein. Als Recht, dessen Verletzung geltend gemacht werden kann, kommt hier das durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Eigentumsrecht in Betracht, das die Rechtsordnung gegen Angriffe, die von öffentlich-rechtlichen Maßnahmen ausgehen, in öffentlich-rechtlicher Richtung nicht minder schützt, als es das private Recht gegenüber Angriffen aus dem privaten Bereich tut (BayVGH vom 13.1.1983 AgrarR 1986, 240; vgl. auch Schwantag in Seehusen/Schwede, FlurbG, 7. Aufl. 1997, RdNr. 40 zu § 41).

Der Antrag ist jedoch unbegründet. Nach § 80 Abs. 1 VwGO kommen Widerspruch und Klage grundsätzlich aufschiebende Wirkung zu. Hat die Behörde, um diese Rechtsfolge auszuschließen, den sofortigen Vollzug nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet, wie dies in der angefochtenen Plangenehmigung geschehen ist, so kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung wieder herstellen (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Mit der Schaffung des § 80 VwGO hat der Gesetzgeber dem Anspruch des Bürgers auf eine tatsächliche wirksame gerichtliche Kontrolle im Sinne des Art. 14 Abs. 4 GG Rechnung getragen. Ohne den Suspensiveffekt verwaltungsprozessualer Rechtsbehelfe würde Verwaltungsrechtsschutz wegen der notwendigen Verfahrensdauer häufig hinfällig (BVerfG vom 19.10.1977 - BVerfGE 46, 166/178).

Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen im Verwaltungsprozess aber nicht schlechthin. Das Gericht trifft vielmehr seine Entscheidung durch Abwägung der gegensätzlichen berechtigten Interessen. Dabei darf auch auf den voraussichtlichen Erfolg des in der Hauptsache eingelegten Rechtsmittels in der Weise abgestellt werden, als summarisch zu prüfen ist, ob der Widerspruch nach dem Vortrag der Antragsteller erfolgreich sein wird oder nicht. Erweist sich nämlich, dass der Verwaltungsakt zu Unrecht angegriffen wird, muss in der Regel das Interesse des Betroffenen an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zurückstehen (BVerfG vom 11.2.1982 - BayVBl 1982, 276). So aber liegt der Fall hier.

Die Direktion für Ländliche Entwicklung A. hat die Anordnung des sofortigen Vollzuges in einer dem gesetzlichen Erfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet. Sie stellt darauf ab, dass die Maßnahmen rechtzeitig vor der Neuverteilung fertig gestellt sein müssen. Des weiteren wird darauf verwiesen, dass die im Verfahrensgebiet vorgefundenen wasserwirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere die Hochwassersituation in der Ortschaft Th., den jetzigen Anforderungen nicht mehr Rechnung trügen und nicht länger hingenommen werden könnten.

Im Rahmen der dann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Überprüfung der Sach- und Rechtslage erweist sich der Bescheid der Direktion für Ländliche Entwicklung A. vom 20. Mai 2003 als voraussichtlich rechtmäßig, so dass das Interesse der Antragsteller an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs als nachrangig gegenüber dem Interesse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO anzusehen ist.

Die Voraussetzungen des § 41Abs. 4 Satz 1 FlurbG liegen vor. Nach dieser Vorschrift kann der Plan über die gemeinschaftlichen und öffentlichen Anlagen ohne vorherige Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens von der oberen Flurbereinigungsbehörde genehmigt werden, wenn mit Einwendungen nicht zu rechnen ist oder Einwendungen nicht erhoben oder nachträglich ausgeräumt werden. Einwendungen, die eine Plangenehmigung ausschließen, können nur von den Trägern öffentlicher Belange einschließlich der landwirtschaftlichen Berufsvertretung, dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft und einem eventuellen Träger des Vorhabens vorgebracht werden (vgl. Schwantag a.a.O., RdNr. 22 zu § 41 FlurbG). Die einzelnen Teilnehmer sind am Verfahren nach § 41FlurbG nicht unmittelbar beteiligt. Die betroffenen Träger öffentlicher Belange haben dem Vorhaben jedoch zugestimmt. Im Übrigen könnte der einzelne Teilnehmer aus einem Unterbleiben keine Rechte herleiten, da sich die Plangenehmigung - wie ausgeführt - nicht an ihn, sondern an die Teilnehmergemeinschaft wendet. Die Erforderlichkeit der Maßnahme ist im angefochtenen Bescheid ausführlich dargelegt. Bedenken, der Bescheid könne nicht entsprechend Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG hinreichend bestimmt sein, bestehen nicht. Gegenstand des Bescheides sind der Ausbau eines Regenrückhaltebeckens und die damit zusammenhängenden wasserrechtlichen Benutzungen. Als eingeleiteter Stoff ist Oberflächenwasser genannt. Zu Recht konnte die Direktion für Ländliche Entwicklung A. mit der Plangenehmigung nach § 41Abs. 4 FlurbG auch eine wasserrechtliche Erlaubnis nach § 7 WHG, Art. 16 Abs. 1 BayWG erteilen.

Die von den Antragstellern erhobenen Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 20. Mai 2003 greifen im Rahmen der hier gebotenen summarischen Prüfung nicht durch. Zutreffend ist zwar, dass deren Eigentum verfassungsrechtlich geschützt ist. Das plangenehmigte Vorhaben der Teilnehmergemeinschaft führt jedoch nicht zu einer Beeinträchtigung der Rechte der Antragsteller. Unzutreffend ist bereits deren Ansatz, hier werde Dränagewasser gesammelt und abgeführt. Vielmehr wird aus Regenereignissen ankommendes Oberflächenwasser mit unveränderter Wasserqualität zunächst zurückgehalten und in gedrosselter Form in einen offenen Graben und in einen vorhandenen Oberflächenwasserkanal eingeleitet. Eine Veränderung der bisherigen Situation tritt nur insoweit ein, als das bisher ungehindert abfließende Oberflächenwasser zunächst zurückgehalten wird. Eine Verschlechterung der Wasserqualität in irgendeiner Form ist damit nicht verbunden. Deswegen kann auch dahinstehen, inwieweit es sich bei dem anfallenden Oberflächenwasser um "sauren Regen" handelt, da eine Veränderung der Wasserqualität durch Einleitung zusätzlicher Stoffe nicht erfolgt.

Das Wasserwirtschaftsamt A. stellt in seinem Gutachten im wasserrechtlichen Verfahren vom 30. Januar 2003 unter 2. fest: "Durch den Bau und Betrieb des Regenrückhaltebeckens werden die beklagten anthropogenen Belastungen aus Einträgen durch Niederschlag und Flächenbewirtschaftung nicht ungünstig beeinflusst oder gar erhöht. Somit ergibt sich keinerlei Verschlechterung am Zustand der unterhalb weiterführenden Gewässer, auch nicht im Bereich des Schlosses". In einem Schreiben vom 7. März 2003 bestätigt das Wasserwirtschaftsamt A., dass das geplante Regenrückhaltebecken "in keiner Weise die Qualität des erfassten Oberflächen-/Niederschlagswassers" verschlechtere. Dem haben die Antragsteller nichts entgegengesetzt. Vielmehr verweisen sie auf möglicherweise bestehende Belastungen des Wassers, die unabhängig von dem genehmigten Vorhaben bereits vorhanden waren und unter Umständen weiter vorhanden sind, jedoch nicht durch die streitgegenständliche Maßnahme verstärkt werden. Damit bedarf es auch keiner weiteren Prüfung, inwieweit FFH-Schutzgebiete oder Vogelschutzgebiete betroffen sind. Nach den Ausführungen der fachkundigen Behörden wird der Augraben nicht nachteilig beeinträchtigt. Damit wirkt die Anlage zudem nicht auf Gebiete, die außerhalb des Flurbereinigungsgebietes liegen. Auch ein Verstoß gegen europarechtliche Bestimmungen kommt bereits deswegen nicht in Betracht.

Da auch der übrige Vortrag der Antragsteller im summarischen Verfahren keine Bedenken an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides begründet, war der Antrag mit der Kostenfolge des § 147Abs. 1 FlurbG, § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.