Flurbereinigungsgericht Greifswald, Urteil vom 02.03.2000 - 9 K 27/98

Aktenzeichen 9 K 27/98 Entscheidung Urteil Datum 02.03.2000
Gericht Flurbereinigungsgericht Greifswald Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. § 29 Sachenrechtsbereinigungsgesetz hat nicht zur Folge, dass ein nach § 64 Landwirtschaftsanpassungsgesetz angeordnetes Bodenordnungsverfahren ausscheidet.
2. Die Flurbereinigungsbehörde kann das (Gebäudesonder-)Eigentum für das Verfahren als nachgewiesen ansehen, wenn derjenige, der sich auf ein solches Recht beruft, eine Bescheinigung der Gemeinde vorlegt, dass er das Grundstück wie ein Eigentümer besitzt oder das Recht ausübt.

Aus den Gründen

Der Einleitung des Bodenordnungsverfahrens steht auch nicht § 29 SachenRBerG entgegen. Gemäß Abs. 1 kann der Grundstückseigentümer die Bestellung des Erbbaurechts oder den Verkauf des Grundstücks an den Nutzer im Rahmen der Sachenrechtsbereinigung verweigern, wenn das Gebäude oder die bauliche Anlage nicht mehr nutzbar und mit einer Rekonstruktion oder einem Gebrauch durch den Nutzer nicht mehr zu rechnen ist. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift steht diese Einrede allerdings dem Grundstückseigentümer unter eingeschränkten Voraussetzungen nur dann zu, wenn ein Nutzungsrecht bestellt war. Es müssen dann die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen vorliegen und es muss nach den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen des Nutzers nur eine Verwertung durch Veräußerung zu erwarten sein oder das Gebäude oder die bauliche Anlage wird an einer anderen Stelle errichtet.

Zunächst ist schon tatbestandlich nicht erkennbar, dass die Voraussetzungen gegeben sind. Dabei ist davon auszugehen, dass § 29 Abs. 2 SachenRBerG einschlägig ist. Zu den bestellten Nutzungsrechten gehört nämlich gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a SachenRBerG auch das einer LPG zugewiesene Nutzungsrecht (vgl. Sanwald in: Prütting/Zimmermann/Heller Grundstücksrecht Ost, § 29 SachenRBerG Rn. 59 und 63). Von daher könnte die Einrede überhaupt nur dann geltend gemacht werden, wenn einerseits erwiesen wäre, dass die betroffenen Hallen durch die Beigeladene bzw. Dritte nicht mehr genutzt würden und dass weiterhin zu erwarten ist, dass bei einer Zuweisung an sie diese Hallen veräußert würden. Jedenfalls für letzteres fehlen sämtliche Anhaltspunkte.

Hinzu kommt, dass selbst dann, wenn die Voraussetzungen von § 29 SachenRBerG tatbestandlich vorauslägen, hieran die Einleitung eines Bodenordnungsverfahrens nicht scheitern würde. Dabei kann dahinstehen, inwieweit die Vorschrift in diesem Verfahren anwendbar ist. Die hier enthaltene Wertung dürfte die planerische Ermessensentscheidung, die die zuständigen Behörden im Bodenordnungsverfahren zu treffen haben, mit steuern. Die Anwendung dieser Vorschrift führt jedenfalls dazu, dass es zu einer Zusammenführung von Grund- und Gebäudeeigentum kommt. § 29 SachenRBerG hat nicht die Rechtsfolge, dass diese Zusammenführung nicht stattfindet und damit das Verfahren nach § 64 LwAnpG von vornherein ausscheidet.
...
Die Anordnung zur Durchführung des Bodenordnungsverfahrens ist schließlich nicht deswegen rechtswidrig, weil der Beklagte nicht davon ausgehen durfte, dass die Beigeladene als Antragstellerin Gebäudeeigentümerin ist.

Gemäß § 60 LwAnpG i.V.m. § 12 Satz 2 FlurbG kann die Flurbereinigungsbehörde das Eigentum für das Verfahren als nachgewiesen ansehen, wenn derjenige, der sich auf ein solches Recht beruft, eine Bescheinigung der Gemeinde vorlegt, dass er das Grundstück wie ein Eigentümer besitzt oder das Recht ausübt. Eine solche Bescheinigung hat das Amt G. als gemäß § 127 Abs. 1 Kommunalverfassung M-V - KV M-V - zuständige Behörde für die Gemeinde P. unter dem 15. Februar 1999 ausgestellt. Nach § 12 Satz 3 FlurbG gilt § 13 FlurbG, wenn ein anderer ein entgegenstehendes Recht anmeldet. Nach § 13 Abs. 1 FlurbG gilt der Eigenbesitzer als Beteiligter, wenn der Eigentümer aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist. Den unmittelbaren Eigenbesitz der Beigeladenen hat die Klägerin jedenfalls der zwei Ruhlandhallen nicht bestritten. Eigenbesitz besteht auch für die von der Beigeladenen an die Firma P. vermietete dritte Halle, die Beigeladene ist insoweit mittelbare Eigenbesitzerin (§§ 868, 872 BGB). Selbst wenn diese Hallen nicht genutzt würden, würde dies an dem Eigenbesitz der Beigeladenen nichts ändern (§ 872 BGB).

Diese Regelungen des FlurbG folgen dem Grundsatz, dass es nicht Sache des Flurbereinigungs- bzw. Bodenordnungsverfahrens ist, ungeklärte Eigentumsverhältnisse zu entscheiden. Aufgabe des Bodenordnungsverfahrens ist es in erster Linie, entsprechend der Zielsetzung des § 3 LwAnpG getrenntes Gebäude- und Grundeigentum zusammenzuführen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.11.1970 - IV B 51.69 - RdL 1971, 72 - RzF - 3 - zu § 12 FlurbG).

Der Ausgangspunkt des Beklagten wird noch dadurch bekräftigt, dass die Rechtsnachfolgerin der LPG G., die Agrargenossenschaft G., erklärt hat, sie mache an den drei Ruhlandhallen kein Eigentumsrecht geltend. Nach Lage der Dinge kommen aber nur die Beigeladene oder die Agrargesellschaft G. als Rechtsnachfolger im Gebäudeeigentum an den Hallen in Betracht.

Daher kommt es auf die von der Klägerin vorgetragenen Gesichtspunkte hinsichtlich der Frage, ob das Gebäudeeigentum aus gesellschafts- und bilanzrechtlichen Gründen wirksam auf die Beigeladene übergegangen ist, nicht an. Es ist nicht Sache des Bodenordnungsverfahrens, derartige Streitfragen zu klären.