Flurbereinigungsgericht Greifswald, Beschluss vom 26.08.2013 - 9 M 158/13 und 9 M 159/13 (Lieferung 2018)
Aktenzeichen | 9 M 158/13 und 9 M 159/13 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 26.08.2013 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Greifswald | Veröffentlichungen | Lieferung | 2018 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Bei der im Ermessen der Behörde stehenden vorzeitigen Ausführungsanordnung sind unter sorgfältiger Prüfung aller Umstände die Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen, die sich aus dem vorzeitigen Eintritt der rechtlichen Wirkungen des Flurbereinigungsplans ergeben. |
2. | Einwendungen gegen die Wertgleichheit der Abfindung sind für die Rechtmäßigkeit einer vorzeitigen Ausführungsanordnung unbeachtlich. Anders wäre dies nur, wenn sich hieraus einschneidende Auswirkungen auf den Bodenordnungsplan selbst ergeben würden bzw. sich aufdrängte, dass der Plan in seiner Gesamtheit fehlerhaft ist. |
Aus den Gründen
Die Anordnung genügt auch den Anforderungen an eine rechtmäßige Ermessensentscheidung (§ 114 S. 1 VwGO). Bei der nach § 63 Abs. 2 LwAnpG i.V.m. § 63 Abs. 1 FlurbG im Ermessen der Behörde stehenden Entscheidung sind unter sorgfältiger Prüfung aller Umstände die Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen, die sich aus dem vorzeitigen Eintritt der rechtlichen Wirkungen des Flurbereinigungsplans ergeben. Dabei sind die Zahl und die Bedeutung noch nicht entschiedener Beschwerden und die Möglichkeit, dass bei deren Erfolg eine Änderung des Bodenordnungsplans erforderlich werden kann, in Betracht zu ziehen (BVerwG, B. v. 21.03.1978 - 5 CB 60.75 -, <= RzF - 11 - zu § 63 Abs. 1 FlurbG>). Eine derartige Prüfung ist der angefochtenen Anordnung vom 04.06.2013 zu entnehmen, wenn dies auch durchaus deutlicher zum Ausdruck kommen könnte.
Die im Rahmen der Ermessensentscheidung zu erörternden Gesichtspunkte werden in der Begründung des Bescheids selbst nur ansatzweise erwähnt. Der zweite Satz der Gründe des Bescheids selbst könnte den Eindruck erwecken, dem Antragsgegner sei nicht bewusst gewesen, dass eine Ermessensentscheidung zu treffen sei. Indes ergibt sich gerade noch mit hinreichender Deutlichkeit aus dem letzten Satz der eigentlichen Begründung, dass der Antragsgegner gesehen hat, dass die gegenüberstehenden Interessen der Antragsteller auf der einen sowie der übrigen, mit der angefochtenen Entscheidung verfolgten Interessen auf der anderen Seite abzuwägen sind. Der Antragsgegner hat hier ausgeführt, in Hinblick darauf, dass das In-Kraft-Treten der rechtlichen Wirkungen des Bodenordnungsplans durch die Anordnung erreicht werden könne, würden dem gegenüber die rechtlichen Interessen der Widerspruchsführer dadurch gewahrt, dass ihnen die in dem Bodenordnungsplan zugewiesene Abfindung bis zum Ende des Rechtsbehelfsverfahrens unter Änderungsvorbehalt stünde. In der Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung wird ergänzend ausgeführt, durch die Anordnung sollten die bereits auf dem Konto der Teilnehmergemeinschaft eingegangenen Geldausgleichszahlungen für Mehrausweisungen in Land zeitnah zum Eintritt des rechtsnahen Zustandes den anspruchsberechtigten Teilnehmer mit einer Minderausweisung in Land ausgezahlt werden. Als Interesse wird in diesem Zusammenhang auch der geordnete Bewirtschaftungswechsel im Jahre 2013 genannt. Das Ziel der Verbesserung der Agrarstruktur sei nur mit der Anordnung zu erreichen.
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Die Antragsteller machen in der Sache im Widerspruchsverfahren geltend, sie seien in erster Linie auf die Flächen in der Größe angewiesen, in der sie sie in das Verfahren eingebracht hätten. Die Zuweisung höherwertiger Flächen von geringerer Größe nütze ihnen für ihren Betrieb, der Pferde halte, nicht. Wie das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 23.08.2006 -10 C 4.05 - (BVerwGE 126, 303 Rn. 14; <= RzF - 102 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG>) unter Hinweis auf § 44 Abs. 1 Satz 2 FlurbG ausgeführt hat, muss die Gleichwertigkeitsprüfung von den nach den §§ 27 bis § 33 FlurbG ermittelten, am Nutzwert für jedermann ausgerichteten Grundstückswerten ausgehen. Diese Werte bilden indes nicht den ausschließlichen Maßstab für die Bestimmung einer wertgleichen Abfindung. Zusätzlich sind vielmehr nach Maßgabe des § 44 Abs. 2 bis 4 FlurbG noch weitere den Wert der konkreten Gesamtabfindung mitbestimmende Faktoren mit einzubeziehen. Dabei ist auch auf die Verhältnisse des konkreten Betriebs abzustellen; insbesondere sind wertbildende Faktoren, die sich aus der Gestaltung der Abfindung ergeben, wie z.B. der Zuschnitt der Flächen und der Zusammenlegungsgrad zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B. v. 07.02.2012 - 9 B 89/11 - juris). Hieraus könnte folgen, dass auch die bloße Größe einer Abfindungsfläche ein wertbildender, in der Gleichwertigkeitsprüfung zu berücksichtigender Faktor sein kann. Andererseits könnte auch, wie von dem Antragsgegner erwogen, die größere Ortsnähe der Abfindungsflächen ein Ausgleich darstellen.