Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 14.09.2010 - 13 A 09.566 = RdL 2011, 82-83 (red. Leitsatz und Gründe)= BayVBl 2011, 540-542 (red. Leitsatz und Gründe)= AUR 2011, 494-496 (red. Leitsatz und Gründe) (Lieferung 2012)

Aktenzeichen 13 A 09.566 Entscheidung Urteil Datum 14.09.2010
Gericht Flurbereinigungsgericht München Veröffentlichungen RdL 2011, 82-83 (red. Leitsatz und Gründe) = BayVBl 2011, 540-542 (red. Leitsatz und Gründe) = AUR 2011, 494-496 (red. Leitsatz und Gründe)  Lieferung 2012

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Da die Fläche eines größtenteils mit einer einfachen Spritzdecke versehenen Privatwegs landwirtschaftlich nicht unmittelbar nutzbar ist, kann ihr kein "Nutzwert bei gemeinüblicher ordnungsgemäßer Bewirtschaftung" nach § 28 Abs. 1 Satz 1 FlurbG beigemessen werden. Es ist deshalb ausreichend, den sog. Restwert von Wertzahl 1 anzusetzen.

Aus den Gründen

17    Die Bewertung des ca. 145 m langen, größtenteils mit einer einfachen Spritzdecke versehenen Wegs als Bestandteil des Einlageflurstücks 1679/18 ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Wertzahl 1 entspricht den Grundsätzen zur Wertermittlung und auch der allgemein üblichen Praxis der bayerischen Flurbereinigungsbehörden. Da die Fläche eines Privatwegs landwirtschaftlich nicht unmittelbar nutzbar ist, kann ihr kein "Nutzwert bei gemeinüblicher ordnungsgemäßer Bewirtschaftung" nach § 28 Abs. 1 Satz 1 FlurbG beigemessen werden. Es ist deshalb ausreichend, den sog. Restwert von Wertzahl 1 anzusetzen. Der Kläger hat auch nicht deshalb einen Anspruch auf eine höhere Bewertung, weil der Entwurf des Flurbereinigungsplans vorsieht, die betreffende Wegefläche dem Markt N. zuzuteilen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist im Rahmen der Wertermittlung im Flurbereinigungsrecht einem landwirtschaftlichen Grundstück, das zukünftig als Straßenverkehrsfläche vorgesehen ist, kein "quasi-Verkehrswert" beizumessen (BVerwG vom 6.3.2006 BayVBl 2007, 472/473). Die Bewertung der Wegefläche mit WZ 1 auf der Kernbreite von 2 m begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Entgegen der Auffassung des Klägers ("kalte Enteignung") ist sie nicht etwa als Umgehung der Enteignungsentschädigung nach Art. 14 Abs. 3 GG zu erachten. Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es nicht zu beanstanden, wenn im Rahmen der Flurbereinigung bei rein landwirtschaftlichen Grundstücken auf den Bodennutzungswert und nicht auf den Verkehrswert abgestellt wird (BVerfG vom 8.7.1998 NVwZ 1999, 62).


18    Dass der private Grünweg im Jahr 1994 mit Schottermaterial der Teilnehmergemeinschaft befestigt und im Jahr 2000 von dem Markt N. mit einer einfachen Spritzdecke versehen wurde, führt nicht zu einer Werterhöhung. Nach § 28 Abs. 2 FlurbG sind wesentliche Bestandteile eines Grundstücks, die seinen Wert dauerhaft beeinflussen, soweit erforderlich, in ihrem Wert besonders zu ermitteln. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Zwar ist der befestigte Feldweg ein wesentlicher Grundstücksbestandteil im Sinn von § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil er mit dem Grund und Boden fest verbunden ist. Einen besonderen Vermögenswert (vgl. Schwantag, a.a.O., RdNr. 33 zu § 28) bildet die einfache Decke ohne Unterbau im Sinn der Richtlinien für den ländlichen Wegebau (RLW 1975) aber nicht. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist eine Wegebefestigung dann eigens zu bewerten, wenn der Eigentümer aufwendige Befestigungsmaßnahmen vorgenommen hat und die Gemeinde, welcher der betreffende Weg zugeteilt wird, sich auf absehbare Zeit Herstellungs- und Unterhaltungskosten hierfür spart (BayVGH vom 3.7.2007 RdL 2007, 316 = RzF - 6 - zu § 28 Abs. 2 FlurbG). Im vorliegenden Fall spart sich die Marktgemeinde N. nach der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Fall der Zuteilung der Wegefläche bei Belassung des einfachen Feldwegs im jetzigen Zustand jedoch keine Kosten, weil sie den Aufwand bereits früher durch die Aufbringung der Spritzdecke getätigt hatte. Der vom Kläger zitierte Fall des Bundesgerichtshofs (BGH vom 6.4.1995 NJW-RR 1995, 911) ist mit dem hier entschiedenen nicht vergleichbar, weil dort eine mit beträchtlichen Investitionen (ca. 100.000 DM) des Eigentümers ausgebaute Privatstraße Streitgegenstand war, wohingegen im vorliegenden Fall kein werthaltiger Straßenkörper durch den Kläger geschaffen wurde.