Flurbereinigungsgericht Lüneburg, Urteil vom 26.10.1978 - F OVG A 24/76
Aktenzeichen | F OVG A 24/76 | Entscheidung | Urteil | Datum | 26.10.1978 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Lüneburg | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Mängel bei der Ausführung des Wege- und Gewässerplanes können die weitere Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens nicht in Zweifel ziehen. |
2. | Adressat des festgestellten Wege- und Gewässerplanes ist die Teilnehmergemeinschaft bzw. der Träger des Vorhabens. |
3. | Dem einzelnen Grundeigentümer fehlt es demgegenüber bis zur Vorlage des Flurbereinigungsplanes an der individuellen Adressateneigenschaft; er kann daher den Wege- und Gewässerplan nicht unmittelbar anfechten. |
Aus den Gründen
Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger vor: Bei der Durchführung des Flurbereinigungsverfahrens hätten sich schwerwiegende Gestaltungsmängel ergeben, die zu einer dauerhaften Umweltbelastung führen würden. Die Einstellung des Verfahrens sei daher angezeigt. Die Trockenheit in den Jahren 1975 und 1976 habe deutlich gemacht, daß die in dem Flurbereinigungsverfahren geplanten Entwässerungsmaßnahmen eine Verwüstung weiter Landschaftsteile zur Folge hätten. Statt der vorgesehenen Entwässerung des Flurbereinigungsgebietes sei daher eine Bewässerung angezeigt. Die Böden innerhalb des Flurbereinigungsgebietes seien infolge des Sanduntergrundes wasserdurchlässig. Verdichtungen durch Ortsstein seien nicht vorhanden. Die in dem Verfahren ausgebauten Gräben seien zur Regulierung des Wasserhaushaltes überflüssig. Trotz hoher Niederschläge im Jahre 1978 hätten sie kein Wasser geführt. Durch die in dem Flurbereinigungsverfahren vorgesehenen Maßnahmen werde das ökologische Gleichgewicht zerstört.
Wie sich aus der Begründung des Einleitungsbeschlusses vom 24. Februar 1972 ergibt, war die agrarstrukturelle Zielsetzung für die Einleitung und Durchführung des Flurbereinigungsverfahrens umfassend. Soweit der Kläger daher aufgrund der allgemein festzustellenden Absenkung der Grundwasserstände und der Trockenheit in den Jahren 1975 und 1976 eine Einstellung des Flurbereinigungsverfahrens begehrt, kann sein Vorbringen nur als Angriff gegen die im Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan vorgesehenen und bereits ausgeführten Entwässerungsmaßnahmen angesehen werden, nicht aber die weitere Durchführung des Flurbereinigungsverfahrens i n s g e s a m t in Frage stellen. Denn Mängel bei der Ausführung des Wege- und Gewässerplanes können ebensowenig wie die im Wege- und Gewässerplan planerisch vorgesehenen Maßnahmen die weitere Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens in Zweifel ziehen.
Planerische Gestaltungsmängel, die sich aus der Sicht der Gemeinschaft der Teilnehmer oder des Trägers des Vorhabens ergeben könnten, lassen sich mit dem ihnen eröffneten Rechtsmittelverfahren gegen den Planfeststellungsbeschluß begegnen. Nach § 42 Abs. 1 FlurbG hat die Teilnehmergemeinschaft, soweit nicht eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft den Ausbau der gemeinschaftlichen Anlagen übernommen hat, die in dem durch die obere Flurbereinigungsbehörde festgestellten oder genehmigten Wege- und Gewässerplan enthaltenen gemeinschaftlichen Anlagen (§ 41 Abs. 1 FlurbG) herzustellen und zu unterhalten. Der Planfeststellungsbeschluß ist nach § 41 Abs. 6 FlurbG dem Träger des Vorhabens und dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft mit Rechtsbehelfsbelehrung zuzustellen. Die Teilnehmergemeinschaft bzw. der Träger des Vorhabens ist mithin Adressat des durch die obere Flurbereinigungsbehörde festgestellten Wege- und Gewässerplanes, der sie aufgrund der gleichzeitig auferlegten Pflicht, die gemeinschaftlichen Anlagen herzustellen und zu unterhalten, in ihren Rechten betrifft (§ 42 Abs. 2 VwGO), den Rechtsweg zu den Flurbereinigungsgerichten eröffnet und damit eine Überprüfung ihrer Einwendungen gegen den Wege- und Gewässerplan ermöglicht. Macht die Teilnehmergemeinschaft oder der Träger des Vorhabens von dem Rechtsmittelverfahren gegen den Wege- und Gewässerplan keinen Gebrauch, können planerische Gestaltungsmängel aus der Sicht der Teilnehmergemeinschaft bzw. des Trägers des Vorhabens eine weitere Durchführung des Flurbereinigungsverfahrens nicht in Frage stellen und eine Einstellung des Verfahrens nach § 9 Abs. 1 FlurbG als geboten erscheinen lassen.
Demgegenüber kann der einzelne Grundstückseigentümer die Festsetzungen des Wege- und Gewässerplanes mit landschaftspflegerischem Begleitplan nicht unmittelbar im Rechtsmittelverfahren anfechten, denn Adressat des festgestellten oder genehmigten Wege- und Gewässerplanes ist nicht der einzelne Flurbereinigungsteilnehmer, sondern deren Gesamtheit. Für den einzelnen Teilnehmer fehlt es bis zur Vorlage des Flurbereinigungsplanes an der erforderlichen individuellen Adressateneigenschaft, weil im Zeitpunkt der Planfeststellung die durch den Plan betroffenen Grundstücke keinem konkreten Teilnehmer als endgültiges Eigentum zugeordnet werden können (Quadflieg, Recht der Flurbereinigung (Kommentar), § 41 Erl. 160). Rechtsschutz gegen die Festsetzungen des Wege- und Gewässerplanes wird dem einzelnen Teilnehmer daher nur durch eine Anfechtung des Flurbereinigungsplanes gewährt, in deren Rahmen er unter Berufung auf eine nicht wertgleiche Abfindung auch gleichzeitig den Wege- und Gewässerplan nach § 41 FlurbG anfechten kann (BVerwG, Urt. v. 03.12.1959 - RzF - 1 - zu § 28 Abs. 1 FlurbG = RdL 1960, 78; Beschl. v. 06.03.1961 - RzF - 2 - zu § 36 Abs. 1 FlurbG - RdL 1961, 136).
Soweit der einzelne Flurbereinigungsteilnehmer bei der tatsächlichen Ausführung des Wege- und Gewässerplanes in seinen Rechten betroffen wird, bleibt es ihm ebenfalls unbenommen, seine Ansprüche mit den dafür vorgesehenen Rechtsmitteln (Widerspruch gegen den Flurbereinigungsplan nach § 59 Abs. 2 FlurbG, Ausgleich vorübergehender Nachteile nach § 51 FlurbG oder der Ausbaubeschwerde) geltend zu machen. Die aus der Sicht eines einzelnen Teilnehmers fehlerhaften Festsetzungen innerhalb des Wege- und Gewässerplanes mit landschaftspflegerischem Begleitplan als auch dessen Ausführung sind mithin mit den dafür vorgesehenen Rechtsmitteln anfechtbar und können deshalb nicht als planerische bzw. tatsächliche Gestaltungsmängel die weitere Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens in Frage stellen oder eine Einstellung des Flurbereinigungsverfahrens nach § 9 FlurbG als geboten erscheinen lassen.