Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.03.1961 - I B 141.60 = Buchholz BVerwG 424.01 § 36 FlurbG Nr. 2= RdL 1961 S. 136

Aktenzeichen I B 141.60 Entscheidung Beschluss Datum 06.03.1961
Gericht Bundesverwaltungsgericht Veröffentlichungen Buchholz BVerwG 424.01 § 36 FlurbG Nr. 2 = RdL 1961 S. 136  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Entschädigungsregelung im § 36 FlurbG besagt nicht, daß die Zubilligung einer Entschädigung vom Ermessen der Behörde abhänge, sondern sie besagt, daß geprüft werden muß, ob die zu gewährende Entschädigung schon bei Erlaß der vorläufigen Anordnung festgesetzt werden soll.
2. Das Flurbereinigungsgesetz verbietet nicht, eine Rebflurbereinigung in Teilabschnitten durchzuführen.
3. Rechtsmittel gegen den vorläufig festgestellten Wege- und Gewässerplan.
4. Zur Auszahlung und Fälligkeit von Entschädigungen nach § 50 Abs. 2 Satz 2 FlurbG.
5. Der in § 53 Abs. 1 FlurbG aufgestellte Grundsatz, daß die Geldabfindung schon vor der Ausführung des Plans ausgezahlt werden kann, wenn der Teilnehmer mit der Höhe der Entschädigung einverstanden ist, bringt ein im Flurbereinigungsrecht allgemein geltendes Prinzip zum Ausdruck.

Aus den Gründen

Die Bedeutung des § 36 Abs. 1 Satz 2 FlurbG besteht darin, daß die Behörde die hiernach zu gewährende Entschädigung für vorübergehende Nachteile, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit der vorläufigen Anordnung stehen, in Härtefällen bereits im Rahmen der vorläufigen Anordnung festsetzen kann. Eine Auslegung in der Richtung, daß der Beteiligte keinen Rechtsanspruch auf Ersatz eines etwaigen Schadens habe, die Zubilligung einer Entschädigung vielmehr im Ermessen der Behörde stehe, würde mit Art. 14 GG nicht in Einklang stehen. Ob ein Teilnehmer im einzeInen Fall einen Anspruch auf Entschädigung hat, ist grundsätzlich erst durch Festsetzung im Flurb.Plan zu entscheiden. Das Wort "kann" in § 36 Abs. 1 Satz 2 FlurbG besagt somit - entgegen der Auslegung des Flurb.Gerichts - nur, daß die Behörde ermächtigt ist, zu Lasten der Teilnehmergemeinschaft schon im Zeitpunkt des Erlasses der vorläufigen Anordnung über eine derartige Entschädigung für vorübergehende Nachteile zu entscheiden. Im Rahmen der Anfechtung der vorläufigen Anordnung hat sich daher die Prüfung darauf zu beschränken, ob durch die vorläufige Anordnung Nachteile eintreten und, wenn das bejaht werden muß, ob die hierfür zu gewährende Entschädigung bereits bei Erlaß der vorläufigen Anordnung festgesetzt werden soll. Das ist dann der Fall, wenn für den Beteiligten sonst eine Härte eintreten würde.

Die Ansicht der Kläger, es sei bei der Prüfung, ob eine Härte vorliegt, nicht auf die betrieblichen, sondern auf die persönlichen Verhältnisse abzustellen, weil der Mensch schlechthin im Mittelpunkt der Rechtsordnung stehe, geht für die hier zu entscheidende Frage fehl. Die Flurbereinigung dient der Verbesserung der Agrarstruktur und zielt auf eine Steigerung der landwirtschaftlichen Betriebsproduktivität ab.

Das Flurbereinigungsgesetz verbietet nicht, eine Rebflurbereinigung in Teilabschnitten durchzuführen. Es gewährt vielmehr der Behörde im Rahmen des ihr erteilten Auftrages einen weiten Ermessensraum für die Durchführung des Verfahrens; andererseits ist sie verpflichtet, den Weg zu beschreiten, der eine zweckmäßige, sinnvolle und beschleunigte Flurbereinigung gewährleistet. Die rechtlichen Besonderheiten der Rebflurbereinigung, ihre betrieblichen Auswirkungen und die technische Durchführung rechtfertigen, daß die Bereinigung des Rebgeländes in einzelnen Teilabschnitten durchgeführt wird. Es muß lediglich gefordert werden, daß die vorausschauende Planung sich auf das gesamte Gebiet erstreckt, insbesondere daß der Wege- und Gewässerplan die Zusammenhänge der einzelnen Teilabschnitte berücksichtigt und aufeinander abstimmt. Die Ansicht der Kläger, mangels eines Flurbereinigungsplanes könne ein Wegenetz nicht festgelegt werden, verkennt, daß der Wegeplan (§ 41 FlurbG) vor der Aufstellung des Flurbereinigungsplanes festzustellen und in diesen zu übernehmen ist. Das Gesetz ermächtigt ausdrücklich dazu, daß der Ausbau der Wege schon vor der Ausführung des Flurbereinigungsplanes erfolgt (§ 42 Abs. 1 Satz 2 FlurbG). Es ist auch unzutreffend, daß die Teilnehmer vor vollendete Tatsachen gestellt würden und keine Möglichkeit hätten, gegen die Art und Weise des Vorgehens der Flurbereinigungsbehörde Rechtsschutz zu suchen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beteiligten wegen des Wege- und Gewässerplanes das Flurbereinigungsgericht anrufen können; jedenfalls sind sie mit etwaigen diesbezüglichen Einwendungen im Rahmen des Rechtsmittels gegen die Abfindung nicht ausgeschlossen (BVerwG I C 95.58 vom 3.12.1959).

Entschädigungen nach § 50 Abs. 2 FlurbG können vorzeitig ausgezahlt werden. Nach § 58 Abs. 1 Satz 2 FlurbG sind die Abfindungen der Teilnehmer im Flurbereinigungsplan "nachzuweisen". Sie werden - soweit nicht eine vorläufige Besitzeinweisung erfolgt (§ 67 Abs. 1 FlurbG) - mit dem Erlaß der Ausführungsanordnung fällig. Diese Regelung schließt nicht aus, daß die Geldabfindung schon vor der Aufstellung des Flurbereinigungsplans festgesetzt und ausgezahlt wird. Der in § 53 Abs. 1 FlurbG aufgestellte Grundsatz, daß die für Grundstücke zu gewährende Geldabfindung schon vor der Ausführung des Flurbereinigungsplanes ausgezahlt werden kann, wenn der Teilnehmer mit der Höhe der Abfindung einverstanden ist, bringt ein im Flurbereinigungsrecht allgemein geltendes Prinzip zum Ausdruck.