Flurbereinigungsgericht Lüneburg, Urteil vom 26.02.2019 - 15 KF 45/17 = Rechtsprechungsdatenbank der niedersächsischen Justiz: http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE190001032&psml=bsndprod.psml&max=true (Lieferung 2021)

Aktenzeichen 15 KF 45/17 Entscheidung Urteil Datum 26.02.2019
Gericht Flurbereinigungsgericht Lüneburg Veröffentlichungen = Rechtsprechungsdatenbank der niedersächsischen Justiz: http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE190001032&psml=bsndprod.psml&max=true  Lieferung 2021

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Wird in einem Unternehmensflurbereinigungsverfahren das dem Unternehmen zugrunde liegende Planfeststellungsverfahren eingestellt und hält die zuständige Flurbereinigungsbehörde die Durchführung eines vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens nur für einen Teil des Flurbereinigungsgebiets für erforderlich und das Interesse der Beteiligten insoweit für gegeben, so ermächtigt § 87 Abs. 3 FlurbG zu einer teilweisen Einstellung des Unternehmensflurbereinigungsverfahrens und zu einer teilweisen Umstellung auf ein vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren. (Amtlicher Leitsatz)
2. Eine (teilweise) Umstellung eines Unternehmensflurbereinigungsverfahrens gemäß § 87 Abs. 3 Satz 2 FlurbG auf ein vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren kann angeordnet werden, wenn in dem Unternehmensflurbereinigungsverfahren personelle und / oder materielle Aufwendungen getätigt worden sind, die es unvertretbar erscheinen lassen, das Unternehmensflurbereinigungsverfahren (insoweit) einzustellen. (Amtlicher Leitsatz)
3. Die Anordnung einer Unternehmensflurbereinigung tritt nicht analog oder nach dem Rechtsgedanken des § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne außer Kraft. (Amtlicher Leitsatz)
4. Ein Abwicklungsplan muss bei Erlass eines (Teil- ) Einstellungsbeschlusses nach § 87 Abs. 3 Satz 1 FlurbG noch nicht vorliegen. (Amtlicher Leitsatz)

Aus den Gründen

Maßgebend für die rechtliche Überprüfung der teilweisen Ein- und teilweisen Umstellung eines Flurbereinigungsverfahrens ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der letzten Behördenentscheidung (vgl. BVerwG, Urteil vom 1.6.2017 - 9 C 4.16 - RdL 2017, 341 = juris Rn. 15 <= RzF - 64 - zu § 87 Abs. 1 FlurbG>; Senatsurteile vom 17.4.2018, a. a. O., Rn. 39 <Anm. der Schriftleitung: insoweit in RzF - 66 - zu § 87 Abs. 1 FlurbG nicht wiedergegeben>; vom 20.10.2015 - 15 KF 24/13 - juris Rn. 32, jeweils zur Anordnung einer Unternehmensflurbereinigung), hier des Widerspruchsbescheids vom 5. September 2017.


Rechtsgrundlage für die Anordnung der teilweisen Ein- und teilweisen Umstellung des Flurbereinigungsverfahrens D. ist § 87 Abs. 3 FlurbG. Diese Vorschrift betrifft angeordnete Unternehmensflurbereinigungsverfahren i. S. d. § 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG.


Nach § 87 Abs. 3 Satz 1 FlurbG soll ein solches Flurbereinigungsverfahren gemäß § 9 FlurbG eingestellt werden, wenn das dem Unternehmen zugrunde liegende Planfeststellungsverfahren oder das entsprechende Verfahren eingestellt wird. Gemäß § 87 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 FlurbG kann die obere Flurbereinigungsbehörde jedoch anordnen, dass das Flurbereinigungsverfahren als ein Verfahren nach Maßgabe der §§ 1 und § 37 FlurbG (Regelflurbereinigungsverfahren) oder des § 86 FlurbG (vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren) durchzuführen ist, wenn sie die Durchführung eines solchen Verfahrens für erforderlich und das Interesse der Beteiligten für gegeben hält.


Wird in einem Unternehmensflurbereinigungsverfahren das dem Unternehmen zugrunde liegende Planfeststellungsverfahren oder das entsprechende Verfahren eingestellt und hält die zuständige Flurbereinigungsbehörde die Durchführung eines Regelflurbereinigungsverfahrens oder eines vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens nur für einen Teil des Flurbereinigungsgebiets für erforderlich und das Interesse der Beteiligten insoweit für gegeben, so ermächtigt § 87 Abs. 3 FlurbG zu einer teilweisen Einstellung des Unternehmensflurbereinigungsverfahrens und zu einer teilweisen Umstellung auf ein Regelflurbereinigungsverfahren oder ein vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren.


Das mit Beschluss vom 20. Dezember 2002 angeordnete Flurbereinigungsverfahren D. ist ein Unternehmensflurbereinigungsverfahren i. S. d. § 87 Abs. 1 Satz 1 FlurbG. Denn es wurde mit dem genannten Beschluss als ein solches angeordnet. Daran hat sich durch den (Änderungs-) Einleitungsbeschluss vom 5. September 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juni 2008, die durch das rechtskräftige Senatsurteil vom 25. Februar 2015 aufgehoben wurden, nichts geändert.


Es kann dahinstehen, ob es sich bei dem Flurbereinigungsverfahren D. - wie der Beklagte meint - unter Berücksichtigung aller im Einleitungsbeschluss erwähnten Verfahrensziele um ein mit einem Regelflurbereinigungsverfahren kombiniertes Unternehmensflurbereinigungsverfahren handelt (zur Zulässigkeit eines solchen kombinierten Verfahrens siehe BVerwG, Urteil vom 14.12.2005 - 10 C 6.04 - BVerwGE 125, 9 = juris Rn. 25 m. w. N. <= RzF - 1 - zu § 56 LwAnpG>; Senatsbeschluss vom 22.7.2009- 15 MF 17/09 - RdL2011, 132 = juris Rn. 12; Wingerter/Mayr, FlurbG, 10. Aufl. 2018, § 87 Rn. 30 m. w. N.). Denn nach Sinn und Zweck des § 87 Abs. 3 FlurbG kann es erst Recht geboten sein, ein solches kombiniertes Flurbereinigungsverfahren nach einer Einstellung des dem Unternehmen zugrunde liegenden Planfeststellungsverfahrens oder entsprechenden Verfahrens als Re-gelflurbereinigungsverfahren oder vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren (ganz oder teilweise) fortzuführen, um diejenigen Ziele, die Anlass für die Kombination der Unternehmensflurbereinigung mit der Regelflurbereinigung waren, mit Blick auf bereits getätigte personelle und materielle Aufwendungen weiter zu verfolgen (zur teilweisen Einstellung eines kombinierten Verfahrens siehe auch Wingerter/Mayr, a. a. O., Rn. 26).


Sowohl die Einstellung eines Unternehmensflurbereinigungsverfahrens als auch seine Umstellung auf ein vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren setzen nach § 87 Abs. 3 Satz 1 FlurbG voraus, dass das dem Unternehmen zugrunde liegende Planfeststellungsverfahren oder das entsprechende Verfahren eingestellt wird.
Dies ist hier geschehen.


Nach § 87 Abs. 3 Satz 1 FlurbG "soll" das Unternehmensflurbereinigungsverfahren eingestellt werden, wenn das dem Unternehmen zugrunde liegende Planfeststellungsverfahren oder das entsprechende Verfahren eingestellt wird. Gemäß § 87 Abs. 3 Satz 2 FlurbG "kann" die obere Flurbereinigungsbehörde jedoch anordnen, dass das Unternehmensflurbereinigungsverfahren als ein Verfahren nach Maßgabe der §§ 1 und § 37 FlurbG (Regelflurbereinigungsverfahren) oder des § 86 FlurbG (vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren) durchzuführen ist, wenn sie die Durchführung eines solchen Verfahrens für erforderlich und das Interesse der Beteiligten für gegeben hält.


Danach ist die Flurbereinigungsbehörde im Regelfall gehalten, bei einer Einstellung des dem Unternehmen zugrunde liegenden Planfeststellungsverfahrens oder entsprechenden Verfahrens auch das Unternehmensflurbereinigungsverfahren einzustellen (vgl. Senatsurteil vom 25.2.2015, a. a. O., Rn. 36 <= RzF - 2 - zu § 87 Abs. 3 FlurbG>; OVG LSA, Beschluss vom 23.3.2010 - 8 R 12/09 - NVwZ-RR 2010, 620 = juris Rn. 13 <= RzF - 30 - zu § 5 Abs. 1 FlurbG>; Wingerter/Mayr, a. a. O., § 87 Rn. 26). Im Ausnahmefall ist allerdings eine Fortführung des Verfahrens auf anderer Grundlage möglich. Denn es entspricht einem praktischen Bedürfnis und insbesondere den allgemeinen Grundsätzen über eine sparsame Verwendung öffentlicher Mittel, ein begonnenes Verfahren, für das bereits personelle und materielle Aufwendungen erfolgt sind, nach Maßgabe der §§ 1 und § 37 FlurbG oder des § 86 FlurbG durchzuführen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 23.12.1974 zur Änderung des Flurbereinigungsgesetzes, BT-Drucks. 7/3020, S. 29 f.). Es wäre nicht zu vertreten, ein laufendes Flurbereinigungsverfahren auf Grund nachträglich eingetretener Umstände einzustellen, um unmittelbar danach erneut ein Flurbereinigungsverfahren auf einer anderen flurbereinigungsrechtlichen Grundlage einzuleiten (vgl. Senatsurteil vom 25.2.2015, a. a. O., Rn. 36 <= RzF - 2 - zu § 87 Abs. 3 FlurbG>; OVG LSA, Beschluss vom 23.3.2010, a. a. O., Rn. 13 <= RzF - 30 - zu § 5 Abs. 1 FlurbG>).


Für den vorliegenden Fall einer teilweisen Ein- und teilweisen Umstellung eines Unternehmensflurbereinigungsverfahrens auf ein vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren bedeutet dies: Das Unternehmensflurbereinigungsverfahren muss im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung (hier: Widerspruchsbescheid vom 5. September 2017) noch existiert haben; seine Anordnung darf nicht außer Kraft getreten sein (1). Soweit die Umstellung auf ein vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren angeordnet wurde, müssen im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung die Voraussetzungen für die Anordnung einer vereinfachten Flurbereinigung nach § 86 FlurbG vorgelegen haben (2). Der Beklagte muss zu diesem Zeitpunkt insoweit die Durchführung des vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens für erforderlich gehalten haben dürfen (3). Er muss ferner zu diesem Zeitpunkt insoweit zu Recht das Interesse der Beteiligten für gegeben gehalten haben (4). Nach dem erläuterten Sinn und Zweck des § 87 Abs. 3 Satz 2 FlurbG können insbesondere getätigte bis zu diesem Zeitpunkt in dem Unternehmensflurbereinigungsverfahren personelle und / oder materielle Aufwendungen es unvertretbar erscheinen lassen, das Unternehmensflurbereinigungsverfahren insoweit einzustellen (5). Soweit die Einstellung des Unternehmensflurbereinigungsverfahrens angeordnet wurde, dürfen demgegenüber im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung keine Umstände vorgelegen haben, die insoweit eine ausnahmsweise Fortführung bzw. Umstellung des Flurbereinigungsverfahrens geboten hätten (6). Schließlich darf die Abgrenzung der beiden Teilgebiete, in denen das Flurbereinigungsverfahren eingestellt wurde (im Folgenden: Einstellungsgebiet) und als vereinfachte Flurbereinigung fortgeführt wurde (im Folgenden: Umstellungsgebiet) nicht ermessensfehlerhaft sein (7).


Diesen Anforderungen wird der Teileinstellungs- und Umstellungsbeschluss vom 13. September 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. September 2017 gerecht:


Das Flurbereinigungsverfahren D. existierte im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids noch. Seine Anordnung war entgegen der Ansicht des Klägers nicht wegen der langen Zeitspanne seit dem Einleitungsbeschluss vom 20. Dezember 2002 bzw. der unter dem 11. Dezember 2003 erfolgten Einstellung des dem Unternehmen zugrunde liegenden Planfeststellungsverfahrens außer Kraft getreten.


§ 87 Abs. 3 FlurbG sieht keine Frist vor, binnen derer nach der Einleitung eines Unternehmensflurbereinigungsverfahrens eine Ein- oder Umstellung möglich ist oder binnen derer es nach der Einstellung des dem Unternehmen zugrunde liegenden Planfeststellungsverfahrens ein- oder umzustellen wäre.


Eine solche Frist lässt sich - anders als der Kläger meint - auch nicht dem Rechtsgedanken des § 75 VwVfG entnehmen; das von ihm insoweit angeführte Senatsurteil vom 17. April 2018 (a. a. O., Rn. 69 <A.d.R.: = RzF - 66 - zu § 87 Abs. 1 FlurbG, Rn 69 ist im Wesentlichen wiedergegeben im Abschnitt "Ferner liegen hier ...">) verhält sich dazu nicht. Nach § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG tritt ein Planfeststellungsbeschluss außer Kraft, wenn mit der Durchführung des Plans nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses begonnen worden ist. Diese Regelung betrifft-wie sich auch aus der Überschrift des § 75 VwVfG ergibt - die Rechtswirkungen einer Planfeststellung. Sie besagt nichts darüber, wie lange es einer Flurbereinigungsbehörde nach der Einleitung eines Unternehmensflurbereinigungsverfahrens bzw. nach der Einstellung des dem Unternehmen zugrunde liegenden Planfeststellungsverfahrens möglich ist, das Unternehmensflurbereinigungsverfahren ein- oder umzustellen. Das insoweit maßgebliche Flurbereinigungsgesetz enthält hierzu - wie ausgeführt - keine zeitlichen Vorgaben.


Für eine analoge Anwendung des § 75 Abs. 4 Satz 1 VwVfG oder eine Übertragung seines Rechtsgedankens ist hier kein Raum, weil eine planwidrige Regelungslücke im Flurbereinigungsgesetz nicht ersichtlich ist. Dafür, dass der Flurbereinigungsgesetzgeber ein (automatisches) Außerkrafttreten eines eingeleiteten Unternehmensflurbereinigungsverfahrens nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne hätte regeln wollen, ist nichts ersichtlich. Vielmehr sieht § 87 Abs. 2 Satz 1 FlurbG vor, dass das Flurbereinigungsverfahren bereits angeordnet werden kann, wenn das Planfeststellungsverfahren oder ein entsprechendes Verfahren für das Unternehmen eingeleitet ist. Daran anknüpfend regelt § 87 Abs. 2 Satz 2 FlurbG, dass die vorläufige Besitzeinweisung und die Bekanntgabe des Flurbereinigungsplans allerdings erst vorgenommen werden dürfen, nachdem die Planfeststellung für das Unternehmen oder der entsprechende Verwaltungsakt unanfechtbar geworden oder für vollziehbar erklärt worden ist. Fehlt es an einer sofortigen Vollziehbarkeit, können insbesondere dann, wenn gegen einen Planfeststellungsbeschluss Rechtsstreitigkeiten in mehreren Instanzen geführt werden, bis zu seiner Unanfechtbarkeit viele Jahre vergehen. Damit hat der Flurbereinigungsgesetzgeber bewusst eine unter Umständen sehr lange Dauer eines Unternehmensflurbereinigungsverfahrens in Kauf genommen. Wie sich aus § 87 Abs. 3 FlurbG ergibt, hat er auch kein Außerkrafttreten eines angeordneten Unternehmensflurbereinigungsverfahrens im Nachgang zu einer Einstellung des dem Unternehmen zugrunde liegenden Planfeststellungsverfahrens vorsehen wollen, sondern hat insoweit vielmehr eine (förmliche) Ein- oder Umstellung des Unternehmensflurbereinigungsverfahrens vorgeschrieben.


Soweit die Umstellung des Flurbereinigungsverfahrens D. auf ein vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren angeordnet wurde, lagen im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids die Voraussetzungen für die Anordnung einer vereinfachten Flurbereinigung vor.


Gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG kann ein vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren u. a. eingeleitet werden, um Maßnahmen der Landentwicklung, insbesondere Maßnahmen der Agrarstrukturverbesserung, der Siedlung, der Dorferneuerung, städtebauliche Maßnahmen, Maßnahmen des Umweltschutzes, der naturnahen Entwicklung von Gewässern, des Naturschutzes und der Landschaftspflege oder der Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes zu ermöglichen oder auszuführen.


Welcher dieser-teils privat- und teils fremdnützigen - Zwecke die Anordnung des Verfahrens auslöst, ist nicht entscheidend (vgl. Senatsurteile vom 12.9.2018, a. a. O., Rn. 61 m. w. N.). Die Anordnung einer vereinfachten Flurbereinigung setzt allerdings - ebenso wie die Anordnung einer Regelflurbereinigung - voraus, dass das Verfahren in erster Linie privatnützigen Zwecken dient, hinter denen fremdnützige Zwecke im Konfliktfall zurücktreten, und dass ein objektives Interesse der Teilnehmer i. S. d. § 4 Halbsatz 1 FlurbG besteht (BVerwG, Beschlüsse vom 13.9.2018 - 9 B 40.17 - juris Rn. 5 <= RzF - 57 - zu § 4 FlurbG>; vom 18.11.2014 - 9 B 30.14-ZUR 2015, 290 = juris Rn. 4 <= RzF - 24 - zu § 86 Abs. 1 FlurbG>; - 9 B 31.14 - Buchholz 424.01 § 86 FlurbG Nr. 4 = juris Rn. 4; Urteil vom 13.4.2011, a. a. O., Rn. 13 <= RzF - 21 - zu § 86 Abs. 1 FlurbG>; Senatsurteil vom 12.9.2018, a. a. O., Rn. 61 m. w. N.). Dies gilt auch im Fall einer Umstellung des fremdnützigen Verfahrens der Unternehmensflurbereinigung auf ein vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.4.2011, a. a. O., Rn. 16 <= RzF - 21 - zu § 86 Abs. 1 FlurbG>).


Beide Voraussetzungen waren hinsichtlich der Anordnung der teilweisen Umstellung des Unternehmensflurbereinigungsverfahrens D. auf ein vereinfachtes Flurbereinigungsverfahren im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids erfüllt:


Maßgeblich für die Beurteilung, welche Zwecke mit einer angeordneten Flurbereinigung vorrangig verfolgt werden sollen, ist in erster Linie das, was die zuständige Behörde in Erfüllung ihrer Begründungspflicht im Anordnungsbeschluss in Gestalt des Widerspruchsbescheids als Zwecke angegeben hat (BVerwG, Beschluss vom 13.9.2018, a. a. O., Rn. 5 <= RzF - 57 - zu § 4 FlurbG>; Urteil vom 13.4.2011, a. a. O., Rn. 20 <= RzF - 21 - zu § 86 Abs. 1 FlurbG>; Senatsurteil vom 12.9.2018, a. a. O., Rn. 66 m. w. N.).


Im Teileinstellungs- und Umstellungsbeschluss heißt es, durch die teilweise Umstellung auf eine vereinfachte Flurbereinigung sollten die geplanten Maßnahmen der Agrarstrukturverbesserung weiterhin ermöglicht werden. In dem fortzuführenden Teilbereich sei der Besitz teilweise stark zersplittert. Der ausgeführte Wirtschaftswegebau auf rund 12 km Länge habe eine Voraussetzung für die Zusammenlegung des ländlichen Grundbesitzes geschaffen. Gemeinsam mit einer optimierten Flächeneinteilung und Maßnahmen zur Herstellung der wertgleichen Abfindung könnten die ursprünglich verfolgten agrarstrukturellen Ziele des Verfahrens umfassend erreicht werden. Im Widerspruchsbescheid wird ergänzend ausgeführt, hinsichtlich des nicht unternehmensbedingten Teils seien zahlreiche Wegebau- und vorläufige Flächentauschmaßnahmen erfolgt. Eine Einstellung hätte im Hinblick auf die noch vorhandene Besitzzersplitterung dazu geführt, dass die Bewirtschafter nicht in dem möglichen Umfang von den durchgeführten Maßnahmen profitierten.


Diese Zielsetzungen beziehen sich auf Maßnahmen der Agrarstrukturverbesserung i. S. d.§ 86 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG. Zu diesen zählt namentlich die Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft durch eine Zusammenlegung zersplitterten oder unwirtschaftlich geformten Grundbesitzes nach neuzeitlichen betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.4.2011, a. a. O., Rn. 29 <= RzF - 21 - zu § 86 Abs. 1 FlurbG>; Beschluss vom 18.6.1998 - 11 B 28.98 - RdL 1998, 209 = juris Rn. 8 <= RzF - 14 - zu § 86 Abs. 1 FlurbG>), ebenso ein damit in Zusammenhang stehender (Aus-) Bau von Wirtschaftswegen. Die genannten Ziele sind auch privatnützig.


Im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids bestand auch ein Interesse der Teilnehmer i. S. d. § 4 Halbsatz 1 FlurbG an der Durchführung eines vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens, soweit es angeordnet wurde.


Maßgebend ist insoweit nicht die subjektive Meinung Einzelner, sondern das wohlverstandene Interesse der Beteiligten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.3.1974 - V B 14.72 - BVerwGE 45, 112= juris Rn. 6 <= RzF - 16 - zu § 4 FlurbG>). Selbst gegen den Willen der überwiegenden Anzahl der Teilnehmer - nach der Grundfläche gerechnet - ist ein objektives Interesse der Teilnehmer anzunehmen, wenn bei Berücksichtigung aller planungsrelevanten Umstände und bei objektiver Abwägung der sachlichen Gesichtspunkte der betriebswirtschaftliche Erfolg der Flurbereinigung nicht in Frage gestellt werden kann. Dabei ist darauf abzustellen, ob das objektive Interesse an einer Verbesserung der Agrarstruktur und der Arbeitsgrundlagen der Betriebe für die überwiegende Fläche des Gesamtgebiets vorliegt. Ist dieses - objektive - Interesse für die Beteiligten als gegeben anzusehen, ist die Anordnung der Flurbereinigung zulässig, weil sich die Maßnahme als im wohlverstandenen, auf sachlichen Erwägungen beruhenden Interesse der Beteiligten liegend und damit als sachgerecht erweist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16.12.1992 - 11 B 46.92 - AgrarR 1993, 321 = juris Rn. 3 m. w. N. <Anm. der Schriftleitung: Insoweit nicht in RzF - 22 - zu § 1 FlurbG wiedergegeben>; vom 26.3.1974, a. a. O., Rn. 6 <= RzF - 16 - zu § 4 FlurbG>; Senatsurteil vom 12.9.2018, a. a. O., Rn. 77 m. w. N.).


Die Beseitigung von Besitzzersplitterungen durch die Bildung und Zuweisung besser geschnittener Grundstücke liegt grundsätzlich im wohlverstandenen Interesse der Teilnehmer (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.4.2011, a. a. O., Rn. 29 <= RzF - 21 - zu § 86 Abs. 1 FlurbG>). Dies gilt insbesondere dann, wenn dadurch - wie hier - zugleich eine verbesserte Anbindung an gerade mit Blick auf die angestrebte Zusammenlegung zersplitterten Besitzes (aus-) gebaute Wirtschaftswege erreicht werden kann.


Der Beklagte durfte im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids die Durchführung eines vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens, soweit angeordnet, i. S. d. § 87 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 FlurbG für erforderlich halten. Wie bereits ausgeführt wurde, konnte zu diesem Zeitpunkt eine Zusammenlegung zersplitterten und unwirtschaftlich geformten Grundbesitzes im überwiegenden Teil des Umstellungsgebiets erreicht werden. Der Annahme der Erforderlichkeit der vereinfachten Flurbereinigung stehen die vom Kläger angeführten, zwischen einzelnen Teilnehmern geschlossenen Grundstückstauschgeschäfte nicht entgegen. Tauschvereinbarungen wurden nach den Angaben des Beklagten vornehmlich für das Einstellungsgebiet getroffen. Dass auch im Umstellungsgebiet Grundstückstauschgeschäfte eines solchen Umfangs geschlossen wurden, dass sie eine vereinfachte Flurbereinigung dort obsolet erscheinen lassen, ist nicht ersichtlich.


Im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids waren im Flurbereinigungsverfahren D. zudem bereits Aufwendungen getätigt worden, die es unvertretbar erscheinen ließen, das Flurbereinigungsverfahren wegen der Einstellung des straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahrens insgesamt einzustellen, um unmittelbar danach erneut für das betreffende Teilgebiet eine vereinfachte Flurbereinigung anzuordnen.


So waren im Vorgriff auf die geplante Zusammenlegung des Grundbesitzes in den Jahren 2005 bis 2013 auf einer Länge von 12,508 km für mehr als 1,5 Mio. Euro Wirtschaftswege (aus-) gebaut worden. Wie sich aus der Gebietskarte mit den Einzeichnungen dieser Wirtschaftswege ergibt, durchziehen diese gleichmäßig das Umstellungsgebiet.


Zwar wurde der Wirtschaftswegebau erst ausgeführt, nachdem das straßenrechtliche Planfeststellungsverfahren unter dem 11. Dezember 2003 eingestellt worden war, d. h. nachdem die Grundvoraussetzung für eine Entscheidung über eine Ein- oder Umstellung des Unternehmensflurbereinigungsverfahrens bereits vorlag. Dennoch lassen es die nachträglich erfolgten Aufwendungen im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids als unvertretbar erscheinen, das Flurbereinigungsverfahren insgesamt einzustellen, um unmittelbar danach für das betreffende Teilgebiet eine vereinfachte Flurbereinigung anzuordnen. Denn sie wurden nicht rechtsmissbräuchlich getätigt, um die weitere Voraussetzung für eine ganz oder teilweise Umstellung des Unternehmensflurbereinigungsverfahrens auf eine vereinfachte Flurbereinigung (erhebliche personelle oder materielle Aufwendungen im Rahmen der Unternehmensflurbereinigung) zu schaffen und so den aufwändigeren Weg einer Einstellung und einer anschließenden erneuten Anordnung einer Flurbereinigung zu umgehen. Vielmehr war der Wegebau in dem am 15. Dezember 2004 genehmigten und zuletzt unter dem 17. Januar 2013 geänderten Wege- und Gewässerplan vorgesehen. Dieser wurde erlassen, weil nach der Einstellung des straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahrens eine Fortführung des Unternehmensflurbereinigungsverfahrens auf anderer Grundlage angestrebt war. Diese erfolgte nach dem Beschluss des Bebauungsplans Nr. J. vom 20. September 2004 auch mit dem (Änderungs-) Einleitungsbeschluss vom 5. September 2006, der (erst) durch das Senatsurteil vom 25. Februar 2015 aufgehoben wurde. Ein rechtsmissbräuchliches Schaffen der Umstellungsvoraussetzungen kann vor diesem Hintergrund nicht angenommen werden.

Anmerkung

Bestätigt durch Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.08.2020, 9 B 26.19.