Flurbereinigungsgericht Lüneburg, Urteil vom 13.04.2022 - 15 KF 2/19 (Lieferung 2022)
Aktenzeichen | 15 KF 2/19 | Entscheidung | Urteil | Datum | 13.04.2022 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Lüneburg | Veröffentlichungen | Lieferung | 2022 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Enden gemäß § 66 Abs. 3 FlurbG die rechtlichen Wirkungen der vorläufigen Besitzeinweisung mit der vorzeitigen Ausführung des Flurbereinigungsplans (§ 63 FlurbG), erledigt sich die vorläufige Besitzeinweisung i. S. d. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage nach § 65 FlurbG. (amtl. LS) |
2. | Für einen unzumutbaren, §§ 86, 65 i. V. m. § 44 Abs. 4 FlurbG widersprechenden Eingriff in die Betriebsstruktur ist grundsätzlich auf die Fläche abzustellen, die der Teilnehmer selbst bewirtschaftet (hier: Flächen verpachtet). (amtl. LS) |
3. | Ein Anspruch auf Ausschluss von Flächen aus dem Flurbereinigungsgebiet ist bereits gegen den Einleitungsbeschluss geltend zu machen. Dies folgt aus der Mehrstufigkeit des Flurbereinigungsverfahrens. (amtl. LS) |
4. | § 8 Abs. 1 Satz 1 FlurbG enthält lediglich eine Verfahrensvorschrift in dem Fall, dass die Flurbereinigungsbehörde nachträgliche geringfügige Änderungen des Verfahrensgebietes für sachlich geboten hält. (amtl. LS) |
Aus den Gründen
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Entscheidungsgründe
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1. Die Klage ist unzulässig, soweit die Klägerin mit ihrem Hauptklageantrag zu 1. begehrt, die Anordnung der vorläufigen Besitzeinweisung vom 4. August 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2019 aufzuheben
Denn das Rechtsschutzinteresse der Klägerin ist für diese Klage entfallen.
Am 28. Februar 2022 ist im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren Heeke-Wallen die vorzeitige Ausführung des Flurbereinigungsplans in der Fassung der Nachträge I – III gemäß § 63 Abs. 1 FlurbG angeordnet worden. Gemäß § 66 Abs. 3 FlurbG enden die rechtlichen Wirkungen der vorläufigen Besitzeinweisung mit der Ausführung des Flurbereinigungsplanes (§§ 61 und 63).
Enden gemäß § 66 Abs. 3 FlurbG die rechtlichen Wirkungen der vorläufigen Besitzeinweisung mit der vorzeitigen Ausführung des Flurbereinigungsplanes (§ 63 FlurbG), erledigt sich die vorläufige Besitzeinweisung i. S. d. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.12.1988 – 5 B 59.88 – juris Rn. 3). Durch die vorzeitige Ausführungsanordnung wird der neue Rechtszustand wie nach § 61 FlurbG einheitlich für das ganze Flurbereinigungsgebiet festgelegt (vgl. Wingerter/Mayr, Flurbereinigungsgesetz, Kommentar, 10. Auflage 2018, § 63 Rn. 2). Dadurch erhält der Teilnehmer das Eigentum an den neuen Grundstücken und somit gegenüber der Einräumung von Besitz und Nutzung eine weitreichendere, umfassende Rechtsposition, sodass die vorangegangene Anordnung nach § 65 FlurbG gegenstandslos wird (vgl. OVG RP, Urteil vom 12.4.1978 – 9 (3) C 24/77 – RzF - 2 - zu § 66 Abs. 3 FlurbG). Die rechtlichen Wirkungen der vorläufigen Besitzeinweisung entfallen auch dann, wenn die vorzeitige Ausführungsanordnung durch Widerspruch angegriffen ist. Denn dessen aufschiebende Wirkung lässt die innere Wirksamkeit eines Verwaltungsakts, hier den Eintritt des neuen Rechtszustands, unberührt (vgl. VGH BW, Urteil vom 7.10.1966 – VI 530/65 – RzF - 1 - zu § 66 Abs. 3 FlurbG). Im Übrigen ist die Rechtmäßigkeit der vorzeitigen Ausführungsanordnung des Flurbereinigungsplans nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Mit der Erledigung der vorläufigen Besitzeinweisung ist das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin für eine Klage nach § 65 FlurbG entfallen (vgl. Wingerter/Mayr, Flurbereinigungsgesetz, Kommentar, 10. Auflage, § 66 Rn. 13).
Ohne Erfolg wendet die Klägerin hiergegen ein, vorliegend sei eine rechtliche Prüfung der vorläufigen Besitzeinweisung umgangen worden, weil das Klageverfahren drei Jahre lang nicht gefördert und aufgrund dessen die vorläufige Besitzeinweisung durch die Anordnung der vorzeitigen Ausführung des Flurbereinigungsplans „überholt“ worden sei. Sie berufe sich auf ihren Anspruch auf einen zeitgerechten Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 GG.
Die Gesetzesbindung der Gerichte ist jedoch ein ausdrücklich normiertes Verfassungsprinzip (vgl. Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1 GG). Ausnahmen hiervon sind auch nicht durch eine etwaige überlange Verfahrensdauer zu rechtfertigen (BVerwG, Beschluss vom 12.12.2000 – 11 B 76.00 – juris Rn. 8).
Vor diesem Hintergrund ist hier unerheblich, ob das Gericht früher über die Klage hätte entscheiden können oder ob nach einer gebotenen Abwägung im Einzelfall überhaupt eine überlange Verfahrensdauer anzunehmen wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.10.2020 – 2 BvQ 63/20 – juris Rn. 12), die den Anspruch der Klägerin gemäß Art. 19 Abs. 4 GG auf einen zeitgerechten Rechtsschutz hätte verletzen können. Denn der Senat ist an die gesetzliche Regelung in § 66 Abs. 3 FlurbG über die Beendigung der rechtlichen Wirkungen der vorläufigen Besitzeinweisung mit der vorzeitigen Ausführung des Flurbereinigungsplanes (§ 63 FlurbG) gebunden.
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2. Der Hilfsantrag der Klägerin festzustellen, dass die vorläufige Besitzeinweisung in Bezug auf sie rechtswidrig gewesen ist und sie dadurch in ihren Rechten verletzt ist, hat keinen Erfolg.
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b) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist unbegründet.
Die vorläufige Besitzeinweisung im vereinfachten Flurbereinigungsverfahren Heeke-Wallen vom 4. August 2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2019 ist betreffend die Klägerin rechtmäßig gewesen und hat sie nicht in ihren Rechten verletzt (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG i. V. m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FlurbG können die Beteiligten in den Besitz der neuen Grundstücke eingewiesen werden, wenn deren Grenzen in die Örtlichkeit übertragen worden sind und die endgültigen Nachweise für Flächen und Werte der neuen Grundstücke vorliegen sowie das Verhältnis der Abfindung zu dem von jedem Beteiligten Eingebrachten feststeht.
Es ist nicht ersichtlich, dass die vorgenannten Voraussetzungen nicht gegeben gewesen wären. Insbesondere lagen aufgrund der gegenüber der Klägerin bestandskräftigen Feststellung der Wertermittlungsergebnisse vom 4. August 2014 die Werte für den Alt- und Neubesitz vor. Die Neuzuteilung, die Wertverhältnisse der alten und der neuen Fläche und der zu erwartende Abfindungsanspruch wurden der Klägerin schon vor der vorläufigen Besitzeinweisung in Verhandlungsterminen am 5. Oktober 2015, 20. Oktober 2016 und 20. April 2017 erläutert.
Über die o. a. ausdrücklichen Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 FlurbG hinaus ist in der ständigen Rechtsprechung des Senats und des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass ausnahmsweise auch Abfindungsmängel zur materiellen Rechtswidrigkeit einer vorläufigen Besitzeinweisung führen können. Dies wäre der Fall, wenn zwischen der Einlage und der vorläufigen Abfindung entgegen § 44 Abs. 1 FlurbG offensichtlich ein grobes Missverhältnis bestehen oder die vorläufige Besitzeinweisung entgegen § 44 Abs. 4 FlurbG offensichtlich zu einem unzumutbaren Eingriff in die bisherige Struktur des betroffenen Betriebs eines Teilnehmers führen würde, die eine auch nur vorübergehende Nutzung der zugewiesenen Flächen als unzumutbar erscheinen ließe. Die Wertgleichheit der Abfindung ist hingegen allein Gegenstand der Prüfung der Rechtmäßigkeit des betreffenden Flurbereinigungsplans. Denn zum einen wird das Recht der Teilnehmer an der Flurbereinigung, gegen die ihnen im Flurbereinigungsplan zugewiesene Abfindung mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen vorzugehen, durch vorläufige Maßnahmen im Sinne der §§ 65 und 66 FlurbG nicht berührt. Zum anderen nimmt die Vorschrift des § 65 Abs. 1 FlurbG nicht auf die weiteren Maßgaben des § 44 FlurbG für die Landabfindung Bezug. Deshalb kann die vorläufige Besitzeinweisung grundsätzlich nicht mit der Begründung angefochten werden, die zugedachte Abfindung sei nicht wertgleich und verletzte deshalb die Bestimmung des § 44 FlurbG; insoweit darf dem Verfahren über Planwidersprüche nicht vorgegriffen werden (vgl. Senatsurteile vom 21.2.2017 – 15 KF 13/16 – juris Rn. 37, vom 1.2.2017 – 15 KF 23/15 – n. v. und vom 15.3.2011 – 15 KF 24/09 – juris Rn. 24, jeweils m. w. N.; grundlegend BVerwG, Beschluss vom 12.11.2010 – 9 B 41.10 – juris Rn. 4; Wingerter/Mayr, a. a. O., § 65 Rn. 20).
Im Hinblick auf die der Klägerin im Rahmen der vorläufigen Besitzeinweisung zugewiesenen neuen Flächen lag keine der beiden vorgenannten Ausnahmen vor.
(1) Ein offensichtliches grobes Missverhältnis zwischen Alt- und Neubesitz ist nicht feststellbar. Dabei sind nicht einzelne Einlageflächen den vermeintlich an ihre Stelle getretenen vorläufigen Abfindungsflächen gegenüber zu stellen; vielmehr ist wie nach § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG für die endgültige Abfindung die gesamte Einlage mit der gesamten vorläufigen Abfindung zu vergleichen (vgl. Senatsurteil vom 21.2.2017 – 15 KF 13/16 – juris Rn. 40; Wingerter/Mayr, a. a. O., § 44 Rn. 8).
Ein offensichtliches grobes Missverhältnis ist hier schon deshalb nicht erkennbar, weil die Klägerin fast vollständig in ihre alten Flächen eingewiesen worden ist.
Sie hat Einlageflächen von insgesamt 74,5104 ha mit einem Wertverhältnis von 3.883,09 WV in das Verfahren eingebracht. Demgegenüber wurden ihr neue Flächen von 74,0907 ha mit einem (besseren) Wertverhältnis von 3.892,51 WV zugewiesen. Der Verlust an Fläche ist mit 0,4197 ha gering und überdies durch ein besseres Wertverhältnis ausgeglichen.
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(2) Ein unzumutbarer, §§ 86, 65 i. V. m. § 44 Abs. 4 FlurbG widersprechender Eingriff in die bisherige Struktur des klägerischen Betriebs durch die vorläufige Besitzeinweisung ist ebenfalls nicht gegeben.
Denn für einen unzumutbaren Eingriff in die Betriebsstruktur ist grundsätzlich auf die Fläche abzustellen, die der Teilnehmer selbst bewirtschaftet (vgl. Senatsurteil vom 1.2.2017 – 15 KF 23/15 –). Die Klägerin führt jedoch selbst keinen landwirtschaftlichen Betrieb, der durch die – zudem geringfügigen – Änderungen der neu zugewiesenen gegenüber den Einlageflächen unzumutbar betroffen sein könnte. Vielmehr hat sie nach ihren eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung ihre Flächen verpachtet. Deshalb kann sie keinen Eingriff in die Struktur „ihres“ Betriebs geltend machen. Etwaige Bewirtschaftungserschwernisse für die Pächter von Teilnehmern sind grundsätzlich unerheblich (auch insoweit das Senatsurteil vom 1.2.2017, a. a. O.).
Soweit die Klägerin in ihrer Schadensaufstellung einen Pachtverlust in den Jahren 2009 bis 2019 in Höhe von 6.375 EUR geltend macht, betrifft dies ebenfalls nicht die Anordnung der vorläufigen Besitzeinweisung gemäß § 65 FlurbG, sondern allenfalls die Frage eines hier nicht streitgegenständlichen Ausgleichs von Wertunterschieden zwischen dem alten und neuen Pachtbesitz gemäß § 70 Abs. 1 FlurbG. Im Übrigen hat die Klägerin weder einen Pachtverlust noch die geltend gemachte Höhe belegt.
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b) Soweit sich die Klägerin mit ihrem (weiteren Teil-)Antrag dagegen wendet, dass „dem Anspruch der Klägerin auf Herausnahme des vollständig arrondierten Betriebs „Gut N.“ nicht entsprochen worden ist“, ist die Klage zulässig, aber unbegründet.
Der Senat legt den (Teil-)Antrag dahingehend aus, dass sich die Klägerin gegen die Ablehnung ihres mit Schreiben vom 4. Mai 2017 und 17. August 2017 gestellten Antrags auf Herausnahme ihrer Flächen aus dem Flurbereinigungsgebiet wendet, über den der Beklagte in dem Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2019 entschieden hat, und die Verpflichtung des Beklagten begehrt, ihre Flächen aus dem Flurbereinigungsgebiet herauszunehmen.
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bb) Die Klage ist insoweit jedoch unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht den Antrag der Klägerin, auf „Herausnahme des vollständig arrondierten Betriebs „Gut N.“ abgelehnt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Herausnahme ihrer Flächen aus dem Flurbereinigungsgebiet.
Die Klägerin wendet ein, ihr Besitzstand der Altfläche sei vollständig arrondiert gewesen und sie habe keine Vorteile durch das Flurbereinigungsverfahren, so dass ihre Flächen gemäß ihrem Antrag vom 4. Mai 2017 aus dem Flurbereinigungsgebiet herauszunehmen seien. Damit begehrt sie in der Sache eine Änderung des Flurbereinigungsgebiets, wie es gemäß § 4 FlurbG in dem ihr gegenüber bestandskräftigen Flurbereinigungsbeschluss festgesetzt wurde.
Ein solcher Anspruch steht der Klägerin jedoch nicht zu. Er ergibt sich insbesondere nicht aus § 8 Abs. 1 FlurbG.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 FlurbG kann die Flurbereinigungsbehörde geringfügige Änderungen des Flurbereinigungsgebietes anordnen. Diese Vorschrift enthält lediglich eine Verfahrensvorschrift in dem Fall, dass die Flurbereinigungsbehörde nachträgliche Änderungen des Verfahrensgebietes in geringem Umfang noch für sachlich geboten hält und durchführt (vgl. Senatsurteil vom 17.3.1983 – F OVG A 30/82 – RzF 14 zu § 8 Abs. 1 Flurb <Anm. d. Red.: gemeint wohl RzF - 14 - zu § 8 Abs. 1 FlurbG>). Sie ist insofern für geringfügige Änderungen eine Ausnahmeregelung zugunsten der Flurbereinigungsbehörde, die nach ihrem Ermessen hierüber eine Entscheidung durch Beschluss treffen kann, wenn die Änderung nicht so wesentlich erscheint, dass das förmliche Verfahren nach §§ 4 – 6 FlurbG notwendig erscheint (vgl. Wingerter/Mayr, a. a. O., § 8 Rn. 3 ff.).
Dieser Fall ist vorliegend nicht gegeben. Es lag und liegt hier nicht die Absicht des Beklagten vor, das Verfahrensgebiet im Bereich des Grundbesitzes der Klägerin zu ändern.
Die Klägerin hat als Teilnehmerin am Flurbereinigungsverfahren grundsätzlich keinen gegen die Flurbereinigungsbehörde durchsetzbaren Anspruch darauf, nach Unanfechtbarkeit des Flurbereinigungsbeschlusses vom Verfahren nachträglich wieder ausgeschlossen zu werden (vgl. Senatsurteil vom 17.3.1983 – F OVG A 30/82 – RzF - 14 - zu § 8 Abs. 1 FlurbG; ebenso Wingerter/Mayr, a. a. O., § 8 Rn. 2).
Vielmehr ist ein Anspruch auf Ausschluss von Flächen aus dem Flurbereinigungsgebiet bereits gegen den Einleitungsbeschluss geltend zu machen.
Dies folgt aus der Mehrstufigkeit des Flurbereinigungsverfahrens. Das Flurbereinigungsverfahren besteht aus den drei miteinander abgestimmten Teilentscheidungen „Anordnungsbeschluss" (§ 4 FlurbG), „Feststellung des Ergebnisses der Wertermittlung" (§ 27 ff. FlurbG) und „Flurbereinigungsplan (§§ 56 ff. FlurbG). Hinsichtlich jeder Teilentscheidung tragen die von der Entscheidung Betroffenen die Anfechtungslast. Die selbständige Anfechtbarkeit von Teilentscheidungen führt im Ergebnis zu einem gestuften Rechtsschutz, der der Überprüfung einer unanfechtbar gewordenen Teilentscheidung hinsichtlich des durch sie geregelten Rechtsbereichs in einem späteren Rechtsschutzverfahren entgegensteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.2.2018 – 9 B 26.17 – juris Rn. 9). Eine unanfechtbar gewordene Teilentscheidung hinsichtlich des durch sie geregelten Rechtsbereichs kann daher in einem späteren Rechtsschutzverfahren nicht mehr überprüft werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.8.2019 – 9 B 21.19 – juris Rn. 4).
Dies ist hier der Fall. Die Klägerin hat keinen Rechtsbehelf gegen den selbständig anfechtbaren Einleitungsbeschluss vom 10. Juni 2011 eingelegt. Deshalb kann die Klägerin nach dessen Bestandskraft ihr gegenüber grundsätzlich nicht mehr mit der Einwendung gehört werden, ihr Grundbesitz sei vollständig arrondiert gewesen und sie habe keine Vorteile aus der Flurbereinigung. Sie hat auch nicht nachträglich den bestandskräftigen Flurbereinigungsbeschluss mit einem verspäteten Rechtsmittel angefochten, wobei dies voraussichtlich auch nicht erfolgreich gewesen wäre. Insbesondere wäre eine Nachsichtgewährung nach § 134 Abs. 2 FlurbG nicht in Betracht bekommen, weil die Klägerin nicht gehindert war, rechtzeitig ihren Ausschluss aus dem Verfahrensgebiet bzw. eine Herausnahme ihrer Flächen aus dem Flurbereinigungsgebiet zu beantragen.
Soweit der Beklagte den Antrag der Klägerin auf nachträgliche Herausnahme ihrer Flächen aus dem Flurbereinigungsgebiet in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2019 in der Sache selbst beschieden und abgelehnt hat, ist dies im Übrigen rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Annahme des Beklagten, dass ein Ausschluss von Flächen nach § 8 Abs. 1 FlurbG erforderlich werden könne, wenn der Zweck der Flurbereinigung ohne die Flächen besser erreicht werden könne, entspricht der Zielsetzung des § 8 FlurbG, der Flurbereinigungsbehörde in begrenztem Umfang und orientiert am Verfahrenszweck die Möglichkeit zu geben, Flächen nachträglich zum Verfahren hinzuzunehmen oder auszuschließen (vgl. Wingerter/Mayr, a. a. O., § 8 Rn. 1). Der Beklagte hat in seinem Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2019 die Ablehnung des Antrags auf Herausnahme der Flächen der Klägerin damit begründet, dass das Verfahrensgebiet bei der Einleitung am 10. Juni 2011 so abgegrenzt worden sei, dass auch eine Verbesserung des Wegenetzes und Maßnahmen zugunsten der Entwicklung ökologischer Anlagen in Randbereichen von Gewässern zweiter Ordnung erfolgen könnten. Diese Erwägung ist nicht zu beanstanden. Denn die Gräben, an denen die Altflächen der Klägerin lagen, sind zugunsten des Zwecks der Entwicklung ökologischer Anlagen in Randbereichen von Gewässern zweiter Ordnung verbreitert worden. Diese Maßnahme kam den Flächen im Verfahrensgebiet insgesamt zugute. Weiter hat der Beklagte die Ablehnung des Antrags auf Herausnahme der Flächen zu Recht darauf gestützt, dass es sich bei dem begehrten Ausschluss der insgesamt 74,51 ha großen Flächen der Klägerin nicht um eine nur geringfügige Änderung des Flurbereinigungsgebiets nach § 8 Abs. 1 Satz 1 FlurbG handeln würde. Die Größe der von der Klägerin eingebrachten Flächen ist im Verhältnis zur Gesamtgröße des Verfahrensgebiets nicht nur geringfügig.
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Die unter Beweis gestellte Tatsache, der Klägerin sei von einem Mitarbeiter des Beklagten bestätigt worden, dass die Möglichkeit bestanden habe, sie aus dem Verfahren auszuscheiden, kann als wahr unterstellt werden. Denn selbst wenn der Mitarbeiter der Klägerin mitgeteilt hat, dass die Möglichkeit bestanden habe, sie aus dem Verfahren auszuscheiden, könnte die Klägerin hieraus keinen Anspruch auf Herausnahme ihrer Flächen aus dem Flurbereinigungsgebiet herleiten. Zum einen trifft es zu, dass die Klägerin schon mit einem Rechtsbehelf gegen den Einleitungsbeschluss die Möglichkeit hatte, einen Ausschluss aus dem Flurbereinigungsverfahren geltend zu machen. Zum anderen enthält die aufgezeigte Möglichkeit noch keine Zusage, dass der Beklagte nachträglich von dieser Möglichkeit habe Gebrauch machen wollen. Überdies wäre eine solche Aussage des Mitarbeiters rechtlich ohne Bedeutung. Denn Zusicherungen sind gemäß § 38 Abs. 1 VwVfG nur in schriftlicher Form wirksam. Aus der Verhandlungsniederschrift vom 20. April 2017 ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Klägerin die Herausnahme der Flächen aus dem Flurbereinigungsgebiet schriftlich zugesagt worden wäre. Stattdessen wurde der Klägerin in diesem Termin das Zuteilungskonzept erläutert und ein Flurstück zum Kauf angeboten.
Im Übrigen ist der Klägerin in einer weiteren Verhandlung am 29. August 2017, an der der genannte Mitarbeiter teilgenommen hat, mitgeteilt worden, dass ihre Flächen nicht mehr aus dem Flurbereinigungsgebiet ausgeschlossen werden könnten. Von einer Zusicherung der Herausnahme der Flächen war bei dieser Verhandlung ausweislich der Niederschrift über die Verhandlung am 29. August 2017 keine Rede. Aus der Niederschrift ergibt sich auch nicht, dass sich die Klägerin auf eine solche Zusicherung berufen und eine unrichtige Belehrung gerügt hätte. Angesichts dessen bestehen keine Anhaltspunkte, dass der genannte Mitarbeiter die Klägerin unrichtig belehrt oder gar getäuscht hätte.
Selbst wenn als wahr unterstellt wird, dass der genannte Mitarbeiter des Beklagten gegenüber der Klägerin geäußert habe, sie sei über die Möglichkeit, sie aus dem Verfahren auszuscheiden, nicht richtig belehrt worden, wäre dies für die Entscheidung über einen Anspruch auf Ausschluss ihrer Flächen nach § 8 FlurbG nicht erheblich. Denn insoweit ist nicht eine etwaige fehlerhafte Belehrung, sondern allein maßgeblich, ob die Klägerin als Verfahrensteilnehmerin gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf eine nachträgliche Änderung des Verfahrensgebiets hat. Dies ist nach den voranstehenden Ausführungen nicht anzunehmen.
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Rechtsmittelbelehrung