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von Anonymer Benutzer

RzF - 13 - zu § 5 Abs. 1 FlurbG

Flurbereinigungsgericht Kassel, Urteil vom 19.03.1980 - F 61/76

Aktenzeichen F 61/76 Entscheidung Urteil Datum 19.03.1980
Gericht Flurbereinigungsgericht Kassel Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Unterlassung der nach § 5 Abs. 1 FlurbG vorgeschriebenen Aufklärung der Eigentümer von Grundstücken die zusammen etwa ein Drittel des Gebietes der angeordneten Flurbereinigung darstellen, ist ein Verfahrensmangel, der zur Aufhebung des Flurbereinigungsbeschlusses führt.

Aus den Gründen

Die Begründetheit der Klage folgt aus der Verletzung des § 5 Abs. 1 FlurbG. Nach dieser Vorschrift sind vor der Anordnung der Flurbereinigung die voraussichtlich beteiligten Grundstückseigentümer in geeigneter Weise eingehend über das geplante Flurbereinigungsverfahren einschließlich der voraussichtlich entstehenden Kosten aufzuklären. Darin hat auch der Senat in früheren Entscheidungen (Urteil vom 15.12.1970 - III F 70/69 - RzF - 7 - zu § 5 Abs. 1 FlurbG und Urteil vom 25.01.1972 - III F 67/69) den maßgebenden Zweck dieser Regelung gesehen. Die Flurbereinigungsbehörde hat gegen die Bestimmung des § 5 Abs. 1 FlurbG verstoßen und damit dem Zweck dieser Bestimmung nicht entsprochen, so daß der Flurbereinigungsbeschluß zwar nicht nichtig, aber anfechtbar ist. Sie hat zwar am 11.12.1974 eine Aufklärungsversammlung in R. durchgeführt, nicht jedoch ordnungsgemäß dazu eingeladen. Nun ist allerdings für die Form sowohl der Aufklärung selbst als auch der Einladung zu einer vorgesehenen Aufklärungsversammlung keine gesetzliche Regelung getroffen worden. Der Flurbereinigungsbehörde ist es demnach freigestellt, in welcher Form sie die Aufklärung der voraussichtlich Beteiligten an einem Flurbereinigungsverfahren vornimmt. Die vorgenommene Aufklärung muß aber geeignet sein, ihren gesetzlichen Zweck zu erfüllen (vergleiche BVerwG - Beschluß vom 28.12.1959 in RdL 1960 S. 166 = RzF - 2 - zu § 4 FlurbG). Wählt die Flurbereinigungsbehörde nun die Form der mündlichen Aufklärung in einer Versammlung, dann muß dabei gewährleistet sein, daß die in Frage kommenden Beteiligten Kenntnis davon erhalten bzw. erhalten können, damit sie von der Möglichkeit der Aufklärung Gebrauch machen können. Diesem Erfordernis war hier allein schon deshalb nicht Genüge getan, weil die voraussichtlich Beteiligten in bezug auf rund 1/3 der gesamten Verfahrensfläche in der öffentlich bekanntgemachten Einladungsverfügung überhaupt nicht angesprochen, also nicht eingeladen worden sind. So deckt sich das Verfahrensgebiet der angeordneten Flurbereinigung mit dem in der Einladungsverfügung benannten Gebiet insofern nicht, als in dem unter b) der Einladungsverfügung angegebenen Gebiet das Grundstück Gemarkung R. Flur 4 Nummer 16 und die Grundstücke der gesamten Fluren 3 und 6 der Gemarkung Ei. nicht mit aufgezählt sind. Es kann zwar im Hinblick auf den Wortlaut des § 5 Abs. 1 FlurbG nicht gefordert werden, daß das in der Einladungsverfügung zu einer Aufklärungsversammlung angegebene Verfahrensgebiet völlig übereinstimmt mit dem Gebiet der später tatsächlich angeordneten Flurbereinigung. Es muß aber, wobei kleinere Abweichungen nicht schädlich sind, zunächst gewährleistet sein, daß zumindest die Eigentümer von Grundstücken innerhalb des Gebietes der später tatsächlich angeordneten Flurbereinigung auch zur Aufklärungsversammlung eingeladen worden sind. Wenn mehr Grundstückseigentümer zur Aufklärungsversammlung eingeladen werden, als später durch die tatsächlich angeordnete Flurbereinigung überhaupt betroffen sind, so ist dies grundsätzlich unschädlich.

Sind allerdings - wie hier - weniger Grundstückseigentümer mit der öffentlich bekanntgemachten Einladung angesprochen, als durch die später angeordnete Flurbereinigung betroffen, so stellt dies einen Mangel dar, der zur Anfechtbarkeit des Flurbereinigungsbeschlusses führt. Solche Mängel im Zusammenhang mit der Aufklärung führen auch nur zur Anfechtbarkeit, nicht etwa zur Nichtigkeit des Flurbereinigungsbeschlusses (vergleiche auch VGH Kassel - Beschluß vom 19.11.1961 - QF III 86/61 = RzF - 3 - zu § 5 Abs. 1 FlurbG). Der Flurbereinigungsbeschluß ist vom damaligen Landeskulturamt H., der nach § 4 FlurbG zuständigen oberen Flurbereinigungsbehörde, - wenn auch unter Verletzung des § 5 Abs. 1 FlurbG - erlassen worden. Der hier gegebene Mangel der unvollständigen Einladung zur Aufklärungsversammlung ist aber nicht so schwerwiegend, daß deshalb die Nichtigkeit des angefochtenen Flurbereinigungsbeschlusses angenommen werden müßte.

Wenn nach § 5 Abs. 1 FlurbG die voraussichtlich beteiligten Grundstückseigentümer aufgeklärt werden sollen, so kann dies nur bedeuten, daß kleinere Überschreitungen des in einer öffentlich bekanntgemachten Einladungsverfügung angegebenen Gebietes durch das Gebiet des später angeordneten Flurbereinigungsverfahren unschädlich sind. Nicht jedoch kann in diesem Zusammenhang mit dem Wort voraussichtlich eine Abweichung der hier gegebenen Größenordnung gedeckt sein. Das Wort voraussichtlich kann hier nicht in größerem Maße eine Unterlassung der nach § 5 Abs. 1 FlurbG vorgeschriebenen Aufklärung erlauben, als dies mit der Bestimmung des § 8 Abs. 1 FlurbG geschehen ist. Nach dieser Vorschrift kann die Flurbereinigungsbehörde das von der oberen Flurbereinigungsbehörde im Flurbereinigungsbeschluß festgestellte Verfahrensgebiet geringfügig ändern. Diese Regelung normiert allerdings weder direkt noch durch Verweisung auf § 5 Abs. 1 FlurbG eine Aufklärungspflicht gegenüber den von einer geringfügigen Änderung betroffenen Grundstückseigentümern. Im Gegensatz dazu hat jedoch der Gesetzgeber in § 8 Abs. 2 FlurbG für nachträgliche erhebliche Änderungen - also auch für Erweiterungen - des Verfahrensgebietes bestimmt, daß dann die § 4 bis § 6 FlurbG gelten. Demnach muß bei einer erheblichen Erweiterung des Verfahrensgebietes u. a. eine Aufklärung nach § 5 Abs. 1 FlurbG zumindest der von der Erweiterung betroffenen Grundstückseigentümer erfolgen. Und wenn eine Erweiterung in der Größenordnung erfolgt, daß - wie hier - die zugezogene Fläche der Hälfte des bisherigen Verfahrensgebietes entspricht, so ist dies ohne jeden Zweifel eine erhebliche Änderung im Sinne von § 8 Abs. 2 FlurbG. Diese Relation müßte hier beim Vergleich mit dem in § 8 Abs. 2 FlurbG verfolgten Zweck zugrundegelegt werden, denn dann hätte man im Falle der Unterlassung der Aufklärung der von einer solch großen Erweiterung betroffenen Grundstückseigentümer dieselbe Aufklärungsquote wie bei der angefochtenen Flurbereinigung, nämlich 66 %. Aber auch die Zuziehung einer Fläche, die einem Drittel des Verfahrensgebietes einer angeordneten Flurbereinigung entspricht, ist eine erhebliche Änderung im Sinne von § 8 Abs. 2 FlurbG. Wenn somit einer späteren Änderung des Verfahrensgebietes in der oben angegebenen Größenordnung eine Aufklärung gefordert wird, so kann nicht eine Unterlassung der Aufklärung im vorliegenden Ausmaß mit den Worten die voraussichtlich beteiligten Grundstückseigentümer in § 5 Abs. 1 FlurbG erlaubt sein.

Nun mögen auch Fälle denkbar sein, in denen trotz Verstoßes gegen § 5 Abs. 1 FlurbG der Zweck dieser Bestimmung erreicht ist. Das kann dann der Fall sein, wenn bei Nichtübereinstimmung des in der Einladung angegebenen vorgesehenen Verfahrensgebietes mit dem der tatsächlich später angeordneten Flurbereinigung trotzdem alle beteiligten Grundstückseigentümer der angeordneten Flurbereinigung mit der Einladung angesprochen sind. Dies wäre dann der Fall, wenn alle Eigentümer von Grundstücken, die in der Einladung nicht angegeben sind, auch Grundstücke im angegebenen Gebietsteil zu Eigentum hätten. Unter Umständen könnte in solch einem Fall, allerdings wenn auch in der Aufklärungsversammlung selbst das vorgesehene Verfahrensgebiet korrekt beschrieben worden ist, trotz des Mangels der fehlerhaften Einladung der Zweck der Bestimmung des § 5 Abs. 1 FlurbG erreicht sein. Eine solche Sachlage scheidet hier, ohne daß es weiterer Sachaufklärung bedurfte, allein schon deshalb aus, weil der frühere Kläger Sch. (F 63/76) lediglich mit einem Grundstück in der Flur 3 von Ei. am Verfahren der angeordneten Flurbereinigung beteiligt ist. Da aber unter anderem die Flur 3 von Ei. in der Einladung fehlt, ist auch der frühere Kläger Sch. zur Aufklärungsversammlung nicht eingeladen worden. Er hat auch, wie sich aus der Anwesenheitsliste ergibt, die während der Aufklärungsversammlung gefertigt worden ist, nicht an dieser Versammlung teilgenommen.

Selbst wenn in der Aufklärungsversammlung am 11.12.1974 als vorgesehenes Verfahrensgebiet das Gebiet der später angeordneten Flurbereinigung an Hand von Karten angegeben worden ist - im Vermerk über die Aufklärungsversammlung befindet sich dazu kein Hinweis - so läßt dies keine andere Schlußfolgerung zu. Der Mangel der insofern fehlerhaften Einladung ist damit nicht geheilt. Eine in der Aufklärungsversammlung zutreffende Darstellung des Verfahrensgebietes kann eben nur gegenüber den zur Aufklärungsversammlung Eingeladenen, nicht aber gegenüber den Nichteingeladenen erfolgen.