Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 04.02.1987 - 5 B 39.85 = RdL 1988 S. 42= AgrarR 1987 S. 250
Aktenzeichen | 5 B 39.85 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 04.02.1987 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = RdL 1988 S. 42 = AgrarR 1987 S. 250 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Ob einer Gebäudeabstandsfläche eine unentbehrliche Funktion für ein Wohngebäude zukommt, um als Gebäudefläche im Sinne des § 45 Abs. 1 Nr. 1 FlurbG qualifiziert werden zu können, richtet sich nach den bauordnungsrechtlichen Vorschriften des Landesrechts. |
Aus den Gründen
Die aufgeworfene Frage, ob eine notwendige Abstandsfläche eine Gebäudefläche darstellt und den besonderen Schutz des § 45 FlurbG genießt, ist vom Flurbereinigungsgericht auch im vorliegenden Verfahren im bejahenden Sinne zugunsten des Klägers beantwortet worden. Das ergibt sich trotz der im Beschwerdevorbringen auftauchenden Zweifel aus folgendem: Das Flurbereinigungsgericht hat zum Begriff der Hoffläche i. S. d. § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG festgestellt, daß die für die Weiterführung des öffentlichen Feld- und Waldweges FlstNr. 207 bis zur Ortsstraße FlstNr. 54/2 erforderliche, von der Westgrenze des Grundstücks des Klägers FlstNr. 27 abgetrennte Wegefläche keine Hoffläche im Sinne der vorgenannten Bestimmung sei, weil sie nicht der Betriebsführung des Hofes diene (zu diesem Erfordernis siehe BVerwG, Beschluß vom 19.04.1963 - BVerwG I B 151.61 (RdL 1963, 166; RzF - 6 - zu § 45 Abs. 1 FlurbG)). An diese Feststellung ist das Bundesverwaltungsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, weil der Kläger hiergegen keine Verfahrensrügen erhoben hat. Infolgedessen kann die in Nr. 1 des Urteilsausspruchs nach Verlauf und Begrenzung abgesteckte Wegefläche nur dann den Schutz des § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG genießen, wenn sie als eine Gebäudefläche im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Gebäudeflächen in diesem Sinne die außerhalb eines Hofraums liegenden bebauten Grundstücke (vgl. Beschluß vom 19.04.1963 <a.a.O.>). Da die in Betracht kommende Wegefläche unstreitig nicht bebaut ist, kann sie nur dann als eine Gebäudefläche angesehen oder einer solchen gleichgestellt werden, wenn ihr für das Wohngebäude des Klägers eine unentbehrliche Funktion zukommt. Das Flurbereinigungsgericht hat in diesem Zusammenhang entscheidend darauf abgestellt, ob eine Gebäudeabstandsfläche als Gebäudefläche qualifiziert werden kann, und dies auf der Grundlage nicht revisiblen Landesrechts geprüft. In Auslegung und Anwendung der bayerischen bauordnungsrechtlichen Vorschriften ist es dabei, und zwar unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die getroffenen Feststellungen im Urteil vom 02.06.1981 im vorausgegangenen Verwaltungsstreitverfahren Nr.13. A - 1594/79 der mit Ausnahme der dort nicht beigeladenen Teilnehmergemeinschaft Flurbereinigung identischen Beteiligten, zu dem Ergebnis gelangt, daß die in Nr. I des Urteilsausspruchs nach Verlauf und Begrenzung abgesteckte Wegefläche als bauordnungsrechtliche Abstandsfläche der Gebäudefläche i. S. d. § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG zuzurechnen sei (vgl. Urteilsabdruck S. 8). Da es den Zweifeln, die sich aus den neuerlichen Feststellungen der bauordnungsrechtlichen Verhältnisse am Wohnhaus des Klägers nach dem Baubescheid des Landratsamts vom 11.01.1968 ergaben, keinen Raum gab, ist das Flurbereinigungsgericht weiterhin davon ausgegangen, daß die in Betracht kommende Abstandsfläche als Gebäudefläche dem Schutzzweck des § 45 FlurbG unterliege. Bei dieser rechtlichen Zuordnung besteht für eine revisionsrechtliche Prüfung der aufgeworfenen Frage aus der Sicht des Klägers keine Veranlassung. Im übrigen würde eine der flurbereinigungsgerichtlichen Beurteilung entgegengesetzte Qualifizierung der in Betracht gezogenen Wegefläche für das Sachbegehren des Klägers keine günstigere Ausgangsposition bilden und insoweit auch nicht entscheidungserheblich werden können. Denn bei Verneinung der Zuordnung als Gebäudefläche würde diese Wegefläche von vornherein nicht dem Schutz des § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG unterfallen und von daher schon im Rahmen der Neugestaltung des Flurbereinigungsgebietes plangerecht verändert, verlegt oder einem anderen gegeben werden können.
Die Frage, ob die Anlegung (hier Weiterführung) eines öffentlichen Weges auf einer als Gebäudefläche anzusehenden Abstandsfläche nach § 45 FlurbG zulässig ist, bedarf keiner revisionsgerichtlichen Klärung. Durch das Bundesverwaltungsgericht ist bereits entschieden, daß die Veränderung von Hof- und Gebäudeflächen dann zulässig ist, wenn der Zweck der Flurbereinigung dies erfordert (§ 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FlurbG), während die Verlegung (und damit auch die Zuweisung an einen anderen Teilnehmer) solcher Grundstücke davon abhängig zu machen ist, daß der Zweck der Flurbereinigung in anderer Weise nicht erreicht werden kann (§ 45 Abs. 2 Satz 1 FlurbG), der Eingriff zur Erreichung des Zwecks der Flurbereinigung sich danach als unumgänglich notwendig erweisen muß (vgl. BVerwGE 55, 48 <52/53>). Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung ist das Flurbereinigungsgericht aufgrund der festgestellten örtlichen Gegebenheiten zu der Erkenntnis gelangt, daß der Zweck der Flurbereinigung, nämlich die Erschließung der im dortigen Bereich gelegenen Grundstücke durch Wege (§ 44 Abs. 3 Satz 3 FlurbG), die beanstandete Anbindung an das öffentliche Wegenetz erfordert und dieser Zweck auch in anderer Weise nicht erreicht werden kann. Den gesetzlichen Voraussetzungen auch des § 45 Abs. 2 Satz 1 FlurbG für die Zuweisung der in Nr. I des Urteilsausspruchs etwas verringerten Wegefläche an die Beigeladene zu 2 durch Nr. 2 des Widerspruchsbescheids des Spruchausschusses vom 17.05.1982 war damit entsprochen.