Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19.11.1998 - 11 B 53.98 = RdL 1999 S. 65
Aktenzeichen | 11 B 53.98 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 19.11.1998 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = RdL 1999 S. 65 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Es stellt keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar, wenn einem Teilnehmer zu Lasten des anderen Teilnehmers eine Abfindung mit verminderter Waldrandlage zugewiesen wird, sofern im Rahmen der Abwägung den Anforderungen an eine im Sinne von § 44 FlurbG wertgleiche Abfindung genügt ist. |
2. | Im Flurbereinigungsverfahren wird der Gleichbehandlungsgrundsatz durch den jedem Teilnehmer zustehenden Anspruch auf wertgleiche Abfindung gewährleistet. Ist dieser Anspruch erfüllt, so ist in Anbetracht der Verschiedenheit der Verhältnisse die überhaupt mögliche gleiche Behandlung erreicht. |
Aus den Gründen
Die Beschwerde beanstandet in diesem Zusammenhang zunächst, das Flurbereinigungsgericht habe "die Grundsatzfrage, ob einem Einleger, der keine Waldrandgrundstücke in Besitz hatte, ... eine großflächige Waldgrundstücksfläche (richtig wohl: Waldrandgrundstücksfläche) überhaupt zugeteilt werden durfte," unter Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes unzutreffend beantwortet. Hieraus ergebe sich folgende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung: "Liegt es noch im planerischen Gestaltungsermessen und der dabei zu beachtenden gesetzlichen Grundsätze im Sinne der §§ 114 VwGO, 146 Nr. 2 FlurbG, wenn unter Behauptung der Einhaltung der Grundsätze der Wertgleichheit, des Abwägungsgebots, der Gestaltungsrichtlinien und des Entsprechungsgebots im Sinne von § 44 Abs. 1 bis 4 FlurbG, insbesondere des Absatzes 4, ein Teilnehmer wie die Person des Klägers, im Rahmen der Zuteilung ... eine große Grundstücksfläche in unmittelbarer Waldrandlage in Form von Wiesen zugeteilt erhält, obwohl der Teilnehmer, der Kläger, zuvor so gut wie überhaupt keine Grundstücksfläche in Waldrandlage besessen hatte und diese Wiesengrundstücke auch nicht für seinen Betrieb grundsätzlich nutzbar sind, da er keine Viehwirtschaft mehr betreibt?"
Die damit aufgeworfene Frage würde sich in einem Revisionsverfahren so nicht stellen und rechtfertigt schon aus diesem Grunde die Zulassung der Revision nicht. Das Bundesverwaltungsgericht müßte aufgrund der - nicht mit einer durchgreifenden Verfahrensrüge angegriffenen und daher bindenden (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO) - tatsächlichen Feststellungen des Flurbereinigungsgerichts von einem anderen Sachverhalt ausgehen, als er mit der Beschwerde vorgetragen wird. Die Beschwerde macht geltend, der Kläger habe "vor Durchführung des Flurbereinigungsverfahrens ... überhaupt kein Grundstück, welches an den Waldrand angrenzte," besessen. Das Flurbereinigungsgericht hat demgegenüber - in Übereinstimmung mit dem von ihm verwendeten Kartenmaterial - nur eine "Mehrung an Waldrandlagen" festgestellt, weil auch die Einlage des Klägers bereits Waldrandlagen aufwies. Hiervon ausgehend hat das Flurbereinigungsgericht die Waldrandlagen der Einlage und der Abfindung in der Weise saldiert, daß es nur noch zu prüfen hatte, ob die Mehrung der Waldrandlage im Osten des neuen Flurstücks 364 geeignet ist, die betriebliche Leistungsfähigkeit des klägerischen Hofes zu stören (UA S. 7 f.). Dies hat das Flurbereinigungsgericht mit Blick auf die Größe der insgesamt vom Kläger bewirtschafteten landwirtschaftlichen Nutzfläche verneint. In Relation hierzu hat es die Zunahme der Waldrandlagen insgesamt als einen geringfügigen betriebswirtschaftlichen Nachteil eingestuft, der nicht gesondert durch eine Mehrung der Landabfindung oder andere Vorteile ausgeglichen werden mußte (vgl. BVerwG, Beschluß vom 27. November 1961 - BVerwG 1 B 127.61 - RdL 1962, 243 <244>; Urteil vom 26. März 1962 - BVerwG 1 C 24.61 - RdL 1962, 217 <218 f.> zur Mehrung von Hangflächen).
In diesem Zusammenhang hat das Flurbereinigungsgericht - zutreffend - darauf hingewiesen, daß der vom Kläger für sein Begehren angeführte Gleichbehandlungsgrundsatz nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. zuletzt Urteil vom 16. Dezember 1992 - BVerwG 11 C 3.92 - Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 72) durch den jedem Teilnehmer zustehenden Anspruch auf wertgleiche Abfindung gewährleistet wird. Ist dieser Anspruch erfüllt, so ist damit in Anbetracht der Verschiedenheit der Verhältnisse die überhaupt mögliche gleiche Behandlung erreicht (vgl. Beschluß vom 27. November 1961 - BVerwG 1 B 127.61 - a.a.O., S. 244). Kein Teilnehmer kann sich darauf berufen, daß andere Teilnehmer bei der Landzuteilung vermeintlich besser abgeschnitten haben (vgl. Beschluß vom 29. März 1974 - BVerwG 5 B 67.72 - Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 26). Selbst dann, wenn - bei im übrigen wertgleicher Abfindung - einzelne Teilnehmer größere Vorteile erhalten als andere, liegt allein deshalb eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG nicht vor. Dies gilt auch dann, wenn ein Teilnehmer bestimmte Flächen abgeben muß, während andere Teilnehmer entsprechende Flächen behalten können, oder wenn andere Teilnehmer bestimmte, von einem Teilnehmer beanspruchte Flächen erhalten haben (vgl. Beschluß vom 26. Juni 1974 - BVerwG 5 B 88.72 - Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 28). Auch der vorliegende Fall, der dadurch gekennzeichnet ist, daß einem Teilnehmer zu Lasten eines anderen Teilnehmers eine Abfindung mit verminderter Waldrandlage zugewiesen wird, beinhaltet keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn den Anforderungen an eine im Sinne von § 44 FlurbG wertgleiche Abfindung genügt ist. Ob letzteres zutrifft, ist eine Frage der Abwägung im Einzelfall und entzieht sich rechtsgrundsätzlicher Klärung. Das gilt nicht zuletzt auch für die in diesem Zusammenhang von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob es für den Teilnehmer hinnehmbar ist, wenn er wegen einer zugeteilten Waldrandlage auf der angrenzenden Fläche auf Ackerbau verzichten muß.
Die Beschwerde rügt ferner die Erwägungen als fehlerhaft, mit denen das Flurbereinigungsgericht es gebilligt hat, daß dem Kläger das Einlageflurstück 55 nicht wunschgemäß wieder zugeteilt worden ist. Insofern stelle sich folgende Frage von grundsätzlicher Bedeutung: "Darf einem Teilnehmer ein ortsnahes Grundstück "weggenommen" werden ..., obwohl sich dieses Grundstück in unmittelbarer Nähe zum Hofanwesen des Klägers befindet?"
Auch dies ist keine Frage, die in einem Revisionsverfahren geklärt werden müßte. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, daß grundsätzlich kein Teilnehmer auf der Grundlage von § 44 FlurbG Anspruch darauf hat, daß ihm Einlagegrundstücke wieder zugeteilt werden (vgl. z.B. Beschluß vom 24. Juni 1970 - BVerwG IV B 241.68 - RzF - 38 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG. Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn die Einlagegrundstücke wegen ihrer Ortsnähe für den Teilnehmer betriebswirtschaftliche oder andere Vorteile aufweisen. Das ergibt sich daraus, daß es keinen Anspruch auf Abfindung in Ortsnähe gibt (vgl. Urteil vom 14. Dezember 1978 - BVerwG 5 C 16.76 - RdL 1983, 15 <16>). Zwar können dennoch besondere Umstände des Einzelfalls geeignet sein, das Planungsermessen der Flurbereinigungsbehörde in der Weise zu binden, daß nur die Zuweisung einer dem Altbesitz entsprechenden Fläche als abwägungsfehlerfrei anzusehen ist (zuletzt Senatsbeschluß vom 13. Juni 1997 - BVerwG 11 B 20.97 - n.v.). Ob ein entsprechender Planwunsch des Teilnehmers mit dem ihm zukommenden Gewicht in die planerische Abwägung der Flurbereinigungsbehörde eingestellt worden ist, läßt sich aber nur anhand der Besonderheiten des jeweiligen Falles beurteilen und entzieht sich somit einer rechtsgrundsätzlichen Klärung im Revisionsverfahren. Das gilt auch für die Frage, inwieweit - nicht rechtsverbindliche - "Zusicherungen", wie sie hier nach dem Vortrag der Beschwerde erteilt worden sein sollen, im Rahmen der planerischen Abwägung zu berücksichtigen sind.Anmerkung
Das BVerwG bestätigt seine Rechtsprechung, daß grundsätzlich kein Teilnehmer Anspruch auf Zuweisung des Altbesitzes in Ortsnähe hat.