Flurbereinigungsgericht Greifswald, Urteil vom 06.02.2019 - 9 K 549/16 (Lieferung 2020)
Aktenzeichen | 9 K 549/16 | Entscheidung | Urteil | Datum | 06.02.2019 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Greifswald | Veröffentlichungen | Lieferung | 2020 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Teilnehmer können keine vollständige Kontrolle der Abwägungsentscheidung verlangen. (Redaktioneller Leitsatz) |
2. | Im Einzelfall kann es für die wegemäßige Erschließung genügen, wenn Wegedienstbarkeiten neu begründet werden. (Redaktioneller Leitsatz) |
Aus den Gründen
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG ist jeder Teilnehmer für seine Grundstücke mit Land von gleichem Wert abzufinden. Das Gebot wertgleicher Abfindung ist oberster Grundsatz des Flurbereinigungsverfahrens. Seine Einhaltung unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung. Nach § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG sind bei der Landabfindung die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse aller Teilnehmer gegeneinander abzuwägen. Danach tritt neben die volle gerichtliche Überprüfung der Beachtung des Gebots wertgleicher Abfindung eine Abwägungskontrolle nach den Grundsätzen, die die Rechtsprechung für die gerichtliche Überprüfung von Planungsentscheidungen entwickelt hat. Diese beschränkt sich jedoch wegen der spezifischen Verknüpfung der planerischen Abwägung nach § 44 Abs. 2 Halbs. 1 FlurbG mit dem Gebot wertgleicher Abfindung auf solche Belange, die nicht die Wertsicherung des Bestands betreffen und deren ordnungsgemäße Berücksichtigung deshalb durch eine wertgleiche Abfindung noch nicht gewährleistet ist. Die Abwägungskontrolle richtet sich deshalb darauf, ob die Abfindungsgestaltung konkretisierte betriebliche Entwicklungstendenzen, die sich dem Teilnehmer erst durch die Flurbereinigung eröffnen und die deshalb für die Frage wertgleicher Abfindung unerheblich sind, abwägungsfehlerfrei berücksichtigt (BVerwG, B. v. 08.03.2017 - 9 B 57/16 <Anmerkung der Schriftleitung: Das BVerwG schreibt sein Aktenzeichen 9 B 57.16> - AUR 2017, 216 <= RzF - 130 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG>).
Eine vollständige Kontrolle der Abwägungsentscheidung des Beklagten können die Kläger nicht verlangen.
Die gerichtliche Überprüfung der im Bodenordnungsplan enthaltenen Regelung über die Landabfindung erschöpft sich nur dann nicht in der Prüfung, ob der Anspruch des Teilnehmers auf wertgleiche Abfindung erfüllt ist, wenn der Betroffene Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt hat, die bereits so konkretisiert und verfestigt sind, dass ihre Verwirklichung nicht bloß theoretisch möglich, sondern voraussehbar ist. Die Teilnehmer trifft insoweit aber eine Mitwirkungspflicht, nach der sie gehalten sind, im Planwunschtermin (§ 57 FlurbG) auf die maßgeblichen Gesichtspunkte hinzuweisen und hierzu konkrete Gestaltungsvorschläge zu unterbreiten. Nur derart qualifizierte Planwünsche gehören zum Abwägungsmaterial (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.08.2006 - 10 C 4.05 -, BVerwGE 126, 303, juris RdNr. 30 <= RzF - 102 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG, RdNr. 30 = II 2 a) dd) Absatz 2 des Urteils>; Urt. v. 17.01.2007 - BVerwG 10 C 1.06 -, BVerwGE 128, 87, juris RdNr. 37 <= RzF - 105 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG, RdNr. 37 = Abschnitt II 2. a) aa) (4) (b) (cc) (2) des Urteils>). Ansonsten ist für eine gesonderte gerichtliche Abwägungskontrolle neben der Gleichwertigkeitsprüfung kein Raum, soweit es um die Berücksichtigung gleichwertigkeitsbestimmender Faktoren - abgesehen von gesondert geregelten Umständen, etwa in § 44 Abs. 5 Satz 1 FlurbG oder § 45 FlurbG - in der Abwägung geht (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.08.2006, a.a.O. <= RzF - 102 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG, RdNr. 30 = II 2 a) dd) Absatz 2 des Urteils>).
Derartige konkrete Gestaltungsvorschläge sind von Klägerseite nicht geltend gemacht worden.
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