Flurbereinigungsgericht Lüneburg, Urteil vom 15.03.2011 - 15 KF 24/09 = Entscheidungsdatenbank der Niedersächsischen Rechtsprechung: www.rechtsprechung.niedersachsen.de (Lieferung 2013)

Aktenzeichen 15 KF 24/09 Entscheidung Urteil Datum 15.03.2011
Gericht Flurbereinigungsgericht Lüneburg Veröffentlichungen = Entscheidungsdatenbank der Niedersächsischen Rechtsprechung: www.rechtsprechung.niedersachsen.de  Lieferung 2013

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Ein unzumutbarer Eingriff in die Struktur des Betriebes liegt nur dann vor, wenn der bisherige Betrieb in seinen Kernbereichen nicht mehr fortgeführt werden kann und deshalb der Betriebsinhaber gezwungen wäre, den bisher bestimmenden landwirtschaftlichen Produktionsbereich aufzugeben und gegebenenfalls einen anderen Produktionsbereich auszubauen oder neu aufzubauen.
2. Ein vorübergehender Unterschied zwischen dem Wert der alten Grundstücke und dem Wert der Landabfindung sowie andere vorübergehende Nachteile – etwa in Form von Bewirtschaftungserschwernissen – stellen im Regelfall keinen unzumutbaren Eingriff in die Struktur des Betriebes dar, vielmehr können Sie unter bestimmten Voraussetzungen allein einen Ausgleichsanspruch im Flurbereinigungsplan begründen.
3. Die vorläufige Besitzeinweisung entfaltet keine Bindung für den im Verfahren nachfolgenden Flurbereinigungsplan. Das Recht der Teilnehmer auf wertgleiche Abfindung in Land wird hiervon nicht berührt, so dass die vorläufige Besitzeinweisung keine vollendeten Tatsachen schaffen kann. Die Flurbereinigungsbehörde hat mit Vorlage des Flurbereinigungsplans eine Abfindung mit Land zu gewährleisten, die den Anforderungen des § 44 FlurbG genügt.

Aus den Gründen

24    Abfindungsmängel können nur ausnahmsweise zur Rechtswidrigkeit einer vorläufigen Besitzeinweisung führen, wenn zwischen der Einlage und der Abfindung entgegen § 44 Abs. 1 FlurbG offensichtlich ein grobes Missverhältnis besteht oder die vorläufige Einweisung entgegen § 44 Abs. 4 FlurbG offensichtlich zu einem unzumutbaren Eingriff in die bisherige Struktur des betroffenen Betriebs eines Teilnehmers führt, die eine auch nur vorübergehende Nutzung der zugewiesenen Flächen als unzumutbar erscheinen lassen (BVerwG, Beschluss vom 31. Oktober 1966, a.a.O.; Beschluss vom 30. August 1968, a.a.O.; Urteil vom 4. Juli 1985, a.a.O., BVerwGE 71, 369 [372]; Urteil vom 17. August 1988, a.a.O. <= RzF - 86 - zu § 44 Abs. 1 FlurbG>, Beschluss vom 12. November 2010, a.a.O.; Urteil des Senats vom 27. Juni 2007, a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Eine solche Ausnahme liegt hier nicht vor.


29    Weiter liegen keine konkreten Anhaltspunkte für einen - entgegen § 44 Abs. 4 FlurbG - unzumutbaren Eingriff in die Struktur des Betriebs der Klägerin aufgrund der vorläufigen Besitzeinweisung vor. Nach dieser Vorschrift soll die Landabfindung eines Teilnehmers in der Nutzungsart, Beschaffenheit, Bodengüte und Entfernung vom Wirtschaftshofe oder von der Ortslage seinen alten Grundstücken entsprechen, soweit es mit einer großzügigen Zusammenlegung des Grundbesitzes nach neuzeitlichen betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen vereinbar ist. Ein hierauf bezogener unzumutbarer Eingriff in die Struktur des Betriebes liegt nur dann vor, wenn der bisherige Betrieb in seinen Kernbereichen nicht mehr fortgeführt werden kann und deshalb der Betriebsinhaber gezwungen wäre, den bisher bestimmenden landwirtschaftlichen Produktionsbereich aufzugeben und gegebenenfalls einen anderen Produktionsbereich auszubauen oder neu aufzubauen. Der Grund für eine solche wesentliche Änderung in einem Produktionsbereich eines landwirtschaftlichen Betriebs kann u.a. darin liegen, dass die für diesen Produktionsbereich erforderlichen Produktionsmittel nicht mehr zur Verfügung stehen oder zu einem vertretbaren Aufwand nicht mehr beschafft werden können. Hingegen stellen ein vorübergehender Unterschied zwischen dem Wert der alten Grundstücke und dem Wert der Landabfindung sowie andere vorübergehende Nachteile - etwa in Form von Bewirtschaftungserschwernissen - im Regelfall keinen unzumutbaren Eingriff in die Struktur des Betriebs dar, vielmehr können sie unter bestimmten Voraussetzungen allein einen Ausgleichsanspruch im Flurbereinigungsplan begründen (vgl. Beschluss des Senats vom 11. Dezember 2008, a.a.O.; Bay. VGH, Urteil vom 4. Februar 2010 - 13 A 09.424, 13 A 09.621 -, juris).