Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 06.10.2009 - 13 A 08.2090 = RdL 2010, 105-107 (Leitsatz und Gründe)= KommunalPraxis BY 2010, 74 (Leitsatz) (Lieferung 2011)

Aktenzeichen 13 A 08.2090 Entscheidung Urteil Datum 06.10.2009
Gericht Flurbereinigungsgericht München Veröffentlichungen RdL 2010, 105-107 (Leitsatz und Gründe) = KommunalPraxis BY 2010, 74 (Leitsatz)  Lieferung 2011

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Rechtsschutzbegehren sind gegen den Flurbereinigungsplan in allen seinen Bestandteilen möglich und können sich auch speziell gegen die im Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan (Plan nach § 41 FlurbG) geregelte Herstellung gemeinschaftlicher Anlagen richten.
2. Die Grundstruktur der Neugestaltung des Flurbereinigungsgebietes gibt der Wege- und Gewässerplan vor.
3. Ein rechtswidriger Ausbau liegt vor, wenn die tatsächliche Ausführung in nicht unwesentlichen Teilen von der Planung abweicht; in solchen Fällen ist eine planrechtliche Behandlung erforderlich.

Aus den Gründen

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Die Klage ist begründet, da der vom Vorstand der Beklagten am 24. Oktober 2003 beschlossene Flurbereinigungsplan in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Spruchausschusses bei dem ALE vom 28. April 2008 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 113 Abs. 1, § 114 VwGO). Dies ergibt sich im vorliegenden Fall daraus, dass der von der Beklagten mit mehreren Beschlüssen – zuletzt mit Beschluss vom 24. Oktober 2003 – aufgestellte und gemäß § 58 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in den Flurbereinigungsplan aufgenommene Plan nach § 41 FlurbG in Bezug auf die dort geregelte Verlegung des S. Grabens (MKZ 212 024) Rechtsfehler aufweist.


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Rechtsschutzbegehren sind gegen den Flurbereinigungsplan in allen seinen Bestandteilen möglich und können sich auch speziell gegen Regelungen des Wege- und Gewässerplans richten (BVerwG vom 18.3.1985 RzF 6 zu § 41 Abs. 5; <= RzF - 6 - zu § 41 Abs. 5 FlurbG> BayVGH vom 18.7.2005 BayVBl 2006, 672; vom 25.9.1986 RdL 1987, 101).


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Hier zielt das Begehren des Klägers nicht lediglich darauf ab, eine den Vorgaben des Plans nach § 41 FlurbG entsprechende Herstellung des S. Grabens an der Nord-Ost-Ecke des Abfindungsflurstücks 1360 zu erreichen, d.h. einen Ausbau mit einem Durchlass DN 600 statt – wie geschehen – mit einem Durchlass DN 500, sondern es richtet sich gegen die planfestgestellte Grabenverlegungsmaßnahme als solche. Dies folgt daraus, dass der Kläger deren Geeignetheit, im Bereich des Abfindungsflurstücks 1360 einen ausreichenden Abfluss des im S. Graben anfallenden Oberflächenwassers zu gewährleisten, insgesamt und nicht nur in Bezug auf den planwidrigen Einbau des Durchlasses DN 500 in Frage stellt. ...


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Bei der vom Kläger beanstandeten Verlegung des S. Grabens handelt es sich um eine im Wege des Vorausbaus gemäß § 42 Abs. 1 Satz 2 FlurbG durchgeführte wasserbauliche Maßnahme zur Verbesserung der Feldeinteilung, zur Verminderung der Erosionen und zur Optimierung der Abflußverhältnisse, mit der eine gemeinschaftliche Anlage im Sinn von § 39 Abs. 1 FlurbG hergestellt wurde. Als solche bedarf sie der rechtlichen Behandlung im Wege- und Gewässerplan (§ 41 Abs. 1 FlurbG). In diesem Plan, der die Grundstruktur für die Neugestaltung des Flurbereinigungsgebiets vorgibt, ist das neue Wege- und Gewässernetz einschließlich der vorgesehenen wasserwirtschaftlichen Anlagen festzulegen (vgl. BVerwG vom 15.3.1973 BVerwGE 42, 92 = AgrarR 1973, 330 = RzF 2 zu § 41 Abs. 1; <= RzF - 2 - zu § 41 Abs. 1 FlurbG> vom 26.10.1978 RdL 1979, 51; Wingerter, a.a.O., RdNr. 2 zu § 41 = RzF - 4 - zu § 41 Abs. 1 FlurbG). Er ist gemäß § 41 Abs. 3, 4 FlurbG, Art. 1 Abs. 2 AGFlurbG von der oberen Flurbereinigungsbehörde festzustellen oder zu genehmigen und nach § 58 Abs. 1 Satz 2 FlurbG in den Flurbereinigungsplan aufzunehmen. Durch die Planfeststellung wird wegen ihrer Konzentrationswirkung die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen in Bezug auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; daneben sind andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Erlaubnisse oder Bewilligungen nicht erforderlich. § 41 Abs. 5 FlurbG bestimmt hierzu, dass durch die Planfeststellung alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt werden (s. Wingerter, a.a.O., RdNrn. 31 ff. zu § 41). Deshalb hat sich die Bauausführung grundsätzlich an den rechtlichen Vorgaben der Planfeststellung zu orientieren (Wingerter, a.a.O., RdNr. 3 zu § 18).


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Die Beklagte hat jedoch bei der im Wege- und Gewässerplan vorgesehenen und von der DLE mit Bescheid vom 19. April 2004 nach § 41 Abs. 4 FlurbG plangenehmigten Verlegung des S. Grabens nicht alle Belange in ihre Gestaltungserwägungen eingestellt, die bei den gegebenen örtlichen Verhältnissen einzubeziehen waren.


...


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Im Übrigen liegt auch deshalb ein rechtswidriger Ausbau vor, weil die tatsächliche Ausführung der Grabenbaumaßnahme in nicht unwesentlichen Teilen von der genehmigten Planung abweicht. Der Wege- und Gewässerplan sieht für den neu hergestellten S. Graben im Bereich der Nord-Ost-Ecke des Abfindungsflurstücks 1360 zur Unterquerung der Straße nach R. eine Verrohrung DN 600 vor. Jedoch wurde wegen des dort gegebenen geringen Gefälles und des Fehlens einer ausreichenden Bodenüberdeckung im Straßenbereich planabweichend lediglich ein Durchlass DN 500 eingebaut. Eine nachträgliche Aufnahme der geänderten Bauausführung in den Plan nach § 41 FlurbG durch die Beklagte sowie eine Genehmigung durch die obere Flurbereinigungsbehörde erfolgten – soweit ersichtlich – nicht.


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Diese Abweichung von den Festlegungen im Plan nach § 41 FlurbG ist auch nicht als Änderung von unwesentlicher Bedeutung anzusehen, bei der eine (ergänzende) Planfeststellung nach § 41 Abs. 4 Satz 2 FlurbG unterbleiben kann. Nach § 41 Abs. 4 Satz 3 FlurbG liegen Fälle von unwesentlicher Bedeutung vor, wenn Rechte anderer nicht beeinflusst oder mit den Beteiligten entsprechende Vereinbarungen getroffen werden. Bei dem Einbau eines Durchlasses DN 500 statt eines solchen mit DN 600 dürfte es sich um keine Planänderung von unwesentlicher Bedeutung handeln, da die Dimensionierung eines Durchlasses Einfluss auf das Abflussverhalten des gesamten Grabensystems, d.h. auf alle ober- und unterliegenden Flurstücke haben kann (s. hierzu BayVGH vom 25.11.1976 RdL 1977, 249). Da damit regelmäßig Auswirkungen auf wasserwirtschaftliche Belange zu erwarten sind, kann vom Betroffensein von Rechten anderer im Sinn von § 41 Abs. 4 Satz 3 FlurbG ausgegangen werden. Im Übrigen fehlt es nach Aktenlage jedenfalls an der erforderlichen Beschlussfassung des Vorstands der Beklagten zu dieser Änderung der Vorgaben des Plans nach § 41 FlurbG. Wie sich aus § 41 Abs. 4 Satz 3 Alt. 2 FlurbG und Art. 76 Abs. 2 VwVfG ergibt, wäre dies jedoch selbst bei Vorliegen einer unwesentlichen Änderung notwendig, da Träger der Grabenbaumaßnahme die Beklagte ist und diese den Plan nach § 41 FlurbG aufstellt (vgl. Wingerter, a.a.O., RdNr. 28 zu § 41).