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von Anonymer Benutzer

RzF - 19 - zu § 40 FlurbG

Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 07.08.1984 - 9 C 36/82

Aktenzeichen 9 C 36/82 Entscheidung Urteil Datum 07.08.1984
Gericht Flurbereinigungsgericht Koblenz Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Öffentliche Anlagen im Sinne von § 40 FlurbG sind solche, die dem öffentlichen Belang bereits dienen oder durch konkrete Maßnahmen zu dienen bestimmt sind. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so ist eine Landbereitstellung nach § 40 FlurbG unzulässig.
2. Die unmittelbare Zuteilung des durch Verzicht auf Landabfindung gegen Geld verfügbaren Landes an die Bundesrepublik Deutschland - Bundesstraßenverwaltung - steht mit der Verwendung in einer dem Zweck der Flurbereinigung entsprechenden Weise nicht in Einklang, wenn dadurch keinerlei gemeinschaftliche Interessen der Teilnehmer der Flurbereinigung gefördert werden und auch keinem öffentlichen Interesse gedient wird.

Aus den Gründen

Öffentliche Anlagen im Sinne von § 40 FlurbG, die dem öffentlichen Verkehr oder einem anderen öffentlichen Interesse dienen, sind solche, die dem öffentlichen Belang - bereits - dienen oder doch durch irgendwelche konkreten Maßnahmen zu dienen bestimmt sind (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluß vom 11.11.1969 Az.: IV B 154.68 in RzF - 4 - zu § 40 FlurbG = RdL 1971 S. 179 sowie Urteil vom 12.04.1984 - 5 C 110.83 mit weiteren Hinweisen, insbesondere zum Begriff der Anlage im Sinne von § 40 FlurbG). An diesen Voraussetzungen fehlt es jedoch im vorliegenden Fall. Denn unstreitig ist die vorgesehene Bundesfernstraße bisher noch nicht gebaut oder in dem hier maßgeblichen Streckenabschnitt auch nur begonnen worden. Darüber hinaus sind bislang auch keinerlei konkrete Maßnahmen getroffen worden, die der Verwirklichung einer für den öffentlichen Verkehr bestimmten Anlage dienen. Soweit der Beklagte demgegenüber geltend macht, daß das Straßenbauvorhaben sowohl auf Bundes- wie auch auf Landesebene als wichtiges und mit Vorrang zu behandelndes Vorhaben anerkannt sei und dementsprechend vorrangig in die Bundesfernstraßenplanungen sowie in die Verkehrs- und Entwicklungsprogramme des Landes aufgenommen worden sei, kann aus diesen Umständen Gegenteiliges nicht geschlossen werden. Denn darin liegen keine konkreten Maßnahmen, die eindeutig darauf schließen lassen, daß die Straßenplanung in der der Beigeladenen zu 2) (Bundesstraßenverwaltung) zugeteilten Fläche tatsächlich auch verwirklicht wird. Aus diesem Grunde ist es mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 40 FlurbG unvereinbar, schon vor einer jeden Planfeststellung oder sonstigen Ausweisung durch die zuständige Fachbehörde Land für eine solche "Anlage " zu Lasten der Kläger zur Verfügung zu stellen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 11.11.1969 a.a.O.). Den gegen diese Auffassung geäußerten Bedenken des Beklagten vermag der Senat nicht zu folgen. Wenn auch gerade die zuletzt genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen eines wasserrechtlichen Verfahrens ergangen ist, so muß daraus doch im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Eigentums auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht (vgl. BVerfGE 51, 151 - 156 -; 53, 31 - 65 -) der allgemeine Grundsatz abgeleitet werden, daß die jeweiligen Fachplanungsgesetze die Anwendung des § 40 FlurbG und damit die Landwegnahme gestatten müssen.

Die Ungewißheit, die der Verwirklichung des hier in Rede stehenden Straßenbauvorhabens anhaftet, beruht darauf, daß nach übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung für die die Mosel überführende Trasse der Bundesfernstraße, die bislang als Bundesautobahn, nunmehr als Bundesstraße 50 (B 50 neu) vorgesehen ist, weder das Linienbestimmungsverfahren nach § 16 FStrG durchgeführt, noch das Planfeststellungsverfahren nach § 17 FStrG eingeleitet worden ist.

Die Kläger sind auch durch die Zuteilung einer Fläche von 2,6638 ha mit 2.797,00 WE an die Beigeladene zu 2) aus dem durch Geldabfindung nach § 52 FlurbG angefallenen Land in ihren Rechten verletzt worden. Denn mit der Entscheidung über die Zuteilung dieses Landes an die Beigeladene zu 2) ist entgegen der Vorschrift des § 54 Abs. 2 FlurbG keine dem Zweck der Flurbereinigung entsprechende Verwendung erfolgt. Dadurch sind aber die gemäß dem Flurbereinigungsgesetz zu beachtenden Interessen der Kläger von der Flurbereinigungsbehörde nicht nur nicht sachgerecht, sondern überhaupt nicht berücksichtigt worden. Nach der bei Verwendung des infolge von Geldabfindungen nach § 52 Abs. 1 FlurbG nicht benötigten Landes zu beachtenden Vorschrift des § 54 Abs. 2 FlurbG ist jene in einer dem Zweck der Flurbereinigung entsprechenden Weise oder für Siedlungszwecke vorzunehmen. Eine Verwendung für Siedlungszwecke scheidet hier unstreitig aus. Ebensowenig kommt ein zweckgebundener Landerwerb nach § 52 Abs. 1 FlurbG, etwa zugunsten der Beigeladenen zu 2), in Betracht, der der gesetzlichen Forderung des § 54 Abs. 2 FlurbG auf Verwendung zu Zwecken der Flurbereinigung entgegenstehen könnte. Denn nach § 5 (1) Abs. 1 und 2 des Flurbereinigungsplanes (textlicher Teil) ist das gesamte gemäß § 52 FlurbG angefallene Land nicht etwa von oder zugunsten der Beigeladenen zu 2), sondern von der beigeladenen Teilnehmergemeinschaft erworben worden, zu deren Gunsten auch die Verfügungsverbote gemäß § 52 Abs. 3 Satz 2 FlurbG eingetragen worden sind.

Die Verwendung des nach § 52 Abs. 1 FlurbG angefallenen Landes entsprechend dem Zweck der Flurbereinigung im Sinne von § 54 Abs. 2 FlurbG beurteilt sich in erster Linie nach § 37 FlurbG. Danach geht es vorweg um die Schaffung gemeinschaftlicher Anlagen im Interesse der Verbesserung der Erzeugungs- und Arbeitsbedingungen der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe der Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens (§ 1 FlurbG) und dabei insbesondere um die Verwendung des Landes zur Aufstockung der Betriebsflächen (vgl. Seehusen-Schwede FlurbG, Kommentar 3. Aufl., § 54 Rdnr. 2 S. 239 m.w.H.). Einem solchen Zweck der Flurbereinigung dient die Zuteilung des Landes an die Beigeladene zu 2) schon deshalb nicht, weil die in Aussicht genommene Maßnahme, nämlich der Bau einer Bundesfernstraße, keinerlei gemeinschaftliche Interessen der Kläger zu fördern geeignet ist. Vielmehr dient diese Maßnahme - wie sich schon aus dem Begriff der Bundesfernstraße ergibt - in der Regel nur überörtlichen Interessen. Außerdem kann die Zuteilung an die Beigeladene zu 2) - entgegen der Auffassung des Beklagten - auch nicht damit gerechtfertigt werden, daß das Straßenbauvorhaben öffentlichen Interessen dient, denen gemäß § 37 Abs. 2 FlurbG in der Flurbereinigung Rechnung zu tragen ist. Denn wie bereits angeführt, handelt es sich bei dem Straßenbauvorhaben angesichts des Fehlens einer konkreten Planung jedenfalls noch nicht um eine öffentliche Anlage im Sinne der § 37 und § 40 FlurbG, so daß auch insoweit eine Berücksichtigung des in Rede stehenden Vorhabens über § 37 Abs. 2 FlurbG nicht in Frage kommen kann.

War die Flurbereinigungsbehörde somit nicht befugt, außerhalb des ihr durch § 54 Abs. 2 FlurbG vorgegebenen Rahmens über das durch Geldabfindung nach § 52 Abs. 1 FlurbG angefallene Land zu verfügen, so war sie auch nicht berechtigt, dieses Land der Beigeladenen zu 2) zu Eigentum zuzuteilen. Deshalb war der Flurbereinigungsplan so zu ändern, daß das der Beigeladenen zu 2) zugeteilte Land, welches durch Geldabfindung nach § 52 Abs. 1 FlurbG angefallen ist, gegen Freistellung der Beigeladenen zu 2) von dem festgesetzten Geldausgleich auf die beigeladene Teilnehmergemeinschaft zurückzuübertragen ist.