Flurbereinigungsgericht Koblenz, Urteil vom 04.10.1979 - 9 C 130/78 = RdL 1980 S. 41

Aktenzeichen 9 C 130/78 Entscheidung Urteil Datum 04.10.1979
Gericht Flurbereinigungsgericht Koblenz Veröffentlichungen RdL 1980 S. 41  Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. § 37 FlurbG normiert keine subjektiven Rechte für den Verfahrensteilnehmer.
2. Die bei Abwägung nach § 44 Abs. 2 FlurbG zu beachtenden Bedürfnisse müssen sich aus der bestimmungsmäßigen Verwendung oder Benutzung des eingebrachten Grundbesitzes ergeben.

Aus den Gründen

Die Klägerin (Gemeinde) begründet ihren Klageantrag damit, daß die geforderte Landzuteilung in Lage des geplanten Baugebietes (Mischgebiet für Wohngebäude und Gewerbebetriebe) der schnelleren und leichteren Verwirklichung der dort vorgesehenen Bauvorhaben diene, da auf diese Weise die notwendigen Bedarfsflächen von ihr den Bauinteressenten zur Verfügung gestellt werden könnten. Solche Dispositionen der Gemeinde mögen durch sachliche Bedürfnisse gerechtfertigt sein. Die Bestimmungen des § 44 FlurbG über die Wertgleichheit der Landabfindung bieten jedoch keine rechtliche Grundlage für ihre Durchsetzung.

Das Klagebegehren läßt sich insbesondere nicht daraus herleiten, daß die nach § 44 Absatz 2 Halbsatz 1 FlurbG bei der Abfindungsgestaltung vorgeschriebene Abwägung der betriebswirtschaftlichen Verhältnisse der Teilnehmer zu der von der Klägerin geforderten Zuteilung in bestimmter Lage führen müßte. Die von der Klägerin geltend gemachten Belange stellen sich nicht als "betriebswirtschaftliche" Bedürfnisse dar, so daß sie auch nicht in die nach § 44 Absatz 2 Halbsatz 1 FlurbG gebotene Abwägung einzustellen sind. Unter die in die vorgeschriebene Abwägung einzubeziehenden "betriebswirtschaftlichen Verhältnisse" fallen zwar nicht nur die Belange von landwirtschaftlichen Betrieben. Denn die Einbeziehung von Grundbesitz in die Flurbereinigung oder beschleunigte Zusammenlegung ist nicht davon abhängig, ob dieser einem landwirtschaftlichen Betrieb zugehört. Dementsprechend unterliegen verfahrensbeteiligte Eigentümer, die keinen landwirtschaftlichen Betrieb besitzen, den gleichen Pflichten wie Inhaber von landwirtschaftlichen Betrieben. Insbesondere trifft sie gleichermaßen die Verpflichtung, den allgemeinen Landabzug und die Flurbereinigungs- bzw. Zusammenlegungsbeiträge aufzubringen. Es wäre daher mit dem Verfassungsgebot der Gleichbehandlung (Art. 3 GG) unvereinbar, wenn deren Interessen bei der Abfindungsgestaltung im Rahmen des Gestaltungsermessens grundsätzlich unberücksichtigt blieben. Die bei der Abwägung nach § 44 Absatz 2 Halbsatz 1 FlurbG in diesem Auslegungssinne zu beachtenden Bedürfnisse müssen sich jedoch aus der bestimmungsgemäßen Verwendung oder Benutzung des eingebrachten Grundbesitzes ergeben. Dies folgt daraus, daß die in § 44 FlurbG enthaltenen Abfindungsgrundsätze im wesentlichen von der Beschaffenheit des Altbesitzes bzw. der jeweils am Verfahren beteiligten Wirtschaftseinheit ausgehen, so daß sich die Grundstücksneuordnung somit auch im Rahmen des Gestaltungsermessens an der bereits vorhandenen Zweckbestimmung des Einlagebesitzes zu orientieren hat. Diese Voraussetzungen, unter denen die Interessen eines Teilnehmers in die gesetzlich gebotene Abwägung einzubeziehen sind, liegen hier nicht vor. Denn das Interesse der Klägerin an der Zuteilung der Grundstücke Flur 2 Nummern 54, 57 und 58 wird nicht auf Bewirtschaftungs- oder Verwertungsbedürfnisse des land- und forstwirtschaftlichen Einlagebesitzes gestützt. Ihre Forderung auf Zuteilung von Grundstücken in bestimmter Lage gründet sich vielmehr auf ihr Interesse, die Bodenneuordnung in dem geplanten Baumischgebiet ohne Baulandumlegung nach dem Bundesbaugesetz und allein durch Grundstückserwerb (Grundstückszuteilung) sowie die spätere Abveräußerung von Bauflächen an die jeweiligen Bauinteressenten durchzuführen. Ob solche Dispositionen und Betätigungen der Klägerin dem hoheitlichen oder fiskalischen Bereich zuzuordnen sind, ob darüber hinaus überhaupt hoheitliche Interessen zu den "betriebswirtschaftlichen Verhältnissen" im Sinne des § 44 Absatz 2 Halbsatz 1 FlurbG zu rechnen sind, bedarf im vorliegenden Falle keiner abschließenden Beurteilung. Jedenfalls handelt es sich bei den geltend gemachten Belangen der Klägerin nicht um Bedürfnisse, die aus der bestimmungsgemäßen Nutzung des eingebrachten Grundbesitzes hergeleitet werden. Nur solche Interessen sind aber, wie oben ausgeführt, im Rahmen des gesetzlichen Gestaltungsermessens bei der gebotenen Abwägung der betriebswirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen. Die Zuweisung von Grundstücken in bestimmter Lage scheidet daher als mögliches Ergebnis der gesetzlich vorgeschriebenen Abwägung nach § 44 Absatz 2 Halbsatz 1 FlurbG aus. Ebensowenig läßt sich die Forderung der Klägerin auf Zuteilung der Grundstücke Flur 2 Nummern 54, 57 und 58 auf § 37 FlurbG stützen. Es kann hier offen bleiben, ob kommunale Planungen über ein Baugebiet (Mischgebiet) im Rahmen der Zusammenlegung schon dann zu berücksichtigen sind, wenn der Flurbereinigungsbehörde im Zeitpunkt der Planaufstellung kein Bauleitplan mit einem solchen Vorhaben - auch nicht in Form eines abgeschlossenen Entwurfes - vorliegt. Jedenfalls gewährt § 37 FlurbG keinem Verfahrensbeteiligten einen Anspruch darauf, daß die in diesen Bestimmungen genannten Gestaltungsgrundsätze beachtet werden. Schon gar nicht kann ein Verfahrensbeteiligter aufgrund dieser Vorschriften ganz bestimmte Einzelmaßnahmen beanspruchen. Die Bestimmungen des § 37 FlurbG charakterisieren sich als Weisungen des Gesetzgebers an die Flurbereinigungsbehörde, das Verfahrensgebiet mit der beschriebenen Zielsetzung und den bezeichneten Mitteln neu zu gestalten. Zur Erfüllung dieser Aufgabe räumen sie der Flurbereinigungsbehörde die verschiedensten Befugnisse ein. Im Gegensatz zu den in § 44 FlurbG enthaltenen Abfindungsgrundsätzen werden in diesen Bestimmungen aber keine subjektiven Rechte für den Verfahrensteilnehmer normiert (BVerwG, Urteil vom 25. November 1970 - IV C 80.66 - in RdL 1971, 97 = Buchholz, BVerwG 424.01 § 19 FlurbG Nummer 6 § 37 FlurbG Nummer 6 = RzF - 13 - zu § 37 Abs. 1 FlurbG).

Die begehrte Landzuteilung in bestimmter Lage läßt sich auch nicht, wie die Spruchstelle für Flurbereinigung zutreffend ausführt, aus den Bestimmungen über die Schaffung von gemeinschaftlichen Anlagen (§ 39 FlurbG) oder über die Bereitstellung von Land für Anlagen im öffentlichen Interesse (§ 40 FlurbG) herleiten.