Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19.12.2017 - 9 B 27.17 = NVwZ-RR 2018, 178= NuR 2017, 346 (Lieferung 2019)
Aktenzeichen | 9 B 27.17 | Entscheidung | Beschluss | Datum | 19.12.2017 |
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Gericht | Bundesverwaltungsgericht | Veröffentlichungen | = NVwZ-RR 2018, 178 = NuR 2017, 346 | Lieferung | 2019 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Die Flächenbegrenzung bei Feldgehölzen von mindestens 50 m² bis höchstens 2.000 m² in § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AgrarZahlVerpflV gilt nicht für den Begriff der Feldgehölze in § 34 Abs. 1 Nr. 3 FlurbG. |
2. | Die Befugnis der Flurbereinigungsbehörde zum Erlass einer naturschutzrechtlichen Wiederherstellungsverfügung nach § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG lässt ihre Anordnungsbefugnis gemäß § 34 Abs. 3 FlurbG unberührt. |
3. | Zur Frage, ob die Befugnis zum Erlass einer Anordnung nach § 34 Abs. 3 FlurbG der Verjährung unterliegt. |
Aus den Gründen
Der Begriff der Feldgehölze wird in § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Verordnung über die Einhaltung von Grundanforderungen und Standards im Rahmen unionsrechtlicher Vorschriften über Agrarzahlungen (Agrarzahlungen-Verpflichtungenverordnung - AgrarZahlVerpflV) vom 17. Dezember 2014, zuletzt geändert durch Verordnung vom 26. Mai 2017 (BGBI. I S. 1305) legaldefiniert. Danach handelt es sich um "überwiegend mit gehölzartigen Pflanzen bewachsene Flächen, die nicht der landwirtschaftlichen Erzeugung dienen, mit einer Größe von mindestens 50 Quadratmetern bis höchstens 2.000 Quadratmetern; Flächen, für die eine Beihilfe zur Aufforstung oder eine Aufforstungsprämie gewährt worden ist, gelten nicht als Feldgehölze."
Dieser Legaldefinition des Feldgehölzes liegt damit ein spezifisch förderrechtlicher Regelungszweck zugrunde.
Die in der Legaldefinition enthaltene Größenvorgabe dient vor allem der Abgrenzung von Wald, der nicht als Landschaftselement förderungsfähig ist. Zudem spielt die Größe für den Förderumfang eine entscheidende Rolle.
Auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens steht fest, dass die dem Förderungszweck geschuldete Flächenbegrenzung in § 8 Abs. 1 Nr. 3 Agrar-ZahlVerpflV auf § 34 Abs. 1 Nr. 3 FlurbG nicht übertragbar ist, mag auch insoweit der "Begriffskern" der Legaldefinition als Auslegungshilfe dienen können (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. Januar 2016 - 15 MF 21/15 - ZUR 2016, 293 Rn.19). Nach der zuletzt genannten Vorschrift führt die durch die Bekanntgabe des Flurbereinigungsbeschlusses ausgelöste Veränderungssperre dazu, dass neben Obstbäumen, Beerensträuchern auch "Feld- und Ufergehölze" nur in Ausnahmefällen und nur mit Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde beseitigt werden dürfen. Dieses Veränderungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt erfüllt einen besonderen flurbereinigungsrechtlichen Zweck.
Auf die genauen Größenverhältnisse des Feldgehölzes kommt es danach nicht an. Vielmehr soll nach der flurbereinigungsrechtlichen Regelung jede Veränderung des "status quo" aus den genannten Gründen erlaubnispflichtig sein.
Zwar handelt es sich bei der in § 34 Abs. 1 Nr. 3 FlurbG angeordneten notwendigen Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde um eine behördliche Zulassung im Sinne des § 17 Abs. 1 BNatSchG, so dass die zuständige Flurbereinigungsbehörde grundsätzlich auch für die Anordnung von naturschutzrechtlichen Maßnahmen einschließlich der Wiederherstellung des früheren Zustandes nach § 17 Abs. 8 BNatSchG zuständig ist (VGH Kassel, Beschluss vom 7. August 2015 - 4 B 958/15 - NUR 2015, 791 Rn. 6 <= RzF - 31 - zu § 34 Abs. 1 FlurbG>). Hierdurch wird die fachgesetzliche Ermächtigungsgrundlage des § 34 Abs. 3 FlurbG, die ihrerseits auf die der Behörde durch das Flurbereinigungsgesetz zugewiesenen Aufgaben beschränkt ist (BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2014 - 9 B 39.14 - <= RzF - 3 - zu § 34 Abs. 3 FlurbG> Buchholz 424.01 § 34 FlurbG Nr. 4 Rn. 7), aber nicht verdrängt. Denn die Regelung des § 17 Abs. 8 BNatSchG ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die fachgesetzlichen Befugnisse nicht stets auf die Eingriffsregelung zugeschnitten sind, so dass unter Umständen nicht alle erforderlichen Maßnahmen nach dem jeweiligen Fachgesetz getroffen werden können. Daher räumt die Vorschrift den in § 17 Abs. 1 BNatSchG genannten Fachbehörden eine eigene Ermächtigung ein.
Die Regelung bezweckt also eine Erweiterung der Eingriffsmöglichkeiten der Fachbehörde, soll aber nicht bereits bestehende fachgesetzliche Ermächtigungsgrundlagen verdrängen.
Nach verbreiteter Auffassung unterliegen Eingriffsbefugnisse des öffentlichen Rechts - anders als öffentlich-rechtliche Vermögensansprüche - keiner Verjährung, soweit es an einer abweichenden gesetzlichen Regelung fehlt.
Eine solche Regelung ist für das Flurbereinigungsrecht nicht vorhanden.
Die von der Beschwerde zitierten früheren Verjährungsregelungen des § 8 Abs. 3 HessNatSchG i.d.F. vom 19. September 1980 (GVBI. S. 313) und § 10 Abs. 4 ThürNatSchG i.d.F. vom 30. August 2006 (GVBl. S. 421) betreffen nicht das Flurbereinigungsrecht, sondern naturschutzrechtliche Maßnahmen, um die es hier gerade nicht geht.
Anmerkung
Vorausgehend Flurbereinigungsgericht Kassel, Urteil vom 29.06.2017 - VGH Kassel 23 C 291/17 = RzF - 33 - zu § 34 Abs. 1 FlurbG