Flurbereinigungsgericht Kassel, Urteil vom 29.06.2017 - 23 C 291/17 (Lieferung 2019)

Aktenzeichen 23 C 291/17 Entscheidung Urteil Datum 29.06.2017
Gericht Flurbereinigungsgericht Kassel Veröffentlichungen Lieferung 2019

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Die Ermächtigungsgrundlage des § 34 Abs. 3 FlurbG wird nicht durch die Ermächtigungsgrundlage des § 17 Abs. 8 BNatSchG verdrängt. Es besteht insoweit eine Parallelität der Eingriffsermächtigungen.
2. "Feldgehölz" im Sinne des § 34 Abs. 3 FlurbG ist eine überwiegend mit gehölzartigen Pflanzen bewachsene Fläche, die nicht der landwirtschaftlichen Erzeugung dient. Die Begriffsdefinition des § 8 Abs. 1 Nr. 3 der Agrarzahlungen-Verpflichtungenverordnung ist weder direkt noch analog anwendbar.
3. Eine Zustimmung nach § 34 Abs. 1 Nr. 3 FlurbG darf nur in Ausnahmefällen erteilt werden, etwa dann wenn landeskulturelle Belange, insbesondere des Naturschutzes und der Landschaftspflege, nicht beeinträchtigt werden.

Aus den Gründen

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet, soweit dem Kläger die Ersatzvornahme angedroht wurde. Im Übrigen ist die Klage unbegründet, da die angefochtene Verfügung vom 3. Juni 2016 und der Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2016 rechtmäßig sind und den Kläger daher nicht in eigenen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).


Die Anordnung der Ersatzpflanzung in der Verfügung vom 3. Juni 2016 ist formell rechtmäßig, insbesondere ist der Antragsteller zuvor hinreichend angehört worden (§ 28 Abs. 1 HVwVfG). Sie wird auch den Bestimmtheitsanforderungen des § 37 Abs. 1 HVwVfG gerecht. Der Verfügung kann im Einzelnen aus der als Anlage 1 beigefügten Luftbildaufnahme und den dort vorgenommenen Eintragungen entnommen werden, auf welchen beiden Teilflächen der Kläger Ersatzpflanzungen vorzunehmen hat. Ferner sind der Verfügung als Anlage 2 ein Pflanzschema und eine Liste der anzupflanzenden Gehölze beigefügt. Aus dem Pflanzschema ergibt sich im Einzelnen, wo welche Gehölzarten zu pflanzen sind.


Die Anordnung ist auch materiell rechtmäßig. Die Flurbereinigungsbehörde hat die Anordnung zutreffend auf § 34 Abs. 3 FlurbG gestützt. Danach muss die Flurbereinigungsbehörde Ersatzpflanzungen anordnen, wenn entgegen der Bestimmung des § 34 Abs. 1 Nr. 3 FlurbG Feldgehölze ohne die notwendige Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde beseitigt wurden.


Das Erfordernis der Zustimmung und die Folgen seiner Nichtbeachtung sind entsprechend § 34 Abs. 4 FlurbG i.V.m. § 6 Abs. 1 FlurbG unter Nr. 7 Absatz 1 Buchst. c und Nr. 7 Abs. 3 in den entscheidenden Teil der Flurbereinigungsbeschlusses vom 4. November 2010 aufgenommen worden. Der Flurbereinigungsbeschluss wurde am 29. November 2010 öffentlich bekannt gemacht (StAnz, 2010, S. 2610). Dadurch traten die Rechtswirkungen von § 34 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 FlurbG ein.


Die Eingriffsgrundlage des § 34 Abs. 3 FlurbG ist hier auch nicht deshalb unanwendbar, weil die Entfernung des Gehölzbestandes gleichzeitig einen ungenehmigten Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG darstellt. Insoweit könnte zwar grundsätzlich auch eine Widerherstellungsverfügung nach § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG ergehen. Dem Beschluss des 4. Senats des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. August 2015 - 4 B 958/15 -, NuR 2015, 791, <= RzF - 31 - zu § 34 Abs. 1 FlurbG>, lässt sich aber entgegen der Auffassung des Klägers nicht entnehmen, dass die naturschutzrechtliche Wiederherstellungsverfügung § 34 Abs. 3 FlurbG verdrängt. In der Entscheidung wird lediglich ausgeführt, dass die zuständige Flurbereinigungsbehörde auch für die Anordnung von Maßnahmen nach § 17 Abs. 8 BNatSchG zuständig ist, wenn Gehölze in einem Flurbereinigungsgebiet ohne die nach § 34 Abs. 1 Nr. 3 FlurbG notwendige Zustimmung beseitigt werden. Dies hindert allerdings nicht das Vorgehen nach Vorschriften des Flurbereinigungsrechts. Insoweit besteht eine Parallelität der Eingriffsermächtigungen.


Der Kläger hat entgegen der Vorschrift des § 34 Abs. 1 Nr. 3 FlurbG einen Eingriff vor­ genommen. Ein solcher Eingriff liegt u.a. vor, wenn ohne Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde im Flurbereinigungsgebiet von der Bekanntgabe des Flurbereinigungsbeschlusses bis zur Unanfechtbarkeit des Flurbereinigungsplans "Feldgehölze" beseitigt werden.


Der Bewuchs auf den Grundstücken des Klägers, Gemarkung M. Flur 49, Flurstücke 54, 58 und 59 waren bis Ende des Jahres 2012 Teile eines "Feldgehölzes".


Das Flurbereinigungsgesetz selbst definiert den Begriff "Feldgehölz" nicht. Nach Auffassung des Senats handelt es sich dabei um eine überwiegend mit gehölzartigen Pflanzen bewachsene Fläche, die nicht der landwirtschaftlichen Erzeugung dient (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 15. Januar 2014 - 15 MF 21/14 -, ZUR 2016 293). Das Feldgehölz ist auf der einen Seite von einer Hecke und auf anderer Seite vom Wald abzugrenzen. Eine Hecke ist ein lineares Strukturelemente, das überwiegend mit Gehölzen bewachsen ist (OVG Niedersachsen, a.a.O.). Wald, auf den in der Flurbereinigung die Sondervorschrift des § 85 FlurbG anwendbar ist, ist dagegen jede mit Forstpflanzen bestockte Grundfläche (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BWaldG). Die für das Vorliegen von Wald erforderliche Flächengröße beträgt nach allgemeiner Meinung 2.000 m² (vgl. BT­ Drs. 7/889, S. 25; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. August 2013 - OVG 11 N 80.10 -, juris; Sächsisches OVG, Urteil vom 15. Oktober 2013 - 5 A 50/11 -, juris). Unter Forstpflanzen sind alle Pflanzen zu verstehen, die üblicherweise in der Bundesrepublik in Wäldern vorkommen. Dazu zählen Blüten-, Farn- und Moospflanzen und insbesondere Holzgewächse (Bäume und Sträucher). Maßgebend für die Qualifikation einer Fläche als Wald ist die Bestockung mit Forst- und Waldbäumen, das heißt üblicher Weise im Bundesgebiet vorkommender Baumarten (vgl. Endres, Bundeswaldgesetz, 1. Aufl. 2014 § 2 Rdnr. 10). Waldsträuchern (bspw. Schwarzdorn) und sonstigen Waldpflanzen kommt gegenüber den Waldbäumen eine mehr (Waldsträucher) oder weniger (sonstige Waldpflanzen) nur unterstützende Bedeutung zu. Eine Grundfläche, die keine Bestockung mit Waldbäumen, sondern ausschließlich eine Bestockung mit Waldsträuchern oder sonstigen Waldpflanzen aufweist, ist kein Wald (vgl. Endres, a.a.O., § 2 Rdnr. 12).


Danach zählen die vom Kläger beseitigten Gehölzbestände zu einem Feldgehölz. Sie sind Bestandteil von zusammenhängend bewachsenen Flächen, die aufgrund ihrer flächenhaften Ausdehnung nicht mehr als lineare Strukturelemente betrachtet werden können. Die flächenhaften Gehölzbestände, zu denen der frühere Bewuchs auf den Grundstücken des Klägers zählt, weisen zwar eine Gesamtfläche von 6.600 m² bzw. 4.900 m² auf (vgl. Blatt 35, 36 der Gerichtsakte). Trotz dieser Größe handelt es sich bei beiden Flächen aber nicht um Wald, da es an der prägenden Bestockung der Flächen mit Waldbäumen fehlt. Insoweit ist auf die aus dem Jahre 1998 stammende Hessische Biotopkartierung zu verweisen. Darin wird die nördlich liegende Fläche (5714-688), zu der das Flurstück 54 gehört, als "Feldgehölz, Gebüsch und Hecke" und die südlich liegende Fläche (5714-757), zu der die Flurstücke 58 und 59 zählen, als "Gebüsch" bezeichnet. Die im Rahmen der Biotopkartierung durchgeführte Bestandsaufnahme ergibt keinen Hinweis auf einen prägenden Bewuchs mit typischen Waldbäumen. Ausschließlich für die südliche Fläche werden eine Stielwiche und eine Stechfichte genannt. Auch die Erörterung im Termin zur mündlichen Verhandlung unter Inaugenscheinnahme der Luftbildaufnahmen führte zwar zu dem Ergebnis das auf den Flächen einige Baumkronen zu erkennen sind. Die Beteiligten sind aber übereinstimmend davon ausgegangen, dass dieser Baumbewuchs nicht prägend ist. Der Vertreter des beklagten Landes wies im Übrigen darauf hin, dass es sich bei den entsprechenden Flächen auch nach Auffassung der beteiligten Forstbehörde nicht um Wald handele.


Der unter Verweis auf § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Verordnung über die Einhaltung von Grundanforderungen und Standards im Rahmen unionsrechtlicher Vorschriften über Agrarzahlungen (Agrarzahlungen-Verpflichtungenverordnung) vom 17. Dezember 2014, zuletzt geändert durch Verordnung vom 9. März 2017 (BGBI. 1 S. 455) - AgrarZahlVerpflV - geäußerten Auffassung des Klägers, ein "Feldgehölz" könne nur bis zu einer Größe von 2.000 m² angenommen werden, ist nicht beizupflichten. Die Definition des Begriffs "Feldgehölz" in § 8 Abs. 1 Nr. 3 AgrarZahlVerpflV gilt unmittelbar nur für die Agrarzahlungen-Verpflichtungenverordnung. Eine Anwendung der Definition auch auf den Begriff des Feldgehölzes im Sinne des Flurbereinigungsrechts wird nicht gesetzgeberisch angeordnet. Auch eine entsprechende Anwendung im Flurbereinigungsrecht lehnt der Senat - jedenfalls was die Flächengrößen betrifft - ab. Die Anwendung der Flächenangaben des § 8 Abs. 1 Nr. 3 AgrarZahlVerpflV auch im Flurbereinigungsrecht, führte zu dem nicht zu rechtfertigenden Ergebnis, dass über 2.000 m² große Gehölzbestände, die nicht mit waldprägenden Bäumen bestockt sind, gegenüber entsprechend bewachsenen Flächen in einer Größe bis 2.000 m², die in der Regel eine geringere ökologisch Wertigkeit aufweisen, der Schutz des § 34 FlurbG versagt bliebe.


Das Flurbereinigungsgericht setzt sich mit dieser Auffassung auch nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des Niedersächsischen OVG im Beschluss vom 15. Januar 2014, a.a.O. Das Niedersächsische OVG führt in der vorgenannten Entscheidung aus, die Definitionen der Agrarzahlungs-Verpflichtungenverordnung seien in ihrem Begriffskern, das heiße ungeachtet der Frage, ob auch die Größenangaben genau maßgeblich seien, auf die Auslegung des § 34 FlurbG übertragbar. Die Frage, ob die Größenangaben in § 8 Abs. 1 Nr. 3 AgrarZahlVerpflV für die Auslegung des Begriffs "Feldgehölz" im Sinne des § 34 Abs. 1 Nr. 3 FlurbG heranzuziehen sind, hat das Gericht mithin nicht entschieden.


Der Kläger hat die auf den Flurstücken 54, 58 und 59 befindlichen Bestandteile der Feldgehölze auch nach Bekanntgabe des Flurbereinigungsbeschlusses beseitigt. Dies ergibt sich hinlänglich deutlich aus einem Vergleich der vom Beklagten vorgelegten Luftbildaufnahmen aus dem August 2012 und August 2015. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger dementsprechend auch eingeräumt, dass er jeweils nach einem Gehölzrückschnitt Ende des Vorjahres in den Frühjahren 2013 und 2014 die entsprechenden Flächen landwirtschaftlich nutzbar gemacht hat.


Die Beseitigung der Gehölzbestände ohne die erforderliche Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde führt dazu, dass nach § 34 Abs. 3 FlurbG zwingend Ersatzpflanzungen anordnen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2014 - 9 B 39.14 -, NVwZ-RR 2014, 877, <= RzF - 3 - zu § 34 Abs. 3 FlurbG>). Der Verhältnismäßigkeits-grundsatz gebietet es aber, nicht schon jeden Verstoß gegen die formelle Genehmigungspflicht als Anlass für die Anordnung einer derartigen Maßnahme zu nehmen. Vielmehr ist die materielle Rechtswidrigkeit des Eingriffs nach § 34 Abs. 1 Nr. 3 FlurbG erforderlich. Die Anordnung von Ersatzpflanzungen muss dem Zweck des Gesetzes entsprechen, d.h. die Flurbereinigungsbehörde ist bei der Anwendung des § 34 Abs. 3 FlurbG - anders als bei der Anwendung des § 17 Abs. 8 BNatSchG (vgl. dazu Hess. VGH, Beschluss vom 7. August 2015 - 4 B 958/15 -, NuR 2015, 791 <= RzF - 31 - zu § 34 Abs. 1 FlurbG>) - auf die ihr nach dem Flurbereinigungsgesetz zugewiesenen Aufgaben beschränkt. Schutzzweck der Anordnungsbestimmung sind ausschließlich öffentliche Interessen (BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2014, a.a.O. <= RzF - 3 - zu § 34 Abs. 3 FlurbG>). Die Anordnung von Ersatzpflanzungen dient dabei ebenso wie die Veränderungssperre des § 34 Abs. 1 FlurbG der Sicherung des geordneten Übergangs in den durch die Flurbereinigung herbeizuführenden neuen Zustand (vgl. OVG Münster, Urteil vom 19. April 1985 - 9 G 28/84 -, NuR 1986, 34 <= RzF - 21 - zu § 34 Abs. 1 FlurbG>).


In Ansehung dieser Grundsätze ist die angeordnete Ersatzpflanzung nicht zu beanstanden.


Der vom Kläger vorgenommene Eingriff ist auch materiell rechtswidrig. Nach § 34 Abs. 1 Nr. 3 FlurbG darf die Zustimmung nur in Ausnahmefällen erteilt werden, soweit landeskulturelle Belange, insbesondere des Naturschutzes und der Landschaftspflege, nicht beeinträchtigt werden. Der vom Kläger beseitigte Gehölzbestand hat einen hohen ökologischen Wert. Nach den faunistischen und floristischen Untersuchungen des Büros für angewandte Landschaftsökologie (vgl. Blatt 93 ff. der Flurbereinigungsakten) befinden sich innerhalb der Gehölzbestände, die der Kläger teilweise beseitigt hat, jeweils ein Brutrevier der Vogelarten Bluthänfling und Feldsperling sowie der Klappergrasmücke. Bei dem Bluthänfling handelt es sich um eine Art. deren Erhaltungszustand als ungünstig beurteilt wird und die in Hessen stark zurückgegangen ist. Als ein Gefährdungsfaktor wird die Nutzungsintensivierung auch durch die Flurbereinigung bezeichnet. Der Erhaltungszustand des Feldsperlings ist in Hessen ungünstig-unzureichend. Die Art ist gerade durch die Beseitigung von Feldgehölzen bedroht. Der Erhaltungszustand der Klappergrasmücke wird in Hessen ebenfalls als ungünstig-unzureichend eingestuft. Der Verlust von Gehölzbeständen wird auch für diese Art als einer der Gefährdungsfaktoren benannt. Insgesamt bewertet das Büro für angewandte Landschaftsökologie den Funktionsraum B 1, in welchem die klägerischen Flurstücke liegen, als einen relativ abwechslungsreich strukturierten Bereich. Dieser Charakter wird durch Beseitigung von Feldgehölzen und die Nutzung der entsprechenden Flächen als Acker- oder Grünland erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Insgesamt stehen damit landeskulturelle Belange im obigen Sinne der Gehölzbeseitigung entgegen.


Auch im Übrigen entspricht die Anordnung der Ersatzpflanzung den Zwecken des Flurbereinigungsgesetzes. In dem genehmigten Wege- und Gewässerplan ist der ehemals auf den Grundstücken des Klägers befindliche Gehölzbestand als "unverändert/vorhanden" festgesetzt. Da die Flurbereinigungsbehörde bei der Neugestaltung des Flurbereinigungsgebiets nach § 37 Abs. 2 FlurbG vor allem (auch) den Erfordernissen des Naturschutzes und der Landschaftspflege Rechnung zu tragen hat und nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG der Schutz der Lebensstätten zu den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zählt, ist die Anordnung der Ersatzpflanzung auch insoweit nicht zu beanstanden.


Auch Art und Umfang der angeordneten Ersatzpflanzung verstoßen nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.


Zwar handelt es sich - wie oben bereits ausgeführt - bei der Ersatzpflanzungsanordnung nach § 34 Abs. 3 FlurbG um eine gebundene Entscheidung. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aber (auch) auf der Rechtsfolgenseite hinreichend Rechnung zu tragen (BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2014 - 9 B 39.14 -, juris <= RzF - 3 - zu § 34 Abs. 3 FlurbG>). Dies führt dazu, dass Art und Umfang der angeordneten Ersatzpflanzungen nicht willkürlich festgelegt werden dürfen. Die Maßnahmen müssen im Übrigen zu dem zu kompensierenden Eingriff in ein angemessenes Verhältnis gesetzt werden.


Anhaltspunkte für ein willkürliches Vorgehen gegen den Kläger oder einen Verstoß gegen das Schikaneverbot sind nicht ersichtlich. Die angeordnete Ersatzpflanzung verstößt nach Art und Umfang nicht gegen das Übermaßverbot. Durch die dem Kläger in Anlage 2 der angegriffenen Anordnung aufgegebene konkrete Ersatzpflanzung wird er nicht über Gebühr belastet. Dabei ist zunächst nochmals darauf zu verweisen, dass in der Bekanntmachung des Flurbereinigungsbeschlusses auf das Erfordernis der Zustimmung zur Beseitigung von Feldgehölzen und die Folgen einer Nichtbeachtung des Zustimmungserfordernisses hingewiesen wurde. Dem Kläger als stellvertretendem Vorstand der Mitgliedergemeinschaft können das Zustimmungserfordernis und die Folgen seiner Nichtbeachtung nicht entgangen sein. Auch der Einwand des Klägers, es könne nur eine Naturalrestitution aber keine Verbesserung des ehemals vorhandenen Bewuchses aus Schwarzdorn verlangt werden, gibt keinen Anlass an der Verhältnismäßigkeit der Anordnung zu zweifeln. Die Ersatzpflanzung wird den ökologischen Wert der beseitigten Gehölzbestände in ihrer Funktion für das Landschaftsbild und den Naturhaushalt erst nach mehreren Jahren erreicht haben. Die Anordnung der Ersatzpflanzung zielt demzufolge nicht - wie vom Kläger geltend gemacht - auf die in der Regel schon nicht (mit vertretbarem Aufwand) mögliche Naturalrestitution etwa durch Neupflanzung gleich hoher und alter Gehölze, sondern auf die dauerhafte Funktionssicherung des Bestandes. Dies schließt die Befugnis ein, zum Zwecke des gebotenen Wertausgleiches für das Landschaftsbild und den Naturhaushalt unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips auch die Anpflanzung weiterer Pflanzenarten sogar auf einer ggf. auch entsprechend größeren Fläche anzuordnen. Ebenso kann als Annex eine weitere (Entwicklungs-)Pflege der zu pflanzenden Gehölze angeordnet werden (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 15. Januar 2016 - 15 MF 21/15 -, ZUR 2016, 293).


Der Kläger als Grundstückseigentümer und derjenige, der die Gehölzbeseitigung vor­ genommen hat, ist auch richtiger Adressat der Anordnung vom 3. Juni 2016.


Schließlich ist die Verpflichtung des Klägers, Ersatzpflanzungen vorzunehmen, auch nicht verjährt. Die Befugnis und Verpflichtung der zuständigen Behörden, zur Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften belastende Verwaltungsakte zu erlassen und durch­ zusetzen, bleibt auch nach längerem Zeitablauf bestehen. Sie kann nicht verjähren oder durch Untätigkeit verwirkt werden (Hessischer VGH, Beschluss vom 12. Juli 1985 - 4 TH 530/85 -, juris; Urteil vom 20. Februar 1992 - 3 UE 4020/88 -, juris m.w.N. jeweils zu bauordnungsrechtlichen Verfügungen). Auch die Tatsache, dass das Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen den Kläger eingestellt wurde, führt nicht dazu, dass die Flurbereinigungsbehörde entgegen der zwingenden Vorschrift des § 34 Abs. 3 FlurbG eine Ersatzpflanzungsanordnung nicht erlassen darf. Der vom Kläger in diesem Zusammenhang angeführte Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung gebietet keine andere Einschätzung. Da es im Recht der Ordnungswidrigkeiten auf den subjektiven Fahrlässigkeitsvorwurf ankommt, sind bei ordnungsrechtlichen Maßnahmen - wie hier - nicht zwingend dieselben Maßstäbe anzuwenden.

Anmerkung


Revision zurückgewiesen durch Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19.12.2017 - BVerwG 9 B 27.17 = RzF - 34 - zu § 34 Abs. 1 FlurbG