Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 23.02.1995 - 13 A 93.927
Aktenzeichen | 13 A 93.927 | Entscheidung | Urteil | Datum | 23.02.1995 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht München | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | In einem nach § 87 FlurbG angeordneten Verfahren sind Einflüsse aus dem Unternehmen (hier: Ausbau der Donau), die sich auf den Ertrag auswirken, grundsätzlich nicht im Rahmen der Wertermittlung, sondern gegebenenfalls im Flurbereinigungsplan zu erfassen. |
2. | Wird ein Verfahren nach § 87 FlurbG durchgeführt, muß der Stichtag für die Bewertung nach den Grundsätzen der Vorwirkung der Enteignung auf den Zeitpunkt vor Erlaß der das Verfahren auslösenden Planfeststellung vorverlegt werden. |
3. | Zu den wertbestimmenden Faktoren gehört auch eine etwa vorhandene Überschwemmungsgefahr. |
Aus den Gründen
Auch in einem nach § 87 FlurbG angeordneten Verfahren, das - hier zudem mit einem Flurbereinigungsverfahren gemäß § 1 und § 37 FlurbG verbunden ist, ist die Wertermittlung nach den Bestimmungen der § 27 ff. FlurbG durchzuführen. Denn auf die Unternehmensflurbereinigung finden grundsätzlich alle für die Regelflurbereinigung geltenden Vorschriften Anwendung, sofern nicht die § 87 ff. FlurbG selbst einschränkende oder ergänzende Vorschriften enthalten (BVerwG vom 11.05.1988, RdL 1988, 328). Solche bestehen für die Bewertung der Einlagegrundstücke nicht.
Dabei ist jedoch zu beachten, daß Einflüsse aus dem Unternehmen (hier: Ausbau der Donau), die sich auf den Ertrag landwirtschaftlich genutzter Grundstücke auswirken, grundsätzlich nicht im Rahrnen der Wertermittlung, sondern gegebenenfalls im Flurbereinigungsplan zu erfassen sind. Zwar bemißt das Gesetz die Wertgleichheit einer Abfindung im Falle der vorläufigen Besitzeinweisung nach dem Zeitpunkt deren Wirksamwerdens (§ 44 Abs. 1 Satz 4 FlurbG), was beinhaltet, daß für die Bewertung der im Verfahrensgebiet liegenden Flächen auf diesen Tag entscheidend abzustellen ist. Wird dagegen ein Flurbereinigungsverfahren - auch - nach Maßgabe der § 87 ff. FlurbG durchgeführt, muß der Stichtag für die Bewertung nach den Grundsätzen der Vorwirkung der Enteignung auf den Zeitpunkt vor Erlaß der das Verfahren auslösenden Planfeststellungen (hier vom 20.08.1976, 10.03.1977 und 24.06.1977) vorverlegt werden (BayVGH vom 08.05.1990, RzF - 4 - zu § 29 Abs. 1 FlurbG). Die dieses Institut tragenden Überlegungen haben in § 95 Abs. 2 Nr. 2 Baugesetzbuch - BauGB (§ 95 Abs. 2 Nr. 2 BBauG) ihren Niederschlag gefunden und gelten im Enteignungsrecht allgemein, wobei die Bestimmung von Wertänderungen spricht und damit Wertminderungen und Werterhöhungen einbezieht. Letztlich dient die Berücksichtigung der Vorwirkung dazu, den Wert der in Anspruch genommenen Flächen zur Gewährleistung des Eigentums (Art. 14 Grundgesetz) qualitätsmäßig richtig zu bestimmen. Das geschieht durch Vorverlegung des maßgeblichen Stichtages auf den Zeitpunkt, ab dem die Planung eine Weiterentwicklung des Grundstücks ausschließt (BayVGH vom 03.03.1994, BayVBl. 1995, 152/154).
Dementsprechend hat die Beklagte am 27.07.1983 bestimmt, daß bei Wertänderungen durch Maßnahmen des Unternehmensträgers für die Einlage der Wert vor den Maßnahmen angehalten wird. Hinsichtlich der mit dem Abschlag von 1 bzw. 2 Ü versehenen Einlageflächen des Klägers ist für die Bemessung des Abfindungsanspruchs des Klägers daher auf den Wert abzustellen, den sie in den Jahren 1976/1977 hatten. Maßgeblich ist deshalb der landwirtschaftliche Ertragswert dieser Flächen gemäß § 28 Abs. 1 FlurbG in den Jahren 1976/1977. Daß diese Flächen seitdem Teil des Donaustromes sind, ist für ihre vom Gericht zu überprüfende Bewertung unerheblich.
Für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke ist das Wertverhältnis in der Regel nach dem Nutzen zu ermitteln, den sie bei gemeinüblicher ordnungsgemäßer Bewirtschaftung nachhaltig gewähren können. Hierbei sind grundsätzlich die Ergebnisse der sog. Reichsbodenschätzung zugrunde zu legen (§ 28 Abs. 1 FlurbG). Zu den wertbestimmenden Faktoren gehört neben den sich aus dem Boden selbst ergebenden Ertragsbedingungen auch eine etwa vorhandene Überschwemmungsgefahr, sofern sie abschätzbar ist (vgl. Schwantag in Seehusen/Schwede, Flurbereinigungsgesetz, 6. Auflage, RdNr. 12 zu § 28). Ein Abschlag ist demnach gerechtfertigt, wenn bei den streitgegenständlichen Flächen wegen regelmäßig stattfindender Überschwemmungen im langjährigen Durchschnitt von einer Ertragsminderung (Vernichtung oder Schädigung des Wiesen- oder Ackerbestandes bzw. des Erntegutes) auszugehen war.
Anmerkung:Das Urteil wurde durch Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.09.1995 - 11 B 111.95 bestätigt.