Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 30.07.1973 - VII 723/72 = AgrarR 1974 S. 80
Aktenzeichen | VII 723/72 | Entscheidung | Urteil | Datum | 30.07.1973 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht Mannheim | Veröffentlichungen | = AgrarR 1974 S. 80 | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Bei einem Einlageflurstück, dessen Fläche in einem Gebiet liegt, das nach der gemeindlichen Bauleitplanung als Gelände für ein Schwimmbad und ein Freizeitzentrum ausgewiesen ist, handelt es sich nicht um Land von besonderem Verwertungswert. |
Aus den Gründen
Es ist zunächst davon auszugehen, daß es sich bei dem Einlageflurstück 1189 bis zur Ausweisung als Schwimmbadgelände durch die Beigel. um landwirtschaftliches Gelände handelte und es nicht als Bau- bzw. Industrieerwartungsland zu beurteilen war. Die zukünftige Nähe zur Autobahn und zur B 10 vermöchte die Eigenschaft als Bau- oder Industrieerwartungsland nicht zu begründen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Beschl. vom 8.8.1968 - IV B 174.67 RzF - 15 - zu § 28 Abs. 1 FlurbG) ist die Baulandqualität eines Grundstücks nur dann zu bejahen, wenn sich der Eigentümer auf eine verfestigte Anspruchsposition berufen kann, die darin besteht, daß der Bebauung des betreffenden Grundstücks keine gesetzlichen Hindernisse mehr im Wege stehen. Auch bei der Möglichkeit der Erlangung einer Ausnahmegenehmigung muß es sich um greifbare Aussichten auf die Bebaubarkeit handeln. Rein theoretische Möglichkeiten, für die reale Grundlagen fehlen, können bei zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten keine Berücksichtigung finden. Entsprechendes gilt ohne Einschränkung für Industrieerwartungsland (Land für gewerbliche Betriebe) (vgl. Hess. VGH, Urt. vom 30.11.1972 - III F 131/68). Die mündliche Verhandlung am 30.7.1973 hat ergeben, daß der Kläger weder vor der Flurbereinigung noch vor der Ausweisung des Geländes als Schwimmbad greifbare Aussichten auf eine bauliche oder gewerbliche Nutzung des Einlageflst. 1189 hatte. Nach der Ausweisung als Schwimmbadgelände aber konnte das Gelände nicht mehr an einer Qualitätsänderung in Richtung Bau- oder Industrieerwartungsland teilnehmen und hat es nach den Feststellungen des Senats auch nicht getan, denn die gemeindliche Planung ist durch die tatsächliche Entwicklung nicht obsolet geworden. Das Einlageflurstück hatte also auch zum Zeitpunkt der vorzeitigen Ausführung des Flurbereinigungsplans, also dem 1.7.1971, noch keine greifbaren Aussichten auf eine bauliche oder gewerbliche Nutzung (vgl. Schmitt, Die Flurbereinigungsbehörde als Amt für Raumordnung und Städtebauförderung, DVBl. 1973, 430 ff. sowie BGH, Urteil vom 22.5.1967 - III ZR 121/66 - NJW 1967, 2306). Die Flurbereinigungsbehörden sind daher zu Recht davon ausgegangen, daß das Einlageflurstück keinen besonderen Verwertungswert hatte. Dieses Ergebnis entspricht auch der einschlägigen Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs im Urteil vom 4.12.1970 - 247 VII 68 - = RzF - 20 - zu § 28 Abs. 1 FlurbG, wonach die Absicht einer Gemeinde, ihre nicht im Baugebiet liegende Zuteilung künftig als Spiel- und Sportgelände zu verwerten, kein werterhöhender Umstand für die betroffenen Einlageflächen ist. Im gleichen Sinne hat auch der Hess. VGH im Urteil vom 14.4.1966 - F III 96 bis 103/64, 105 bis 133/64 und 134/64 erkannt, daß Werterhöhungen, die der Altbesitz eines Teilnehmers im Außengebiet einer Gemeinde erst durch die Verwendung des Landes für ein Unternehmen der Energieversorgung erhält, bei der Bewertung des Altbesitzes und bei der Bemessung der Abfindung nicht zu berücksichtigen sind, wenn es sich nicht um Bauerwartungsland oder um Industrieerwartungsland gehandelt hat (vgl. hierzu auch Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.7.1971 - BVerwG V B 22.72).
Aber selbst wenn das Einlageflurstück dadurch einen besonderen Verwertungswert erhalten hätte, daß sich die Beigel. in Verkennung des Wesens der Flurbereinigung (vgl. Schmitt a.a.O. (S. 436) BGH a.a.O.) veranlaßt gefühlt hatte, in der Lage des Vorhabens Grundstücke zu - für landwirtschaftliche Grundstücke - überhöhtem Preis zu erwerben, wären die Flurbereinigungsbehörden einem etwaigen besonderen Verwertungswert im vorliegenden Falle zumindest dadurch gerecht geworden, daß sie als sog. Verkehrswertzuschlag einen Geldausgleich festsetzten, der der Differenz zwischen dem Wert des Abfindungsflurstücks und dem Wert des Einlageflurstücks nach Maßgabe der Zahlungen der Beigel. an die benachbarten Eigentümer der für das Schwimmbadgelände benötigten Grundstücke entspricht und der der Höhe nach angemessen ist.