Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 07.12.1995 - 13 A 93.1505
Aktenzeichen | 13 A 93.1505 | Entscheidung | Urteil | Datum | 07.12.1995 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht München | Veröffentlichungen | Lieferung | N/A |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Wertmindernde oder wertverbessernde tatsächliche Veränderungen an landwirtschaftlich genutzten Grundstücken, die durch Maßnahmen der Teilnehmergemeinschaft oder des Unternehmensträgers (§ 87 FlurbG) nach abgeschlossener Wertermittlung entstehen und die sich auf den Nutzen der Grundstücke auswirken, lassen den festgestellten Einlagewert (Abfindungsanspruch) unberührt. |
2. | Der durch Maßnahmen der Teilnehmergemeinschaft oder des Unternehmensträgers veränderte, für die Bemessung der Abfindung maßgebliche Wert ist im Flurbereinigungsplan - gegebenenfalls über § 88 Nr. 5 FlurbG - zu erfassen, sofern dieser Wertunterschied nicht bereits durch eine erneute förmliche Wertfeststellung aktualisiert worden ist. |
Aus den Gründen
Nach § 28 Abs. 1 FlurbG ist für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke - das sind die klägerischen Abfindungsflurstücke 2605 und 4059 - das Wertverhältnis in der Regel nach dem Nutzen zu ermitteln, den sie bei gemeinüblicher ordnungsgemäßer Bewirtschaftung jedem Besitzer ohne Rücksicht auf ihre Entfernung vom Wirtschaftshof oder von der Ortslage nachhaltig gewähren können. Dabei ist das tatsächliche Wertverhältnis der Grundstücke für den Zeitpunkt zu ermitteln, in dem die Bewertung durchgeführt wird; es kommt auf den in diesem Zeitpunkt vorhandenen Zustand des Bodens an (BVerwG vom 23.08.1962, RdL 1963, 107/108, und vom 14.01.1971, RdL 1971, 184). Später eintretende Wertänderungen, die durch Maßnahmen der Flurbereinigung oder - bei Verfahren nach § 87 FlurbG - des Unternehmensträgers entstehen, lassen die Wertermittlungsergebnisse und damit den Abfindungsanspruch unberührt (BVerwG vom 17.04.1975, RdL 1975, 242/243). - Für Wertminderungen dieser Art gebietet dies Art. 14 Grundgesetz - GG -. Der Abfindungsanspruch des Teilnehmers darf und kann nicht durch Maßnahmen erwähnter Art, die den Nutzungswert landwirtschaftlicher Grundstücke mindern, abgewertet werden; die Verminderung des Anspruches käme einer Enteignung gleich. - Grundstücke, die durch solche Maßnahmen eine Wertsteigerung erfahren, erhöhen den Abfindungsanspruch des Einlegers nicht. Nach der Gesetzessystematik, die mit Art. 14 GG im Einklang steht, sollen Wertsteigerungen bei einzelnen Grundstücken, die über den allgemeinen Vorteil hinausgehen, über § 46 und § 54 Abs. 2 FlurbG der Gesamtheit der Teilnehmer zugute kommen; für eine Erhöhung der festgestellten Werte zum Vorteil des bisherigen Eigentümers ist dagegen kein Raum.
Anders liegen die Verhältnisse bei - hier allerdings nicht gegebenen - Wertänderungen außerhalb des Flurbereinigungsverfahrens (z. B. als Folge der gemeindlichen Bauleitplanung), für die § 44 Abs. 1 Sätze 3 und 4 FlurbG den maßgeblichen Zeitpunkt festschreibt und die deshalb in den Abfindungsanspruch eingehen (BVerwG vom 31.01.1979, RzF - 10 - zu § 32 FlurbG). Was den maßgeblichen Zeitpunkt für die Bewertung angeht, liegen die Verhältnisse ferner anders in - hier gleichfalls nicht gegebenen - Fällen, in denen der Grundsatz der Vorwirkung der Enteignung den entscheidenden Stichtag vorverlegt (vgl. BayVGH vom 08.05.1990, RzF - 4 - zu § 29 Abs. 1 FlurbG).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat das Gericht die am 23.10.1986 festgestellten Ergebnisse der Wertermittlung überprüft. Dabei mußten die tatsächlichen Veränderungen der Beklagten an den im Streit befindlichen Grundstücksflächen aus den Jahren 1986/1987 ebenso unberücksichtigt bleiben, wie dahinstehen kann, ob durch den Ausbau der Donau und ihre Anlagen sich auf den klägerischen Abfindungsflurstücken vermehrt Qualmwasser bildet. Derartige Einflüsse, die sich auf den Ertrag der landwirtschaftlich genutzten Abfindungsgrundstücke der Kläger auswirken sollten, sind nicht im Rahmen der Wertermittlung nach § 27 ff. FlurbG, sondern im Flurbereinigungsplan zu erfassen, nachdem die Beklagte von der Möglichkeit, den geänderten Abfindungswert durch eine erneute förmliche Wertfeststellung zu erfassen, keinen Gebrauch gemacht hat. Das gilt sowohl für Wertminderungen wie auch für Werterhöhungen. - Bei Änderungen, die den Ertragswert der Grundstücke wesentlich erhöht haben, geschieht dies durch die sog. Aufbonitierung nach § 46 FlurbG, als deren Folge nicht mehr die nach § 27 bis § 33 FlurbG ermittelten Werte (§ 44 Abs. 1 Satz 2 FlurbG), sondern die erhöhten Werte (§ 46 Satz 1 FlurbG) der Abfindungsbemessung zugrunde gelegt werden, wobei die erhöhten Werte nötigenfalls durch eine erneute Wertermittlung festzustellen sind. Eine solche Aufbonitierung hat die Beklagte nicht vorgenommen. - Auch Wertminderungen als Folge von Maßnahmen der Beklagten oder des Unternehmensträgers müssen ihren Ausgleich im Flurbereinigungsplan oder - bei Maßnahmen des Unternehmensträgers - gegebenenfalls über § 88 Nr. 5 FlurbG finden. Im Rechtsstreit über die Wertermittlung der Einlagegrundstücke - und um diese geht es hier allein - müssen derartige Veränderungen unberücksichtigt bleiben. Deshalb hat das Gericht bereits im Verfahren 13 A 92.1008 den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung über die Widersprüche im Planfeststellungsverfahren zur Staustufe S. mit Beschluß vom 16.04.1993 abgewiesen. Es steht aus gleichem Grund nicht mit der Rechtslage im Einklang, wenn der Spruchausschuß im Widerspruchsbescheid seiner Entscheidung die vorgefundenen tatsächlichen Verhältnisse und damit die Auffüllungen der Jahre 1986/1987 zugrunde gelegt hat. Für die Wertermittlung kommt es bei dem hier zu entscheidenden Sachverhalt auf den Zeitpunkt der Besitzeinweisung (§ 44 Abs. 1 Satz 4 FlurbG) gerade nicht an.