Flurbereinigungsgericht Mannheim, Urteil vom 12.05.2010 - 7 S 475/08 (Lieferung 2011)

Aktenzeichen 7 S 475/08 Entscheidung Urteil Datum 12.05.2010
Gericht Flurbereinigungsgericht Mannheim Veröffentlichungen Lieferung 2011

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Es ist sachgerecht, sich für die Festsetzung des Streitwerts im Widerspruchsbescheid am Gerichtskostengesetz (GKG) zu orientieren.
2. Die Widerspruchsgebühr kann sich an der Höhe der Gebühren orientieren, die in einem gerichtlichen Verfahren mit demselben Streitgegenstand erhoben werden könnte. Die im Widerspruchsverfahren erhobenen Kosten müssen aber ganz erheblich unter den Vergleichskosten eines gerichtlichen Verfahrens liegen.

Aus den Gründen

Der Kläger wendet sich gegen die Abrechnung der Ausführungskosten im Flurbereinigungsverfahren sowie gegen Regelungen des Flurbereinigungsplans. ...


Mit Widerspruchsbescheid vom 11.01.2008 wies das Regierungspräsidium S. (Landesamt für Flurneuordnung) den Widerspruch des Klägers ... zurück und setzte für die Entscheidung einen Auslagenpauschsatz von 60,-- EUR sowie eine Gebühr von 240,-- EUR fest. Zur Begründung wurde ausgeführt:

1. ...

2. ...

3. Der Gebührenfestsetzung liege der Auffangsstreitwert in Höhe von 5.000,-EUR zu Grunde, da das wirtschaftliche Interesse des Klägers nicht einzuschätzen sei.


Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 15.01.2008 zugestellt.
Am 13.02.2008 hat er beim Verwaltungsgerichtshof Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, der festgesetzte Auffangstreitwert von 5.000,— EUR sei zu hoch, zumal vier Landesbeamte zur Widerspruchsverhandlung angereist seien, obwohl er vorher mitgeteilt habe, dass er an diesem Termin nicht teilnehmen werde.


Entscheidungsgründe
Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, denn dieser wurde in der ordnungsgemäßen Ladung hierauf hingewiesen (§§ 138 Abs. 1 FlurbG, 102 Abs. 2 VwGO).
l. Soweit sich der Kläger gegen die Auslagen- bzw. Gebührenfestsetzung in dem Widerspruchsbescheid vom 11.01.2008 wendet, ist seine Klage ohne vorheriges Widerspruchsverfahren als isolierte Anfechtungsklage statthaft, denn durch diese Festsetzung wird er erstmals beschwert (§§ 138 Abs. 1 <Anm. d. Schriftleiters: gemeint wohl § 138 Abs. 1 FlurbG>, 42 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Nr. 2 VwGO).


Die diesbezügliche Klage ist auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Gem. § 147 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 FlurbG wird für die abweisende Entscheidung im Widerspruchsverfahren ein Pauschsatz erhoben, der unter Berücksichtigung der durch das Verfahren entstandenen baren Auslagen zu berechnen ist. Außerdem kann eine Gebühr festgesetzt werden.
Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass der Beklagte für die Zurückweisung überhaupt eine Gebühr festgesetzt hat. Gründe dafür, dass von der Festsetzung einer Gebühr zwingend hätte abgesehen werden müssen, sind nicht erkennbar.


Auch die Höhe der festgesetzten Gebühr ist nicht zu beanstanden. Das FlurbG trifft zur Höhe der Gebühr keine Aussage. Der Beklagte hat sich - wie der Hinweis auf den Auffangstreitwert von 5.000,- EUR auf S. 7 des Widerspruchsbescheides zeigt - hinsichtlich der Bemessung der Gebührenhöhe offenbar an den Streitwerten des GKG orientiert. Dies ist sachgerecht, da die Vorschriften des GKG bei der Festsetzung nach § 147 FlurbG zumindest sinngemäß angewandt werden können (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.05.1991 - 5 B 27.91 -, NVwZ-RR 1992, 51 <= RzF - 7 - zu § 138 Abs. 1 Satz 1 FlurbG> ; OVG Niedersachsen, Urt. v. 05.08.1999 - 15 K 3720/98 -, juris Rdnr. 14). Sachgerecht ist hier auch die Bewertung des Widerspruchsvorbringens des Klägers mit dem Auffangstreitwert von 5000,-EUR. Zwar ist sein wirtschaftliches Interesse an der Entscheidung über die Abrechnung der Ausführungskosten für sich genommen deutlich niedriger, jedoch hat sich der Kläger mit seinem Widerspruch darüber hinaus gegen diverse Regelungen des Flurbereinigungsplans gewandt (Umsetzung des Kauf- und Tauschvertrages in der Flurbereinigung; Verlegung von Flst. Nr. 6098/1; Ausgleich von im Wasserschutzgebiet gelegenen Grundstücken; Nichtberücksichtigung von Zuteilungswünschen in den Blocknummern 612 und 607). Da der Sach- und Streitstand für deren anderweitige Bewertung keine genügenden Anhaltspunkte bietet, ist die Heranziehung des Auffangstreitwerts von 5000,-- EUR (§ 52 Abs. 2 GKG in entsprechender Anwendung) bereits im Hinblick auf diese Angriffe gegen den Flurbereinigungsplan gerechtfertigt und jedenfalls nicht zu hoch bemessen. Erst recht gilt dies bei Einbeziehung des wirtschaftlichen Interesses an der Abrechnung der Ausführungskosten.

Die Bemessung der aus diesem Streitwert festgesetzten Gebühren ist ebenfalls rechtmäßig. Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich die Widerspruchsgebühr an der Höhe der Gebühren orientieren, die in einem gerichtlichen Verfahren mit demselben Streitgegenstand erhoben werden könnte. Mit Blick darauf, dass nach § 104 FlurbG die persönlichen und sächlichen Kosten der Behördenorganisation (Verfahrenskosten) vom Land zu tragen sind, müssen die im Widerspruchsverfahren erhobenen Kosten aber ganz erheblich unter den Vergleichskosten eines gerichtlichen Verfahrens liegen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.06.1986 - 7 S 944/86 -, juris <= RzF - 16 - zu § 147 Abs. 4 FlurbG>; Urt. v. 05.10.1998 - 7 S 1316/96 - juris Rdnr. 63). Hier fielen - bei entsprechender Heranziehung des Gerichtskostengesetzes - bei Tätigwerden des Verwaltungsgerichtshofs als Flurbereinigungsgericht im ersten Rechtszug 4,0 Gebühren an (Anlage 1 zum GKG, Nr. 5112); bei Zugrundelegung eines Streitwerts von 5.000,-- EUR betrüge eine Gebühr 121,-- EUR, es entstünden also Gerichtsgebühren von 484,-- EUR. Die hier für das Widerspruchsverfahren festgesetzte Gebühr liegt mit 240,-- EUR unter der Hälfte der für den normalen Verwaltungsprozess anfallenden Gebühren. Dies ist nicht zu beanstanden.
Schließlich begegnet auch die Festsetzung des Auslagenpauschsatzes keinen rechtlichen Bedenken. Dieser ist nach § 147 Abs. 1 Satz 1 FlurbG i.V.m. § 147 Abs. 4 FlurbG unter Berücksichtigung der durch das Verfahren entstandenen baren Auslagen zu berechnen. Hierzu gehören nur solche Auslagen, die in direktem Zusammenhang mit der Ablehnung des Widerspruchsbescheids entstanden sind, also z.B. Zustellgebühren, Schreibauslagen, Portokosten, Kopierkosten. Vom Kläger wird nicht substantiiert behauptet, dass der hier festgesetzte Auslagenpauschsatz in Höhe von 60,-- EUR unter Zugrundelegung der im Widerspruchsverfahren angefallenen Auslagen des Landesamts für Flurneuordnung überhöht sein könnte. In der mündlichen Verhandlung haben die Vertreter des Beklagten nachvollziehbar ausgeführt, dass in die Auslagenpauschale die zur Wahrnehmung der Widerspruchsverhandlung auf das Verfahren des Klägers anteilig entfallenden Fahrtkosten zweier von Stuttgart nach Xxxxx gereister Mitarbeiter des Landesamts eingerechnet wurden. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen.