Flurbereinigungsgericht München, Urteil vom 13.07.2009 - 13 A 08.2513 = RdL 2010, 49-50 (Leitsatz und Gründe) (Lieferung 2011)
Aktenzeichen | 13 A 08.2513 | Entscheidung | Urteil | Datum | 13.07.2009 |
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Gericht | Flurbereinigungsgericht München | Veröffentlichungen | = RdL 2010, 49-50 (Leitsatz und Gründe) | Lieferung | 2011 |
Leitsätze[Quelltext bearbeiten]
1. | Dem Spruchausschuss ist es mangels entsprechender Entscheidungsbefugnis verwehrt, zu einem von der Teilnehmergemeinschaft im Zusammenlegungsplan nicht ausreichend festgesetzten Weg selbst planrechtliche Regelungen zu treffen und den gegen die Ausweisung des Wegs erhobenen Widerspruch aufgrund dieser Konkretisierung als nunmehr unbegründet zurückzuweisen. |
Aus den Gründen
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Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
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Soweit sie sich gegen die Ausweisung des Wegs auf Abfindungsflurstück 2961 richtet und damit die nicht ordnungsgemäße Erfüllung des Anspruchs auf wertgleiche Abfindung gerügt wird, ist sie begründet. Der Widerspruchsbescheid vom 6. August 2008 ist insoweit wegen fehlender Kompetenz der Widerspruchsbehörde für die unter Nr. I. Satz 5 des Entscheidungsausspruchs getroffene Festsetzung rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Da im vorliegenden Fall eine eigene Entscheidung des Gerichts ausscheidet, war der Widerspruchsbescheid aufzuheben und die Sache an den Spruchausschuss zur erneuten Verhandlung und Bescheidung zurückzuverweisen (§ 144 Satz 1 FlurbG).
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Der Widerspruchsbescheid des Spruchausschusses vom 6. August 2008 ist rechtswidrig, soweit er den Weg Abfindungsflurstück 2961 auf dessen gesamter Fläche als "Grünweg ohne Ausbau (es erfolgt kein Ausbau der Wegfläche)" festsetzt. Nach § 97 Satz 4 FlurbG wird im Zusammenlegungsverfahren ein Wege- und Gewässerplan mit landschaftspflegerischem Begleitplan (§ 41 FlurbG) nicht aufgestellt. Daher sind Änderungen des bestehenden Wegenetzes und insbesondere neue anzulegende Wege grundsätzlich von der Teilnehmergemeinschaft im Zusammenlegungsplan selbst festzusetzen (Schwantag in Schwantag/Wingerter, FlurbG, 8. Aufl. 2008, RdNr. 4 zu § 97). Bei der Ausweisung eines neuen Weges als gemeinschaftliche Anlage ist es notwendig – um den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes Genüge zu tun –, die erforderlichen Mindestfestsetzungen zu treffen. Hierzu gehören Länge, Breite und Ausbauzustand (vgl. BayVGH vom 30.7.2007 RdL 2008, 79). Nach Ergehen der (vorzeitigen) Ausführungsanordnung (§ 63 FlurbG) geht die Befugnis für Planänderungen oder -ergänzungen – allerdings unter den engen Voraussetzungen für Änderungen im neuen Rechtszustand – auf das ALE über (§ 64 FlurbG i.V.m. Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 2 AGFlurbG).
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Regelt jedoch der Spruchausschuss anstelle der Teilnehmergemeinschaft im Widerspruchsbescheid die maßgeblichen Kriterien der Wegausweisung zur Behebung von Rechtsmängeln erstmals und weist dann den Widerspruch aufgrund dieser Konkretisierung als unbegründet zurück, maßt er sich als Widerspruchsbehörde eine (Entscheidungs-)Kompetenz an, die ihm gesetzlich nicht zugewiesen ist (sog. Selbsteintritt; s. hierzu z.B. BVerwG vom 18.5.1982 BVerwGE 65, 313/319; BayVGH vom 19.3.1981 NJW 1982, 460; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, RdNr. 7 zu § 73 und RdNr. 12 zu § 68). Aufgrund der mangelhaften planrechtlichen Behandlung des Wegs durch die Beklagte wäre es der Widerspruchsbehörde (nur) möglich gewesen, zumindest dessen Ausweisung als gemeinschaftliche Anlage zu beanstanden, nicht jedoch die bestehenden rechtlichen Mängel in einer Art "Heilung" selbst zu beheben und dadurch eine Rechtslage zu schaffen, die die Zurückweisung des Widerspruchs als unbegründet erst ermöglicht. Hierfür besitzt der Spruchausschuss nicht die erforderliche Regelungsbefugnis (§ 141 Abs. 2 FlurbG, Art. 20, Art. 21 Abs. 1 AGFlurbG; s. hierzu auch Wingerter, a.a.O., RdNr. 13 und 24 zu § 141). Dies ergibt sich rechtssystematisch daraus, dass § 141 Abs. 1 Satz 3 FlurbG gerade nicht auf § 60 Abs. 1 Satz 2 FlurbG verweist. Abgesehen von Abhilfeentscheidungen erlaubt (nur) diese Bestimmung auch andere zweckmäßige Änderungen des Flurbereinigungs- bzw. Zusammenlegungsplans (OVG RhPf vom 10.11.2004 RdL 2005, 101 <= RzF - 1 - zu § 141 Abs. 1 Satz 3 FlurbG>; Wingerter, a.a.O., RdNr. 13 zu § 141). Dies hat auch für die vorliegende Konstellation zu gelten, in der der Spruchausschuss aufgrund des Urteils des Flurbereinigungsgerichts vom 30. Juli 2007 in der Sache 13 A 06.1704 gehalten war, "die Zusammenlegungspläne vom 6. April 2000 und vom 19. Mai 2004 zusammenzuführen, widersprüchliche Festsetzungen zu bereinigen und die jeweiligen Abfindungsregelungen anzupassen". Auch diese Erfordernisse in Bezug auf die Entscheidung des Spruchausschusses vermögen diesem keine über den gesetzlichen Rahmen hinausgehenden zusätzlichen Kompetenzen zu vermitteln. Der damit zu konstatierende Verstoß gegen die gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen führt für sich betrachtet bereits zur Rechtswidrigkeit des Widerspruchsbescheids und zu dessen Aufhebung.
Da das Flurbereinigungsgericht im vorliegenden Fall keine (zu Lasten des Klägers gehende) eigene Sachentscheidung treffen kann, war ausnahmsweise die (nochmalige) Zurückweisung der Sache an den Spruchausschuss veranlasst (§ 144 Satz 1 FlurbG). Bei der Neuentscheidung hat der Spruchausschuss die Beurteilung des Flurbereinigungsgerichts, auf der die Aufhebung beruht, seiner Entscheidung zugrunde zu legen (§ 144 Satz 2 FlurbG).