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von Anonymer Benutzer

RzF - 8 - zu § 110 FlurbG

Flurbereinigungsgericht Lüneburg, Urteil vom 28.05.2000 - F OVG A 61/79

Aktenzeichen F OVG A 61/79 Entscheidung Urteil Datum 28.05.2000
Gericht Flurbereinigungsgericht Lüneburg Veröffentlichungen Lieferung N/A

Leitsätze[Quelltext bearbeiten]

1. Als gemeindliches Ortsrecht unterliegen Satzungen (hier: über die öffentliche Bekanntmachung von Verfügungen der Gemeinden) dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz.
2. Der Zusammenlegungsbeschluß ist hinsichtlich der Veröffentlichung einer Satzung im Sinne ortsrechtlicher Regelungen gleichzustellen.

Aus den Gründen

Nach § 110 FlurbG müssen öffentliche Bekanntmachungen nach den für die öffentliche Bekanntmachung von Verfügungen der Gemeinden bestehenden Rechtsvorschriften erfolgen. Die dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde zu legenden gemeinderechtlichen Vorschriften über öffentliche Bekanntmachungen in der Hauptsatzung der Gemeinde B. vom 2. November 1964 (§ 18) haben folgenden Wortlaut:

"(1) Bekanntmachungen erfolgen durch den Gemeindedirektor.

(2) Satzungen, Verordnungen und Abgabenordnungen sind im vollen Wortlaut und gegebenenfalls mit der vollen Genehmigungsverfügung bekanntzumachen. Bei Anlagen von Satzungen und Verordnungen kann von der Bekanntmachung des vollen Wortlauts oder der zeichnerischen Darstellung von Plänen abgesehen werden; in diesem Fall ist in der Bekanntmachung anzugeben, an welchem Ort und zu welcher Zeit der volle Wortlaut oder die zeichnerische Darstellung von Plänen eingesehen werden kann.

(3) Bekanntmachungen werden durch Aushängen und Umlaufverfahren veröffentlicht.

(4) Satzungen, Abgabenordnungen und Verordnungen werden daneben durch Aushängen an 7 Tagen im Aushangkasten veröffentlicht.

Verordnungen, die der Gefahrenabwehr dienen, werden außerdem im Amtsblatt für den Regierungsbezirk (Verwaltungsbezirk) A. veröffentlicht. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen."

Absatz 3 dieser gemeinderechtlichen Vorschrift ist unwirksam.

Als gemeindliches Ortsrecht unterliegen Satzungen wie übergeordnete Rechtsnormen dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz (vergleiche BVerfGE 8, 274 (326 ff.); 13, 153 (161 ff.)). Zwar läßt sich das Ausmaß der erforderlichen Bestimmtheit einer gesetzlichen Regelung nicht allgemein festlegen, sondern hängt von der Eigenart des geregelten Sachbereichs ab (BVerfG, Beschluß vom 19.04.1978 - NJW 1978, 2143). Die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage muß jedoch die eventuell auch durch Auslegung zu ermittelnde Grundentscheidung des Gesetzgebers zu einem bestimmten oder bestimmbaren Verhalten der Verwaltung erkennen lassen. Diesen Erfordernissen trägt § 18 Absatz 3 der Hauptsatzung der Gemeinde B. keine Rechnung. Dieser Bestimmung läßt sich auch durch Auslegung und selbst unter Berücksichtigung einer entsprechenden Verwaltungsübung nicht entnehmen, an welchen und wie vielen Orten und insbesondere für welche Zeit Bekanntmachungen der Gemeinde B. durch Aushang veröffentlicht werden sollten. Das gleiche trifft für das neben dem Aushang bestimmte Umlaufverfahren zu. Ein Umlaufverfahren ist sowohl durch Weitergabe von Hand zu Hand als auch durch einen Gemeindebediensteten denkbar. Es ist weiter vorstellbar, daß ein Umlaufverfahren mit oder ohne Gegenzeichnung durch den betroffenen Personenkreis erfolgen kann. In welcher Weise der Ortsgesetzgeber der Gemeinde B. die Verwaltung für eine ordnungsgemäße öffentliche Bekanntmachung hat ermächtigen wollen, läßt sich mithin der ortsrechtlichen Regelung nicht entnehmen.

Die Nichtigkeit der Bestimmung in § 18 Absatz 3 der Hauptsatzung der Gemeinde B. hat jedoch nicht die Nichtigkeit der gesamten Bekanntmachungsvorschrift zur Folge. Die Nichtigkeit einer Satzungsbestimmung bewirkt nur dann die Nichtigkeit der gesamten Satzung, wenn deren (übrige) Vorschriften ohne die ungültige Bestimmung keine selbständige Bedeutung haben oder wenn die nichtige Bestimmung Teil einer Gesamtregelung ist, die nicht in ihre Bestandteile zerlegt werden kann, ohne damit ihren Sinn zu verlieren (BVerfGE 8, 274; 22, 134, 152). Das ist hier nicht der Fall. Der Regelung in § 18 Absatz 4 der Hauptsatzung kommt neben der nichtigen Regelung in Absatz 3 selbständige Bedeutung zu, indem sie abschließend und noch ausreichend bestimmt die öffentliche Bekanntmachung von Satzung und so weiter regelt. Diese Bestimmung enthält Ort und Dauer des Aushanges. Dabei ist es in diesem Fall unschädlich, daß die Satzung den Ort des Aushangs oder des Aushängekastens nicht im einzelnen angibt. Bei der Größe der ehemaligen Gemeinde B. mit 250 Einwohnern war jedem interessierten Bürger der Standort bekannt, so daß von ihm jederzeit die ordnungsgemäße öffentliche Bekanntgabe einer Satzung überprüft werden konnte. Darauf hat auch der Vertreter der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Der Senat trägt ferner keine Bedenken, den Zusammenlegungsbeschluß einer Satzung im Sinne der ortsrechtlichen Regelung in § 18 Absatz 3 der Hauptsatzung gleichzustellen (ebenso BVerwG, Beschluß vom 28.12.1959 - RdL 1960, 166 = RzF - 2 - zu § 4 FlurbG), so daß der Einleitungsbeschluß ordnungsgemäß öffentlich bekanntgemacht worden ist.